causasportnews, Nr. 1001/03/2023, 26. März 2023

(causasportnews / red. / 26. März 2023) Just am Tag, als der Russische Haupt-Kriegstreiber im Kreml die Stationierung taktischer Atomwaffen in Weissrussland verkündete, um so einen weiteren historischen Tiefpunkt in diesem unsäglichen Krieg zu setzen, und um auf diese Weise auch seinen Erpressungsfeldzug gegen die westliche Welt fortzusetzen, trat die Nationalmannschaft Weissrusslands am 25. März 2023 zu ihrem ersten Ausscheidungsspiel zur Europameisterschaft 2024 in Deutschland gegen die Schweiz an. Nicht in Minsk, sondern im serbischen Novi Sad; dort hatten die weissrussischen Kicker ihr Heimspiel gegen die Schweiz auszutragen. Ausser dem veranstaltenden Kontinentalverband UEFA verstand eigentlich niemand, dass erstens Weissrussland nicht von dieser EM-Qualifikation ausgeschlossen ist und zweitens ausgerechnet in Serbien gespielt werden sollte (vgl. auch causasportnews vom 21. März 2023). Bekanntlich gebärdet sich der Weissrussische Diktator Alexander Lukaschenko fast ebenso schlimm wie die Schergen in Moskau; der Steigbügelhalter des Russischen Diktators soll übrigens Moskau ersucht haben, die Atomwaffen in seinem Land zu stationieren…
So nahmen sie also das Spiel in Serbien auf, die teils bedauernswerten Belarus-Kicker, die sich nicht geweigert hatten, für ihr Land gegen die Schweiz zu spielen. Wie peinlich es war, dieses Spiel überhaupt anzupfeifen, merkte die empathielosen UEFA-Funktionäre mit dem Slowenen (!) Aleksander Ceferin an der Spitze wohl nicht einmal zum Zeitpunkt, als der Match am Samstagabend auf «neutralem Terrain» (welch’ Zynismus!) unaufgeregt – unter Ausschluss von Zuschauern – dahinplätscherte. Fussball zum Abgewöhnen. Wer dennoch vor dem TV-Gerät ausharrte, erlebte den erwarteten, klaren Sieg der Schweiz gegen Weissrussland, bzw. die klare Niederlage der Belarus-Kicker gegen die Schweiz (0:5). Der einzige Glanzpunkt in diesem Fussball-Trauerspiel, das nie hätte ausgetragen werden dürfen, setzte Renato Steffen, der mit drei Toren nacheinander einen klassischen «Hattrick» erzielte. Ein «Eintrag ins Geschichtsbuch», titelte die Zürcher «Sonntags-Zeitung» am Folgetag. Gut, dass manchmal auch der Sport für Historie und Histörchen garantiert.
Solange der Krieg der Russen gegen Ukraine und gegen die westliche Welt wütet, wird der globale Sport mit dem Problem konfrontiert bleiben, wie er sich gegenüber Russland und seinen Sympathisanten gegenüber verhalten soll. Je länger dieser Wahnsinn dauert, desto mehr wird die konsequente Haltung vor allem Russland und seinen regime-treuen Sportlerinnen und Sportlern gegenüber relativiert.
Dabei gibt es für Athletinnen und Athleten Schlupflöcher und Auswege, wie dem Ausschluss Russlands und seiner Sportlerinnen und Sportler entronnen werden kann, in Hülle und Fülle. Ein Beispiel aus dem von Russischen Funktionären durchsetzten Welt-Schachsport sei an dieser Stelle angeführt: So wurde es möglich, dass die Russische Grossmeisterin Alexandra Kosteniuk nun für … die Schweiz spielt. Ein sog. «Nationenwechsel» macht es möglich: Bis jetzt Russland, nun Schweiz. Die 39jährige Top-Beherrscherin der 64 Felder wurde durch eine frühere Heirat mit einem Schweizer Doppelbürgerin, was ihr jetzt den Nationenwechsel ermöglicht und dadurch die Schweizer Schach-Welt, selbstverständlich ebenfalls der Neutralität verpflichtet, jubeln lässt: «Habemus victoriam!» (wir haben eine Siegesgöttin), könnte konstatiert werden, was so bedeutsam ist, wie wenn im Vatikan nach einer Papstwahl weisser Rauch aufsteigt. Natürlich wird Alexandra Kosteniuk ihre Russische Staatsbürgerschaft trotz des sportlich motivierten Nationenwechsels nicht ablegen. Ein bisschen Opportunismus schadet auch im Sport nicht; von sport-historischer Bedeutung ist diese Meldung dennoch alleweil. Es kann ja sein, dass der von den Russen entfesselte Angriffskrieg auch einmal ein Ende nehmen wird. Vernichten, verzeihen, vergeben, verstehen, vergessen, usw.. So funktioniert die Welt, die so ist und nicht so sein müsste, eben dann doch mehr schlecht als recht. Max Frisch würde sich bestätigt sehen (vgl. auch seinen Roman «Andorra»).