Archiv für den Monat November 2015

Gegenwind für Welt-Sportevents in Europa

Grosse Sportveranstaltungen haben auf dem europäischen Kontinent im Moment offenbar keine Chance auf Mehrheitssupport, wie ein Referendum in der Hansestadt Hamburg soeben einmal mehr gezeigt hat. Die Mehrheit der Bevölkerung hat sich – wenn auch nur knapp – gegen eine Kandidatur der Stadt für die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2024 ausgesprochen. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass dabei spezifisch lokale Umstände eine Rolle gespielt haben (möglicherweise hielt sich die Begeisterung der Hanseaten nach dem finanziellen Debakel betreffend die Elbphilharmonie in Grenzen, abermals in die Tasche zu greifen – interessanterweise hat die Bevölkerung von Kiel, wo die Segelwettbewerbe hätten stattfinden sollen, für eine Kandidatur votiert). Nachdem aber 2013 bereits München eine Kandidatur für die Austragung der Olympischen Winterspiele 2022 verworfen hat, drängt sich der Eindruck auf, dass Sportevents von Weltrang in Europa mit erheblichem Gegenwind zu kämpfen haben. Ganz offensichtlich wird es immer schwieriger, die Bevölkerung für grosse Sportprojekte zu begeistern. Dabei dürften die Kosten nur einen der ausschlaggebenden Faktoren bilden. Gegenüber Sport-Grossveranstaltungen herrscht vielerorts Skepsis; das Vergabegerangel um grosse Veranstaltungen ist zudem ebenfalls kaum vertrauensfördernd. Möglicherweise spielten gerade bei der Abstimmung in Hamburg auch die kurz zuvor erfolgten Terroranschläge von Paris eine Rolle, die erkennbar werden liessen, dass (prominente) Sportveranstaltungen (ebenfalls) in den Fokus von Attentätern rücken. Und die Anschläge mögen den Stimmbürgerinnen und -bürgern zudem vor Augen geführt haben, dass es in der Welt weitaus grössere Herausforderungen zu meistern gibt als die Organisation von Olympischen Spielen oder Fussball-Weltmeisterschaften. Die Folge der ablehnenden Haltung der Bevölkerung sogar in traditionell eher fussball- bzw. sportbegeisterten Nationen wie Deutschland bewirkt allerdings, dass Europa als Region für die Austragung von Olympischen Spiele oder Fussball-Weltmeisterschaften zusehends marginalisiert wird. Solche Sport-Weltevents werden mehr und mehr in Ländern ausgetragen werden (müssen), deren Regierungen nicht gerade dafür bekannt sind, auf die Meinung der Bevölkerung allzu viel zu geben. Dem europäischen Kontinent bleibt letztlich wohl nur die Alternative, Olympische Spiele oder Fussball-Weltmeisterschaften künftig jeweils (nur) an historischer Stätte austragen zu lassen, z.B. in Griechenland (Olympische Spiele) oder in England (Fussball-WM).

Sportfunktionäre seit einem halben Jahr in Auslieferungshaft

Einen Tag vor dem Kongress des Internationalen Fussballverbandes FIFA in Zürich wurden genau vor einem halben Jahr, am 27. Mai 2015, in einem Zürcher Luxushotel sieben Fussballfunktionäre, die am Kongress teilzunehmen beabsichtigten, festgenommen und wegen Bestechungsvorhalten in Auslieferungshaft gesetzt. Die Schweiz leistete damit Rechtshilfe auf Ersuchen der USA. Die Verhaftungsaktion wurde von den amerikanischen Behörden medienwirksam inszeniert, die von Amerika vorgebrachten Vorhalte von den Schweizer Behörden, Bundesanwaltschaft und Bundesamt für Justiz, als plausibel beurteilt, weshalb die Schweiz die Rechtshilfe gewährte. Von den sieben verhafteten Funktionären befinden sich immer noch fünf in Auslieferungshaft; zwei Funktionäre haben der Auslieferung zugestimmt und sind zwischenzeitlich in die USA überführt worden. Die fünf immer noch in Haft befindlichen Funktionäre wehren sich gegen die Auslieferung. Gegen die Auslieferungsanordnungen des Bundesamtes für Justiz haben alle Inhaftierten das Bundesstrafgericht angerufen. Die Betroffenen können danach noch an das Schweizerische Bundesgericht gelangen. Nachdem anlässlich der Verhaftungsaktion von der Bundesanwaltschaft – im Einklang mit den amerikanischen Behörden – kommuniziert worden ist, die Sachlage präsentiere sich klar, verwundert die lange Verfahrensdauer; mit dem Rechtsgut „Freiheit“ wird jedenfalls salopp umgegangen – wohl eine Folge des amerikanischen Druckes, dem sich die Schweiz beugt. Es dürfte noch einige Zeit verstreichen, bis Schweizer Gerichte abschliessend entschieden haben, ob die amerika-freundliche Linie der Bundesanwaltschaft, gestützt vom Bundesamt für Justiz, Bestand hat. Nach einem halben Jahr seit den Verhaftungsaktionen in Zürich ist auf juristischem Wege praktisch nichts geschehen, hingegen versucht sich die Bundesanwaltschaft immer wieder öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen, indem etwa Medienorientierungen, teils mit amerikanischer Beteiligung, ohne jeglichen News-Wert abgehalten wurden. – Die US-Justiz verlangt auch Bankunterlagen von Schweizer Geldinstituten mit Bezug zu den Fussball-Funktionären heraus. Dass diese Rechtshilfebegehren zwischenzeitlich vom Bundesamt für Justiz weitgehend gutgeheissen worden sind, versteht sich von selbst.

Klares und Unklares um den FIFA-Präsidenten

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FIFA-Präsident Joseph S. Blatter: Noch im Amt, aber (provisorisch) suspendiert | Bild: Alexanderps

Der von der FIFA-Ethikkommission provisorisch suspendierte FIFA-Präsident Joseph S. Blatter hat sich erstmals in den Medien, im „Schweizer Fernsehen“, zu erklären versucht. Auch wenn der Moderator die entscheidenden, rechtlich relevanten Fragen nicht gestellt hat (dafür aber seinem Interviewpartner permanent ins Wort gefallen ist), lässt sich folgendes Fazit ziehen: Klar ist, dass der FIFA-Präsident – auch wenn er auf den 26. Februar 2016 hin sein Amt zur Verfügung zu stellen beabsichtigt – um seine Rehabilitation kämpfen will. Klar ist auch, dass er gegen die durch die FIFA-Ethikkommission verhängte, provisorische Suspendierung vor dem internationalen Sportschiedsgericht CAS vorgeht. Und klar ist schliesslich, dass demnächst im ordentlichen Ethikverfahren eine Entscheidung in der Hauptsache fallen wird. Dabei muss dem FIFA-Präsidenten in Bezug auf allfällige Verfehlungen durch die Ethikkommission ein Verschulden nachgewiesen werden, d.h. der Präsident hat nicht – umgekehrt – seine Unschuld zu beweisen.

Unklar und verwirrend sind demgegenüber die Ausführungen des FIFA-Präsidenten zum angehobenen Verfahren der FIFA-Ethikkommission. Richtig ist seine Feststellung, dass er von der Vereinsversammlung der FIFA (FIFA-Kongress) am 29. Mai 2015 für vier weitere Jahre zum FIFA-Präsidenten gewählt worden ist. Richtig ist auch, dass der FIFA-Kongress das zuständige Abberufungsorgan wäre, falls der FIFA-Präsident bspw. nicht vorzeitig zurücktritt (Art. 65 ZGB). Kaum richtig dürfte allerdings die Einschätzung sein, als FIFA-Präsident unterstünde er nicht dem Ethikreglement der FIFA und könne deshalb auch nicht sanktioniert werden, weil ihn der Kongress ins Amt gewählt habe und dieser auch das zuständige Abberufungsorgan sei. An sich bestehen keine begründeten Zweifel daran, dass auch der FIFA-Präsident dem Ethikreglement des Weltfussballverbandes untersteht und im Falle von Verstössen gegen Normen des Reglements sanktioniert werden kann. Die FIFA-Ethikkommission kann demzufolge den Präsidenten zwar nicht abberufen (diese Kompetenz kommt tatsächlich einzig dem FIFA-Kongress zu), sie kann aber die in Art. 6 des Ethikreglements vorgesehenen Sanktionen aussprechen. Zu diesen gehört insbesondere auch ein Verbot der Ausübung jeglicher fussballbezogener Tätigkeiten. Falls die FIFA-Ethikkommission zum Schluss gelangen würde, dass Sanktionen gegen den FIFA-Präsidenten wegen Verstössen gegen das Ethikreglement gerechtfertigt seien und eine Sanktion aussprechen würde, wäre es durchaus möglich, dass der Präsident (im Falle eines nicht vollzogenen Rücktritts vom Amt bis zu einer allfälligen Abberufung durch den Kongress) formell im Amt des FIFA-Präsidenten verbleiben würde, aber etwa von jeglichen Aktivitäten im Fussball ausgeschlossen wäre. Dies resultiert aus der in solchen Zusammenhängen stets zu beachtenden Unterscheidung zwischen der vereins- und der sanktionsrechtlichen Ebene. Das wiederum ist nun sehr klar…

 

„DFB-Skandal“: Bisher erfolglose mediale Beweislastumkehr

Mitte Oktober schockte das Deutsche Magazin „Der Spiegel“ mit der Hiobsbotschaft, die Fussball-Weltmeisterschafts-Endrunde in Deutschland 2006 sei gekauft worden. Mit 6,7 Millionen Euro, vorgeschossen vom verstorbenen Adidas-Top-Manager Robert Louis-Dreyfus. Seither wird von Heft zu Heft nachgelegt; die abenteuerlichsten Storys werden gesponnen, und vor drei Wochen trat DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zurück – im Erklärungsnotstand. Noch immer ist nicht klar, was mit den 6,7 Millionen Euro je geschehen ist. Es wäre auch verwunderlich, wenn dieses Rätsel je gelöst werden könnte. Der Vorgang erinnert eher an saloppen Umgang mit Geld und speziellen Buchführungsusanzen denn an kriminelle Energie der in die Öffentlichkeit gezerrten Protagonisten Robert Louis Dreyfus (gestorben), Wolfgang Niersbach (zurückgetreten) und Franz Beckenbauer (eher unantastbar). Zwischenzeitlich ermitteln die Deutschen Behörden wegen möglicher Steuerdelikte seitens des DFB. Das Sommermärchen nur noch im Fokus der Steuerfahnder und kein Fall mehr für Korruptionsjäger? Es scheint so zu sein. „Der Spiegel“ tischt zwar immer neue Versionen auf, was mit dem geflossenen Geld geschehen sein könnte (in der jüngsten Ausgabe ist von DFB-Geld die Rede, das in die Karibik geflossen sein soll („Der Spiegel“, 19.11.2015, 115); die angeblich mit dem Geld gekaufte WM bzw. die angeblich gekauften vier Stimmen der Exekutivkomitee-Mitglieder der FIFA werden nicht einmal mehr ansatzweise erwähnt. Gut für Medien, die so ihre Leser/innen bei Laune zu halten versuchen, dass die Aktualität die Behauptungen i.S. DFB und Stimmenkauf in den Hintergrund gedrängt hat. Der Vorgang ist aber ein Abbild der heutigen Medienwelt: Man nehme eine Vermutung, die allenfalls sachverhaltsmässig erstellt werden könnte, walze die Vermutungen breit, hoffe darauf, dass aufgrund der Vermutungen die Wahrheit ans Licht komme. Oft funktioniert diese Vorgehensweise, im konkreten Fall aber offenbar nicht. Klar ist im Moment im „DFB-Skandal“ einzig, dass nicht vollzogen werden kann, wofür 6,7 Millionen Euro geflossen sind. Die Rechnung des Hamburger Magazins ist zumindest bis anhin nicht aufgegangen. Die dem DFB durch Vermutungen zugeschobene Beweislast hat bisher nichts Zählbares gebracht, ausser ein Bauernopfer in der Person des DFB-Präsidenten. Oder anders: Die medial inszenierte Beweislastumkehr, wie sie sonst im Sport hauptsächlich in Dopingsanktionsfällen vorkommt, hat (in diesem Fall bis dato) nicht funktioniert. Immer noch darf Deutschland daran glauben, dass das Sommermärchen auf einer reellen Geschichte beruhte und nicht auf Zuschlags-Korruption basierte.

Unterschiedliche Reaktionen auf deutsches Antidopinggesetz

BundestagLeistungssportler/innen, die dopen oder im Besitz von Dopingmitteln sind (und beabsichtigen, diese zur Leistungssteigerung einzusetzen), müssen künftig in Deutschland mit Haftstrafen rechnen. Grundlage hierfür wird das „Antidopinggesetz“ bilden, das am 13. November 2015 vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden ist (BT-Drucks. 18/4898 und 18/6677). Dem Gesetz muss der Deutsche Bundesrat noch zustimmen; dies gilt jedoch als sicher, so dass ein Inkrafttreten für Anfang 2016 erwartet wird.

CDU/CSU und SPD votierten im Bundestag für die gesetzliche Regelung, die Parlamentarier/innen der Linksfraktion enthielten sich der Stimme, Grüne und Bündnis 90 votierten dagegen. Dass nun Sportler/innen bei Dopingmissbrauch strafrechtlich belangt werden können (bis dato war dies nur bezüglich des Umfelds der Athletinnen und Athleten der Fall), ist bemerkenswert. Dieser neue Ansatz basiert zweifelsfrei auf der Erkenntnis, dass der Sport selbst, insbesondere mittels entsprechender Sanktionen, nicht in der Lage ist, des Dopingproblems Herr zu werden. Bundesjustizminister Heiko Maas sprach diplomatisch davon, dass die Verbände staatliche Unterstützung beim Kampf gegen Doping benötigten; die Grünen hingegen kritisierten die „Kriminalisierung der Sportler“. Die Integrität des Sports, die mit dem neuen Gesetz als Rechtsgut geschützt werden soll, ist nach Auffassung der Vorsitzenden des Rechtsausschusses, Renate Künast (Bündnis 90/ Grüne), nicht zu schützen, weil es diese Integrität gar nicht geben würde. Die Strukturen im heutigen Leistungssport seien von Grund auf falsch, also brauche der Sport strukturelle Veränderungen, sagte die Politikerin. Das Strafrecht und somit der entsprechende staatliche Eingriff seien die Ultima Ratio in der Dopingbekämpfung, meinte sie.

Gemäss ersten Reaktionen in der breiteren Öffentlichkeit scheint der Griff zur Ultima Ratio bei der Dopingbekämpfung indes notwendig geworden zu sein. Die kurz vor der Verabschiedung des Gesetzes entfachte, intensive Dopingdiskussion nach Bekanntwerden der Doping-Skandale in der russischen Leichtathletik dürfte die Meinungsbildung im Bundestag zu Gunsten der gesetzlichen Regelung noch beeinflusst haben. Die Dopingproblematik hat allerdings durch die Vorgänge in Russland noch eine neue Dimension erhalten und die Frage akut werden lassen, wie staatliche Stellen, die bei Dopingmissbrauch mithelfen, in die Schranken gewiesen werden können. Mit der Annahme des deutschen Antidopinggesetzes ist nicht zuletzt auch Rechtssicherheit geschaffen worden. Dopende Sportler/innen sind also sowohl straf- als auch verbandsrechtlich sanktionierbar; zwischen Verbandssanktion und Kriminalstrafe kommt der Grundsatz des Verbots der Doppelbestrafung („ne bis in idem“) nicht zu Anwendung. Dopende Sportler/innen können der Kriminalstrafe künftig nur entrinnen, wenn sie gestehen und bedauern. Straffreiheit bei tätiger Reue heisst das nun gemäss Gesetz.

Sportschiedsgericht als Zünglein an der Waage im FIFA-Präsidentschaftswahlprozedere

 

Zürich-FIFA_USErwartungsgemäss hat die FIFA-Berufungskommission die Anträge der für 90 Tage suspendierten Präsidenten der FIFA (Joseph Blatter) und der UEFA (Michel Platini) abgewiesen und die im Rahmen vorsorglicher Massnahmen von der rechtsprechenden Kammer der Ethikkommission verhängten Sanktionen gegen die beiden Fussball-Top-Funktionäre bestätigt. Gegenstand des Verfahrens ist die angebliche Zahlung der FIFA an Michel Platini, die von Joseph Blatter unter ungeklärten Vorgaben autorisiert worden sein soll. Der Sachverhalt wird nun auch von der FIFA-Berufungskommission als sanktionswürdig qualifiziert. Noch kein Entscheid der rechtsprechenden Kammer der FIFA-Ethikkommission ist im Hauptverfahren ergangen. Dieses Prozedere dürfte demnächst abgeschlossen werden. Aufgrund der bereits vorsorglich ausgefällten Suspensionen ist mit Sanktionen auch im Hauptverfahren zu rechnen. Gegen die nun bekannt gewordene Entscheidung der FIFA-Berufungskommission können Joseph Blatter und Michel Platini an das Sportschiedsgericht in Lausanne (TAS) gelangen. Von dieser Möglichkeiten werden die suspendierten Funktionäre auch Gebrauch machen, wie sie gegenüber den Medien erklärt haben. Obwohl sich das TAS nun einzig mit den 90tägigen Sperren wird befassen müssen, kommt dem Verfahren mit Blick auf die FIFA-Präsidentenwahl am 26. Februar 2016 in Zürich wegweisende Bedeutung zu: Sollte das TAS die vorläufige Suspension von Michel Platini bestätigen, dürften seine Chancen auf das FIFA-Präsidium bei „null“ liegen, es sei denn, im ordentlichen Sanktionsverfahren würde sich noch eine Überraschung ergeben. Die Bereinigung des Kandidatenfeldes für das FIFA-Präsidium wird also in Lausanne erfolgen. Das TAS spielt im FIFA-Präsidentschafts-Wahlkampf demnach das Zünglein an der Waage.

Definitive Verbannung des FC Ostelbien Dornburg e.V. aus dem Sport

indexDer FC Ostelbien Dornburg e.V. hat den Kampf um den Verbleib im Landessportbund Sachsen-Anhalt und damit auch im Fussballverband Sachsen-Anhalt aufgegeben, den Ende August gefällten Ausschliessungsentscheid des Landessportbund-Präsidiums akzeptiert und den Widerspruch gegen die Präsidiums-Entscheidung zurückgezogen (causasportnews.com berichtete am 2. September 2015 und am 29. Oktober 2015 darüber). Damit bleibt der Club von jeglichen sportlichen Aktivitäten im Rahmen des organisierten Fussballs ausgeschlossen. Dem Verein bzw. Mitgliedern des Vereins wurden rechtsextreme Tendenzen nachgesagt und nachgewiesen; dem Verfassungsschutz sollen 15 Vereinsmitglieder als Rechtsextremisten bekannt sein. Immer mehr gegnerische Mannschaften des FC Ostelbien Dornburg e.V. wurden beleidigt und bedroht und weigerten sich, gegen den Verein anzutreten. Einige Schiedsrichter erklärten, keine Spiele mehr mit Teilnahme des FC Ostelbien Dornburg e.V. leiten zu wollen. Dies alles führte letztlich zu einem Ausschliessungsverfahren. Vorgängig der Anfechtungs-Entscheidung des Hauptausschusses des Landessportbundes Sachsen-Anhalt, die am letzten Wochenende erwartet worden war, hatte der Club vergeblich versucht, die Ausschliessung auf dem Wege des einstweiligen Rechtsschutzes abzuwenden und scheiterte mit Begehren an den Landgerichten Magdeburg und Halle sowie am Oberlandesgericht Naumburg. Der Club hatte wohl erkannt, dass einer Ausschliessung aus dem organisierten Sport nichts mehr hätte entgegengesetzt und die angefochtene Ausschliessung durch das Präsidium des Landessportbundes Sachsen-Anhalt nicht mehr hätte abgewendet werden können.

Michel Platini: Auf Nebenspielplatz verdribbelt

Der von der FIFA-Ethikommission einstweilen suspendierte FIFA-Vizepräsident und UEFA-Vorsitzende Michel Platini hat sich auf einem Nebenspielplatz verdribbelt. Auf eine Beschwerde des ehemaligen Top-Fussballers ist das Bundesstrafgericht kürzlich nicht einmal eingetreten. Ob die Beschwerde einen Zusammenhang aufweist mit der für Schlagzeilen sorgenden ominösen Zahlung von angeblich zwei Millionen Franken der FIFA an Michel Platini, kann dem Beschluss des Bundesstrafgerichts vom 28. Oktober 2015 (BB.2015.107,BP.2015.42) nicht entnommen werden. Der anonymisierten Entscheidung lässt sich auch nicht entnehmen, ob es sich beim Beschwerdeführer tatsächlich um Michel Platini handelt, doch ist dies zu vermuten, und für die „Neue Zürcher Zeitung“ scheint dies evident zu sein (NZZ vom 10. November 2015 /NZZ online vom 9. November 2015 Beitrag). Der gerichtlichen Intervention des ehemaligen französischen Nationalspielers lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die schweizerische Bundesanwaltschaft führt gegen eine Drittperson ein Ermittlungsverfahren wegen ungetreuer Geschäftsführung und Veruntreuung durch. Im Zuge dieses Verfahrens verlangte die Bundesanwaltschaft Unterlagen von einer Bank heraus, die offenbar einen Zusammenhang mit Michel Platini aufweisen. Der Anwalt des suspendierten Funktionärs verlangte gegen diese Editionsaufforderung der Bundesanwaltschaft gegenüber der Bank die Aufhebung der bundesanwaltschaftlichen Anordnung. Auf das Begehren von Michel Platini ist das Bundesstrafgericht jedoch nicht eingetreten. Die Beschwerde wurde als offensichtlich unzulässig qualifiziert und mit einer Modul-Begründung abgeschmettert. Dieses Spiel auf juristischer Ebene ist an sich bemerkenswert, doch zeigt die misslungene Intervention Michel Platinis auch, auf wie vielen Nebenplätzen im Rahmen des von den Medien emporstilisierten sog. „FIFA-Skandals“ zwischenzeitlich gespielt wird. Der als juristischer Befreiungspass Michel Platinis angedachte Schritt ist nun zum verunglückten juristischen Dribbling des einstigen Fussball-Strategen geworden (mehr dazu in Causa Sport 4/2015).

Interdisziplinarität in der Dopingbekämpfung

ViretMit „Evidence in Anti-Doping at the Intersection of Science and Law“ wird diesen Monat ein wichtiges, einen im Grunde schon längst überfälligen Ansatz im Antidoping-Bereich etablierendes Buch erscheinen. In einem derart hoch „technischen“ Sektor wie demjenigen der Dopingbekämpfung kann die rechtliche Erfassung entsprechender Vorgänge – und insbesondere von Dopingverstössen – ohne einen interdisziplinären Ansatz eigentlich kaum in adäquater Weise erfolgen. Und dennoch findet ein Austausch bzw. ein Ineinandergreifen zwischen den beiden betreffenden Sphären – der medizinisch-technischen und der juristischen – bislang so gut wie nicht statt. Das nunmehr erscheinende Werk von Marjolaine Viret stellt diesbezüglich einen grossen Schritt nach vorne dar. Die Publikation ist das Ergebnis intensiver Forschungsarbeiten, die im Übrigen auch in eine – mit „summa cum laude“ bewertete – Dissertation mündeten. Auf nicht weniger als rund 800 Seiten erläutert die mit einem dezidiert naturwissenschaftlichen Hintergrund ausgestattete Rechtsanwältin die Feinheiten der medizinisch-technischen Eigenheiten der Dopingbekämpfung und deren rechtlichen Implikationen sowie die entsprechenden Interdependenzen. Dadurch dürfte den in diesem Bereich tätigen Juristen das dringend benötigte, bessere Verständnis der relevanten naturwissenschaftlichen Grundlagen vermittelt werden, während umgekehrt den eher im „technischen“ Sektor des Antidopings tätigen Wissenschaftlern die einschlägigen rechtlichen Rahmenbedingungen unter denen sie operieren spezifisch bewusst gemacht werden. Die Publikation wird selbstverständlich in einer der nächsten gedruckten Ausgaben von Causa Sport im Rahmen einer Rezension ausführlicher besprochen werden.

Freipass für Diskriminierungen im holländischen Fussball?

FC Utrecht: Vertraglicher Schutz von Diskriminierungen?

FC Utrecht: Vertraglicher Schutz von Diskriminierungen?

Gegenwärtig sieht es nicht danach aus, dass sich der Vorfall, bei dem sich der holländische Fussballspieler Nacer Barazite unlängst weigerte, nach einem Interview einer Journalistin die Hand zu geben, zu einem veritablen „Handshakegate“ auswächst. Hauptgrund dafür dürfte wohl sein, dass die betroffene Reporterin selbst die Weigerung des Fussballers offenbar nicht an die grosse Glocke hängen möchte – sie äusserte Verständnis für das Verhalten des Sportlers und fügte hinzu, dass sie ihn eigentlich „für einen ganz netten Kerl“ halte. Nacer Barazite ist beim FC Utrecht angestellt und einer von zwei muslimischen Spielern des Klubs. Mit diesen Spielern hat der Klub besondere Absprachen getroffen, nach denen sie ihren Glauben ausleben dürfen, solange dies die sportlichen Abläufe nicht stört. Nacer Barazite berief sich bezüglich der Weigerung, der Reporterin die Hand zu geben, darauf, dass seine Religion ihm dies verbiete. Ihrem Kameramann hingegen reichte der Sportler bereitwillig die Hand.

Der fragliche Vorfall mutet zwar als Bagatelle an, könnte aber durchaus komplexe rechtliche Implikationen aufweisen. Ganz offensichtlich hat hier ein Fussballspieler eine Journalistin schlechter – weniger höflich – als ihre männlichen Kollegen behandelt, und zwar gerade und ausschliesslich wegen ihres Geschlechts. Dies ist vor dem Hintergrund von Art. 3 der FIFA-Statuten, der jegliche Diskriminierung (insbesondere wegen des Geschlechts) verbietet, nicht unbedenklich. Dass ein solches Verhalten von dem Klub des Spielers – über eine Absprache, die es mit abdeckt – ausdrücklich geschützt wird, könnte vor dem Hintergrund einschlägiger Diskriminierungsverbote im staatlichen Recht sowie im Recht der Europäischen Union problematisch erscheinen. Gerade die Verbote geschlechtsbezogener Diskriminierungen haben in aller Regel sog. direkte Dritt- bzw. Horizontalwirkung und gelten mithin auch im Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten. Vor diesem Hintergrund hätte der holländische Fussballverband zumindest eine Untersuchung des Vorfalls – die die Frage der Zulässigkeit der in casu relevanten vertraglichen Absprachen mit einschliessen müsste – einleiten müssen.