Archiv für den Monat Juli 2018

Reform des Geldspielrechts: Sportvereine befürchten Einnahmeverluste

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„Geldregen“ für Vereine durch Tombolas? Künftig nicht mehr gar so unbeschränkt wie heute

(causasportnews / red. / 31. Juli 2018) Nachdem das Schweizer Stimmvolk Anfang Juni 2018 dem neuen „Bundesgesetz über Geldspiele“ (Geldspielgesetz, BGS) in einem Referendum zugestimmt hat (siehe auch causasportnews vom 11. Juni 2018), scheint das „Jahrhundertprojekt“ der Revision des Geldspielrechts in der Schweiz zu einem baldigen (das BGS dürfte voraussichtlich auf den 1. Januar 2019 hin in Kraft treten), positiven Abschluss zu kommen. Dabei soll das BGS im Wesentlichen den gegenwärtigen Stand der Dinge im Geldspielbereich abbilden und nur punktuell Neuerungen bringen. Das Geldspielgesetz selbst ist jedoch nur „die halbe Wahrheit“: Unter dem BGS sollen mehrere Verordnungen erlassen werden – vor allem die „Verordnung des Bundesrates über Geldspiele“ (VGS) –, und die haben es teilweise in sich. Gegenwärtig sorgt vor allem die Absicht des Bundesrates für Ärger, den Höchstbetrag der Gesamteinsätze bei Tombolas auf CHF 25’000 zu begrenzen. Das entsprechende Limit findet sich in Art. 38 des Entwurfs der VGS, zu welchem kürzlich das Vernehmlassungsverfahren abgeschlossen wurde. Die Vereine in der Schweiz, unter ihnen eine beträchtliche Anzahl Sportvereine, befürchtet, aufgrund der von ihnen als viel zu tief empfundenen Einsatzgrenze keine attraktiven Tombolas mehr durchführen zu können und so empfindliche Verluste bei der Finanzierung ihrer Aktivitäten hinnehmen zu müssen. Dabei wird teilweise argumentiert, unter dem neuen Regime könnten keine Preise wie Autos oder Reisen mehr ausgelobt werden, wodurch die Tombolas weniger interessant für das Publikum würden.

Dazu gibt es zunächst anzumerken, dass der Gesamtbetrag der Einsätze bei einer Tombola (die sogenannte „Plansumme“) keineswegs den Wert der Preise begrenzt, die gewonnen werden können. Diese Preise (die bei Tombolas häufig gestiftet werden) können vielmehr weiterhin Weiterlesen

Aufhören, aufhören!

stop-2717058_1280(causasportnews / red. / 28. Juli 2018) Ist das Spektakel auf einem Spielfeld unerträglich, ruft das Publikum auch heute noch: „Aufhören, aufhören!“ – Diese Forderung wäre nun wohl auch angebracht, um den zum „Fall Özil“ emporstilisierten Vorgang um den deutschen Fussballspieler mit türkischen Wurzeln, Mesut Özil, zu beenden. Doch wohl ebenfalls wegen des aktuellen medialen Sommerlochs wird die „Affäre“ weiter gekocht, und auch die als etabliert geltenden Medien können vom Thema nicht mehr lassen. Ellenlange Artikel und Fernsehsendungen zuhauf drehen sich um den Fussballstar, der mit seinem Verhalten dafür sorgt, dass der Sport als Ventil eines ur-gesellschaftlichen und politischen Problems die vielbeachtete Plattform abgibt. Da soll noch jemand insbesondere in Deutschland sagen, Sport und Politik seien voneinander zu trennen. Läuft es in der Politik schlecht, ist der Sport prädestiniert, den Rahmen zu bieten, um die Missstände zu parallelisieren; dies ist dann der Fall, wenn sowohl Politik als auch Sport in der betreffenden Gesellschaft jeweils ein hoher Stellenwert zukommt. Niemand wird bestreiten, dass der politische Zustand in Deutschland einigermassen desolat ist. Es kommt die frustrierende Erkenntnis hinzu, dass an eine Besserung nicht einmal ansatzweise zu denken ist und an Durchhalteparolen („wir schaffen das“) schon gar niemand mehr glaubt. Realistisch gesehen muss demnach konstatiert werden: „Das Kind liegt im Brunnen“. Die Frustrationswelle kann dann leicht auf den im Ansehen hoch anzusiedelnden Sport als Abbild einer selbstbewussten Nation überschwappen, vor allem dann, wenn die Fakten in diesem Bereich undiskutabel sind. So wie um die deutsche Fussball-Nationalmannschaft. Es ist ein Faktum, dass Weiterlesen

Der frühere FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke unterliegt vor dem CAS

(causasportnews / red. / 27. Juli 2018) Das internationale Sportschiedsgericht (Court of Arbitration for Sport, CAS) hat die Berufung des früheren FIFA-Generalsekretärs Jérôme Valcke gegen seine Sanktionierung durch die FIFA abgewiesen. Mit Entscheid der FIFA-Berufungskommission vom 24. Juni 2016, dem ein Verdikt der FIFA-Ethikkommission vorausgegangen war, ist Jérôme Valcke für zehn Jahre jegliche Tätigkeit im organisierten Fussball untersagt worden; zudem musste er eine Busse von CHF 100’000 bezahlen. Er war für schuldig befunden worden, mehrere Verhaltensvorschriften des FIFA-Ethikreglements missachtet zu haben. Die entsprechenden Vorgänge hatten den unrechtmässigen (Wieder-)Verkauf von Tickets für die FIFA-Fussballweltmeisterschaft, die Involvierung in dubiose Transaktionen mit einer Software-Entwicklungsfirma, die Abrechnung von Reisespesen, ein Angebot von unrechtmässigen Vorteilen an den karibischen Fussball-Regionalverband Caribbean Football Union sowie die (teilweise) Weigerung, bei der Untersuchung der FIFA-Ethikkommission zu kooperieren betroffen. Das CAS befand, dass die gegen den früheren FIFA-Generalsekretär verhängten Sanktionen angesichts der Schwere seiner Verfehlungen vollkommen verhältnismässig seien. Jérôme Valcke kann jetzt noch Rechtsmittel gegen das CAS-Urteil beim Schweizerischen Bundesgericht einlegen. Die Erfolgsaussichten entsprechender Verfahren sind indessen erfahrungsgemäss eher gering.

Mesut Özil – auch «nur» ein weiteres «Opfer» Erdogans?

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Mesut Özil: Spielt nicht mehr für die deutsche Nationalmannschaft (Bild: Steindy)

(causasportnews / rem. / 23. Juli 2018) Nun ist es also raus: Der Professional-Fussballspieler Mesut Özil hat bekanntgegeben – wie es sich heute für eine Person des öffentlichen Interesses geziemt, über die «sozialen Medien» –, dass er nicht mehr für die deutsche Fussball-Nationalmannschaft zur Verfügung steht. Verbunden mit einer Abrechnung mit dem Verhalten des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) im Allgemeinen und dessen Präsidenten Reinhard Grindel im Besonderen, fand sich die entsprechende Mitteilung im dritten Teil einer auf Englisch abgefassten Stellungnahme zum berühmt-berüchtigten Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vom Mai dieses Jahres. Das Treffen hatte in der Folge in den Medien wie auch bei Sponsoren und in der breiten Öffentlichkeit zu – gelinde formuliert – teilweise «heterogenen» Reaktionen geführt (siehe auch causaportnews vom 16. Mai 2018). In seinen Ausführungen lädt Mesut Özil unter anderem einigen Frust darüber ab, wie mit ihm im Nachgang zur Veröffentlichung von Fotos vom fraglichen Treffen umgegangen worden ist, bekräftigt aber auch, dass er jederzeit wieder so handeln würde, wie er es im Mai getan hat. Das mögen einige abermals als töricht, uneinsichtig, unklug usw. qualifizieren. Bei genauer Betrachtung der Umstände – soweit diese überhaupt bekannt sind oder zu sein scheinen – muss indes konstatiert werden: Letztlich hatte der Spieler überhaupt keine andere Wahl.

Mesut Özil legt in seiner Stellungnahme wortreich unter anderem dar, dass er eben zwei «Herzen» habe, dass er seine türkische Abstammung nicht verleugnen könne und wolle, und dass er für das Treffen nicht wegen der konkreten Person, sondern wegen des Amtes des türkischen Präsidenten zugesagt habe. Und in der Tat ist der letzte Aspekt wohl der entscheidende, der in der kollektiven Hysterie weitestgehend ausgeblendet wurde. Denn es dürfte davon auszugehen sein, dass Weiterlesen

CAS hebt «Financial Fairplay» Sanktionen gegen AC Milan auf

(causasportnews / red. / 21. Juli 2018) Das internationale Sportschiedsgericht (Court of Arbitration for Sport; CAS) hat die durch die europäische Fussballkonföderation UEFA im Juni 2018 gegen AC Milan verhängte Sanktion aufgehoben. Mit Entscheid vom 19. Juni 2018 hatte die Rechtsprechungskammer des „Club Financial Control Body“ (CFCB) der UEFA den italienischen Klub AC Milan für zwei Jahre von sämtlichen europäischen Klubwettbewerben ausgeschlossen. Damit hatte der CFCB Verstösse von AC Milan gegen die „Break-Even-Vorschrift“ der „Financial Fairplay“-Regeln (FFP) der UEFA sanktioniert (siehe hierzu sowie zu den Inhalten der entsprechenden „Financial Fairplay“-Regeln Causa Sport News vom 28. Juni 2018). Das CAS stellte – lediglich einen Monat nach der UEFA-Entscheidung – zwar fest, dass AC Milan tatsächlich den „Break-Even“-Grundsatz verletzt habe. Es qualifizierte die gegen den Klub verhängte Sanktion jedoch als unverhältnismässig. Das CAS hat allerdings davon abgesehen, selbst eine – abweichende – Sanktion auszusprechen, sondern die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung an das zuständige UEFA-Organ zurück verwiesen. Dieses Vorgehen stellt unter CAS-Panels eher die Ausnahme dar; in aller Regel zeigen diese wenig Skrupel, ihr eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der jeweils zuständigen Verbandsinstanzen zu stellen. Das im Fall AC Milan eingesetzte Panel wies indessen ausdrücklich darauf hin, dass die UEFA besser in der Lage sei, die relevanten Umstände – die im Übrigen zum Zeitpunkt der ursprünglichen CFCB-Entscheidung nicht angemessen berücksichtigt wurden bzw. werden konnten – bei der Sanktionierung zu würdigen. Ungeachtet dessen hat das CAS mit diesem Entscheid der UEFA in Erinnerung gerufen, dass auch ihre Sanktionsorgane – bei allen Bestrebungen, in Sachen FFP „Ernst zu machen“ und einen harten Kurs einzuschlagen – den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und andere Verfahrensprinzipien beachten müssen.

 

Im Spannungsfeld von Gastfreundschaft und Korruption

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Fussballstadion: Ort der Gastfreundschaft oder der Korruption?

(causasportnews / red. / 19. Juli 2018) Seit dem „Fall Utz Claassen“ – der ehemalige „EnBW“-Manager hatte zur WM-Endrunde 2006 in Deutschland Staatsbedienstete zu Fussballspielen eingeladen und sich danach mit einer Anklage wegen Vorteilsgewährung konfrontiert gesehen – ist die Brisanz von Einladungen z.B. in die VIP-Bereiche im Rahmen von Sportveranstaltungen offenkundig. Zwar wurde Utz Claassen nach durchgeführtem Prozess freigesprochen, doch die Diskussionen im Zusammenhang mit Einladungen zu Sportanlässen, nicht nur an Politiker oder Beamte, verstummten nicht mehr. Hospitality, darunter wird gemeinhin die Einladung von Geschäftspartnern zu Sportveranstaltungen verstanden, ist für Unternehmen immer noch ein wichtiges Kundenbindungsmittel und bietet eine beliebte Plattform zur Kontaktpflege; und auch für Sportklubs bildet etwa die Vermietung von Logen in Sportstätten vorzugsweise an Unternehmen eine wichtige Einnahmequelle. Die teuerste Loge in der „Allianz-Arena“ in München kostet nicht weniger als satte 300 000 Euro pro Spielsaison. Diese Einladungs-Thematik, die im Spannungsfeld von Gastfreundschaft und Korruption anzusiedeln ist, sorgt seit Jahren für Diskussionen. Die Rechtsunsicherheiten sind auch über zehn Jahre nach dem „Fall Claassen“ nicht vollständig beseitigt. Unternehmens- und Sportjuristen mühen sich bei diesen Fragen rund um die VIP-Zonen immer noch ab, obwohl diesbezüglich Verhaltensvorschriften innerhalb und ausserhalb von Unternehmen zuhauf existieren; auch „Compliance“-Fragen sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Es überrascht deshalb nicht, dass sich kürzlich die Sportrechtler im Deutschen Anwaltsverein mit dieser Thematik unter strafrechtlichen Gesichtspunkten befassten. Nach wie vor ist es oft schwierig zu erkennen, wo die Gastfreundschaft aufhört und Korruption beginnt. Relativ rasch können die Straftatbestände der Bestechlichkeit (auch von Mandatsträgern; siehe Art. 322quater StGB) und der Bestechung (Art. 322ter StGB) oder der Vorteilsannahme und –gewährung (Art. 322quinquies und 322sexies StGB) zumindest „geritzt“ sein. Weitere Straftatbestände sind in diesem Zusammenhang denkbar (vgl. etwa den Straftabestand der Abgeordnetenbestechung in Deutschland; § 108e des deutschen StGB). Vor Jahren hat die Vereinigung „S20-The Sponsor’s Voice“ (S20; vgl. dazu etwa Causa Sport 2011, 393 f.) mit weiteren Protagonisten einen Leitfaden zu Hospitality und Strafrecht herausgegeben. Dieses 2011 erschienenene Handbuch ist nun aktualisiert neu aufgelegt worden. Neben den strafrechtlichen Aspekten und Unsicherheiten herrschen in diesem Zusammenhang etwa auch bezüglich steuerlicher Probleme divergierende Ansichten vor. Die Frage beispielsweise, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit VIP-Einladungen in Hospitality-Zonen abzugsfähig sind, kann noch immer nicht klar beantwortet werden. Als eine der Grundregeln gilt offenbar, um strafrechtlichen Schaden im Zusammenhang mit Einladungen in VIP-Zonen abzuwenden: Derartige Einladungen sollen transparent erfolgen und stets offiziell zugestellt werden (nicht etwa „persönlich/vertraulich“ an Einzelpersonen). Auch der Einladungsinhalt soll jeweils klar umschrieben sein.

Von „richtigen“ und vermeintlichen Doppelbürgerinnen und –bürgern

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Welcher Pass soll es denn nun sein? Offenbar kommt nicht jeder mit dem Status von „Doppelbürgern“ zurecht…

(causasportnews / red. / 18. Juli 2018) Für vier(einhalb) Jahre ist die grösste Sport-Party der Welt vorbei, bis sich das Fussball-Establishment im Winter 2022 in Katar treffen wird. Frankreich jubelt über den gewonnen Weltmeistertitel, Deutschland befindet sich immer noch immer in tiefster Depression und Russland freut sich in sympathischer Bescheidenheit über das Lob aus der ganzen Welt nach einer hervorragend organisierten und durchgeführten WM-Endrunde. In der Schweiz und in Deutschland wird wohl (auch) über den Sport gesprochen (Italien, Holland und Österreich beispielsweise sind von dieser Aufgabe dispensiert), doch noch immer wirkt ein Aspekt im Spannungsfeld von Politik und Sport nach: Die „Affäre Özil/Gündogan“ in Deutschland und die Vorkommnisse mit den „Doppeladlern“ in der Schweiz. Letztlich geht es dabei um die Frage, wie im Zeitalter genereller Völkerwanderungen Nationalitäten bzw. Staatszugehörigkeiten bestimmt werden sollen. Was ist ein „echter Deutscher“? Was ein „echter Schweizer“? Und hat man sich zu einem Land ohne Wenn und Aber zu bekennen; sind „Wurzeln“ zu vernachlässigen? Der Mainstream verlangt und gebietet, dass Wurzeln als Wurzeln kultiviert werden dürfen und müssen und letztlich auch das Doppelbürgertum sakrosankt zu sein hat. Um allen diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird deshalb von keinem Nationalspieler mehr verlangt, dass er beim Abspielen der Nationalhymne mitsingt. Wurzeln und Doppelbürgerstatus werden dabei wild vermengt, wie nun das Beispiel des Schweizer Nationalspielers Granit Xhaka zeigt. Seit dem „Doppeladler“-Vorkommnis in Russland befassen sich die unmittelbare und mittelbare (mediale) Öffentlichkeit mit der Nationalität eben dieses Spielers. Das sei nun mal die Folge dieser unsäglichen Doppelbürger-Politik, wurde moniert. Bis vor Kurzem jedenfalls. Ausgiebig und selbstverständlich emotional wurde erklärt, dass der Doppelbürger-Status von Granit Xhaka das Übel aller Integrationsprobleme sei. Der Generalsekretär des Schweizerischen Fussball-Verbandes (SFV) hat sich diesbezüglich in die sportpolitischen „Nesseln“ gesetzt Weiterlesen

Von Jestetten bis Kiel: Die Hoffnung stirbt zuletzt

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Auch Pflästerchen aus Jestetten halfen nicht, die WM-Pleite Deutschlands abzuwenden.

(causasportnews / red. / 16. Juli 2018) Der einzige und grösste Sportanlass der Welt, an dem Nationalismus grundsätzlich (immer noch) „salonfähig“ ist, hat mit dem Gewinn des Fussball-WM-Titels durch Frankreich einen positiven Abschluss erfahren. Die WM-Endrunde in Russland war im Vergleich etwa zu den letzten Austragungen in Südafrika (2010) oder in Brasilien (2014) in jeder Hinsicht besser. Sportlich hat auf diesem Niveau eine Nivellierung stattgefunden; der Fussball ist zum klassischen Kollektivspiel geworden, und es wundert nicht, dass dieser WM-Endrunde kein einziger Spieler den Stempel aufgedrückt hat. Dass der Kroate Luka Modric, zweifelsfrei ein genialer Akteur, als bester Mann des Turniers zu qualifizieren ist, spricht für sich. Fussball-technisch bewährt hat sich der sog. „Videobeweis“, genau genommen kein „Beweis“, sondern eine sinnvolle Schiedsrichter-Entscheidhilfe, die auch im Finalspiel für objektive Wahrheit sorgte (beim Handspiel von Ivan Perisic). Das im Vorfeld der WM-Endrunde harsch kritisierte Russland war ein Gastgeberland, das erstaunt, ja verblüfft und weltweit Sympathien gewonnen hat; die Welt erlebte eine neue Art von „Willkommens-Kultur“. Dank perfekter Organisation, totaler Sicherheit und offenem Auftritt verstummten die im Vorfeld des Turniers permanent vorgebrachten Kritiken vor allem betreffend die Doping-Praktiken in Russland schlagartig. Die gefürchteten Russen-Hooligans schienen während der WM-Endrunde im eigenen Land im Urlaub gewesen zu sein.

Die WM-Endrunde ist auch immer ein Turnier der Hoffnung. Letztere stirbt bekanntlich zuletzt, wie das Beispiel Deutschland zeigt. In kaum einem andern Land sind Sport, Gesellschaft und Politik so stark verflochten wie in Deutschland. Die Pleite des DFB-Teams in Russland wurde von den deutschen Medien als Anlass für einen flächendeckenden Katzengesang genommen: Schwächelt das Land (die Pleite der Politik der Bundeskanzlerin ist erkannt, es wird jedoch stur an ihr festgehalten), schlägt sich das im Sport nieder – und umgekehrt. Die Schicksale von Angela Merkel und Joachim Löw sind offensichtlich aufs engste miteinander verknüpft. So sah es das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, das nach dem letzten Platz Deutschlands in den Gruppenspieler nach zweiwöchigem, medialen Wundenlecken gar nicht mehr hinsehen bzw. die Pleite des Titelverteidigers nicht mehr thematisieren oder kommentieren mochte. In der aktuellen Nummer darf sich der Nationaltrainer Russlands, Stanislaw Tschertschessow über vier Seiten zu Russland, Wladimir Putin und zu Joachim Löw auslassen (Nr. 29 / 14. Juli 2018). Apropos Joachim Löw: Der Weltmeister-Trainer 2014 ist seinen Job zwar (noch) nicht los (dass eine Weiterarbeit im DFB praktisch unmöglich geworden ist, wird zwar im Moment verdrängt), hofft aber weiterhin, den notwendigen Neuaufbau des deutschen National-Teams leiten zu dürfen. Derweil ist die Schmach von Russland 2018 in Deutschland noch nicht verkraftet. Es fällt immer noch schwer zu erkennen, dass das, was sein muss oder nicht sein darf nicht immer Tatsache wird. Vor Beginn der WM-Endrunde in Russland war das Turnier für Deutschland nur eine Formsache. Der Wunsch war Vater aller entsprechender Gedanken. Schon vorab war das Leben in Deutschland geprägt durch den undiskutablen, neuerlichen WM-Erfolg, diesmal in Russland. Von Jestetten im Süden bis in den hohen Norden wurde der „fünfte WM-Stern“ als von Gott gewollt manifestiert. Aber eben: Die Hoffnung stirbt zuletzt – nur wann sie stirbt, bleibt oft die grosse Unbekannte.

Terminkollisionen, Ungeschicklichkeiten und Geschmacklosigkeiten

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Ob Valon Behrami wohl so etwas geblüht hätte, wenn die Schweizer „Nati“ am 7. Juli 2018 noch im WM-Rennen gewesen wäre…?

(causasportnews / red. / 13. Juli 2018) Seit langer Zeit ist bekannt, dass die Fussball-WM-Endrunde in Russland vom 14. Juni 2018 bis zum 15. Juli 2018 dauern würde. Die Teams mit Ambitionen buchten ihre Hotels bis nach dem Finalspiel in Moskau vom nächsten Sonntag. Offenbar nicht zu diesen Mannschaften gehört das Schweizer National-Team, das nach der Gruppenphase bereits im ersten K.o.-Spiel von Schweden eliminiert wurde. Alles in allem war der Auftritt der Schweizer an der WM-Endrunde relativ bieder und enttäuschend. Die Zielsetzung für das Team lautete, zumindest die Gruppenphase zu überstehen. Das ist gelungen. Aber es hätte durchaus auch mehr sein dürfen. Daran glaubten aber offenbar die Protagonisten selbst nicht. So schien es, dass es den Schweizern nicht gerade ungelegen kam, nach der 1:0-Niederlage gegen Schweden am 3. Juli 2018 die Heimkehr antreten zu dürfen. Die Sommer- und Ferienzeit bietet schliesslich durchaus auch Alternativen zum stressigen Turnieralltag. Just am Tag, als die wackeren Kroaten England aus dem WM-Rennen warfen, gaben sich der Schweizer Fussballspieler Valon Behrami und die Skirennfahrerin Lara Gut im Tessin das „Ja“-Wort, wie über Instagram bekannt gegeben wurde.

Insbesondere Sportler/innen haben kontinuierlich mit Terminkollisionen zu kämpfen. Davon ausgehend, dass eine Hochzeit eine gewisse Vorlaufzeit benötigt, macht der Vermählungstermin des Paares Gut/Behrami einigermassen stutzig. Hat der Fussballspieler wohl gar nicht damit gerechnet, dass Weiterlesen

„CR7“ verlässt Real Madrid – oder: pacta olim erant servanda

banknote_blur_cash_close_up_currency_economy_finance_focus-1178505(causasportnews / rbr. / 12. Juli 2018) Keine zwei Jahre sind es her, seit der portugiesische Fussballstar Cristiano Ronaldo seinen Vertrag beim spanischen Traditionsklub Real Madrid CF verlängert hatte: Im November 2016 unterschrieb „CR7“ dort einen Kontrakt, der bis zum 30. Juni 2021 befristet ist. Von einem „Rentenvertrag“ war damals die Rede. Zwei Champions League-Titel mit den Madrilenen (2016/2017 und 2017/2018) später sieht die Welt nun ganz anders aus: Cristiano Ronaldo hat mit Juventus Turin einen Vertrag bis 2022 abgeschlossen und verlässt Spanien sofort.

Im Juli 2009, also vor genau neun Jahren, wechselte Cristiano Ronaldo von Manchester United zu Real Madrid. Mindestens drei weitere hätten es, laut dem 2016 geschlossenen Vertrag, in der spanischen Kapitale werden sollen. An sich ein Vorgehen, für das jedem Normalsterblichen schwere Konsequenzen drohen können – nämlich einen befristeten Arbeitsvertrag vor dessen Ablauf zu beenden. Im professionellen Fussball ist das jedoch nichts Sensationelles. Insbesondere Verträge mit Top-Spielern werden oft auf sehr viel längere Zeit eingegangen, als die Spieler beim betreffenden Klub tatsächlich zu bleiben beabsichtigen. Dass sich der Spieler nicht an den Vertrag hält, ist dabei aber nicht nur üblich, sondern auch von Seiten der Klubs durchaus erwünscht: Das ermöglicht es ihm, vom übernehmendem Klub eine Vertragsauskaufsumme (als Entschädigung für die vorzeitige Vertragsauflösung) zu verlangen, anstatt ihn nach Beendigung des Vertrags – Jean-Marc Bosman sei’s gedankt – entschädigungslos ziehen lassen zu müssen. Den Spielern wiederum bietet sich dadurch die Möglichkeit, ein „Handgeld“ zu vereinnahmen (in Anbetracht der Höhe, die dieses Handgeld regelmässig erreicht, ein offenkundiger Euphemismus); und zu guter Letzt sind da auch noch die Spielerberater, denen ebenfalls einiges mehr als nur die Brosamen solcher Transaktionen abfallen (einer der prominentesten von ihnen, Mino Raiola, soll etwa beim Transfer von Paul Pogba von Juventus Turin zu Manchester United im August 2016 zwischen 20 und 30 Millionen Euro eingestrichen haben). Der überkommene Grundsatz pacta sunt servanda gilt also in dieser Branche längst nicht mehr; der Umstand, dass sich beide Parteien dessen bewusst sind, rückt solche langjährigen Vereinbarungen gar in die Nähe der Simulation (Art. 18 des Schweizerischen Obligationenrechts, OR).

Bei Cristiano Ronaldo ist zu vermuten, dass auch persönliche Gründe für den Wechsel von Spanien nach Italien ausschlaggebend waren: Offenbar sollen sich Abnützungserscheinungen im persönlichen Verhältnis zu Klubpräsident Florentino Perez gezeigt haben, und es hiess, der Spieler spüre nicht mehr genügend Wertschätzung im florierenden Unternehmen Real Madrid. Nicht unwesentlich für den Überraschungswechsel dürfte auch gewesen sein, dass der spanische Fiskus Cristiano Ronaldo schon seit Längerem wegen Steuerhinterziehung im Nacken sitzt. Im Juni dieses Jahres war die Rede davon, er bezahle 18,8 Millionen Euro an Steuern nach und akzeptiere eine zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung. Die offizielle Bestätigung hiervon steht noch aus. Die „Flucht“ nach Italien entschärft auch dieses Problem.

Im Vergleich zum Brasilianer Neymar Jr., der im Sommer 2017 für 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain transferiert wurde, ist Cristiano Ronaldo auch in Anbetracht seines Alters (er wird im nächsten Februar 34 Jahre alt) übrigens ein Schnäppchen: Schlappe 105 Millionen Euro sollen die Italiener unter dem Titel Vertragsauskaufsumme (gemeinhin „Ablöse[summe]“ genannt) nach Madrid überweisen. Schwerer ins Gewicht dürfte das Salär fallen, das sein neuer Arbeitgeber ihm fortan bezahlen wird: Von 30 Millionen Euro jährlich (oder 82‘192 Euro pro Tag) ist die Rede, während es in Madrid „nur“ 20 Millionen gewesen sein sollen. Gespannt wartet die Fussballwelt nun darauf, in welchen Star Real Madrid den Transfererlös (und das eingesparte Salär) investieren wird – Eden Hazard, der bereits genannte Neymar Jr., Harry Kane oder Kylian Mbappé, allesamt unbestrittene Meister ihres Fachs, sind nur einige der prominenten Namen, die zurzeit herumgeboten werden.