
Justitia im Fall von Larry Nassar: Definitiv mit scharfem Schwert, vielleicht sogar mit Cowboy-Boots…
(causasportnews / red. / 31. Januar 2018) Das Drum und Dran war ein bisschen so wie beim Football-Star O.J. Simpson, der vor mehr als 20 Jahren wegen Mordes angeklagt, jedoch 1995 freigesprochen wurde. Doch im soeben entschiedenen Fall ging es für den Angeklagten weniger gut aus: Dem Sportarzt Larry Nassar wurden Sexualverbrechen an minderjährigen Turnerinnen vorgeworfen; die Richterin, Rosemarie Aquilina, sprach ihn vor wenigen Tagen schuldig und verurteilte ihn zu bis zu 175 Jahren Haft. Spektakulär an diesem Prozess gegen einen Exponenten aus der Sportszene war weniger die Verurteilung, welche nach dem Teilgeständnis des Beschuldigten auf der Hand lag und allgemein als „gerecht“ qualifiziert wurde, als das Verhalten der Richterin in diesem Aufsehen erregenden Prozess. So eröffnete sie die Entscheidung mit den Worten: „Ich spreche hiermit Ihr Todesurteil aus“ (vgl. NZZ am Sonntag, 28. Januar 2018; „Schutzheilige der US-Turnerinnen“). Sichtlich kostete die Richterin, die den „Fall ihres Lebens“ sichtlich genoss und den Prozess als Tribunal gegen Larry Nassar inszenierte, ihren richterlichen Auftritt aus. Den Geschädigten bot sie eine geradezu exzessive Plattform. In keiner Phase des Verfahrens bestand auch nur der geringste Zweifel daran, dass der Beschuldigte schuldig gesprochen und hart bestraft werden würde. Selbstverständlich war aufgrund der Faktenlage die Verurteilung des Sportarztes gerechtfertigt. Die Richterin nahm im Verfahren dennoch jede Gelegenheit wahr, um den Beschuldigten abzukanzeln und den Gerichtssaal zu einer Bühne der Geschädigten zu machen. Solches ist der etwas speziellen amerikanischen Rechtsprechung, die zuweilen als „Micky Maus-Justiz“ qualifiziert wird, zwar nicht fremd, doch gab die Rolle der zur Objektivität verpflichteten (Schieds-)Richterin, wie sie einer Angehörigen oder einem Angehörigen der Justiz an sich zukommen sollte, auch in den USA zu Diskussionen Anlass. So gehört es auch in Übersee zu den Maximen der Rechtsprechung, dass eine Richterin oder ein Richter einen Prozess unparteiisch führt und auch entsprechend urteilt. Rosemarie Aquilina, die unter der Richter-Robe dem Vernehmen nach am liebsten Jeans und Cowboy-Boots tragen soll, betonte nach der Verurteilung des Sportarztes, dass sie ohne Vorurteile in den Prozess gegangen sei – ein Umstand, der gemäss europäischem Rechtsempfinden selbstverständlich ist. Gemäss Medienberichten sei von dieser Unabhängigkeit im Prozess jedoch nicht viel zu merken gewesen (so die zitierte NZZ am Sonntag). Der Prozess hat wohl nur vom Resultat (Urteil) her gehalten, was er versprochen hatte.