(causasportnews / err. / 30. März 2016) Ehrungen ähneln Lottogewinnen – man hofft darauf, aber selten werden die Erwartungen erfüllt. Ehrungen können über Menschen oder Institutionen aber auch einfach hereinbrechen. Wer hätte gedacht, dass Leonardo DiCaprio – ein Querdenker in der Filmbranche – doch noch zu einem „Oscar“ kommen könnte, wie kürzlich geschehen, obwohl er diese Auszeichnung schon längst verdient gehabt hätte, sich aber in „Hollywood“ offensichtlich zu wenig opportunistisch verhielt. Nun konnte er offensichtlich einfach nicht mehr ignoriert werden. Die Geehrten fühlen sich in der Regel geschmeichelt oder sind seltener peinlich berührt, weil sie die Ehrung für unangebracht halten. In jedem Fall empfiehlt es sich, genau hinzuschauen, wenn es um Auszeichnungen und Ehrungen geht. Bei Eigenehrung ist sogar Skepsis unabdingbar. Ehren sich etwa die Medien selber, ist sogar erhöhte Vorsicht ein Gebot. Mit den Ehrungen verhält es sich oft wie mit dem Applaus: Es ist nicht immer bekannt, was nun im Rahmen einer Ehrung effektiv beklatscht wird oder werden soll. So weiss bis heute eigentlich niemand so genau, weshalb der amtierende US-Präsident Barack Obama 2009 mit dem Friedens-Nobelpreis bedacht worden ist. Jedenfalls hat er ihn angenommen in der festen Überzeugung, dass er Unglaubliches für den Frieden leiste – anders etwa als der verstorbene Literatur-Papst Marcel Reich-Ranicki, der den ZDF-Fernsehpreis 2008 schnöde zurückgewiesen hatte mit den legendären Worten: „Diesen Preis nehme ich nicht an“ – weil er den um ihn gemachten „Zirkus“ nicht mitmachen wollte. Ehren sich Medien selber, sprechen die Geehrten davon, während sich die nicht Geehrten vornehmlich in vornehmes Schweigen hüllen. – So kürzlich geschehen anlässlich der Verleihung des Grossen Preises des Verbandes Deutscher Sportjournalisten. Geehrt wurden Journalisten des Nachrichtenmagazins „ Der Spiegel“ für die Berichterstattung „über dubiose Geldflüsse rund um die Fussball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006“, wie das Magazin zu berichten weiss („Der Spiegel“, 13/2016, 138). Offensichtlich ist es dem Magazin ob dieser Ehre nicht ganz geheuer, ist die Erfolgsmeldung doch sehr diskret am Schluss des Hefts platziert. Kein Wunder: Bei der Geschichte, für welche das Magazin nun geehrt worden ist, ging es um nichts anderes als den Kauf der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland („Der Spiegel“, 43/2015 und Folgehefte), und nicht einfach um dubiose Geldflüsse, wie der Vorgang nun dargestellt wird. Faktum ist, dass das Magazin die anfangs erhobenen Vorwürfe der gekauften WM bis dato nicht belegen konnte. Nicht nur der „Spiegel“-Leser dürfte sich fragen, für was nun diese Ehre…
Archiv für den Monat März 2016
FIFA-Ethikkommission untersucht „Sommermärchen“-Zahlung
(causasportnews / red. / 24. März 2016) Vor rund einem halben Jahr hat das Deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ verkündet, der Traum vom „Sommermärchen“ 2006 sei geplatzt. Die WM-Endrunde basiere auf Lug und Trug und sei gekauft worden – dies wurde in grosser Aufmachung verkündet und in den kommenden Wochen und Monaten wiederholt. Mit 6,7 Millionen Euro seien die erforderlichen Stimmen für den Vergabebeschluss des FIFA-Exekutivkomitees im Jahr 2000 „gekauft“ worden. Als Bösewichte wurden insbesondere Franz Beckenbauer, der zwischenzeitlich zurückgetretene DFB-Präsident Wolfgang Niersbach sowie der 2009 verstorbene Wirtschaftsmanager Robert Louis-Dreyfus ausgemacht. Der Grund für die ominöse Zahlung ist bis heute unbekannt. Der vom „Spiegel“ erhobene Vorwurf wurde trotz permanenter Wiederholung nicht wahrer. Auch eine im Auftrag des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) mit der Abklärung beauftragte Anwaltskanzlei konnte den Vorgang nicht klären (vgl. auch causasportnews vom 7. März 2016). Nun versucht die FIFA-Ethikkommission zu erhellen, für was damals 6,7 Millionen Euro bezahlt worden sind. Als erhärtet erscheint inzwischen, dass die Zahlung aus Deutschland auf ein Konto, das indirekt dem ehemaligen FIFA-Top-Funktionär Mohamed Bin Hammam zugeordnet wird, geflossen ist. Mohamed Bin Hammam wurde von der FIFA-Ethikkommission aus dem Kandidaten-Rennen genommen, als er 2011 gegen den erneut als FIFA-Präsident kandidierenden Joseph Blatter antreten wollte. Allerdings scheint nun der Grund für die fragliche Zahlung tendenziell in eine andere Richtung als für einen Stimmenkauf bezüglich der WM-Vergabe 2006 zu gehen; die Medien spekulieren, dass es sich bei der Bezahlung der 6,7 Millionen Euro um einen Stimmenkauf für die Wahl von Joseph Blatter gehandelt haben könnte (so etwa die „NZZ“ vom 23. März 2016). Nun ermittelt die untersuchende Kammer der FIFA-Ethikommission gegen Franz Beckenbauer, Wolfgang Niersbach, den kürzlich zurückgetretenen DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock, den ehemaligen stellvertretenden DFB-Generalsekretär Stefan Hans, den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger sowie den WM-Organisationsmanager Horst Schmidt. Einstweilen und wohl bis auf Weiteres darf in Deutschland (noch immer) an das „Sommermärchen“ geglaubt werden.
Das (angemessene ?) Salär des FIFA-Präsidenten
(causasportnews / red. / 21. März 2016) Eines der wichtigsten Geheimnisse des Weltfussballs wurde vor wenigen Tagen gelüftet: Die Höhe des Salärs des ehemaligen FIFA-Präsidenten Joseph Blatter. 3,6 Millionen Schweizer Franken soll der Mann, der aufgrund des öffentlichen Drucks zurücktreten musste, im Jahr 2015 verdient haben. 3,6 Millionen – und kaum jemanden interessiert das; sei es, weil die „Ära Blatter“ Geschichte ist und der „Name Blatter“ kein Reizwort mehr bildet, sei es, weil 3,6 Millionen Schweizer Franken nicht dazu angetan sind, des Volkes Zorn zu schüren. Jedenfalls ist es seit der Offenlegung des Salärs des abgetretenen FIFA-Präsidenten auffällig ruhig geblieben. Wohl ist erwartet worden, dass die Lüftung dieses Geheimnisses die Medien als Teil einer Neid- und Missgunst-Gesellschaft in Rage versetzen würde – doch nichts geschieht. Erwartet worden war wohl, dass sich die Salärhöhe im zweistelligen Millionenbereich bewegen würde. Und nun dieser Betrag, für den die grossen „Nummern“ in der Wirtschaft, die – im Gegensatz zum FIFA-Präsidenten – beliebig auswechselbar sind, in der Regel nicht einmal aufstehen würden. Da wird doch die FIFA permanent kritisiert, dass sie Erträge in Milliardenhöhe generiert, also ein kerngesundes Unternehmen ist. Demnach wäre das Salär des ehemaligen FIFA-Präsidenten, der das strategische und operative Machtzentrum des Weltverbandes bildete, auch ein zweistelliges Millionensalär kaum zu beanstanden gewesen. Dass die FIFA im letzten Geschäftsjahr einen nachvollziehbaren Verlust zu verzeichnen hat, darf sich kaum auf die Höhe des präsidialen Salärs nieder schlagen. Demnach gibt es an dieser Summe auch wenig auszusetzen – Neider und Missgünstige, inklusive die Medien, werden das allerdings anders sehen; sie hüllen sich jedoch in Schweigen. Dennoch sind zur Höhe des Salärs des (neuen) FIFA-Präsidenten ein paar Bemerkungen anzubringen. Einmal ist die Funktion des amtierenden FIFA-Präsidenten Gianni Infantino eine grundsätzlich andere als diejenige seines Vorgängers. Aufgrund der soeben beschlossenen FIFA-Reformen ist der FIFA-Präsident immer noch das Aushängeschild des Verbands; im Unternehmen ist er weitgehend strategisch tätig. Das FIFA-Präsidium ist und bleibt eines der wichtigsten Ämter in der Welt. Das dürfte dazu führen, dass dessen Salär, das demnächst festgelegt werden soll, einiges unter der Entschädigung, wie sie Joseph Blatter erhielt, liegen dürfte. Allgemein wird nicht unberücksichtigt bleiben, dass die FIFA eben ein Verband mit nicht-wirtschaftlicher Zielsetzung ist – im Gegensatz etwa zu Banken und Versicherungen, die rein kapitalbezogen strukturiert sind. Die Ausrichtung eines Unternehmens muss zweifelsfrei die Grundlage für die Entschädigungen des Personals bilden. Was vereinnahmt wird, ist primär zweckgemäss einzusetzen und soll nicht hauptsächlich dazu dienen, Verwaltungs- und Personalkosten abzudecken. Das hat der neue FIFA-Präsident, der Exponent eines weltumspannenden Unternehmens mit ideeller Zweckbestimmung ist, erkannt und wird bezüglich seiner Entschädigung bzw. betreffend Entschädigungshöhe kaum Angriffsfläche bieten wollen.
Ausbrüche des FC Sion-Präsidenten haben disziplinarische Folgen
(causasportnews / red. / 18. März 2016) Christian Constantin, Präsident des FC Sion, muss sich wegen seines Verhaltens gegenüber Schiedsrichter Sascha Amhof nach dem Super League-Fussballspiel Young Boys Bern gegen den FC Sion (vgl. causasportnews vom 17. März 2016) disziplinarisch verantworten. Zwar erst Tage nach dem verbalen Amok-Lauf des Sion-Präsidenten, aber immerhin, ist bekannt geworden, dass die Disziplinarkommission der SFL ein Verfahren gegen Christian Constantin eingeleitet hat. In einer gemeinsamen Verlautbarung erklärten der Schweizerische Fussball-Verband (SFV) und die SFL, sie würden das Verhalten des streitbaren Präsidenten aufs Schärfste verurteilen. Es wurde auch Zeit, dass insbesondere die Liga ein Zeichen setzte und sich nach den rüden Anwürfen des Sion-Präsidenten gegen den Schiedsrichter hinter letzteren stellte. In Anbetracht früherer Vorkommnisse wird allerdings Christian Constantin eine allfällige Sanktion letztlich locker wegstecken. Und die SFL wird sich kaum dazu durchringen, den streitbaren Präsidenten wirksam zu sanktionieren. Die Fussballorganisationen tun sich mit Christian Constantin seit Jahren schwer. Er ist dafür bekannt, dass er gegen Verdikte der Verbände und der SFL jeweils alle möglichen Rechtsbehelfe ergreift, zwar meistens unterliegt, er aber doch als „straf-immun“ gilt.
„Amoklauf“ eines Klubpräsidenten gegen einen Schiedsrichter
(causasportnews / err. / 17. März 2016) Fehlentscheide von Schiedsrichtern gehören zum Sport. Dies zu akzeptieren fällt nicht immer leicht. In der Regel bleibt es nach Fehlentscheiden beim Ärger Benachteiligter, der sich dann allmählich wieder verzieht. Fehlentscheide können aber auch Weiterungen nach sich ziehen. Wie kürzlich nach dem Fussballspiel der Swiss Football League zwischen den Berner Young Boys und dem FC Sion am 13. März 2016 in Bern. Zufolge eines Fehlentscheids des Schiedsrichters Sascha Amhof wurde der Sion-Torhüter Andris Vanins des Feldes verwiesen. Effektiv verhielt sich der Young Boys-Spieler Miralem Sulejmani unsportlich und erreichte, dass der Schiedsrichter den gegnerischen Torhüter (ungerechtfertigterweise) vom Platz stellte und einen Elfmeter pfiff. Die Berner, zu jenem Zeitpunkt im Rückstand, verwandelten den „herausgeholten“ Strafstoss und drehten in der Folge das Spiel. Der FC Sion verlor die Partie. Der streitbare Präsident des FC Sion, Christian Constantin, durch eine Fülle von Verfahren in den letzten Jahren allgemein bekannt geworden (vgl. etwa den „Fall Sion“ und dazu Urs Scherrer / Remus Muresan / Kai Ludwig, Sportrecht, 2014, 292 f.), liess es auch diesmal nicht bei verbalen Unmutsäusserungen bewenden, sondern inszenierte ein regelrechtes „Kesseltreiben“ gegen den bedauernswerten Schiedsrichter, dem die Fehlentscheidung anzulasten ist. Seit Tagen grollt er und droht, den Schiedsrichter wegen Betrugs zu verklagen. Weil die Fakten nun offenbar doch nicht so klar sind, um dem Schiedsrichter einen betrügerischen Vorsatz nachzuweisen, hat der „Amok“ laufende Präsident, der mit allen Mitteln gegen den Schiedsrichter Stimmung macht, die Öffentlichkeit über soziale Netzwerke aufgerufen, Beweismittel gegen den behaupteten Betrug beizubringen. Er geht sogar so weit, dass er für sachdienliche Beweise eine Belohnung von CHF 25‘000 aussetzt. Dass die Medien diesem Gebaren teils genüsslich noch derart viel Platz einräumen, wundert an sich nicht (mehr). Dass hingegen die Liga nicht vehement gegen derartigen Nonsens, der letztlich auch wieder den Sport in Verruf bringt, einschreitet und diesen Klub-Präsidenten, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine Verschwörung gegen ihn und seinen Klub wittert, in die Schranken weist, erstaunt. Wer derart und im wahrsten Sinnen des Wortes „auf den Mann“ spielt, hat im organisierten Sport nichts zu suchen. Den Schiedsrichter, dem ein bedauerlicher Fehler unterlaufen und der nun dem von den Medien begleiteten Trommelfeuer und unflätigen Attacken des Präsidenten des FC Sion ausgeliefert ist, gilt es zu schützen. Präsidenten wie Christian Constantin gehören hingegen aus dem Sport verbannt. Wenn aber selbst die „Neue Zürcher Zeitung“ verharmlosend lediglich einen „Minderwertigkeitskomplex“ bei Christian Constantin ortet und sich des Langen und Breiten mit diesem Irrsinn befasst, ohne klar Stellung zu beziehen und die Vorgehensweise des Walliser Klub-Präsidenten zu verurteilen, wird dieser präsidiale „Amok-Lauf“ nicht so schnell aufzuhalten sein.
Verbindlichkeiten aus „Third Party Ownerships“ sind kein Transferaufwand
(causasportnews / red. / 15. März 2016) Zahlungsverpflichtungen eines Fussballklubs aus sog. „Third Party Ownerships“ (TPOs) sind nicht als Transferaufwand zu qualifizieren, der bei der Berechnung des „Nettotransfererlöses“ in Abzug gebracht werden kann. Dies hat das Sportschiedsgericht CAS im August letzten Jahres entschieden. Eine gegen den entsprechenden Schiedsspruch erhobene Beschwerde hat das Schweizerische Bundesgericht nunmehr mit Urteil vom 17. Februar 2016 (4A_494/2015) abgewiesen.
Der betreffende Rechtsstreit war auf den Transfer eines Spielers zwischen zwei schweizerischen Fussballklubs zurückzuführen, der Anfang 2011 stattgefunden hatte. Dabei erzielte der den Spieler abgebende Klub einen statthaften Betrag als Transferentschädigung. Der abgebende Klub hatte nun allerdings seinerseits mit einem weiteren Klub, von dem er den fraglichen Spieler früher übernommen hatte, eine Vereinbarung abgeschlossen, gemäss welcher der frühere Klub Anspruch auf eine Beteiligung an der Entschädigung im Falle des Weitertransfers des Spielers (der sich nun eben 2011 realiserte) hatte. Massgeblich für die Berechnung dieser Beteiligung sollte der „Nettotransfererlös“ sein, d.h. derjenige Betrag, der dem abgebenden Klub nach Abzug des für ihn anfallenden „Transferaufwandes“ verbleibt.
Dieser Transferaufwand wiederum setzt sich für gewöhnlich aus Berater- und Rechtsanwaltshonoraren usw. zusammen, die im Zusammenhang mit einem konkreten Transfer anfallen. Nun hatte der abgebende Klub in casu jedoch auch einer Drittpartei eine Beteiligung an der Entschädigung im Falle des (Weiter-)Transfers des in Frage stehenden Spielers versprochen; dies offenbar als Gegenleistung dafür, dass die Drittpartei den betreffenden Transfer finanziert hatte (bei diesem Modell handelt es sich um ein sog. „Third Party Ownership“; solche Beteiligungen von Dritten an Transfers bzw. Transferentschädigungen sind mittlerweile indessen von der FIFA weltweit verboten worden [siehe dazu CaS 2015, 10 ff. und CaS 2015, 219 ff. sowie Causa Sport News]). Den Betrag, den der abgebende Klub dem Dritten aufgrund des TPO schuldete, wollte er nun ebenfalls als „Transferaufwand“ geltend machen und im Rahmen der Berechnung des Nettotransfererlöses in Abzug bringen. Dies hätte die Entschädigung, die der abgebende Klub dem früheren Klub, von dem er den fraglichen Spieler ursprünglich übernommen hatte, zu leisten hatte, praktisch auf fast Null reduziert.
Auf Klage des früheren Klubs hin hielt das CAS indessen fest, dass die der Drittpartei versprochene Beteiligung an der Transferentschädigung nicht als Transferaufwand qualifiziert werden könne. Solche Zahlungen stünden nicht in diektem Zusammenhang mit dem Transfer, sondern würden sich auf einen anderen Rechtsgrund stützen. Dasselbe, so das CAS, gelte auch für die Entschädigung, die der in casu abgebende Klub dem früheren Klub, von dem er den fraglichen Spieler ursprünglich übernommen hatte, geleistet hatte. Im Ergebnis gab das CAS der Klage des früheren Klubs statt.
Urteilsverkündung in der „Causa Pechstein“ am Bundesgerichtshof verzögert sich
(causasportnews / red. / 9. März 2016) Die mit Spannung erwartete Verkündung des BGH-Urteils in der Sache „Claudia Pechstein“ verzögert sich: Geplant war, dass der Deutsche Bundesgerichtshof (BGH) das Zuständigkeitsurteil am 8. März 2016 verkünden würde (vgl. auch causasportnews, 4. März 2016), doch ausser dem Vertagungsentscheid hatte BGH-Präsidentin Bettina Limperg am anberaumten Verhandlungstag wenig auszuführen, was auf das Ergebnis schliessen lassen könnte. So bleibt nach wie vor offen, ob in absehbarer Zeit staatliche Gerichte die Schadenersatzklage von Claudia Pechstein behandeln werden. Die erfolgreiche Eisschnellläuferin zeigte sich nach dem BGH-Verschiebungsentscheid optimistisch und rechnet damit, dass die von ihr vorgebrachte Kritik an der (ihrer Meinung nach unzulässigerweise aufgezwungenen) Sport-Schiedsgerichtsbarkeit auch am BGH Gehör finden würde, wie zuvor am Landgericht und danach am Oberlandesgericht (OLG) München. Die beklagte Seite, der Eislauf-Weltverband (ISU), vertritt die Auffassung, die Athletin habe sich im Rahmen der Athletenvereinbarung auf die Sport-Schiedsgerichtsbarkeit eingelassen und hierzu auch keinerlei Vorbehalt angebracht. Es gäbe deshalb keinen Grund, die akzeptierte Schiedsgerichtsbarkeit a posteriori in Frage zu stellen. Der Verband rechnet damit, dass der BGH das Urteil des OLG München nicht stützen wird. Aus dem Verschiebungsentscheid lässt sich jedenfalls nichts mit Blick auf den Inhalt des am 7. Juni zu erwartenden Entscheids ableiten.
Bericht zur Vergabe der Fussball-WM 2006: Kräht der Hahn auf dem Mist …
(causasportnews / err. / 7. März 2016) Seit Oktober 2015 brodelt es in der Gerüchteküche: Die Vergabe der WM-Endrunde 2006 nach Deutschland soll „gekauft“ worden sein. Das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hatte die „wahre Geschichte der WM 2006“ angekündigt, mit der Folgerung, die Deutschen müssten sich mit einem „zerstörten Sommermärchen“ anfreunden. Viel mehr als ein Märchen ist von der „Story“, welche vom deutschen Magazin lanciert worden ist (causasportnews berichtete verschiedentlich darüber) und die insbesondere drei Protagonisten im Visier hatte (Robert Louis-Dreyfus, gestorben; Wolfgang Niersbach, nach medialem Super-GAU zum Rücktritt gezwungen; Franz Beckenbauer, erinnert sich kaum mehr an etwas), auch nach fast einem halben Jahr nicht mehr geblieben. Noch immer dreht sich alles um die Bezahlung von 6,7 Millionen Euro, die letztlich über welche Konten auch immer nach Katar geflossen sein sollen. Die einzige Klarheit in diesem Vorgang bildet die Unklarheit. Wofür 6,7 Millionen Euro bezahlt worden sind, ist nach wie vor unklar; jedenfalls ist bis dato der vom „Spiegel“ thematisierte Stimmenkauf alles andere als bewiesen. Die Situation ist auch nicht geklärt, nachdem eine Gross-Kanzlei mit einem Grossaufgebot an (teuren) Juristen im Auftrag des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) versucht hat, den Geldmittelfluss zu erhellen. Der Bericht der Kanzlei ist soeben veröffentlicht worden – mit ernüchterndem Fazit: Die Untersuchung könne nicht belegen, dass Stimmen gekauft worden seien; die Untersuchung könne dies aber auch nicht widerlegen. Die Folgerung erinnert an die berühmte Wetterregel, die immer zutrifft: „Kräht der Hahn auf dem Mist, so ändert das Wetter – oder es bleibt wie es ist“. Zweifelsfrei wird diese Untersuchung Folgeuntersuchungen nach sich ziehen; interessant wird mitzuverfolgen sein, ob allenfalls Franz Beckenbauer doch noch zur Klärung des Geldmittelflusses sachdienliche Informationen wird beisteuern können; auf ihm ruhen die Aufklärungshoffnungen. Für den DFB dürfte das Resultat in jeder Hinsicht befriedigend sein: Er hat mit der Untersuchung jenen Auftrag erteilt, der von ihm erwartet worden war. Auch wenn das Ergebnis nichtssagend ist. Der nun vorliegende Untersuchungsbericht macht ihn (medial) unangreifbarer als bis anhin. Doch die Diskussionen um die Zahlung der 6,7 Millionen Euro werden nicht so schnell verstummen. „Der Spiegel“ spekuliert fast in jeder Ausgabe aufs Neue. Jedenfalls im Moment darf Deutschland aber immer noch an das „Sommermärchen“ glauben.
Claudia Pechstein visiert prozessualen Teilsieg an
(causasportnews / red. / 3. März 2016) Die Deutsche Eisschnellläuferin Claudia Pechstein hofft am 8. März 2016 auf einen, wie sie selber sagt „historischen Sieg“, am Deutschen Bundesgerichtshof (BGH). Entschieden wird dann, ob die Urteile des Oberlandesgerichts und vorgängig des Landgerichts München, welche die Zuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit für die Behandlung des von der Sportlerin angehobenen Schadenersatzprozesses gegen den Deutschen und den Internationalen Sportfachverband gutgeheissen hatten, Bestand haben werden. Bestätigt der BGH die Urteile der Vorinstanzen, würde in einem nächsten Schritt vor dem angerufenen staatlichen Gericht über den materiellen Gehalt der von der Eisschnellläuferin eingereichten Schadenersatzklage geurteilt. Claudia Pechstein visiert also einen prozessualen Teilsieg an. Zentrales Thema ist im laufenden Verfahren einzig die Frage, ob die staatliche Gerichtsbarkeit oder die Schiedsgerichtsbarkeit für die Beurteilung der Klage der Athletin zuständig ist. Claudia Pechstein wirft ein, sie habe eine Schiedsabrede unter Zwang der monopolistischen Verbände abgeschlossen. Die Abrede sei deshalb unbeachtlich. Die Sportverbände würden den Athletinnen und Athleten Schiedsabreden, welche den Ausschluss staatlicher Gerichte zur Folge haben, kraft ihrer Monopolstellung geradezu aufnötigen. Falls der BGH den Standpunkt von Claudia Pechstein schützt, wäre dies bemerkenswert. Bezüglich ihrer Dopingsperre hat die Athletin damals ohne Widerspruch den Schiedsgerichtsweg beschritten; das Schweizerische Bundesgericht schützte letztlich den Entscheid des Tribunal Arbitral du Sport (TAS). Falls der BGH die Urteile der deutschen Vorinstanzen bestätigt, wäre dies ein Affront gegenüber dem Schweizerischen Bundesgericht. Auch wenn die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit vom BGH bestätigt werden sollte, wäre der Ausgang des angehobenen Schadenersatzprozesses aber immer noch sehr ungewiss. Immerhin müsste das Gericht davon überzeugt werden, dass das vor dem TAS ausgetragene Schiedsgerichtsverfahren, welches die Dopingsperre von Claudia Pechstein zum Gegenstand hatte, trotz vom Schweizerischen Bundesgericht bestätigtem Entscheid unkorrekt abgelaufen ist. Der Entscheid des BGH wird zwar mit Spannung erwartet, aber in seiner Bedeutung scheint er nicht mit gewichtigen Prozessen im Rahmen des Sports verglichen werden können, meinen jedenfalls die Schweizer Sportrechtsexperten Urs Scherrer, Remus Muresan und Kai Ludwig (vgl. dazu den Aufsatz „Pechstein“ ist kein „Bosman der Sportschiedsgerichtsbarkeit“, in: Zeitschrift für Schiedsverfahren, SchiedsVZ, 2015, 161 ff.; vgl. auch causasportnews, 1. Oktober 2015).
Verhältnismässigkeit von Polizeieinsätzen bei „Risikospielen“

Polizeieinsätze gehören nach wie vor (zu) häufig zu Fussballspielen (Bild: Mark Hull)
(causasportnews / red. / 2. März 2016) Polizeieinsätze im Zusammenhang mit gewaltbereiten bzw. gewalttätigen „Fans“ geben – vor allem im Bereich des Fussballs – immer wieder Anlass zu Diskussionen oder gar Rechtsstreitigkeiten; dies insbesondere, wenn es zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Gewalttätern kommt. In Österreich ist indessen kürzlich ein Erkenntnis eines Landesverwaltungsgerichts ergangen, das die Frage der Verhältnismässigkeit einer blossen Polizeipräsenz zum Gegenstand hatte. Dabei hatte ein Regionalliga-Verein Beschwerde gegen den Bescheid des zuständigen Bezirkshauptmanns eingelegt, ein Fussballspiel, bei dem zwischen 600 und 800 Zuschauer – und unter ihnen einige „Risikofans“ – erwartet worden waren, mit sage und schreibe 17 Polizisten überwachen zu lassen. Der beschwerdeführende Klub hatte geltend gemacht, dass eine (noch) geringere Zahl von Beamten ausgereicht hätte.
Das zuständige Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG-750295 vom 18. Februar 2016) hielt indessen dafür, dass die Prognose, nach der die Fans der Gästemannschaft bereits erheblich alkoholisiert am Veranstaltungsort eintreffen würden und mangels baulicher Einrichtungen ein Aufeinandertreffen mit den Anhängern der Heimmannschaft nicht ausgeschlossen werden konnte, „nicht unplausibel“ gewesen sei. Demnach sei die Qualifikation, dass eine besondere Überwachung gemäss österreichischem Sicherheitspolizeigesetz in casu erforderlich war, nicht unzutreffend gewesen, so dass die Anordnung der Überwachung durch 17 Polizeibeamte auch nicht unverhältnismässig gewesen sei.