Archiv für den Monat Oktober 2015

Der Fussballklub Dinamo Minsk bezwingt den Rat der Europäischen Union vor Gericht

Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Sportklub den Rat der Europäischen Union – immerhin eines der mächtigsten Organe der EU, bestehend aus Vertretern der Mitgliedstaaten auf Ministerebene – gleichsam in die Knie zwingt. Genau dies ist dem weissrussischen Fussballklub FK Dinamo Minsk gelungen, und zwar in juristischer Hinsicht. Das Gericht der Europäischen Union hat mit einem Urteil vom 6. Oktober 2015 (Rs. T-275/12) einer Klage von FK Dinamo Minsk gegen den Rat der EU weitgehend stattgegeben, mit der sich der Klub dagegen gewehrt hatte, in die EU-Sanktionen gegen Weissrussland mit einbezogen zu werden.

Rat der EU: Juristische Niederlage gegen einen Fussballklub

Rat der EU: Juristische Niederlage gegen einen Fussballklub

Der Rat der Europäischen Union erhält seit rund zehn Jahren Massnahmen gegen Weissrussland und das Regime des Präsidenten Alexander Lukaschenko aufrecht. Zu den entsprechenden Massnahmen gehört insbesondere das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Mitteln von Präsident Lukaschenko und anderer staatlicher Funktionäre sowie von Personen und Firmen, die das Regime in Weissrussland unterstützen oder von diesem profitieren, durch die EU-Mitgliedstaaten. Ebenso betroffen sind (natürliche oder juristische) Personen, die für ernste Verletzungen der Menschenrechte oder die Unterdrückung der Zivilgesellschaft oder der Opposition in Weissrussland verantwortlich sind. Die betreffenden Personen und Entitäten werden jeweils in Anhängen zu den Rechtsakten, mit denen die entsprechenden Massnahmen erlassen wurden, aufgelistet.

Der FK Dinamo Minsk – einer der erfolgreichsten weissrussischen Klubs, der auch in der laufenden UEFA Europa League mitspielt – wurde im März 2012 in die fraglichen Anhänge aufgenommen. Grund hierfür war der Umstand, dass „Triple TAA“, ein grosses weissrussisches Unternehmen mit mutmasslichen Beziehungen zum Lukaschenko-Regime, Anteile am Fussballklub hält. Gegen seine auf diese Weise erfolgte Einstufung als Unterstützer oder Profiteur von Alexander Lukaschenko wehrte sich der Klub in der Folge mit einer Klage vor dem Gericht der Europäischen Union. Das Gericht gab der Klage statt, soweit es sie für zulässig qualifizierte.

Die Richter stellten zunächst fest, dass der Rat der Europäischen Union im Zusammenhang mit der Aufnahme von FK Dinamo Minsk in die Anhänge der in Frage stehenden Rechtsakte die ihm obliegende Begründungspflicht verletzt habe. Darüber hinaus verwies das Gericht auf ein am selben Tag erlassenes Urteil (Rs. T-276/12), mit dem es festgestellt hatte, dass bereits die Aufnahme von „Triple TAA“ in die in casu in Frage stehenden Anhänge der Rechtsakte des Rates der EU rechtswidrig gewesen sei und demzufolge die Massnahmen des Rates in Bezug auf dieses Unternehmen aufgehoben hatte. Demnach sei es nur folgerichtig, auch die entsprechenden Massnahmen mit Bezug zu den Tochtergesellschaften von „Triple TAA“ aufzuheben. Im Ergebnis finden nunmehr zahlreiche restriktive Massnahmen, die durch den Rat der Europäischen Union im Zusammenhang mit Weissrussland erlassen wurden, auf FK Dinamo Minsk keine Anwendung mehr. Gegen das Urteil des Gerichts kann Rechtsmittel beim Gerichtshof der Europäischen Union eingelegt werden.

FIFA kontaminiert die Welt

Das weltweite FIFA-Bashing treibt auch seltsamste Blüten. War es noch bis vor kurzer Zeit ein Privileg, sich im Umfeld des Weltfussballverbandes sehen zu lassen oder an Veranstaltungen der FIFA, auch an Fussballsspielen, teilzunehmen, scheint es nun im Trend zu liegen, sich vom Verband loszusagen oder abzugrenzen. Im Sport, insbesondere in der Leichtathletik, existierte früher die sog. „Kontaminationsregel“, die besagte, dass Sportler, die an einer Wettkampfbegegnung teilnahmen, an der auch Konkurrenten, die aus der Sicht des jeweiligen Verbandes nicht startberechtigt waren, etwa nach Dopingverstössen, sanktioniert werden konnten (vgl. zur „Kontaminationsregel“ Urs Scherrer / Remus Muresan / Kai Ludwig, Sportrecht, Eine Begriffserläuterung, 3. Aufl., Zürich, 2014, 201 f.). Diese Regel scheint nun auf anderer Ebene eine Renaissance zu erleben. Kürzlich wurden strafrechtliche Überlegungen angestellt, weil eine Gruppe von Zürcher Staatsanwälten und Richtern in den Jahren 1990 bis 2006 bei der FIFA WM-Tickets geordert hatte (und diese auch bezahlte). Die linke Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr rügte die Staatsbediensteten öffentlich; sie hätten sich, weil allfällige Delikte verjährt seien, zwar nicht strafbar gemacht, doch sei ihr Tun unsensibel gewesen. Als Konsequenz will die Politikerin den Verhaltenskodex für Staatsangestellte bezüglich Entgegennahme von Geschenken und Vergünstigungen präzisieren (Quelle: „Neue Zürcher Zeitung“ vom 26. Oktober 2015, Überschrift: „Jacqueline Fehr rügt WM-Reisen“ – sic! Gerügt worden sind offenbar die Reisen, nicht die Reisenden…). – Die Hysterie im Zusammenhang mit der FIFA nimmt teils groteske Züge an. Ein Ticket von der FIFA zu bekommen und zu bezahlen wird zu moralischem Fehlverhalten emporstilisiert und dürfte demnächst sogar kriminalisiert werden. Die juristisch unbefleckte Regierungsrätin und Justizdirektorin dürfte wohl nie etwas von für Staatsangestellte geltenden Ausstandsbestimmungen, die selbstverständlich zu beachten wären, gehört haben. Vom Gewaltenteilungsgrundsatz ganz zu schweigen. – Generell: Politiker/innen sind zweifelsfrei prädestiniert, sich mit Statements gegen die FIFA in Szene zu setzen, haben sich doch viele von ihnen immer gerne vom Weltverband zu Events aller Art einladen lassen; wie übrigens auch Medienschaffende. Der Lateiner würde es so sehen: Quod licet Jovi, non licet bovi.

FC Ostelbien Dornburg e.V. bleibt gesperrt

Der vor rund zwei Monaten wegen rechtsextremistischer Tendenzen vom zuständigen Landessportbund Sachsen-Anhalt ausgeschlossene FC Ostelbien Dornburg e.V. hat die Ausschliessung auf dem vorsorglichen Massnahmenweg nicht abwenden können (vgl. zur damals erfolgten Ausschliessung auch  Beitrag vom 2. September 2015 in causasportnews). Der Club scheiterte mit zwei Massnahmenbegehren. Die entsprechenden Entscheidungen der Landgerichte Magdeburg sowie Halle sind zwischenzeitlich vom Oberlandesgericht Naumburg bestätigt worden. Die Ausschliessung durch das Präsidium des Landessportbundes (mit Wirkung auf die Mitgliedschaft des Clubs im Fussballverband Sachsen-Anhalt) ist vom FC Ostelbien Dornburg e.V. beim Hauptausschuss des Bundes angefochten worden. Dieser will am 14. November 2015 über die Anfechtung befinden. Das Oberlandesgericht Naumburg begründete den Entscheid im Rahmen der anbegehrten vorsorglichen Massnahmen auch damit, dass es dem Club zuzumuten sei, die Entscheidung des Sportbundes vom 14. November 2015 abzuwarten.

„DFB-Skandal“: Grosses Getöse – immer noch keine Fakten

Vor zwei Wochen hat das Deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ exklusiv und mit grossem Getöse verkündet, die Fussball-WM-Endrunde 2006 in Deutschland sei gekauft worden; 6,7 Mio. Euro, zur Verfügung gestellt vom ehemaligen und zwischenzeitlich verstorbenen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus, seien dafür verwendet worden, um vier Asiaten des FIFA-Exekutivkomitees bei der Abstimmung im Jahr 2000 bezüglich Vergabe der WM-Endrunde 2006 auf Deutschland-Kurs zu bringen. Zwischenzeitlich hat zwar der „Spiegel“, sekundiert von einem nicht der Redaktion angehörenden, investigativen Journalisten, der vom ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger auch schon eingeklagt worden ist, nachdem er diesen als „unglaublichen Demagogen“ bezeichnet hatte, zwei reisserische Titelgeschichten zum „zerstörten Sommermärchen“ und zum „Fall DFB“ veröffentlicht, doch Beweise für den vom „Spiegel“ in den Raum gestellten Stimmenkauf liegen immer noch nicht vor. Interessanterweise illustrierte der „Spiegel“ in der Erst-Story das Titelbild mit Robert Louis-Dreyfus, Wolfgang Niersbach und Franz Beckenbauer („Spiegel“ Nr. 43/2015); eine Woche später war dann Robert Louis-Dreyfus vom Titelbild verschwunden, und es blieben nur noch Wolfgang Niersbach und Franz Beckenbauer übrig („Spiegel“ Nr. 44/2015)…Zwischenzeitlich ist der „Skandal“ denn auch zur Fehde zwischen dem ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und dem aktuellen Präsidenten Wolfang Niersbach mutiert, was sich auch medial entsprechend niederschlägt. Ausgelöst hat die ganze Geschichte offenbar Theo Zwanziger, der vom früheren Fussballprofi Günter Netzer erfahren haben will, mit den 6,7 Mio Euro seien vier Stimmen für die Bewerbung Deutschlands „gekauft“ worden. Das bestreitet nun allerdings Günter Netzer und will gegen Theo Zwanziger gerichtlich vorgehen, falls dieser von seiner Darstellung nicht abrückt. Es braucht kaum hellseherische Fähigkeiten um den Schluss zu ziehen, dass allenfalls höchstens in einem Gerichtsverfahren erhellt werden kann, ob damals in der Tat vier Stimmen gekauft worden sind oder nicht, zumal Theo Zwanziger offenbar bei seiner Darstellung bleibt. Tatsache ist jedenfalls, dass der „Spiegel“ allmählich ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommt, weil ausser dem im Gang befindlichen Hauen und Stechen unter Funktionären lediglich Mutmassungen im Raum stehen. Faktum ist aber auch, dass die Erklärungsversuche des DFB, wofür das fragliche Geld eingesetzt worden ist, immer peinlicher werden und zumindest manifest werden lassen, dass die damals mit den Finanzabwicklungen betrauten Funktionäre in den pekuniären Belangen unbedarft und dilettantisch agiert haben. Und sicher ist, dass die Medien weltweit, die allesamt die „Spiegel“-Story durchwegs unreflektiert aufgenommen haben, zwar für gehörigen medialen Wind gesorgt haben und immer noch sorgen, aber wohl allmählich erkennen müssen, dass den Medienkonsumenten bis dato nichts weiter als ein grosses Brimborium, jedoch keinerlei gesicherte Fakten bezüglich des behaupteten Stimmenkaufs vorgesetzt worden ist. Genau diese Beweise müsste der „Spiegel“ nun aber vorlegen, will er nicht Gefahr laufen, wie damals der „Stern“ mit den „Hitler-Tagebüchern“ gegen die Wand zu laufen. Man darf jedenfalls gespannt sein auf das nächste Titelbild des Sprachrohs der moralischen Elite in Deutschland. Es müsste nun folgerichtig die unschöne Seite des „Sommermärchens“ medial mit der Fehde zwischen Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach fortgesetzt werden. Was allerdings die angeblich vier gekauften Stimmen für die WM-Vergabe 2006 anbelangt, ist im Moment mediales Schweigen angesagt. Das gilt auch für den anfänglichen journalistischen Versuch, die FIFA im Zusammenhang mit diesem Vorgang in Misskredit zu bringen.

Der deutschen Glücksspielregelung droht das endgültige „Aus“ vom EUGH

Die vom Gerichtshof der Europäischen Union (EUGH) zur Frage der Vereinbarkeit mitgliedstaatlicher Regelungen im Glücksspielbereich (insbesondere einschliesslich Sportwetten) mit dem Unionsrecht hatten regelmässig Verfahren strafrechtlicher Natur zum Ursprung. So verhält es sich auch in einem weiteren, beim EUGH hängigen Fall betreffend – einmal mehr – die deutsche Regelung des Glücksspielsektors (Rs. C-336/14), zu dem nunmehr die Schlussanträge des zuständigen Generalanwalts vorliegen. Sollte der Gerichtshof diesen Anträgen folgen, müsste die in Deutschland angeklagte Barbetreiberin freigesprochen werden.

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Der EUGH in Luxemburg (Bild: Chris Price)

Die fragliche Gastwirtin hatte in ihrer in Deutschland befindlichen „Sportsbar“ einen Automaten aufgestellt, über den Sportwetten bei einem in Österreich ansässigen (und dort regulär lizenzierten) Anbieter abgeschlossen werden konnten, verfügte jedoch nicht über eine entsprechende deutsche Erlaubnis. Die Strafverfolgungsbehörden sahen darin eine unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels, die gemäss § 284 des deutschen Strafgesetzbuches (StGB) sanktionierbar ist. Das Amtsgericht Sonthofen, das als erstinstanzliches Strafgericht mit dem Fall befasst ist, hat dem EUGH im Rahmen des entsprechenden Strafverfahrens mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Von besonderer Bedeutung und Brisanz ist dabei vor allem die Feststellung des Generalanwalts, dass der Tatbestand von § 284 „nicht verwirklicht“ sei. Einer solchen Tatbestandsverwirklichung stünde der Umstand entgegen, dass die deutsche Regelung des Glücksspielsektors bereits wiederholt von deutschen Gerichten – in Anwendung der einschlägigen Grundsätze, die durch den EUGH entwickelt worden sind – als unionsrechtswidrig qualifiziert worden sei. Ungeachtet dessen, dass der nationale Gesetzgeber noch keine Massnahmen erlassen habe, um den unionsrechtswidrigen Zustand zu beheben, sei der entsprechenden nationalen Regelung unverzüglich jegliche Anwendung zu versagen. Dies betreffe nicht nur das in Deutschland errichtete Sportwettenmonopol, sondern auch die diesbezügliche Erlaubnispflicht für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten. Wenn nun aber der Erlaubnispflicht die Anwendung zu versagen sei, dürfe die ohne entsprechende Erlaubnis erfolgende Vermittlung von Sportwetten auch nicht nach § 284 StGB bestraft werden.

Sollte sich der EUGH dieser Sichtweise anschliessen, müsste nicht nur die im vorliegend relevanten Ausgangsverfahren angeklagte Barbetreiberin freigesprochen werden. Vielmehr wären auch Strafverfahren in ähnlich gelagerten Fällen ausgeschlossen, was wiederum zur Folge hätte, dass in Deutschland Sportwetten von Anbietern aus anderen EU-Mitgliedstaaten auch ohne deutsche Erlaubnis straflos vermittelt werden dürften. Dies jedenfalls so lange, bis in Deutschland eine Regelung des Glücksspielsektors etabliert wird, die im Einklang mit dem EU-Recht steht. Mit einem Urteil des EUGH ist in einigen Monaten zu rechnen – und die Richter am Gerichtshof pflegen in der weit überwiegenden Zahl der Fälle den Schlussannträgen der Generalanwälte zu folgen.

Schweizer Unihockey-Amateur wegen (versuchten) Dopings sanktioniert

Unihockey: Auch dieser Sport ist vor Doping nicht gefeit

Unihockey: Auch dieser Sport ist vor Doping nicht gefeit

„Die Disziplinarkammer für Dopingfälle von Swiss Olympic hat einen 24-jährigen Unihockeyspieler wegen Verstosses gegen Antidoping-Bestimmungen für zwei Jahre gesperrt.“ – Diese auf den ersten Blick fast alltägliche Meldung entpuppt sich bei näherem Hinsehen sowohl in sportlicher als auch in rechtlicher Hinsicht als bemerkenswert. Zunächst der sportliche Aspekt: Der betroffene Spieler ist nicht etwa eine professioneller Spieler (was im Unihockey in der Schweiz ohnehin noch keine allzu verbreitete Erscheinung ist) oder zumindest in der Nationalliga tätig, sondern in der 4. Liga. Dabei handelt es sich um die zweitniedrigste Spielklasse im Unihockey.

In rechtlicher Hinsicht von Interesse ist der vom Spieler begangene Verstoss und wie es zu dessen Aufklärung kam. Das Zollinspektorat Zürich hatte im November 2014 eine an den Spieler adressierte Postsendung abgefangen und darin 80 Tabletten Turanabol sichergestellt. Diese enthalten den Wirkstoff Dehydrochlormethyltestosteron, welcher auf der Liste der verbotenen Substanzen der WADA steht und zur Gruppe der Anabolika gehört. Das Zollinspektorat leitete die Sendung daraufhin an die Stiftung Antidoping Schweiz weiter, welche den Sachverhalt bei der Disziplinarkammer für Dopingfälle von Swiss Olympic (DK) anzeigte. Die DK qualifizierte dies als versuchte Anwendung einer verbotenen Substanz. Die Folge war eine Sperre des Spielers für eine Dauer von zwei Jahren. Die Sperre ist indes noch nicht rechtskräftig. Der Spieler hat die Möglichkeit, gegen den Entscheid Berufung beim Internationalen Sportschiedsgericht (Court of Arbitration of Sport; CAS) zu erheben. Der Fall wird in der nächsten Ausgabe von Causa Sport ausführlicher dargestellt.

(Der Entscheid der DK wurde der Redaktion freundlicherweise von der Stiftung Antidoping Schweiz für die wissenschaftliche Bearbeitung zur Verfügung gestellt.)

Botschaft und Entwurf zum „Geldspielgesetz“ verabschiedet

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Wetten auf Pferderennen und andere Sportwetten sollen künftig genauer geregelt werden

Der Schweizerische Bundesrat hat am 21. Oktober 2015 zuhanden der Bundesversammlung den Entwurf – einschliesslich einer entsprechenden Botschaft – eines Bundesgesetzes über Geldspiele (kurz: Geldspielgesetz, BGS) verabschiedet. Mit diesem Gesetz sollen alle Glücks- bzw. Geldspiele in der Schweiz in einem einzigen Erlass geregelt werden. Gegenwärtig wird diese Materie durch zwei verschiedene Gesetze (Lotterie- und Spielbankengesetz) sowie mehrere Verordnungen normiert, die teilweise sehr alt und demnach dringend reformbedürftig sind (siehe zu diesem Thema insgesamt Urs Scherrer/Remus Muresan, Handbuch zum schweizerischen Lotterie- und Wettrecht, 2014).

Das BGS soll auch spezifisch sportbezogene Fragen regeln. So sind im Gesetzentwurf insbesondere Bestimmungen über Sportwetten enthalten; zudem soll mit dem BGS eine Strafbestimmung mit Bezug zu (wettbezogenen) Manipulationen von Sportwettkämpfen in das Sportförderungsgesetz eingefügt werden. Die entsprechenden, im Zuge der laufenden Revision des schweizerischen Glücks- bzw. Geldspielrechts geplanten Regelungen werden in einer der nächsten Ausgaben von „Causa Sport“ einer kritischen Würdigung unterzogen.

ISU-Regelung im Visier der EU-Kommission

2000px-International_Skating_Union.svgDem internationalen Eislauf-Verband (International Skating Union; ISU) droht – nach der vor deutschen Gerichten (zumindest vorläufig) erlittenen Schlappe im „Fall Pechstein“ – weiteres juristisches Ungemach: Die Europäische Kommission hat am 5. Oktober 2015 beschlossen, gegen die ISU ein förmliches Verfahren wegen möglichen Verstössen gegen das EU-Wettbewerbsrecht zu eröffnen. Auslöser der entsprechenden Untersuchung ist eine Beschwerde zweier niederländischer Eisschnellläufer. Diese richtet sich gegen Bestimmungen im ISU-Regelwerk, nach denen Athletinnen und Athleten u.U. mit einer lebenslangen Sperre im Zuständigkeitsbereich der ISU belegt – und mithin insbesondere etwa von der Teilnahme an Olympischen Spielen ausgeschlossen werden – können, wenn sie an Sportanlässen teilnehmen, die nicht von der ISU veranstaltet oder anerkannt sind. Darin könnte nach Auffassung der Beschwerdeführer ein Verstoss gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gemäss Art. 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union; AEUV sowie ggf. gegen das Kartellverbot gemäss Art. 101 AEUV zu sehen sein. Die Europäische Kommission wird nun zunächst der ISU eine Möglichkeit zur Stellungnahme geben und anschliessend eine Entscheidung über die Vereinbarkeit der ISU-Regelung mit dem EU-Wettbewerbsrecht erlassen. Gegen diese kann vor dem Gericht der Europäischen Union (EUG) Rechtsmittel eingelegt werden.

Charles Friedek obsiegt vor dem Bundesgerichtshof gegen den DOSB

Logo_Deutscher_Olympischer_Sportbund_seit_2014.svgDie Nichtnominierung des Dreispringers Charles Friedek für die Olympischen Spiele 2008 in Peking hat zu einem juristischen Nachspiel geführt, das der Sportler nunmehr auch in letzter Instanz für sich entschieden hat. Der Athlet hatte zunächst bereits in erster Instanz Recht erhalten (CaS 2012, 67 ff.): Das Landgericht Frankfurt am Main hatte mit Urteil vom 15. Dezember 2011 dem Athleten einen Schadenersatzanspruch gegen den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) wegen schuldhafter Verletzung einer zwischen Charles Friedek und dem DOSB bestehenden Sonderverbindung zuerkannt (§ 280 Abs. 1 BGB). Auf Berufung des DOSB hin hatte die zweite Instanz allerdings zu Ungunsten des Athleten geurteilt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sah die Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruches nicht als gegeben an. Insbesondere habe der DOSB keine Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt, indem er den Athleten nicht zu den Olympischen Spielen nominierte (CaS 2014, 48 ff.). Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat das Berufungsurteil auf Revision des Klägers hin nun indessen aufgehoben. Der DOSB ist gemäss BGH als Monopolverband zur Nominierung von Athleten, welche die vom DOSB selbst aufgestellten Nominierungsvoraussetzungen erfüllen, verpflichtet. Diese Pflicht habe der DOSB schuldhaft verletzt. Entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt seien die Nominierungsrichtlinien des DOSB bei dem gebotenen objektiven Verständnis dahin auszulegen, dass der Athlet die Olympianorm im Dreisprung mit dem zweimaligen Erreichen der B-Norm in einem Wettkampf erfüllt hatte. Im weiteren Verfahren wird das Landgericht Frankfurt nunmehr über die Höhe des dem Athleten grundsätzlich zustehenden Schadensersatzanspruchs zu entscheiden haben.

Reales und Surreales um die FIFA

Flag_of_FIFA.svgDer Weltfussballverband FIFA befindet sich in der Agonie. – Dieser Eindruck entsteht nach Sichtung von Medienberichten in den letzten Tagen. Im Nachgang zu den (vorläufigen) Suspendierungen von FIFA-Präsident Joseph Blatter und FIFA-Vize- und UEFA-Präsident Michel Platini überboten sich die Medien mit Schreckensmeldungen, nachdem nun das Objekt aller Angriffe letztlich zur Strecke gebracht worden ist und jetzt der Weltfussballverband als Organisation ins Zentrum des Interesses gerückt. „Der Kollaps der FIFA“ titelte die „Neue Zürcher Zeitung“ einen Tag nach Bekanntwerden der von der FIFA-Ethikkommission verhängten Massnahmen gegen die beiden Top-Funktionäre übergross und in fetten Lettern auf der Frontseite (NZZ vom 9. Oktober 2015), um ein paar Tage später zu vermelden, dass Joseph Blatter ohnehin seit dem 2. Juni 2015 kein Dossier mehr angerührt habe (NZZ vom 12. Oktober 2015). Welchen Stellenwert der Fussball im Weltgeschehen einnimmt, belegen Gewichtungen wie die folgenden: Die Griechenland-Finanzkrise ist kaum mehr präsent, die Menschheit scheint sich an die andere grosse Krise – die Flüchtlingskrise – gewöhnt zu haben, und auch der VW-Skandal vermag kaum mehr zu bewegen. Anders die Vorgänge um die FIFA. Der Weltfussballverband ist das Weltthema Nummer 1. Und nun hat es den Mann, den markantesten Exponenten dieser Institution, erwischt, der partout nicht zurücktreten will; er ist (einstweilen) in seinen Funktionen eingestellt. Die Zürcher „Weltwoche“ (41/2015) hat versucht, eine Antwort zu geben, weshalb die Journalisten derart durchdrehen, wenn ein von ihnen in den Fokus geratener „Bösewicht“ um keinen Preis, geschweige denn freiwillig, ab- oder zurücktreten will (vgl. zur Gesamtthematik etwa Alexander Görlach, Wir wollen euch scheitern sehen, 2014). Jahrelang hat Joseph Blatter diesem Medienmechanismus getrotzt – jetzt hat ihn die hauseigene FIFA-Ethikkommission zur Kapitulation gezwungen. „Er ist der Einzige aus den obersten Führungskreisen dieser Welt, der trotz feindseligster Medienattacken so lange im Amt blieb, wie es ihm beliebt“ – und so die Medienwelt immer mehr in Rage trieb, zog die „Weltwoche“ als Fazit. Real an diesem Szenarium ist (einzig), dass mit dem FIFA-Präsidenten und mit Michel Platini zwei FIFA-Funktionäre aus der Führungsetage der FIFA ausgeschieden sind – ob für immer, wird sich zeigen. Real ist auch, dass trotz dieser Abgänge die operative Leitung der FIFA durch das (verbliebene) Exekutivkomitee gewährleistet ist; denn die Nachfolgeregelung des an der Amtsausübung gehinderten FIFA-Präsidenten ist statutarisch festgeschrieben. Von einem „Kollaps“ der FIFA zu sprechen, ist demnach geradezu absurd; der Realitätsverlust, der dem gesperrten FIFA-Präsidenten durch Journalisten immer vorgeworfen worden ist, scheint nun diese selbst ereilt zu haben. Auch wenn auf der operativen Ebene des Verbands personelle Rochaden erforderlich geworden sind, bleibt die FIFA als juristische Person trotz der Turbulenzen unversehrt, insbesondere auch handlungsfähig. Geradezu surreal sind deshalb die Wertungen der Medien, die ein „kaputtes FIFA-System“ orten und nun eine „harte Hand der US-Justizbehörden“ fordern (NZZ vom 9. Oktober 2015). Dasselbe Medium versteigt sich dann sogar – ein paar Tage später – zur abstrusen Behauptung, die US-Justiz habe faktisch die Führung der FIFA übernommen (NZZ am Sonntag, 11. Oktober 2015). Viele Vorgänge sind im Rahmen der FIFA zumindest für Aussenstehende undurchsichtig. Was die Medien angeht, scheint die „Causa FIFA“ geeignet, zumindest teilweise zum Tummelfeld auch der unsinnigsten Szenarien zu werden.