(causasportnews / rbr. / 21. November 2018) Ein weiteres auf dem Fussballplatz begangenes Foul hat strafrechtliche Konsequenzen: Wie das Kantonsgericht Fribourg am Montag (19. November 2018) entschieden hat, ist eine gegen einen Gegenspieler verübte „Grätsche“ mit Verletzungsfolge als strafrechtlich relevante Körperverletzung zu qualifizieren. Der beurteilte Fall ist insofern speziell gelagert, als das Foulspiel im Rahmen eines Spiels der Kategorie Junioren begangen worden war.
Der Vorfall ereignete sich im Mai 2016 in der 15. Spielminute des Spiels zwischen dem FC Richemond und dem SC Düdingen. Der verurteilte Spieler, heute 20-jährig, setzte mit gestrecktem Bein zu einem Tackling gegen seinen Gegenspieler an und traf ihn dabei mit der Sohle am Standbein. Er erhielt dafür vom Schiedsrichter die gelbe Karte. Der gefoulte Spieler erlitt einen Knöchelbruch am Fuss, musste hospitalisiert werden und war für längere Zeit arbeitsunfähig. Der Polizeirichter des Bezirks Saane sprach den fehlbaren Spieler daraufhin mit Urteil vom 8. Februar 2018 der (einfachen) fahrlässigen Körperverletzung (Art. 125 Abs. 1 des Schweizerischen Strafgesetzbuches, StGB) schuldig. Dieses Urteil zog der Bestrafte an die obere kantonale Instanz weiter.
Das Kantonsgericht Fribourg teilte die Auffassung des Polizeirichters. Es sprach den Spieler der einfachen Körperverletzung schuldig und verurteilte ihn zu 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit (Art. 79a StGB), unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs (Art. 42 StGB). Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert mit der Begründung, das Verletzungsrisiko sei dem Fussballspiel immanent; es habe sich lediglich um einen Unfall im Kampf um den Ball gehandelt. Das sah das Kantonsgericht anders: Trotz Bestehens eines gewissen Verletzungsrisikos sei der Fussballplatz kein rechtsfreier Raum. Von Bedeutung war für das Gericht auch, dass das Foul sehr früh im Spiel und beim Spielstand von 0:0 begangen worden war, als es also noch nicht um die Entscheidung in diesem Spiel ging. Vor diesem Hintergrund deute das Verhalten des Beschuldigten auf eine äusserst aggressive Spielweise seinerseits hin. Der Spieler habe mit seinem Vorgehen Vorsichtsregeln missachtet, weshalb eine Sorgfaltspflichtverletzung vorliege.
Das Urteil des Kantonsgerichts ist noch nicht rechtskräftig: Es kann dagegen Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesgericht erhoben werden (Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes). Zurzeit gilt deshalb nach wie vor die Unschuldsvermutung (Art. 10 Abs. 1 der Schweizerischen Strafprozessordnung, StPO). Da das Kantonsgericht die vom Geschädigten geltend gemachten Zivilforderungen, insbesondere für ärztliche Behandlungskosten, auf den Zivilweg verwiesen hat (Art. 126 Abs. 2 StPO), ist sodann denkbar, dass in der gleichen Sache auch noch ein Zivilprozess stattfinden wird. Dabei ist das vom Kantonsgericht ausgefällte strafrechtliche Erkenntnis – so es denn bestehen bleibt – in einem Zivilverfahren nicht bindend (Art. 53 OR). Angesichts der Tatsache, dass die Anforderungen an ein rechtlich relevantes Verschulden im Strafrecht grundsätzlich höher sind als im Zivilrecht, erscheint es indessen wahrscheinlich, dass ein mit dem Fall befasstes Zivilgericht zu ähnlichen Schlüssen gelangt wie das Kantonsgericht.Der vorliegende Fall steht in einer Reihe von Foulspielen im Fussball, die im Nachgang zu rechtlichen – und insbesondere strafrechtlichen – Auseinandersetzungen geführt haben. Ein Beispiel hierzu aus der jüngeren Vergangenheit ist der Fall des professionellen Fussballspielers Sandro Wieser, der für sein am 9. November 2014 begangenes Foul an Gilles Yapimittels Strafbefehls (Art. 352 ff. StPO) der eventualvorsätzlichen einfachen (Art. 123 Ziff. 1 StGB) und der fahrlässigen schweren Körperverletzung (Art. 125 Abs. 2 StGB) schuldig gesprochen worden war (CaS 2015, 215). Sandro Wieser zog diesen mittels Einsprache (Art. 354 StPO) an das Bezirksgericht Aarau weiter; in diesem Rahmen einigten sich die Parteien schliesslich gütlich, worauf das Verfahren vom Bezirksgericht eingestellt wurde (causasportnews vom 8. August 2016). Einen weiteren Fall hatte im Oktober 2017 das Kreisgericht Wil zu beurteilen; ein Torhüter hatte in einer Partie der 4. Liga (Amateure) den herannahenden Stürmer mit gestrecktem Bein am rechten Knie getroffen und diesen dabei schwer verletzt. Der betroffene Spieler musste sich einer Knieoperation unterziehen, war zehn Tage lang hospitalisiert und anschliessend drei Monate lang arbeitsunfähig. Auch dieses Gericht sprach den foulenden Spieler der fahrlässigen Körperverletzung schuldig mit der Begründung, es liege eine krasse Regelverletzung durch den Spieler vor.