Archiv für den Monat Mai 2016

Der Fussball als Entladungs-Plattform krimineller Energie

Stapo

Bild: Stadtpolizei Zürich

(causasportnews / red. / 30. Mai 2016) Dass insbesondere der Fussball der heutigen Zeit kein Raum für Anstand und Fairness der Fussball-„Fans“, die diesen Namen an sich nicht verdienen, darstellt, ist hinlänglich bekannt. Überall in der Welt wird der Fussball sogar von „Fan“-Exzessen überschattet. Alarmierend präsentieren sich die Verhältnisse in Zürich. Die „Fans“, von denen hier die Rede ist, bilden in der Limmatstadt nicht mehr nur eine Randgruppe. Die Berichte nach Fussballspielen in Zürich lesen sich jeweils wie Kriegsreportagen: Randalierende und krawallierende „Fans“, verletzte Polizisten, Sachschäden in schwindelerregender Höhe, ein Fussballstadion, be- und überwacht wie ein Gefängnis für Schwerverbrecher. In Zürich präsentieren sich die Verhältnisse am 1. Mai oft bald moderater als im Rahmen von Fussballspielen, obwohl auch der 1. Mai regelmässig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und immensen Sachschäden in der Stadt geführt hat. Von einer Eskalation der Gewalt im Rahmen des Fussballs kann bzw. muss seit letztem Mittwoch gesprochen werden, als der Stadtklub, der FC Zürich, nach 28jähriger Zugehörigkeit zur obersten Fussball-Spielklasse (Super League) in die zweite Spielklasse (Challenge League) absteigen musste. Im „Fernduell“ sicherte sich der FC Lugano den Klassenerhalt, der FC Zürich konnte sich nicht mehr retten. Die „Fans“ trieben danach ihr Unwesen – innerhalb und ausserhalb des Stadions „Letzigrund“. Schmähungen, Gewalttätigkeiten, Sachschäden und Strassenschlachten prägten das Bild. Der Präsident des FC Zürich, zweifelsfrei nicht ganz unschuldig am sportlichen Niedergang des Vereins, wurde zur Zielscheibe jeglicher „Fan“-Aggression, wie sie in Zürich noch nie zu erleben war. Vom „Anstand auch in der Niederlage“ war schon gar nichts mehr zu hören.

Zufälligerweise trafen gestern der „gerettete“ FC Lugano und der abgestiegene FC Zürich im Cup-Final unglücklicherweise noch direkt aufeinander; zufälligerweise im Stadion „Letzigrund“ in Zürich (weil bspw. in Bern wegen der Auswüchse rund um Fussballspiele niemand mehr Lust verspürt, ein Cup-Finalspiel zu organisieren). Der FC Zürich gewann als Absteiger den Cup-Final, was die „Fans“, die eben keine Fans sind, alles andere als über den vier Tage zuvor besiegelten Abstieg hinwegtröstete. Erneut prägten gewalt(tät)ige Exzesse der Zuschauer die Szene – innerhalb und später ausserhalb des Stadions. Die bedauernswerten Spieler, die gestern immerhin einen der beiden Titel im nationalen Fussball geholt hatten, schlichen wie geschlagene Hunde herum und brachten sich in Sicherheit, und auf den bemitleidenswerten Präsidenten des Klubs wurde seitens der Zuschauer und der Medien weiterhin verbal eingeprügelt. Es wäre anders gekommen, wenn er nicht unter Total-Schutz gestanden hätte. Den gewalttätigen „Fans“ ging es weitgehend nicht um den Sport, sondern sie nutzten den Sport, um ihre kriminelle Energie auszuleben. Neben gewaltigen Sachschäden war nach dem gestrigen Cup-Final auch massiver Personenschaden zu verzeichnen: Drei Polizisten erlitten wegen Knallkörpern (Verstösse gegen das Sprengstoffgesetz und Körperverletzung) Hörstürze, ein Polizist wurde durch eine Metallstange verletzt (Körperverletzung). Es wurden regelrechte „Saubannerzüge“ (Landfriedensbruch; Verstösse gegen das Vermummungsverbot) verzeichnet. Die politischen Behörden wiesen die Polizei an, „deeskalierend“ zu wirken, das heisst, sich demütigen und „verprügeln“ zu lassen. Seit langem ist bekannt, dass in Zürich politische Behörden, insbesondere linken Ideologien verpflichtet, alles andere als „repressions-freundlich“ gelten – auch wenn es um Gewalt geht (anlässlich des 1. Mai und im Zusammenhang mit Fussballspielen). Dass sich aufgrund einer solchen Politik bei derartigen Anlässen kriminelle Energie entlädt und weitgehend ungeahndet bleibt, verwundert nicht weiter. Diese Politik zieht auch je länger je mehr Akteure an, welche von auswärts anreisen und die anti-repressiven Verhältnisse in Zürich für ihre Machenschaften ausnutzen. Die Bevölkerung will das offensichtlich so, ansonsten die Politiker, welche für derartige Exzesse verantwortlich sind, längst abgewählt wären. Von daher kann sich niemand beklagen.

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Bild: Stadtpolizei Zürich

Und die Polizisten, welche als „Kanonenfutter“ missbraucht werden? „Die machen das ja freiwillig“, scheint die herrschende Meinung in Zürich zu sein. Selbstverständlich bezahlt die Allgemeinheit einen Grossteil der anfallenden Kosten für Sicherheit und Polizeidienste. Schade ist selbstverständlich, dass der Sport in dieser Form missbraucht wird – als Plattform, auf der sich kriminelle Energie ungezügelt und sanktionslos in Form von Gewalt ausbreiten kann. Es ist eine Tatsache, dass gewalttätige „Fans“ in Zürich keine zu vernachlässigende Randgruppe (mehr) bilden. Von den Gewaltorgien scheinen immer mehr Zuschauer/innen von Fussballspielen berauscht zu werden. Die Szenen seit letzten Mittwoch in Zürich erinnern an das weise Statement, das ein früherer Präsident des „Grasshopper Clubs Zürich“ einmal abgegeben hatte, als die Gewaltexzesse im Rahmen des Fussballspiels überhand nahmen und die Kosten für Sicherheit die Erträge aus den Eintrittsgeldern der Zuschauer immer mehr wegzufressen drohten. „Hören wir doch auf, Fussballspiele vor Publikum auszutragen. Das Publikum braucht es nicht. Die meisten Besucher eines Fussballspiels bereiten doch nur Probleme und kosten mehr Geld als sie bringen. Man kann Fussballspiele doch auch am Fernsehen anschauen“, meinte er. Weil der Präsident des zweiten Grossklubs in Zürich vor allem die immer grösser werdenden Sicherheitskosten im Auge hatte, wurde er für seinen Vorschlag gescholten und die Wichtigkeit der „Fan-Kultur“ beschworen. Eine „Fan-Kultur“, auf die der Sport allerdings verzichten kann. Eine Besserung der Verhältnisse ist nur zu erwarten, wenn derartige „Fans“ als das behandelt werden, was sie sind, und vor allem strafrechtlich verfolgt werden: Als Kriminelle.

Vor einem Jahr wurde die FIFA erstmals zum Ziel der US-Justiz

Zürich-FIFA_US(causasportnews / red. / 27. Mai 2016) Heute vor einem Jahr wurde der Weltfussballverband FIFA das erste Mal zum Ziel der US-Justiz: Auf Ersuchen der amerikanischen Behörden verhafteten Schweizer Polizeikräfte im Zürcher Nobelhotel „Baur au Lac“ sieben Fussballfunktionäre, die zum zwei Tage später stattfindenden Wahlkongress des Weltverbandes angereist waren. An diesem Kongress, am 29. Mai 2015, wurde Joseph Blatter für eine weitere Amtszeit als FIFA-Präsident bestätigt, erklärte jedoch in Anbetracht der am 27. Mai 2015 ausgelösten Turbulenzen in und um die FIFA nur wenige Tage nach der Wahl seinen Rücktritt. Die verhafteten Funktionäre wurden u.a. mit Bestechungsvorwürfen konfrontiert, im Morgengrauen des 27. Mai 2016 aus den Hotelbetten geholt und in Schweizer Gefängnissen in Auslieferungshaft gesetzt. Die Schweiz leistete mit den Verhaftungen Rechtshilfe auf Ersuchen der USA. Die Verhaftungsaktion wurde seitens der Amerikaner regelrecht inszeniert; Journalisten aus den USA waren ganz offensichtlich über die geplanten Verhaftungen vororientiert und berichteten live und weltumspannend von den Polizeiaktionen in Zürich. Auch ein Jahr nach den spektakulären Einsätzen der Schweizer Behörden sind die Auslieferungsverfahren noch nicht vollständig abgeschlossen. Anfangs dieses Monats entschied das Schweizerische Bundesgericht über eine weitere Auslieferung an die USA (Urteil des Bundesgerichts vom 2. Mai 2016; 1C_143/2016, i.S. Julio Rocha, Nicaragua).

Der 27. Mai 2015 ist als denkwürdiger Tag in die Annalen der FIFA eingegangen. Obwohl die Verhaftungen der Funktionäre den Weltverband nicht nur juristisch, sondern insbesondere auch medial mit voller Wucht trafen, ist seither ein durchaus positiver Denkprozess in der FIFA in Gang gesetzt worden. Es war dies der Beginn der Ära nach Joseph Blatter. Innert kürzester Zeit wurden Reformen vorbereitet und im Februar dieses Jahres von einem ausserordentlichen FIFA-Kongress, an dem auch Gianni Infantino zum neuen FIFA-Präsidenten gewählt worden ist, verabschiedet. Mit der raschen Umsetzung der Reformen ist von der FIFA auch ein erheblicher Teil des Druckes gewichen, den die US-Justiz gegenüber dem Weltverband aufgebaut hatte. Experten bezweifeln, dass eine Reformierung der FIFA innert dieser kurzen Zeit derart einschneidend umgesetzt worden wäre, wenn nicht die US-Behörden mit den Verhaftungen am 27. Mai 2015 ein deutliches Zeichen gesetzt hätten.

Keine Steuervorteile mehr für die FIFA – und den DFB?

(causasportnews / red. / 26. Mai 2016) Die von der FIFA benutzte Rechtsform des Vereins (Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches) ist den Kritikern und Gegnern des Weltfussballverbandes mit Sitz in Zürich längst ein Dorn im Auge. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit fordern Politiker von rechts bis links die Umstrukturierung der FIFA und die Neuorganisation nach dem Muster von Kapitalgesellschaften. Weil derartige Forderungen zwar gut beim Wahlvolk ankommen, jedoch nicht realisierbar sind, warten die beiden Zürcher Kantonsräte Martin Sarbach (SP) und Markus Schaaf (Evangelische Volkspartei, EVP) mit einem Novum auf: Sie verlangen mit einer parlamentarischer Initiative im Zürcher Kantonsrat die Aufhebung der Steuerprivilegien für Vereine. In Zürich geniessen Vereine und die als Vereine organisierten Verbände steuerliche Privilegien. Die Initianten wissen, wovon sie reden: Von Geld, das sie selber ausreichend haben. Martin Sarbach ist hochbezahlter Zürcher Richter, Markus Schaaf gehört als Heimleiter auch nicht zu den Unterprivilegierten. Den beiden Initianten scheint die Suche nach dem eigenen Seelenheil und demjenigen auch anderer am Herzen zu liegen. Heimleiter Schaaf verfügt über eine theologische Ausbildung, Richter Sarbach versuchte sich bei den Jesuiten als Novize, bevor er sich auf die Vorteile eines Richterlebens besann. Die FIFA, so die beiden philanthropischen Initianten, verhalte sich wie eine Kapitalgesellschaft, also unchristlich – eine Irrmeinung, jedoch, populistisch vorgetragen, mehrheitsfähig. Obwohl die Tatsachen anders liegen: Die FIFA bezweckt nach wie vor gemäss Art. 2 der Verbandsstatuten die Verfolgung ideeller – mithin nichtwirtschaftlicher – Ziele, die sie mit (durchaus beträchtlichen) wirtschaftlichen Mitteln fördert. Ein Umstand, den die Initianten bewusst oder unbewusst ausblenden. Vereine und Verbände dürfen mit wirtschaftlichen Mitteln nichtwirtschaftliche Zwecke verfolgen, müssen sich letztlich also gemeinnützig verhalten. Für die Initianten ist die FIFA eine Geldmaschine, welche den Pfad der vereinsrechtlichen Tugend, die Verfolgung nichtwirtschaftlicher Zwecke, längst verlassen hat; sie soll demnach wenigstens wie Kapitalgesellschaften besteuert werden. Dass solche klassenkämpferischen Sichtweisen und Agitationen gegen den Weltfussballverband auch in Parlamenten gut ankommen, versteht sich von selbst. Im Zürcher Kantonsrat hat die Initiative jedenfalls die erste Hürde genommen. Darüber, ob die Steuerprivilegien für Vereine dereinst wegfallen werden, kann derzeit nun spekuliert werden.

Um die Gemeinnützigkeit und die damit verbundenen Steuererleichterungen sorgt sich derzeit im Weiteren der grösste Sportverband der Welt, der Deutsche Fussball-Bund (DFB). Wie DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch in letzter Zeit mehrfach betonte, könnte die Affäre um die WM-Vergabe 2006 an Deutschland letztlich zur (temporären) Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen. Die immer noch ungeklärte 6,7 Millionen-Euro-Zahlung des DFB (an wen auch immer und für was auch immer) steckt den DFB-Funktionären weiterhin tief in den Knochen. Jedenfalls ist sich Rainer Koch sicher, dass im Falle einer Klärung der ominösen Zahlung eine zumindest befristete Aberkennung der Gemeinnützigkeit des DFB drohen könnte und so mit happigen Nachforderungen zu rechnen wäre. Noch ist es allerdings auch hier nicht soweit: Nach monatelangen Recherchen und Untersuchungen ist es nach wie vor unklar, wofür die 6,7 Millionen Euro bezahlt worden sind. Ohne Klärung keine Rechts- und Steuernachteile, liesse sich der Stand der Dinge zusammenfassen.

„Fall FC Biel“ – Seltsames Gebaren eines Klubpräsidenten

150px-FC_Biel-Bienne.svg(causasportnews / red. / 19. Mai 2016) Der FC Biel wird den Lizenzentzug kaum mehr abwenden können und wohl am Ende dieser Fussball-Saison aus der zweithöchsten Spielklasse (Challenge League) relegiert werden. Dass noch eine Wende herbeigeführt werden kann, nachdem nun das Rekursgericht der Swiss Football League (SFL) den zuvor verhängten Lizenzentzug bestätigt hat, glaubt kaum mehr jemand. Der FC Biel nimmt seit einigen Wochen nicht mehr am Spielbetrieb teil und ist bankrott – auch wenn er noch vor kurzem einen Konkursaufschub erwirkt hat (causasportnews vom 2. Mai 2016). „Der FC Biel ist in der Tat kollabiert, seit geraumer Zeit ist nichts mehr da, weder Geld noch Spieler. Die Situation ist schlicht hoffnungslos“, bestätigt der CEO der SFL, Rechtsanwalt Claudius Schäfer heute gegenüber causasportnews. Der CEO der Liga versteht die Kritik, die nun insbesondere am Lizenzierungsverfahren der SFL geübt wird. Allerdings, so Claudius Schäfer, müsse berücksichtigt werden, dass das Lizenzierungsverfahren vor einem Jahr schon abgeschlossen war, als ein Zürcher Wirtschaftsanwalt den Klub übernahm und nur noch ein rudimentäres Lizenzierungsverfahren zu durchlaufen hatte. „In einem solchen Fall ist die Liga machtlos. Konkret erfolgte die Aktienübernahme der AG ohne Bewilligung der SFL“, betont Claudius Schäfer. Seltsam ist offensichtlich das Gebaren des „starken Mannes“ im Klub, der angetreten war, um aus dem im Mittelfeld des Schweizer Fussballs dümpelnden FC Biel eine grosse Nummer im europäischen Fussball zu machen. „Es gibt immer wieder Leute, die ihre Geschäfte nicht so betreiben, wie sie es einmal vorgegeben haben“, bemerkt der CEO der Liga. In der Tat liegt der Schluss nahe, dass der Zürcher Wirtschaftsanwalt, hinter dessen Engagement grundsätzlich ein grosses Fragezeichen zu setzen ist, hauptsächlich für den Kollaps in Biel verantwortlich sein könnte. Es ist davon auszugehen, dass er für seine Aktivitäten bzw. Inaktivitäten die (finanzielle) Verantwortung wird tragen müssen. Die Situation um den FC Biel ist ein (weiteres) Beispiel dafür, dass insbesondere nicht gerade begüterte Klubs auch schillernde Persönlichkeiten, welche den Sport offensichtlich als Selbstdarstellungs-Plattform oder für die Verfolgung rein persönlicher Interessen nutzen wollen, anziehen.

Gibraltar klagt sich in den Weltfussball

Flag_of_FIFA.svg(causasportnews / red. / 17. Mai 2016) Kurz vor der Vollversammlung („Kongress“) des Weltfussballverbandes FIFA am 13. Mai 2016 in Mexiko City erhielt dieser unerfreuliche Post aus Lausanne: Das Tribunal Arbitral du Sport (TAS) hatte eine Klage des nationalen Fussballverbands von Gibraltar gegen die FIFA gutgeheissen und wies letztere an, Gibraltar so schnell wie möglich als Mitglied aufzunehmen (vgl. causasportnews vom 3. Mai 2016). Die Weltverband passte daraufhin umgehend die Tagesordnung für den bevorstehenden Kongress an und traktandierte die Aufnahme von Gibraltar. Die FIFA-Vollversammlung stimmte der Aufnahme mit 172 gegen 12 Stimmen zu, und zwar diskussionslos, nachdem den Vertretern der anwesenden Mitgliedsverbände erläutert worden war, dass sie im Grunde – in Anbetracht der klaren Anweisung des TAS – ohnehin keine andere Wahl hätten. Dass sich ein nationaler Sportverband erfolgreich in einen weltumspannenden Monopolverband klagt, ist an sich ein Unikum im Vereinsrecht (die FIFA ist ein nach schweizerischem Vereinsrecht organisierter Verband), wenngleich Gibraltar des gleiche Husarenstück schon bezüglich der Aufnahme in den Kontinentalverband UEFA gelungen war. Es war bei der Behandlung des Traktandums in Mexiko City jedenfalls kein hinterfragendes Votum zu hören, etwa dergestalt, dass in diesem Fall ein Schiedsgericht die Aufnahmeautonomie eines Weltverbandes hinter das Aufnahmeinteresse eines nationalen Verbandes stellte. „Goliath FIFA“ fügte sich diskussionslos in die Prozessniederlage gegen „David Gibraltar“, obwohl der TAS-Entscheid (einmal mehr) keineswegs über jeden Zweifel erhaben ist – so waren die Sachverhalte und Ausgangssituationen in Bezug auf UEFA und FIFA nicht dieselben, aber das TAS gelangte dennoch zu identischen Ergebnissen.

Am FIFA-Kongress wurde auch ein zweiter, nicht unumstrittener Aufnahmevorgang behandelt: Insbesondere gegen den Widerstand des serbischen Fussballverbandes wurde der Verband von Kosovo mit 141 gegen 23 Stimmen als neues Mitglied in die FIFA aufgenommen. Serbien hat allerdings angekündigt, sowohl gegen den wenige Tage vor dem Kongress ergangenen Beschluss der UEFA auf Aufnahme Kosovos sowie gegen den vom FIFA-Kongress gefällten Aufnahmeentscheid beim TAS zu klagen. Gemäss dem Verbandspräsidenten von Serbien soll im Rahmen des UEFA-Aufnahmeverfahrens das Satzungsrecht des europäischen Fussballkonföderation verletzt worden sein. Eine rechtsgültige Aufnahme in die UEFA ist indessen Voraussetzung für eine Aufnahme in den Weltfussballverband FIFA. Während sich Gibraltar also unbeschwert über die Aufnahme in den Weltsport (und den damit verbundenen finanziellen Mittelzufluss) freuen kann, hängt über der Aufnahme Kosovos in die FIFA noch das Damoklesschwert der angekündigten TAS-Klagen durch den serbischen Verband. Nach den Aufnahmen von Gibraltar und Kosovo umfasst die FIFA neu (vorläufig) 211 Mitglieder.

„Weckruf“ der OECD zu Sportmanipulationen: Lediglich alter Wein in neuen Schläuchen?

(causasportnews / rem. / 16. Mai 2016) Es war zuletzt auffallend ruhig geworden in Bezug auf das Thema „wettbezogene Sportmanipulationen“. Keine Manipulationsskandale à la „Hoyzer“ und „Sapina“ kamen ans Licht, und die Strafverfolgungs- bzw. Polizeibehörden verkündeten keine weit verbreiteten Manipulationen mehr (wie zuletzt Europol). Hatte der Kampf gegen diese Art der Bedrohung der Integrität des Sports also Wirkung gezeigt, ist das Problem in den Griff bekommen worden? – Weit gefehlt, vielmehr ist das Gegenteil der Fall. So ist es jedenfalls einem jüngst veröffentlichten „Bericht“ der Organisation für Wirtschaft und Zusammenarbeit (OECD) zu entnehmen.

OECD_Logo_EnglishDer entsprechende Bericht mit dem Titel „Unerlaubter Handel – Konvergierende kriminelle Netzwerke“ (im englischen Original: „Illicit Trade – Converging Criminal Networks“) wurde unter der Ägide der OECD Task Force gegen unerlaubten Handel erstellt und enthält einen Überblick über entsprechende Vorgänge in sieben (Wirtschafts-) Sektoren, darunter nun eben auch der Sport, genauer: die „Sportmanipulationen als Wirtschaftskriminalität“ (S. 241 ff. des Berichts). Die Erkenntnisse der Autoren sind dabei durchaus potenziell aufschreckend: Der Umstand, dass die Massnahmen gegen illegale Wetten und die Rahmenvorgaben für die Organisation des Sports lediglich einen Flickenteppich darstellten, würde dazu genutzt, die kriminelle Wirtschaft zu nähren, indem dadurch emöglicht würde, riesige Mengen von kriminellen Erträgen zu waschen. Es sei anzunehmen, dass die Zahl der Fälle von Sportmanipulationen viel höher sein könnte als gegenwärtig bekannt. Schuld daran seien ungenügende Aufdeckungs- und Überwachungssysteme (was die Sportorganisationen und Wettanbieter, die solche Systeme betreiben, natürlich nicht sehr gerne hören werden). Als Folgerung fordern die Autoren des entsprechenden Berichtsabschnitts effektivere Präventivmassnahmen sowie einen Ausbau der Mittel zur Aufdeckung bzw. Meldung von relevanten Vorfällen; all dies im Rahmen eines international koordinierten Ansatzes.

Bei näherer Betrachtung relativiert sich der entsprechende Abschnitt des OECD-Berichts indessen – zumindest teilweise – selbst. So handelt es sich bei seinen beiden Autoren nicht um OECD-eigene Experten, sondern um zwei Exponenten des „International Centre for Sport Security“ (ICSS), die über weite Strecken lediglich einen früheren, vom ICSS bereits im Jahre 2014 publizierten Bericht zur fraglichen Thematik „wiederkauen“. Der Neuigkeits- bzw. gar Sensationsgehalt des OECD-Berichtsteils (bezüglich dessen in Anbetracht dieser Umstände auch fraglich erscheint, ob er denn überhaupt als „OECD“-Bericht bezeichnet werden kann) ist demnach doch eher bescheiden. Zudem fällt auf, dass das ICSS u.a. einen international koordinierten Ansatz im Bereich des Schutzes der Integrität des Sports zur Verfügung zu stellen bestrebt ist, und dass die Autoren des fraglichen OECD-Berichtsabschnitt genau einen solchen Ansatz als ein entscheidendes Mittel zur Verbesserung der Bekämpfung von (wettbezogenen) Sportmanipulationen propagieren (s.o.). Diese „Konvergenz“ – um den Untertitel des OECD-Berichts zu bemühen – ist aber vermutlich reiner Zufall …

Rückschlag für Snowboarder im Streit mit dem IOC

Olympic_rings_with_white_rims.svg(causasportnews/ vec. / 11. Mai 2016) Der Parallel-Slalom der Snowboarder hat im Kampf um den Verbleib im Olympischen Programm einen Rückschlag erlitten. Anlässlich einer Anhörung am Bezirksgericht in Lausanne kam es zwischen dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und dem ehemaligen WM-Zweiten, dem amerikanischen Snowboarder Justin Reiter, nicht zu einer Einigung. Das IOC weigerte sich, seine im Juni 2015 gefällte Entscheidung zurückzunehmen. Damals hatte das IOC erklärt, den Parallel-Slalom zugunsten von „Big Air“ aus dem Programm für die Winterspiele 2018 in Pyeongchang zu streichen. Nun wird Reiters Klage, welche auch vom Deutschen Snowboardverband unterstützt wird, im ordentlichen Verfahren geklärt werden müssen. Der Snowboarder setzt in seinem juristischen Kampf auf die Olympische Charta, die in Abschnitt III vorsieht, dass das olympische Programm nicht später als drei Jahre vor Beginn der jeweiligen Spiele geändert werden darf. Das IOC hat die in casu fragliche Entscheidung am 8. Juni 2015 veröffentlicht. Bis zur Eröffnung der Winterspiele in Südkorea am 9. Februar 2018 waren es demnach zu diesem Zeitpunkt noch 2 Jahre und 246 Tage. Justin Reiter geht es bei seinem juristischen Kampf nach eigenem Bekunden vor allem um junge Athleten, welche den olympischen Traum – auch in dieser Disziplin – leben wollen und sollen; für sie wolle er diesen Prozess gegen das IOC gewinnen.

 

Laurent Piau gegen FIFA – eine unendliche Geschichte

index(causasportnews / rem. / 5. Mai 2016) „Totgesagte“ leben bekanntlich länger: Wer meinte, dass der verhinderte Spielervermittler Laurent Piau, nachdem er den juristischen Kampf gegen die FIFA bzw. das von ihr erlassene Spielervermittler-Reglement sogar auf der Ebene der Europäischen Union (EU) verloren hatte, die Angelegenheit ruhen lassen würde, sieht sich eines Besseren belehrt: Der frühere Lehrer ist nach wie vor umtriebig und hat jüngst ein Urteil des „Cour d’Appel de Paris“ in dieser Sache provoziert. Dieses fiel indessen – einmal mehr – zu seinen Ungunsten aus.

Die Auseinandersetzungen zwischen Laurent Piau und dem Weltfussballverband FIFA gehen bis in die 1990er Jahre zurück. Per 1. Januar 1996 hatte die FIFA eine erste Version des Spielervermittlerreglements in Kraft gesetzt. Laurent Piau bewarb sich in der Folge um eine entsprechende Spielervermittlerlizenz; diese wurde ihm jedoch verweigert, da er die Voraussetzungen gemäss Reglement nicht erfüllte. Daraufhin ging er gegen das Spielervermittlerreglement juristisch vor, und zwar insbesondere auch vor den Organen und Instanzen der EU, wobei er Verstösse gegen das EU-Wettbewerbsrecht und die EU-Grundfreiheiten geltend machte. Die Verfahren zogen sich bis 2006 hin und endeten mit einer kapitalen Niederlage für Laurent Piau. Klarer und deutlicher ging es nicht, sollte man meinen (siehe zur „Causa Piau“ Scherrer/Muresan/Ludwig, Sportrecht, 3. Aufl. 2014, S. 256 f., sowie CaS 2006, S. 243).

Doch weit gefehlt: Ein halbes Jahr nach der abschliessenden Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, im Oktober 2006, reichte Laurent Piau bei einem Gericht im französischen Nantes eine weitere Klage gegen die FIFA ein und begehrte Schadenersatz, weil er nicht zum Beruf des Spielervermittlers zugelassen worden sei – vor dem Hintergrund des Ausgangs der zuvor durchgeführten Verfahren ein etwas gewagtes Unterfangen. Nicht ganz überraschend war Laurent Piau weder vor dem Gericht in Nantes noch vor der Berufungsinstanz Erfolg beschieden – und nun auch nicht vor dem „Cour d’Appel de Paris“. Das Gericht wies das Anliegen von Laurent Piau, von der FIFA insgesamt über 8 Millionen Euro an Schadenersatz zugesprochen zu erhalten, vollumfänglich zurück. Ob der – nach fast 20 Jahren Rechtsstreitigkeiten einmal mehr – juristisch Unterlegene es nun endlich dabei bewenden lässt, bleibt abzuwarten…

Kosovo in der UEFA – und bald auch in der FIFA? Shaqiri & Co bleiben in jedem Fall Schweizer

(causasportnews / red. / 3. Mai 2016) Der Fussballverband von Kosovo hat ein wichtiges sportpolitisches Ziel erreicht: Der UEFA-Kongress in Budapest hat den Verband – trotz heftigen Widerstands insbesondere von Serbien – als 55. Mitglied in den Fussball-Kontinentalverband aufgenommen. 28 UEFA-Verbände stimmten für die Aufnahme, 24 Verbände waren dagegen; zwei Stimmen waren ungültig. Das knappe Resultat verspricht Spannung für dasselbe Traktandum anlässlich des FIFA-Kongresses am 13. Mai 2016 in Mexiko. Befunden wird dann über die Aufnahme des Verbandes von Kosovo in den Weltfussballverband (vgl. causasportnews von heute). Falls der Verband Kosovos auch die Aufnahme in die FIFA schafft, könnte sich im Falle einer (eher unwahrscheinlichen) Teilnahme Kosovos an der Qualifikation für die WM-Endrunde 2018 die Frage stellen, ob allenfalls die schweizerisch-kosovarischen Doppelbürger Xherdan Shaqiri, Granit Xhaka und Valon Behrami künftig für die Nationalmannschaft von Kosovo spielberechtigt erklärt werden und dem Schweizer Nationalteam den Rücken zukehren könnten. Diese Befürchtung ist derzeit unberechtigt: Art. 5 zu den Ausführungsbestimmungen zu den FIFA-Statuten hält unmissverständlich fest, dass ein derartiger „Nationenwechsel“ nicht möglich ist und auch keine Ausnahme von diesem Grundsatz zur Anwendung käme. Shaqiri & Co bleiben also der Schweizer Nationalmannschaft erhalten. Diese Rechtslage liesse sich einzig durch eine entsprechende Beschlussfassung durch die FIFA ändern.

Das CAS ordnet die Aufnahme von Gibraltar in die FIFA an

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Das Nationalteam von Gibraltar (2014; Bild: Gibmetal77). Ob neben den hier abgebildeten auch noch Reservespieler existieren (Einwohnerzahl von Gibraltar: rund 30’000), ist nicht bekannt…

(causasportnews / red. / 3. Mai 2016) Dem Weltfussballverband FIFA steht der Zugang einer weiteren „Fussballmacht“ bevor: Das internationale Sportschiedsgericht CAS (Court of Arbitration for Sport) hat die FIFA angewiesen, die Aufnahme des Fussballverbandes von Gibraltar (GFA) umgehend vorzunehmen. Die GFA, die das britische Überseegebiet Gibraltar (rund 30’000 Einwohner auf einer Fläche von knapp 7 Quadratkilometern) in der FIFA repräsentieren soll, hatte sich bereits in die europäische Fussballkonföderation UEFA geklagt, die den Inselverband aufgrund eines entsprechenden CAS-Urteils 2013 aufnehmen musste. Die FIFA ihrerseits sah 2014 die Voraussetzungen für eine Aufnahme Gibraltars als nicht erfüllt an und lehnte es ab, das Aufnahmegeschäft dem FIFA-Kongress zu unterbreiten. Gibraltar brachte auch diesen Vorgang vor den CAS, der nun einmal mehr zu Gunsten des vor Spanien gelegenen Inselstaates entschied (Mitteilung des CAS vom 2. Mai 2016; CAS 2014/A/3776). Die FIFA wird nun das Traktandum „Aufnahme Gibraltars in die FIFA“ dem ordentlichen Kongress am 13. Mai 2016 in Mexiko vorlegen müssen. Das CAS geht in seiner Entscheidung offensichtlich davon aus, dass der FIFA-Kongress Gibraltar als Mitglied aufzunehmen hat; mit Blick auf den bevorstehenden Kongress in Mexiko bedeutet dies eine Änderung der Tagesordnung (Traktandenliste), die vom Kongress vorab gutgeheissen werden muss. Grundsätzlich dürfte davon auszugehen sein, dass das britische Überseegebiet Gibraltar am 13. Mai 2016 das 210., allenfalls das 211. Mitglied (falls der Kongress vorgängig den Verband von Kosovo – eine weitere „Fussballmacht“; der Verband von Kosovo repräsentiert doch immerhin fast 2 Millionen Einwohner auf knapp 11’000 Quadratkilometern – aufnimmt) des Weltfussballverbands wird. Bemerkenswert ist am jüngsten CAS-Urteil i.S. Gibraltar, dass die Entscheidung derart kurzfristig vor dem FIFA-Kongress am 13. Mai 2016 erging; dies, nachdem die „Causa Gibraltar“ immerhin während eineinhalb Jahren beim Sport-Schiedsgericht in Lausanne anhängig war.