Archiv für den Monat Januar 2016

Sponsorenaufstand auch in der Leichtathletik

(causasportnews / err. / 28. Januar 2016) Sponsoren als Kooperationspartner von Sportverbänden und Sportveranstaltungen sind bestrebt, sich in tadellosem, ethisch einwandfreiem Umfeld zu positionieren. Im Zuge der Turbulenzen im Zusammenhang mit dem Weltfussballverband FIFA im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass die Hauptsponsoren in der FIFA-Zentrale in Zürich vorstellig geworden sein sollen und Remedur der Verhältnisse verlangt hätten. Jedenfalls hätten die amerikanischen Sponsoren Druck auf den Verband ausgeübt, was aber auch politisch motiviert gewesen sein könnte, weil die US-Justizbehörden die FIFA ins Visier genommen hatten. In dieser Hinsicht kaum in Erscheinung getreten war der FIFA-Sponsoringpartner „Adidas“. Doch der deutsche Sportartikelkonzern steht nun an einer anderen Front im Fokus: In der Leichtathletik. „Adidas“ beabsichtigt, den Sponsoringvertrag mit dem internationalen Leichtathletikverband (IAAF) vorzeitig, vier Jahre vor dem vorgesehenen Vertragsende, aufzukündigen. Der Konzern fürchtet offenbar Reputationsschäden wegen des Doping- und Korruptionsskandals in der Leichtathletik (angeblich systematisches Doping in Russland sowie Vertuschungen und Erpressungen seitens des früheren IAAF-Präsidenten im Zusammenhang mit Doping) und möchte sich in diesem Negativ-Umfeld nicht weiter sehen lassen. Dass derartige Vorkommnisse Gründe abgeben können, um vorzeitig einen Sponsoringvertrag zu beenden, dürfte evident sein. Im Falle der IAAF scheinen aber noch andere Motive, welche „Adidas“ zum vorzeitigen Vertragsausstieg bewegt haben sollen, vorzuherrschen: Diese hängen offenbar mit dem amtierenden IAAF-Präsidenten, dem früheren Top-Leichtathleten Sebastian Coe, zusammen. Dieser war jahrelang als Markenbotschafter des „Adidas“-Konkurrenten „Nike“ tätig. Zum Überfluss vergab die IAAF letztes Jahr die Leichtathletik-WM 2021 nach Eugene im US-Bundesstaat Oregon. Zufälligerweise befindet sich die „Nike“-Zentrale nur einige Kilometer von den vorgesehenen Austragungsstätten der WM 2021 entfernt. Dies hat die europäische Leichtathletik und „Adidas“ zumindest nicht gerade zu Beifallsstürmen veranlasst. Ob nun der Doping- und Korruptionsskandal der wirkliche Grund für den geplanten Sponsoring-Ausstieg von „Adidas“ ist oder ob die thematisierten Doping-Gründe nur vorgeschützt sind, bleibt einstweilen im Dunkeln. Eventuell wird diese Frage dereinst gerichtlich geklärt werden, denn durch die vorzeitige Vertragsbeendigung entgehen der IAAF rund 30 Millionen US-$, was von der IAAF nicht leicht zu verkraften sein wird – es sei denn, „Nike“ übernimmt die freigewordene Sponsoringlücke.

Eine Breitseite gegen das Schachspiel

(cChessSetausasportnews / err. / 26. Januar 2016) Während Jahrzehnten haben sich Sport-Funktionäre und Schach-Interessenvertreter darüber gestritten, ob das Schachspiel ein Sport sei oder nicht. Diese Frage ist zwischenzeitlich geklärt, und das Schachspiel wird diskussionslos als Sport – und zwar nicht nur als Denksport – qualifiziert. Der Schweizerische Schachbund, der Fachverband der Schachspieler, gehört bspw. seit 2000 dem Sport-Dachverband in der Schweiz, „Swiss Olympic“, als Mitglied an. Obwohl die Schachwelt nicht nur „heil“ ist (nicht einzig die Streitigkeiten um das Präsidium des Internationalen Schachverbandes FIDE haben in der Vergangenheit für Schlagzeilen gesorgt), steht nun der Schachsport in anderem Zusammenhang im Fokus: Gemäss Agenturberichten soll sich der höchste muslimische Geistliche Saudi Arabiens mit Vehemenz gegen das Schachspiel ausgesprochen haben. Schach sei wie Alkohol und Glücksspiel, was Gott verboten habe, wird der Geistliche zitiert. Er nannte Schach auch ein „Werk des Teufels“, das im Islam verboten sei. Dass das Spiel auch Zeit- und Geldverschwendung bedeute und zu Streit führe, rundet seine Einschätzung ab. Diese Äusserungen des höchsten muslimischen Geistlichen in Saudi Arabien sind zweifelsfrei eine (erneute) Breitseite gegen den Sport. Allerdings scheint diese die Schach-Verantwortlichen nicht allzu sehr zu beunruhigen. Seitens des Schweizerischen Schachbundes wird jede Stellungnahme verweigert; man verschanzt sich hinter der politischen und religiösen Neutralität des Sports. Der Schweizerische Schachbund sei ein politisch und konfessionell unabhängiger Verein, weshalb die Stellungnahme zu den Äusserungen aus Saudi Arabien entsprechend ausfällt: „Wir nehmen dazu keine Stellung“, liess der Verband auf Anfrage von causasportnews über seinen Mediensprecher ausrichten.

Österreichischer Verwaltungsgerichtshof befasst sich mit Sponsoringverträgen

(causasportnews / red. / 25. Januar 2016) Nicht jeder als „Sponsoringvertrag“ bezeichnete Kontrakt ist auch tätsächlich eine Sponsoringvereinbarung. Damit ein Sponsor das im Rahmen eines Sponsoring bezahlte Geld als betrieblich veranlasste Aufwendung behandeln kann, sind gewisse Voraussetzungen unabdingbar, wie kürzlich der Österreichische Verwaltungsgerichtshof skizziert hat (Urteil vom 1. September 2015; 2012 / 15 / 0096).

Ein Fussballverein war aufgrund der Zuschauerzahlen (durchschnittlich 250 pro Spiel) in der Lage, eine Werbewirkung zu entfalten. Er erhielt Sponsoringbeiträge eines örtlichen Wirtschaftstreibenden.

Bei Zuwendungen eines Sponsors sind, um als betrieblich veranlasst angesehen werden zu können, die gegenseitigen Verpflichtungen zwischen Sponsor und Sportler bzw. Sportverein eindeutig zu fixieren. Ausserdem müssen die Leistungen des Sportlers bzw. Sportvereins geeignet sein, Werbewirkung zu entfalten. Nur wenn ein Leistungsaustausch vorliegt, kann die betriebliche Veranlassung der Zuwendungen angenommen werden. Dabei ist insbesondere in Betracht zu ziehen, ob auch andere Wirtschaftstreibende unter denselben Voraussetzungen einen gleichartigen Vertrag geschlossen hätten.

Dass im konkreten Fall zwischen dem Sponsor und dem Verein kein schriftlicher Sponsoringvertrag bestand, ist angesichts der im österreichischen Recht herrschenden Formfreiheit von Verträgen ohne Bedeutung. Der Sponsor hat mehrfach auf das Vorliegen eines mündlichen Sponsoringvertrages hingewiesen. Der Verein hat sich zur Banden- und Plakatwerbung (drei Werbeschilder in der Grösse fünf Meter mal ein Meter gut sichtbar gegenüber den Zuschauerbereichen angebracht) und zur Durchsage eines Werbetextes vor und während eines jeden Spiels verpflichtet. Zudem kam das Firmenlogo des Sponsors auf den Spielerbekleidungen und in der Matchzeitung hinzu.

Somit schienen die gegenseitigen Verpflichtungen zwischen Sponsor und Verein hinreichend eindeutig und auch im Vorhinein fixiert. Es stand dem Betriebsausgabenabzug auch nicht entgegen, dass eine (auf einen marktüblichen Leistungsaustausch ausgerichtete) Vereinbarung auf die Initiative eines Vereinsmitglieds zurückzuführen war.

Red Bull „Snow Run“: Fragwürdige Marketingaktion mit rechtlichen Konsequenzen

(causasportnews / red. / 22. Januar 2016) Dass das Niveau von Werbung in intellektueller und unterhaltungsmässiger Hinsicht keine Grenzen nach unten kennt, ist hinlänglich bekannt. Offensichtlich scheinen aber auch in hemmungslos sinnentleerter Art und Weise transportierte Werbebotschaften gewisse Zielgruppen zu erreichen, denn der Nachschub an entsprechenden Aktionen will partout nicht abreissen. In dieser Hinsicht hat sich kürzlich – einmal mehr – der Energy-Drink-Hersteller Red Bull hervorgetan.

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Red Bull RB7 (Bild: Morio).

Dieser ist auf die Idee gekommen, den Formel 1-Piloten Max Verstappen mit einem Boliden des hauseigenen Rennteams am 14. Januar 2016 einen Bereich bei der Bergstation Hahnenkamm in Kitzbühel befahren zu lassen; der Konzern ist u.a. Hauptsponsor des Hahnenkamm-Skirennens. Für die Aktion wurde ein Red Bull RB7 mit Schneeketten bestückt. Angesehen haben sich das lärmige „Spektakel“ etwa 3500 Zuschauer – das eigentliche Hahnenkammrennen erreicht regelmässig ein Vielfaches davon. Die Aktion war bei aller Niveaulosigkeit dann offenbar doch zu wenig massentauglich.

Bei Red Bull scheint man aber noch etwas anderes übersehen zu haben: Der „Snow Run“ war bewilligungspflichtig; erforderlich wäre eine „naturschutzrechtliche Erlaubnis“ gewesen. Diese hat Red Bull nicht eingeholt, wobei davon auszugehen ist, dass die Aktion von der zuständigen Behörde zweifelsfrei genehmigt worden wäre – wer würde sich schon im eigenen Land gegen den gewichtigen Konzern stellen? Bemerkenswert ist, dass Red Bull auf die Bewilligungspflicht aufmerksam gemacht worden sein soll; dies sei jedoch vom Konzern offensichtlich ignoriert worden. Nun droht dem Energy-Drink-Produzenten eine Strafzahlung in Höhe von maximal 30 000 Euro – die wird Red Bull aber locker wegstecken. Die Strafbehörde wird den in Österreich Kultstatus geniessenden Getränkehersteller vermutlich ohnehin mit Samthandschuhen anfassen.

Mediale Nebelpetarden jetzt auch im Tennis

(causasportnews / err. / 19. Januar 2016) Im Oktober 2015 wartete der „SPIEGEL“ mit der Sensationsstory auf, die Fussball-WM-Endrunde 2006 in Deutschland sei gekauft worden: Mit 10 Millionen Schweizer Franken seien die für den Zuschlag an Deutschland erforderlichen Stimmen von Mitgliedern des Exekutivkomitees der FIFA beschafft worden. Die „wahre Geschichte der WM“ gemäss dem deutschen Nachrichtenmagazin ist zwischenzeitlich zum „Rohrkrepierer“ geworden: Von den drei vom Medium ins Visier genommen Protagonisten Franz Beckenbauer (kann sich an nichts erinnern), Robert Louis-Dreyfus (längst verstorben) und Wolfgang Niersbach (nach unglücklichem Auftritt vor der Presse unter Druck zurückgetreten) ist auch nach Wochen der Mutmassungen, Gerüchte und Verdächtigungen keine Klärung der Behauptung des Magazins zu erwarten. Nachdem sich der mediale Nebel über dem „Sommermärchen“ verzogen hat, steht im Moment einzig ein mickriges Steuervergehen des DFB im Raum. Statt gekaufte Stimmen also das Versagen eines Verbands-Buchhalters.- Für die Medien also höchste Zeit, mit neuen, vernebelten Taten das zahlende Medienpublikum bei Laune zu halten. Perfekt getimt zum Auftakt des „Australian Open“ verkündeten die britische BBC und das amerikanische News-Portal „BuzzFeed“, 16 Top-Tennisspieler seien im Zusammenhang mit Sportwetten in Spielmanipulationen verwickelt. Wie bei solchen „Enthüllungen“ üblich, wurden keine Namen genannt (was nach Bekanntwerden des „Skandals“ etwa der Schweizer Roger Federer zu Recht forderte), sondern die „heisse Kartoffel“ sei der Vereinigung der professionellen Tennisspieler ATP weitergereicht worden – und diese mache nichts bzw. halte die Namen der Fehlbaren unter dem Deckel. ATP bestritt nach Bekanntwerden der „Enthüllungen“ umgehend alle Behauptungen und Verdächtigungen. Mit den Bekanntmachungen von „BBC“ und „BuzzFeed“ ist also eine weitere Nebelpetarde im Dunstkreis des professionellen Sports geworfen worden. Wie im Falle des deutschen „Sommermärchens“ fehlen auch in dem nun lancierten „Tennis-Skandal“ allerdings Beweise. Nicht nur der Medienkonsument darf sich die Frage stellen, ob es Aufgabe der Medien sein kann, für Nebel statt für Klärungen zu sorgen. Ungereimtheiten im organisierten Fussball sind sowenig zu bestreiten wie Sportmanipulationen im Zusammenhang mit Sportwettkämpfen. Medien, die glaubwürdig sein wollen, sollen aber nur Nebelpetarden zünden, die auch Fakten manifest werden lassen, wenn sich der Nebel verzogen hat. So, wie es „BBC“ und „BuzzFeed“ im Tennis machen (und so gleich alle Tennisspieler unter Generalverdacht stellen) und wie es der „SPIEGEL“ im Zusammenhang mit dem „Sommermärchen“ getan hat, wird vor allem der Sport, von dem auch die Medien leben, beschädigt.

Landgericht Coburg: Kein Schadenersatz trotz schwerer Fussballverletzung

index (causasportnews / red. / 19. Januar 2016) In einem zwischenzeitlich rechtskräftig gewordenen Urteil vom 27. Oktober 2015 (23 O 58/15) hat das Landgericht Coburg Grundlegendes zum Schadenersatzrecht nach Verletzungen im Zusammenhang mit Fussballspielen bekräftigt. Ein Gegner (Schädiger) muss sich demnach im Spiel schuldhaft, nicht regelkonform verhalten; oder anders gesagt: Nur wenn Spielregeln vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt worden sind und ein Schaden resultiert, kommen Schadenersatz und allenfalls Genugtuung in Frage.

Im konkreten Fall wurde die Klage eines geschädigten Fussballspielers abgewiesen, obwohl der Vorfall auf einem Fussballplatz gravierende körperliche Folgen für den Geschädigten zeitigten. Dieser erlitt einen doppelten Kieferbruch. Der Schädiger (Angreifer und Beklagter) soll den Geschädigten (Torhüter und Kläger) mit voller Wucht gegen den Kopf getreten haben, als der Torhüter versucht habe, den Ball zu blockieren. Der Geschädigte argumentierte, das sei zumindest ein grob fahrlässiger Regelverstoss, der Schädiger sprach von unglücklichen Umständen. Der Sachverhalt liess sich letztlich beweismüssig nicht so erstellen, als habe der angreifende Spieler vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt. Bereits der Schiedsrichter ahndete die Attacke nicht als Foul. Auch das Landgericht liess sich vom Standpunkt des Geschädigten nicht überzeugen. Nur wenn Schädigungen vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgten, könne dies zu zivilrechtlichen Ansprüchen führen, erörterte das Landgericht die bestehende Praxis. Fussball sei zwar ein Kampfspiel mit erhöhtem Gefährdungspotential. Nur denjenigen, der schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstosse, könne aber eine Haftung treffen, hielt das Gericht in Einklang mit der gängigen Gerichtspraxis fest. Geringfügige Regelverstösse blieben jedoch folgenlos, führte das Landgericht weiter aus (was ein geringer Verstoss ist, muss aufgrund des jeweiligen Satzungsrechts, hier des DFB, beurteilt werden). Nur wenn also ein Geschädigter beweisen könne, dass sich sein Gegner im Spiel schuldhaft nicht regelkonform verhalten habe, führe dies zu zivilrechtlichen Ansprüchen. Konkret gelang es dem Geschädigten nicht zu beweisen, dass ein erforderlicher Regelverstoss erfolgt sei. Ebenso sah das Gericht keine Anhaltspunkte für grob fahrlässiges oder sogar vorsätzliches Verhalten. Die Quintessenz des Urteils lautet demnach: In der Kampfsportart Fussball kann es durchaus zu unvermeidbaren Verletzungen kommen, die keine zivilrechtlichen Folgen haben.

Nach Barcelona nun Real Madrid und Atlético Madrid

(causasportnews / err. / 18. Januar 2016) Vor zwei Jahren wurde der derzeit wohl erfolgreichste Klub der Welt, der FC Barcelona, von der FIFA mit einer Transfersperre für zwei Übertrittsperioden belegt; nun hat es auch die beiden andern Top-Vereine der Spanischen Hauptstadt erwischt: Real und Atlético. Wie 2014 Barcelona wurden den beiden Madrider Klubs Verstösse gegen die Minderjährigen-Schutzbestimmung des FIFA-Reglements bezüglich Status und Transfer von Spielern angelastet. Grundsätzlich darf ein Spieler international nur transferiert werden, wenn er mindestens 18 Jahre alt ist. Das Reglement (Art. 19) sieht jedoch Ausnahmen vor. Und diese Ausnahmen werden insbesondere von Grossklubs in Europa oft bemüht – und ausgereizt; oder auch überreizt. Bei allen drei spanischen Klubs erkannte die FIFA jedenfalls Reglementsverstösse, die nun auch bei Real und Atlético drastische Sanktionen der FIFA nach sich ziehen. Beide Klubs dürfen diesen Sommer und im nächsten Winter keine Transfers tätigen. Das wird sie mehr schmerzen als die ausgefällten Bussen (360 000 Franken Busse für Real, 900 000 Franken für Atlético). Die beiden Vereine haben bereits angekündigt, gegen die von der FIFA ausgefällten Sanktionen juristisch ankämpfen zu wollen. Auch der FC Barcelona wollte vor zwei Jahren das Verdikt der FIFA nicht akzeptieren und gelangte letztlich an das Tribunal Arbitral du Sport (TAS) in Lausanne. Allerdings vergeblich. Geht es um den Minderjährigenschutz im organisierten Fussball, verfolgt der Weltfussballverband eine harte Linie. Diese wird vom TAS offensichtlich mitgetragen.

Sauber Formel 1 auch juristisch im Tief

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Sauber C 34 (2015) | Bild: Morio

(causasportnews / err. / 14. Januar 2016) CHF 3‘522‘542 sowie bis jetzt angefallener Zins von über CHF 300‘000 soll das Formel 1-Team von Peter Sauber aus Hinwil seinem ehemaligen Fahrer Adrian Sutil bzw. dessen Marktingagentur bezahlen. Das hat das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 5. Januar 2016 entschieden (Urteil der I. Zivilkammer; RT 150102-O/U). Wie letztes Jahr ungefähr um dieselbe Zeit sorgt der Zürcher Rennstall erneut für Schlagzeilen – allerdings nicht in sportlicher Hinsicht, da läuft es den Schweizern seit Jahren mehr schlecht als recht, sondern an der juristischen Front. Und wie vor einem Jahr, als das Sauber-Team einen Rechtsstreit gegen den Fahrer Giedo van der Garde verloren hatte (vgl. dazu Causa Sport 2015, 214), ging das Team aus dem Zürcher Oberland auch diesmal als Verlierer aus dem Prozess hervor. Adrian Sutils Agentur hatte vom Formel 1-Team den genannten Betrag gefordert, weil ihm für 2015 das Cockpit versagt worden war; die Hinwiler lehnten danach aber jede Forderung des Piloten ab. Es folgte erst die Betreibung, die Sauber Formel 1 mit Rechtsvorschlag blockierte. Daraufhin verlangte die Agentur des ehemaligen Fahrers am Bezirksgericht Hinwil die Rechtsöffnung, die am 31. März 2015 mit einigermassen sonderbarer Begründung verweigert wurde (EB150035-E); das Obergericht beurteilte die Sachverhaltsfeststellung des Hinwiler Gerichts als „willkürlich“ (!).

Die Agentur des Fahrers erhob schliesslich gegen den Rechtsöffnungsentscheid Beschwerde am Obergericht des Kantons Zürich, das nun den Rennstall praktisch auf der ganzen Linie ins Unrecht versetzte; einzig der geforderte Verzugszins (8,5 %) auf die Forderung wurde auf 5% reduziert; doch allein der nun zugesprochene Zins auf die Forderung macht jährlich immerhin CHF 177‘627.10 aus. Der Rennstall hat nun noch die Möglichkeit, den Entscheid beim Schweizerischen Bundesgericht mit Beschwerde anzufechten und/oder eine Aberkennungsklage einzureichen, d.h., die Forderung in einem ordentlichen Gerichtsverfahren überprüfen zu lassen. Aufgrund der Einreden des Teams, die vom Zürcher Obergericht praktisch weggewischt wurden, dürfte dieser Rechtsstreit für das Formel 1-Unternehmen aber ohnehin verloren sein. Wie vor einem Jahr im „Fall Giedo van der Garde“ ist die juristische Leistung der Hinwiler aufgrund der Begründung des Obergerichts des Kantons Zürich in diesem Rechtsöffnungsverfahren als nicht unbedingt heroisch zu qualifizieren. Das Unternehmen befindet sich also nicht nur sportlich, sondern auch in einem juristischen Tief – obwohl es von einer in den Schweizer Medien hochgejubelten Juristin geführt wird. „Dieser Prozess dürfte für Sauber kaum zu gewinnen sein. Es bleibt rätselhaft, weshalb aufgrund der Fakten- und Rechtslage nicht versucht worden ist, einen Vergleich zu erzielen“, beurteilt ein Sportrechtsexperte den „Fall Sutil“ (mehr zu diesem Urteil in Causa Sport 1/2016).

SV Mattersburg wird Karim Onisiwo wohl ablösefrei verlieren

(causasportnews / red. / 13. Januar 2016) Ein spektakulärer, internationaler Fussball-Transfer wird wohl demnächst unverrückbar über die Bühne gehen, ist jedoch von vertragsrechtlichen Divergenzen begleitet. Der Abgang des Österreichers Karim Onisiwo, bisher beim SV Mattersburg unter Vertrag, wird vom bisherigen Arbeitgeber kaum mehr zu verhindern sein, auch wenn der Klub den Standpunkt vertritt, der begnadete Fussballspieler sei weiterhin arbeitsvertraglich an ihn gebunden, weshalb der vorbereitete Übertritt von Karim Onisiwo zum FSV Mainz 05 nicht vollzogen werden dürfe. In gewissen Fachkreisen gilt der Shootingstar als „zweiter David Alaba“. Kein Wunder, dass sich für ihn auch Klubs aus der deutschen Bundesliga interessieren. Arbeitsvertraglich war der Spieler diskussionslos bis 30. Juni 2015 an den SV Mattersburg gebunden. Doch seither ist er nicht nur arbeitsvertrags- sondern konsequenterweise auch ablösefrei. So sehen es der Spieler, der am Kicker interessierte FSV Mainz 05 sowie das Arbeits- und Sozialgericht Wien (Urteil des Senates vom 11. November 2015), das nur die arbeitsvertragliche Lage zwischen Karim Onisiwo und dem SV Mattersburg zu beurteilen hatte. Anderer Auffassung ist der SV Mattersburg, der nach wie vor von einer vertraglichen Bindung bis 2017 ausgeht. Allein diese Rechtsbehauptung steht auf tönernen Füssen, da sich der Klub auf eine arbeitsvertragliche Verlängerungsoption beruft, die jedoch vom erstinstanzlichen Wiener Gericht als unzulässig bzw. nichtig qualifiziert worden ist. Da der SV Mattersburg Berufung gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts angekündigt hat, ist der Arbeitsrechtsprozess und damit der Transferstreit noch nicht aus der Welt geschafft.

Zu einseitig ausgestaltete Vertragsoptionen in Arbeitsverträgen von Sportlern sind äusserst problematisch und in diesem Zusammenhang noch bei weitem nicht alle Rechtsfragen an der Grenze von Arbeitsrecht zu Sportrecht geklärt. Der SV Mattersburg will sich jedenfalls gegen das Ersturteil wehren und beharrt weiterhin darauf, dass sich Karim Onisiwo mit dem österreichischen Klub kraft der vereinbarten Option in einem Arbeitsvertragsverhältnis befinde und deshalb nicht ablösefrei wechseln könne, sondern sich allenfalls aus dem Arbeitsvertrag auskaufen müsse.

Dr. Dominik Kocholl

Der Innsbrucker Sportrechtler Dr. Dominik Kocholl macht dem aufgestiegenden SV Mattersburg wenig Hoffnung, um dem Spieler auf juristischem Weg den Transfer nach Deutschland noch verbauen zu können. „Die Rechtslage spricht in der Tat gegen den österreichischen Klub, der sich nach bisherigem Informationsstand vertragsrechtlich auf zu dünnes Eis begeben hat. Per Optionsausübung den Vertrag verlängern zu können, bewirkt nämlich letztlich eine einseitige, den Arbeitgeber stark bevorzugende Beendigungsmöglichkeit. Diese wird durch das Arbeitsrecht laut Lehre und Rechtsprechung nicht ohne weiteres geduldet: Von den Laufzeiten her unverhältnismässige, gegen den Kollektivvertrag verstossende, etwa keine angemessene Gehaltserhöhung bzw. sonstige Verbesserungen beinhaltende, einseitig nur dem Klub Gestaltungsrechte einräumende Optionen sind äusserst problematisch und in arbeitsgerichtlichen Verfahren kaum je haltbar“, sagt er mit Blick auf das erstinstanzliche Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts. Die fehlende Gehaltserhöhung soll später nachgebessert und eine Ausstiegsklausel ergänzt worden sein, wird behauptet. „Fraglich bleibt und entscheidend ist, ob der Vertrag durch (eine) derartige Ergänzung(en) einvernehmlich, zeichnungsberechtigt und wirksam abgeändert worden ist“, sagt Dominik Kocholl. Der SV Mattersburg hatte die Ausstiegsklausel bestritten, als ein englischer Zweitligist auf „Einkaufstour“ die vereinbarte Summe bot. Das führte zur Klage des Spielers.

Obwohl die arbeitsrechtliche Auseinandersetzung zwischen dem Spieler und dem SV Mattersburg noch andauert, konnte Karim Onisiwo bislang ablösefrei nach Deutschland wechseln. Das österreichische Verfahrensrecht (ASGG) sieht in Arbeitsrechtsachen nämlich bereits – trotz fehlender Rechtskraft – vorläufige Rechtsgestaltungswirkungen und die Vollstreckbarkeit des Urteils vor: Aus diesem Blickwinkel gilt der Vertrag bereits als ohne Verlängerung beendet. Am Tag nach Bekanntwerden des Urteils hatte Karim Onisiwo bereits beim 1. FSV Mainz 05 bis 2019 unterschrieben. „Das ist zwar mangels Rechtskraft ein mutiger, jedoch voraussichtlich insgesamt empfehlenswerter Schritt – vor allem dann, wenn für den Fall, doch noch zurückkehren zu müssen, vorgesorgt wurde“, erklärt Sportrechtsspezialist Dominik Kocholl.

Nach dem Doping- der Forschungsskandal

(causasportnews / err. / 11. Januar 2016) Die Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg i.Br. wird seit Jahren mit der Dopingvergangenheit in Zusammenhang gebracht. Zur Abklärung der betrügerischen Vorgänge an der bekannten Hochschule ist 2007 eine Expertenkommission eingesetzt worden, welche immer noch an der Arbeit ist und insbesondere abzuklären hat, inwieweit Sportärzte aus Freiburg in Dopingvorgänge verstrickt gewesen sind. Die Kommission ist nun bei der Aufbereitung der Dopingvorgänge in Freiburg auf einen Forschungsskandal im Fach Sportmedizin gestossen, wie aus verschiedenen Quellen zu vernehmen ist. Bei Fachpublikationen, Dissertationen und Habilitationen, die insbesondere nach 1980 geschrieben worden sind, sollen „erhebliche wissenschaftliche Mängel“ festgestellt worden sein. Offenbar beruhen Arbeiten auf Fälschungen von Daten und Selbstplagiaten; ebenso bestehen Anhaltspunkte, dass wissenschaftliche Arbeiten mit minimalen Änderungen ohne entsprechende Hinweise mehrfach in verschiedenen Fachzeitschriften veröffentlicht worden sind und fehlerhafte Publikationen Grundlage für Bewerbungen auf Lehrstühle usw. bildeten. Die Universität will die Vorgänge überprüfen. Dies soll in Verfahren, die für wissenschaftlich unredliches Verhalten vorgesehen sind, erfolgen, teilte die Universitäts-Leitung mit. Die Kommission hat an ehemalige Doktoranden der Universität, welche in die Vorgänge passiv involviert waren, appelliert, sich zu melden. Im Rahmen ihrer Tätigkeit deckte die Kommission bisher bereits einige Plagiatsfälle auf, was zum Entzug oder zur Rückgabe von Habilitationen geführt hatte. Der Forschungsskandal in Freiburg – an sich ein „Derivat“ der Dopinguntersuchungen an der Hochschule – ist nach Ansicht der Kommissionsvorsitzenden Prof. Letizia Paoli „eine neue Dimension wissenschaftlichen Fehlverhaltens mit möglicherweise gravierenden Folgen für das Fach Sportmedizin und den gesamten betroffenen Wissenschaftsbetrieb“. Über das Ausmass des wissenschaftlichen Skandals bestehen derzeit lediglich Mutmassungen. Der vorgelegte Kurzbericht umfasst 16 Seiten; ein ausführlicher Report ist in Aussicht gestellt.