Archiv für den Monat Dezember 2020

«Systemrelevante Geisterspiele» auch 2021?

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(causasportnews / red. / 31. Dezember 2020) Der letzte Tag eines Jahres ist speziell: Es wird insbesondere Rückschau gehalten, Bilanz gezogen, gelobt und getadelt. Gekürt wird zum Jahresende auch das «Wort» oder das «Unwort» des Jahres. Aus diesem Reigen gekürter Wörter sticht 2020 die Bezeichnung «Systemrelevanz» heraus. Als «systemrelevant» ist in diesem «Corona»-Jahr auch der Sport als Teil der Bespassungsindustrie qualifiziert worden. Was bedeutet, dass der Sport, der letztlich in seinem Umfeld auch für viele Menschen Broterwerb bedeutet, staatliche Unterstützung erfährt. Zum geflügelten Wort wurde im zu Ende gehenden Jahr in der Sport-Branche das Wort «Geisterspiel». Trotz «COVID-19» wurde der Sport 2020 rudimentär am Leben erhalten, auch mit Staatshilfe; und vor allem wegen des Fernsehens und der neuen Medien, welche den organisierten Sport entscheidend alimentieren. Er fand weitgehend unter Ausschluss des tragenden Elementes im Sport statt: Dem Zuschauer. Noch nie wurde es so klar, dass der Sport, der längst zum Event mutierte, ohne das Publikum nur noch simpler Sport ist. Das wurde vor allem in den Mannschaftssportarten, insbesondere im Fussball, klar, während sich etwa die Formel 1-Autos auch weitgehend ohne unmittelbare Publikums-Präsenz im Kreise drehten, was im Fernsehen eh besser verfolgt werden kann als an der Rennstrecke. Aber auch Motorsportanlässe wurden 2020 zu reinen Sport-Veranstaltungen, ohne das von den Menschen so sehr geliebte Klamauk-Element, der ebenfalls systemrelevant ist. «Geisterspiele» im Fussball erlebten 2020 dennoch eine andere Dimension als «Geisterrennen» etwa in der Formel 1. Dauert «Corona» weiterhin an, schwindet das Publikumsinteresse an der jeweiligen Sportart – «Geisterspiele» im Fussball sind keine nachhaltige Option im Sport-Business. Merchandising ohne Stadion-Besuch ist lediglich ein Scherz.

Die grosse Frage zum Jahreswechsel dürfte also sein, wie lange der globale Pandemie-Zustand noch andauern wird. Derzeit wird das Heil in der Impfung gesucht, welche soeben Tatsache geworden ist. Im Moment werden die ersten Menschen, die sich impfen lassen dürfen, wie Sportidole oder Pop-Stars gefeiert. Die ersten Impfaktionen werden in den Medien etwa so inszeniert wie die erste Mondlandung von 1969. Der damals getätigte Ausspruch von Neil Armstrong passt auch in das angebrochene Impf-Zeitalter. Jeder Geimpfte darf sich entsprechend artikulieren: «Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein grosser Schritt für die von der Pandemie befallene Welt». Die Hoffnung stirbt zuletzt, auch in der «Corona»-Zeit, welche Unglück und Tod über die Menschen gebracht hat und immer noch bringt.

Der Jahreswechsel bietet allerdings nicht nur Gelegenheit, um ausgiebig zurückzuschauen. Der Blick geht an einem Tag wie dem heutigen in Richtung Zukunft. Um Mitternacht wird ein neues Jahr begrüsst und dieses schon einmal vorweg abgefeiert, obwohl nur die Ungewissheit gewiss ist. 2021 wird wohl nicht so rasch zu einer Verbesserung der Verhältnisse führen. Regierende werden die derzeitige Krise weiterhin verwalten, statt den Kampf gegen die Pandemie entschieden zu führen. Etwas anderes lassen auch unsere auf «gutes Wetter» ausgerichteten Staatsformen nicht zu. Und letztlich wird die Krise trotz flächendeckender Impfungen nicht so schnell vorbei sein, wenn sich die Individuen auch 2021 nicht entsprechend, adäquat verhalten werden («Verhaltens-Adäquanz» wäre auch noch ein herauszuhebender Begriff aus dem Jahr 2020). «Eigenverantwortung», «Disziplin» und «Solidarität» sind zwar schöne Worte, welche das zu Ende gehende Jahr ebenfalls geprägt haben. Allein, es fehlt der Glaube, dass der Mensch sich 2021 entsprechend verhalten wird; obwohl das Virus nur auf diese Weise besiegt werden kann. Geht es um Urlaub, Festtage und Feiern im Familienkreis, auf die partout nicht verzichtet werden will, erträgt der Mensch trotz Todesgefahr keinen Spass – auch in der aktuellen «Spassgesellschaft» nicht. Aber vielleicht verinnerlicht dies der Mensch doch noch, wenn er seine Neujahrsvorsätze andenkt. Diese weisen allerdings die Besonderheit auf, dass sie kaum den Neujahrstag überleben. Sonst dürften weiterhin «Geister-Sportveranstaltungen» – auch wenn sie «systemrelevant» bleiben sollen, das sportliche Geschehen auch im Jahr 2021 beherrschen; zumindest solange, als der mittelbar vermittelte Sport noch jemanden interessiert.

Bundesgericht hebt TAS-Urteil auf – Sport-Schiedsgericht muss nochmals ran

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(causasportnews / red. / 30. Dezember 2020) Weil der Vorsitzende Schiedsrichter im Verfahren gegen den chinesischen Schwimmstar Sun Yang wegen Befangenheit im Verfahren und beim Urteil nicht hätte mitwirken dürfen, muss eine neue Besetzung am Internationalen Sport-Schiedsgericht (Tribunal Arbitral du Sport; TAS) in Lausanne nochmals ran und über die ausgefällte, achtjährige Doping-Sperre gegen den Olympiasieger und Weltmeister neu entscheiden. Das Schweizerische Bundesgericht (ebenfalls in Lausanne) hat ein entsprechendes Begehren des Schwimmers gutgeheissen und das TAS-Urteil von Anfang Jahr aufgehoben. Der Schiedsrichter, immerhin ein ehemaliger, hoher italienischer Politiker und Tierliebhaber, hatte sich mehrmals negativ gegenüber China und gegenüber dem chinesischen Volk geäussert (er hatte sie negativ als «Hundeschlächter» und «Hundeverspeiser» abgekanzelt), weshalb er den Anschein der Befangenheit vermittelte und nicht mehr fähig war, in der «Causa Sun Yang» objektiv zu urteilen. Die achtjährige Doping-Sperre gegenüber dem Chinesen ist einer der spektakulärsten Fälle im (juristischen) Kampf gegen das Doping im Sport.  Dem Athleten bzw. seinem Umfeld wurde vorgeworfen, bei der Zerstörung einer Dopingprobe (mit einem Hammer!) mitgewirkt zu haben. Das alles führte letztlich zu einem harten Strafmass.

Mit diesem für das TAS eher peinlichen Urteil rückt die Handhabung der geschlossenen Schiedsrichterliste am TAS einmal mehr ins Zentrum des Interesses. Dem TAS wird die Eigenschaft eines unabhängigen Schiedsgerichtes, vor allem vom Schweizerischen Bundesgericht, attestiert, obwohl jeder Spruchkörper jeweils zwingend mit Schiedsrichtern, welche weitgehend aus dem organisierten Sport stammen, besetzt werden muss. Dass diese sog. «geschlossene Schiedsrichterliste» problematisch ist, wird seit Jahren aus den TAS-Urteilen ersichtlich. Meist obsiegen in den Verfahren die Sportverbände und -organisationen. Insbesondere in internationalen Fällen ist die Überprüfungsmöglichkeit der TAS-Urteile durch das Bundesgericht allerdings eingeschränkt. Wenn das Bundesgericht einmal ein TAS-Urteil aufhebt, wie jetzt der Sanktionsentscheid gegen Sun Yang, lässt das aufhorchen. Vielleicht mag bei der Entscheidung des höchsten Gerichtes in der Schweiz allenfalls der Umstand eine Rolle gespielt haben, dass der Schwimmstar nicht einfach ein «nobody» ist.

Eine «Sportvermarktungs-Scheidung» mit Fragezeichen

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(causasportnews / red. / 28. Dezember 2020) Es war so wie in unzähligen Ehen. Jahrelang praktizierten der grösste Sportverband der Welt, der Deutsche Fussball-Bund (DFB), und die Schweizer Rechte-Vermarktungsgesellschaft Infront Sports & Media AG (Infront) mit Sitz in der Schweizer Steueroase Zug, die grosse Liebe und arbeiteten intensivst im Fussball-Vermarktungsbusiness zusammen. Doch plötzlich verdüsterten sich die Wolken am «Ehe»-Himmel. Grund der Dissonanz, die kürzlich zur Scheidung und zur Regelung der Nebenfolgen führte, war ein Werbekunden-Deal, bei dem einem einzelnen Mitarbeiter von Infront die Schuld zugeschoben wurde: Er soll der Urheber dafür gewesen sein, dass bei Bandenwerbungen Kunden z.B. 30 Sekunden Werbung verkauft wurde, jedoch nur während 29 Sekunden eine Gegenleistung erbracht wurde. Gewinn: Auf einen 30 Sekunden-Vorgang eine teure Werbesekunde. Als der Vorgang bekannt wurde, errechneten Vermarktungs-Spezialisten einen Schaden zu Lasten des DFB in Millionenhöhe – die Schummeleien, die als «Sekundenklau» bekannt wurden, sollen mehr als 40 Millionen an Schäden verursacht haben (wobei in diesem Betrag offenbar noch andere Unsauberkeiten seitens Infront hochgerechnet worden sein sollen). Die Rede ist von mehreren Vorgängen, bei denen der DFB über Jahre um teils happige Vermarktungserlöse gebracht worden sein soll. Zwischenzeitlich ist die «Scheidung» zwischen dem DFB und Infront vollzogen worden; überdie  ökonomischen Folgen dieser Trennung sind abschliessende Regelungen erzielt worden. Nun meldet das Deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» Zweifel an der Einzeltäter-Theorie bei Infront an. Der Sekundenklau sei auch nach dem Abgang des offiziell Allein-Verantwortlichen weitergegangen, was Fragen aufwerfe, schreibt das Magazin (Nr. 51/2020, 98). «Der Spiegel» vermutet, «dass Infront dem DFB nur einen scheinbar saftigen Bissen hingeworfen hat, damit der Verband sich zufrieden gibt und nicht auf heiklere Dingte stösst.». Eigenartig mute es auch an, dass Infront gar nicht versucht habe, die Ansprüche des DFB juristisch abzuwehren; das sei rechtlich durchaus möglich gewesen. Erwähnt werden in diesem Zusammenhang zudem (weitere) Beispiele, gemäss denen der Verband durch um Verkaufserlöse gebracht worden sein soll. In den Fokus von Vermutungen geraten jetzt auch die Infront-Vorgängerunternehmen CWL (Cesar W. Lüthi) und Kirch Sport – allerdings geht es dabei gemäss «Spiegel» insbesondere um die nicht abwegige Theorie, dass offenbar mit «schmierigen Methoden» im Juli 2000, also vor 20 Jahren, die Fussball-WM-Endrunde 2006 nach Deutschland geholt worden sei (damit hatte die Gesellschaft Infront allerdings nichts zu tun). Wie meistens bei Scheidungen nach jahrelanger Ehe, muten die nun erzielte Einigung bezüglich der Nebenfolgen zwischen dem DFB und Infront einigermassen speziell an. Wie dem auch sei: Die Parteien haben sich jedenfalls als auseinandergesetzt erklärt – ob «per Saldo aller Ansprüche» ist nicht bekannt geworden. Die investigativen Journalisten werden in diesem Komplex auch nach der vollzogenen Trennung «am Ball» bleiben…

Der Sport vor einem Rechteverwertungs-Kollaps?

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(causasportnews / red. / 27. Dezember 2020) Es gibt sicher Attraktiveres im Sport als Fussballspiele vor wenigen oder gar keinen Zuschauern. Seit «Corona» wie ein Impakt auch über die Sportwelt hereingebrochen ist, wird in den Ligen der Welt und im Nationalmannschafts-Fussball fleissig weitergespielt – «Geisterspiele» prägen das Geschehen. Nach bald einem Jahr «COVID-19» und droht dem Sport eine empfindliche Störung in der Wertschöpfungskette – was etwa sinkende Einnahmen durch die Sport-Rechteverwertung bedeutet. Es ist evident, dass bspw. ein Fussballspiel in einem leeren Stadion kein umfassend vermarktbares Event mehr ist, sondern eben nur noch ein simples Fussballspiel. Das Interesse an diesen Veranstaltungen scheint nun immer mehr nachzulassen; das wiederum schlägt sich negativ auf die Erträge aus der Rechteverwertung nieder, denn schwindendes Fan-Interesse am so produzierten «Produkt Fussball» bedeutet letztlich mangelnde Nachfrage seitens der Werbewirtschaft. Sinkendes Publikumsinteresse an den durch «Corona» geprägten Sport bedeutet aber nicht nur nachlassende Erträge aus der Rechteverwertung; wer hat im Moment schon Lust, sich mit dem Gedanken zu befassen, für die nächste Saison (wieder) eine Jahres-Zuschauerkarte zu erwerben? Manch eine Liga hätte den Sportbetrieb aufgrund der Krise längst eingestellt, wenn es nicht um laufende Rechteverwertungserlöse gehen würde. Bestehende Verträge mit Verwertern sind zu erfüllen – oder, wie es simplifiziert gesagt werden könnte: «Ohne Spiel kein Geld».

Diese Entwicklung hat nun bereits die beiden französischen obersten Ligen ins Schlingern gebracht; immerhin ist der Spitzenfussball des aktuellen Fussball-Weltmeisters betroffen. Die Unternehmung «Mediapro», die Rechteinhaberin der beiden oberen Ligen, ist zahlungsunfähig und hat die erworbenen Liga-Rechte zurückgeben müssen. Wie sich dieser Zusammenbruch der Rechteinhaberin auswirken wird (und wer die Rechte allenfalls übernehmen wird), lässt sich im Moment nicht sagen. Vertraglich hatte «Mediapro» ab 2020 bis 2024 jährlich 800 Millionen Euro zugesagt. Was in Frankreich nun Tatsache geworden ist, könnte sich auch im nationalen und globalen Top-Fussball ereignen – falls «Corona» weiterhin die Ausübung des organisierten Sportes in der Form vor «COVID-19» verunmöglichen sollte. Lediglich hinter vorgehaltener Hand wird in Funktionärskreisen das Szenario «Kollaps» der Rechteverwertung diskutiert – zumindest der «Kollaps light». Sollten sich die Verhältnisse nicht bald normalisieren, könnte dies auch massiven, wirtschaftlichen Einfluss auf die im kommenden Jahr (vom 11. Juni bis 11. Juli 2021) vorgesehene Fussball-Europameisterschaft an elf Standorten (!) haben. Bemerkenswerterweise ist zu diesem Thema seitens der Europäischen Fussball-Union (UEFA) derzeit nichts zu vernehmen. Der unter dem Einfluss von «Corona» nur noch rudimentär stattfindende Sport hat selbstverständlich nicht nur Auswirkungen auf das wirtschaftliche Niveau in der Rechteverwertung (so ist z.B. vielerorts das in vielen Klubs einträgliche Merchandising praktisch zum Erliegen gekommen). Unbesorgt, was die Vermarktung des Filet-Stücks im internationalen Fussball angeht, zeigt sich derzeit der Weltfussballverband (FIFA). Dass bei länger anhaltender Pandemie auch die WM-Endrunde 2022 in Katar bzw. deren wirtschaftliche Verwertung gefährdet sein könnte, ist dem Verband offenbar (noch) kein Gedanke wert. Das Interesse schon an WM-Ausscheidungsspielen ohne Zuschauer könnte bald einmal einen massiven Knick erleiden.

«Causa Sport»: Der Rückblick auf das (Sport-)Jahr 2020 – und auf anderes

(causasportnews / red. / 24. Dezember 2020) Im soeben erschienenen Jahresendheft von «Causa Sport» (4/2020) steht «Corona» schwerpunktmässig im Zentrum der publizierten Beiträge. Insbesondere wird beleuchtet, wie sich dieser virale Impakt in diesem Jahr auf den Sport ausgewirkt hat (so etwa auf den Lehrbetrieb der Deutschen Sporthochschule Köln; von spezieller Aktualität dürften bspw. Fragen im Zusammenhang mit den befristeten Arbeitsverträgen in Mannschaftssportarten sein). Im Heft findet sich auch ein spezieller Rückblick auf das (Sport-)Jahr 2020. Es ist dies trotz flächendeckender Maskenpflicht eine schonungslose Demaskierung der Verhältnisse im Zusammenhang mit dem Sport im Besonderen und mit Blick auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger im Allgemeinen. Quintessenz: Die Staatsorganisationen haben bei der Bekämpfung der viralen Bedrohung durchwegs versagt und sind als «Schönwetter-Gebilde» demaskiert worden; die Regierenden lassen flächendeckend Geld «regnen» (vgl. den Cover zum aktuellen Heft 4/20). Die aktuellen Staatsorganisationen sind, das hat das Jahr 2020 gezeigt, nicht geeignet, den Kampf gegen einen unsichtbaren Feind wie «Corona» zu führen. Das hängt allerdings auch mit dem (teils renitenten) Verhalten der Bevölkerung zusammen. Die Impakte von «Corona» auf das Leben der Menschen und den Sport sind vielschichtig, wie die «ABC-Demaskierung des (Sport-)Jahres 2020» aufzeigt. Schnörkellos werden in alphabetischer Reihenfolge Fakten vermittelt und Konklusionen gezogen, so etwa unter dem Buchstaben «Y», wie Yoga: «Lieber Yoga statt Jogi (Löw)». Oder unter dem Buchstaben «H», wie Home Office: «Für viele Menschen findet das Home Office draussen statt»). Oder unter «M», wie (Sport-)Medien: «Sagen, was ist» (gemäss Rudolf Augstein). Es wird zudem etwa unter «W», wie Wuhan, erörtert, weshalb und wie Fussball-Weltmeister Antoine Griezmann im «Corona»-Jahr 2020 «cojones» zeigte.

Es existiert aber auch noch ein Leben neben und nach «COVID-19», wie «Causa Sport» belegt. Doch klar ist: Die Einflüsse der Pandemie auf den Sport werden nachhaltig sein. Ob er in der «Corona»-Krise eine Reifeprüfung sein kann, wird im Editorial hinterfragt. Sporttalente werden auch künftig gefördert werden (müssen), und es dürften weiterhin Talentförderungsverträge abgeschlossen werden, wie ausführlich beschrieben wird. Die VAR-Thematik im Fussball wird den organisierten Sport weiterhin (auch bei «Geisterspielen») beschäftigen, und Diskussionen um staatliche Gerichtsbarkeit und (Sport-)Schiedsgerichte werden wegen und nach «Corona» nicht verstummen. Die Doping-Problematik (auch im Pferdesport) dürfte auch künftig aktuell bleiben. Weitere Themenbereiche werden, wie gewohnt, auch im letzten Heft von «Causa Sport» dieses Jahres profund abgehandelt und kommentiert, auch im Zusammenhang mit Gerichtsentscheiden (so zum Nominierungsrecht bezüglich Sportanlässe; zur Horrorvision im Radrennsport: Wenn Kurven vertrauensvoll geschnitten werden; oder zum Klagerecht eines Minderjährigen nach einem Rodelunfall; oder zum «Dauerbrenner» Militärdienst und Sportausübung). Erstmals berichtet «Causa Sport» über ein «Webinar», aktuell wiederum zum Thema «Corona»: «Gehaltsansprüche von Professional-Sportlern im Lichte von ‘COVID-19’».

Bezugsmöglichkeiten von «Causa Sport» über www.causasport.org.

Millionengrab FIFA-Museum: Neues vor dem Fest der Liebe und Hiebe

Jogi Löw, deutscher Bundestrainer, an einer Veranstaltung des Swiss Sport Forum im FIFA World Football Museum

(causasportnews / red. / 22. Dezember 2020) Das bevorstehende Fest der Liebe, Weihnachten, gibt den Menschen guten Willens auch Gelegenheit, diesen jährlichen Höhepunkt des christlichen Lebens umzufunktionieren: Hiebe statt Liebe sind angesagt. Das gilt offensichtlich auch für den organisierten Weltfussball und insbesondere für die FIFA, die seit anfangs 2016 vom Fussball-Funktionär Gianni Infantino präsidiert wird. Sein Vorgänger, Joseph Blatter, hatte noch während seiner Amtszeit die Idee, den Fussball und sich selber unsterblich werden zu lassen. Was eignet sich dazu besser als ein Museum? So kam es, dass im Zürcher Enge-Quartier ein grandioses Museum mit der globalen Bezeichnung «FIFA World» errichtet und nach dem abrupten Abgang von Joseph Blatter aus der FIFA 2016 ausgerechnet von seinem Nachfolger zwei Tage nach dessen Amtsantritt eingeweiht wurde – ja, eingeweiht werden musste. Gianni Infantino machte nie einen Hehl daraus, dass er mit dem Museum nichts anfangen konnte; das war eben nicht seine, sondern die Idee seines Widersachers Joseph Blatter. FIFA World fand bei ihm anderswie statt. Jetzt, nach vier Jahren, hat die aktuelle FIFA-Administration gemerkt, dass das Museum zum Millionengrab mutiert. Grund genug also, um die ehemalige FIFA-Führung um Joseph Blatter auch juristisch zu behelligen. Aktuell mit einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Zürich wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung. Für das FIFA-Museum wurde mit dem Versicherungskonzern Swiss Life AG als Eigentümerin der Geschäftsliegenschaft ein Mietvertrag bis 2045 abgeschlossen. Kostenpunkt für die Miete: 360 Millionen Franken. In die Museumsinfrastruktur wurden 140 Millionen Franken investiert – es war der wohl teuerste und edelste Mieterausbau, den es auf dem Platz Zürich je gegeben hatte! Alles in allem wird FIFA World nach Ablauf des 30jährigen Mietvertrages rund eine halbe Milliarde Franken verschlungen haben. Obwohl das Museum keine Wünsche offen lässt und auch ansprechende Besucherzahlen verzeichnet, ist die Investition in dieses «Josep Blatter-Projekt» exorbitant. Die ganze Museums-Geschichte soll nun also von den Strafverfolgungsbehörden in Zürich aufgearbeitet werden. Allerdings mutet es seltsam an, dass die aktuelle FIFA-Führung erst jetzt dieses finanzielle Fiasko bemerkt haben will. Notorisch ist es zudem, dass sich die meisten Museen auf dieser Welt nicht oder kaum «rechnen». Niemand wird wohl mit nachvollziehbarer Begründung argumentieren können, ein Fussball-Museum sei mit der Zweckverfolgung der FIFA nicht in Einklang zu bringen. Im Vorfeld von Weihnachten mutet dieser strafrechtlich-motivierte Schlag aus dem FIFA-Hauptquartier eher wie ein Rachefeldzug gegen die ehemalige Administration mit Joseph Blatter an. Diese Vermutung ist wohl evident, wenn berücksichtigt wird, dass der als «Mann für’s Grobe» auf dem Zürcher «Sonnenberg» bekannte, stellvertretende Generalsekretär Alasdair Bell, ein Spezi von Gianni Infantino, sich in gewohnt degoutanter Art in dieser Angelegenheit gegenüber den Medien äusserte. Das Geld, das für das Museums-Projekt ausgegeben wurde und noch auszugeben sein wird, hätte auch anderweitig und sinnvoller in den Fussball gelenkt werden können, sagte er. Naja, da würde es im Weltfussball auch noch ein paar andere Ebenen mit Sparpotenzial geben, etwa bei den Salären der höchsten Funktionäre. Was die FIFA-Führung mit Präsident Gianni Infantino ignoriert: Auch diese Strafanzeige wird die Schweizer Steuerzahler letztlich wohl wieder Millionen kosten. Ebenfalls Geld, das zweifelsfrei sinnvoller eingesetzt werden könnte…

Aber bald ist heilige Nacht, in der auch die verschiedenen Kostgänger auf der Erde sich wieder in Richtung Normalität bewegen werden. Einer in der Adventszeit eingereichten Strafanzeige wird allerdings das Fest der Liebe überdauern – und es wird im Weltfussball auch 2021 wieder gehauen und gestochen werden dürfen; alles (auch) auf Kosten des Schweizer Staates und der Schweizer Steuerzahler.

Pferde-Quälerei-Fall Paul Estermann am Kantonsgericht Luzern

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(causasportnews / red. / 21. Dezember 2020) Die Vorwürfe gegenüber dem auch international äusserst erfolgreichen Schweizer Springreiter Paul Estermann waren und sind massiv: Zwei Pferde soll er misshandelt und verletzt haben; auch habe er sie in ihrer Würde beeinträchtigt, wird ihm vorgeworfen. Weil der bald 58jährige Spitzen-Sportler vor allem mit der Peitsche geradezu brutal umgegangen sein soll, wurde er 2019 vom Bezirksgericht Willisau wegen mehrfacher, vorsätzlicher Tierquälerei verurteilt. Da der sportliche Druck auf den Reiter aufgrund dieser Verurteilung zu gross wurde, gab er bald nach dem erstinstanzlichen Urteil seinen Rückzug aus dem Elitekader der Springreiter bekannt, dies, um vor allem dem Pferde-Kader eine unbelastete Vorbereitung für die Olympischen Sommerspiele in Tokio zu ermöglichen (vgl. auch causasportnwes vom 26. November 2019). Sowenig, wie Paul Estermann das erstinstanzliche Urteil akzeptierte, gelangten allerdings auch die Olympischen Spiele in diesem Sommer in Japan zur Austragung. In einem halben Jahr sollten die um ein Jahr verschobenen Spiele aber stattfinden, was aufgrund der derzeitigen «COVID-19»-Lage jedoch als eher unwahrscheinlich erscheint; zudem steht Japan kaum mehr hinter der Gross-Veranstaltung in Tokio. Für den noch nicht rechtskräftig verurteilten Paul Estermann wird das alles so oder so nicht mehr von Belang sein, da eine Rückkehr ins Nationalkader der Springreiter auch nach einem Freispruch kaum ein Thema werden dürfte. Und ob ein solcher Freispruch realistisch ist, wird von Rechts-Experten eher bezweifelt. Zu klar sei die Faktenlage – und diese sieht für den Reiter nicht gerade positiv aus. Für Paul Estermann gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.

Mit Spannung wird nach kürzlich erfolgter Berufungsverhandlung das Urteil des Luzerner Kantonsgericht erwartet. Dieses soll im Verlaufe des Monats Januar 2021 bekannt gegeben werden.

«Wundertüte TAS» lässt Russlands Sport aufatmen

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(causasportnews / red. / 19. Dezember 2020) Der Internationale Sport-Schiedsgerichtshof TAS (Tribunal Arbitral du Sport») ist seinem Ruf als sport-juristische «Wundertüte» wieder einmal gerecht geworden. Vier Jahre wäre der nationale Sport Russlands wegen des flächendeckenden Dopings vom Weltsport ausgeschlossen gewesen, wenn es nach der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) gegangen wäre. Die globale Doping-Kontrollinstanz sah es als erwiesen an, dass im russischen Sport in den Jahren 2011 bis 2015 (pro memoria: 2014 fanden in Sotschi am Schwarzen Meer Olympische Winterspiele statt!) ein eigentliches Doping-Netzwerk aktiv war, in das Funktionäre, Politiker und Sportlerinnen sowie Sportler involviert waren. Die WADA schloss deshalb Russland bzw. die russische Anti-Doping-Agentur (Rusada) für vier Jahre vom Weltsport aus. Das wollten die Russen nicht auf sich sitzen lassen und gelangten an das TAS in der Westschweiz. Dass in Bezug auf die Vorhalte nicht viel auszurichten sein würde, wussten die Russen natürlich bestens; jedoch wurde vor allem das Sanktionsmass (vierjähriger Ausschluss Russlands aus dem Weltsport) angegriffen; wohlwissend, dass das TAS dafür bekannt ist, in der Regel eher politisch denn juristisch zu entscheiden. Und Russland ist im Sport bekanntlich nicht niemand…

Die Kalkulation Russlands ging auf: Nicht überraschend halbierte das TAS das Strafmass gleich um die Hälfte, während die Vorhalte der WADA gegenüber der Rusada weitgehend bestätigt wurden. Alles wohl nach dem Motto: Halb so schlimm, also halbieren. Russland kann mit diesem Verdikt (natürlich) «leben». Letztlich geht es jetzt um die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 2021 in Tokio, die wohl wegen «Corona» und zufolge des wachsenden Widerstandes in der Bevölkerung Japans so oder so kaum stattfinden werden.  Der Ausschluss Russlands an den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking wird für das Land locker zu verkraften sein, zumal doping-integre Athletinnen und Athleten aus Russland dennoch «neutral» (nicht unter der Fahne Russlands) an den Wettkämpfen teilnehmen dürfen.

Zwar könnte in dieser «Causa Doping Russland» noch das Schweizerische Bundesgericht in Lausanne angerufen werden. Niemand zweifelt allerdings daran, dass die TAS-Entscheidung der juristischen Weisheit in dieser Doping-Angelegenheit letzter Schluss sein wird; zu sehr befindet sich das höchste Gericht der Schweiz auf pro-TAS-Kurs (und kann, das sei gerechterweise erwähnt, in dieser Sache die TAS-Entscheidung auch nicht vollumfänglich überprüfen).

Strafuntersuchung gegen Gianni Infantino angezeigt

(causasportnews / red. / 10. Dezember 2020). Alle Drohungen und Verunglimpfungen der Schweizer Strafbehörden und der Justiz vom Zürcher «Sonnenberg», dem Sitz des Weltfussballverbandes FIFA, aus, waren wohl eher ein klassisches Eigentor. Der ausserordentliche Staatsanwalt des Bundes, Dr. Stefan Keller, hat sich durch die Muskelspiele aus der FIFA-Zentrale nicht beeindrucken lassen und sieht im Verhalten von FIFA-Präsident Gianni Infantino Anzeichen für ein strafbares Verhalten, wie er soeben bekannt gegeben hat. Es geht um ungetreue Geschäftsbesorgung mit Blick auf die Benutzung eines Privatjets von Surinam in die Schweiz durch den FIFA-Präsidenten und weiterer Privatpersonen. Die nicht protokollierten Treffen (an denen der FIFA-Präsident teilgenommen hatte und an welche er sich nicht mehr erinnert), mit dem ehemaligen Bundesanwalt Michael Lauber (an die er sich ebenfalls nicht mehr erinnert), sind nicht Gegenstand  dieses Verfahrensabschnittes.

Da im Privatjet nur Privatpersonen mitflogen (und nicht etwa auch Ex-Bundesanwalt Michael Lauber), liegt die Verfahrenskompetenz in der «Causa Privatjet» nun bei der Bundesanwaltschaft, welche über die Eröffnung des Strafverfahrens abschliessend entscheiden wird. Dass Stefan Keller deutliche Hinweise für ein strafbares Verhalten des FIFA-Präsidenten ausmacht und die Strafanzeige wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung gegen diesen als angezeigt qualifiziert, ist keine Überraschung. Es sind auch in diesem Komplex zuviele Ungereimtheiten und Widersprüche auszumachen, weshalb die Eröffnung der Strafuntersuchung durch die Bundesanwaltschaft nun aufgrund der Einschätzung von Stefan Keller als wahrscheinlich gilt. Da nützen auch die insbesondere medial orchestrierten Rechtfertigungsversuche von Gianni Infantino in letzter Zeit nichts. Die in diesem Zusammenhang seitens der FIFA gegen die Schweizer Untersuchungsbehörden und die Justiz inszenierte Kesseltreiben hat die aktuelle Entwicklung eher noch befeuert.

Für Gianni Infantino und weitere Betroffene gilt die Unschuldsvermutung.

Im Falle der Eröffnung eines Strafverfahrens gegen den FIFA-Präsidenten dürfte ein Entscheid der FIFA-Ethikkommission mit Spannung erwartet werden. Nach den üblichen Gepflogenheiten wäre Gianni Infantino als Präsident zumindest während der Dauer des Strafverfahrens kaum mehr zu halten.

FIFA regelt Mutterschaftsschutz für Frauen-Professionals

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(causasportnews / red. / 8. Dezember 2020). Die Neuerung war den Medien nur eine kurze Meldung wert, doch diese hatte es in sich. Nicht nur, weil es um den Frauenfussball geht, sondern auch, weil der Weltfussballverband (FIFA) regulatorisch in Arbeitsvertragsverhältnisse der Frauen-Professionals eingreift.

In der Regel gestalten Klubs und professionelle Fussballspielerinnen ihre Arbeitsvertragsverhältnisse selber, wobei durchwegs, wie bei den Männern, die Bestimmungen über Entschädigungen, Spesen, usw. von vordergründiger Bedeutung sind. Meistens sind im Rahmen der Arbeitsvertragsverhältnisse der Frauen und Männer die jeweiligen nationalen Arbeitsvertragsbestimmungen relevant, in deren (Länder-) Sphären Spielerinnen und Spieler sowie Klubs aktiv sind (nationales Territorialitätsprinzip). Im organisierten Fussball werden insbesondere in den verschiedenen nationalen Ligen durch das Verbandsrecht Standard-Verträge, teils mit bestimmten, zu beachtenden Inhalten (meist Minimalstandards), vorgegeben, die aber in konkreten Arbeitsvertragsverhältnissen konkretisiert und individualisiert werden können. Es bestehen also Wechselwirkungen, oft auch Spannungsfelder, zwischen Verbandsrecht und Arbeitsrecht, obwohl selbstverständlich im Arbeitsrecht immer die Rechtsbeziehungen zwischen Klub (Arbeitgeber) und Sportler(in) die Regel sind.

In einer eher ungewöhnlichen Vorgehensweise hat nun der Weltfussballverband FIFA weltweit Vorgaben für das Arbeitsvertragsverhältnis zwischen Klubs und Professional-Fussballspielerinnen im Rahmen des Mutterschaftsschutzes als verbindlich erklärt. Das mutet insofern speziell an, weil in diesem Bereich einzig Klubs und Athletinnen Vertragsparteien sind. Die Regelung erfolgt offenbar deshalb, weil in etlichen, nationalen Rechtsordnungen der Mutterschaftsschutz von kickenden Frauen von bescheidenem Gehalt ist. Professional-Fussballerinnen können künftig weltweit mindestens 14 Wochen in den Mutterschaftsurlaub gehen und erhalten dabei mindestens zwei Drittel der arbeitsvertraglich vorgesehenen Entschädigung; das entspricht der arbeitsrechtlichen Regelung in der Schweiz: Art. 319 ff. des Schweizerischen Obligationenrechts, OR. Die Fussball-Ligen werden (über die jeweiligen nationalen Verbände, die Mitglieder der FIFA sind) verpflichtet, in ihren Bereichen dieser Regelung zum Durchbruch zu verhelfen. Tun sie das nicht, können sie sanktioniert werden. Was den Weltfussballverband zu diesem Regulierungs-Schritt bewogen hat, ist unklar. Die Frauen bilden aber natürlich ein gewaltiges Fussball-Potential, sich in diesem Segment positiv in Szene zu setzen, bedeutet zumindest keinen Image-Schaden für die FIFA. Dem Weltverband ist immerhin von Frauenseite her Goodwill sicher