Archiv für den Monat November 2019

Irrtümer um Olympia

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NZZ vom 22. November 2019

(causasportnews / red. / 30. November 2019) In etwas mehr als einem Jahr, am 24. Juli 2020, beginnt in Tokio einer der grössten Sportanlässe der Welt, die Olympischen Sommerspiele (bis zum 9. August 2020). Dieses Ereignis wirft seine Schatten voraus – in jeder Hinsicht, also auch medial. Wird über diesen Anlass berichtet, ist dies oft mit insbesondere terminologischen Fehlleistungen verbunden. Fokussieren etwa Journalisten diese Sportwettkämpfe, sprechen sie meistens und zutreffend von „Olympischen Spielen“; aber es sind durchaus auch Divergenzen feststellbar, getreu nach dem Motto: Man meint es zwar richtig, sagt es aber falsch. Im konkreten Fall sprechen Medienschaffende, auch der Sportredaktionen, immer wieder von der „Olympiade“, meinen aber die regelmässig ausgetragenen Sportwettkämpfe unter der Schirmherrschaft des Internationalen Olympischen Komitees (IOK), einem Verein nach Schweizerischem Recht mit Sitz in Lausanne. Sogar in den Intelligenzblättern herrscht diesbezüglich ein Begriffswirrwarr. So auch kürzlich in der „Neuen Zürcher Zeitung“, die (im Wirtschaftsteil!) einen Beitrag so betitelte: „Japan will eine Olympiade ohne Hürden“. Die Titelsetzer sind einem weit verbreiteten Irrtum erlegen. „Olympiade“ bedeutet einen (mehrjährigen) Zeitraum zwischen zwei Olympischen Spielen. Der Terminus „Olympische Spiele“ steht für die regelmässig ausgetragenen Sportwettkämpfe unter der Ägide des IOK. Wer sich in der griechischen Historie auskennt, ist sich dieser Unterschiede bewusst. Nach neueren, edukativen Meinungen ist die Geschichte generell allerdings eh ein Auslaufmodell, weshalb solche Feinheiten offenbar zu vernachlässigen sind. Aber dennoch sei’s festgehalten: „Olympiade“ bedeutet ein Zeitraum; mit „Olympischen Spielen“ sind die konkreten Wettkämpfe gemeint. 2016 fanden die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang (Korea) statt, die Olympischen Sommerspiele im gleichen Jahr in Rio (Brasilien). Im kommenden Jahr werden also die Olympischen Sommerspiele in Tokio ausgetragen, die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking (vom 4. bis 20. Februar); Peking war (zusammen mit Hongkong) bereits Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2008 – ein Unikum, dass im selben Austragungsort (Peking) sowohl Sommer- als auch Winterspiele stattfanden oder stattfinden.- Ein anderer, weit verbreiteter Irrtum um Olympia: Olympische Spiele werden vom IOK nicht an ein Land vergeben, bestimmt wird ein Austragungsort (in der Regel eine Stadt). So finden die Olympischen Sommerspiele 2020 nicht in Japan, sondern eben in Tokio statt.

Das allerdings sind die kleineren Sorgen, mit denen die Olympioniken derzeit (wieder) zu kämpfen haben. Mehr Kummer bereitet der Umstand, dass der Fussball dem olympischen Sport immer mehr den Rang abläuft, was sich letztlich negativ auf die Vermarktung der Olympische Spiele auswirkt.

Der Druck wurde zu gross – Paul Estermann zieht sich zurück

(causasportnews / red. / 26. November 2019) Offensichtlich wurde der Druck zu gross: Der Springreiter Paul Estermann, soeben vom Bezirksgericht Willisau der Tierquälerei schuldig gesprochen, hat eine erste Konsequenz nach dem Schuldspruch gezogen, obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist (vgl. dazu auch causasportnews vom 23. November 2019). Mit sofortiger Wirkung ist der Luzerner Top-Reiter aus dem Elitekader der Schweizer Springreiter zurückgetreten. Damit soll, so der Schweizerische Verband für Pferdesport (SVPS), der Equipe mit Blick auf die Olympischen Spiele im kommenden Jahr in Tokio eine störungsfreie Vorbereitungszeit ermöglicht werden. Kurz nach Bekanntwerden des für den Springreiter geradezu vernichtenden, bezirksgerichtlichen Urteils, das weitergezogen wird, gab sich Paul Estermann noch kämpferisch und beteuerte seine Unschuld – trotz an sich klarer Fakten; der Verband sah von Schritten gegen den Springreiter ab, weil noch kein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Ein solches wird, falls der Instanzenzug durchlaufen wird, in vielleicht zwei oder drei Jahren vorliegen; sicher weit nach Abschluss der Olympischen Sommerspiele in Japan. Experten kamen nach Gewichtung der Fakten tendenziell zum Schluss, dass der Schuldspruch auch vor höheren Instanzen wohl kaum mehr abzuwenden sei. Die Haltung des Springreiters, sich bezüglich des nicht-rechtskräftigen Urteils auf die „Unschuldsvermutung“ zu stützen, entfesselte einen vor allem medialen Sturm des Unverständnisses. Diesem Druck hat sich der Luzerner nun mit dem Rücktritt aus dem Elitekader der Springreiter gebeugt. Für den Sport und für den Betroffenen selbst zweifelsfrei eine sinnvolle Entscheidung.

„Black Friday“ für den Schweizer Sport

In der Aufstellung unserer Grundsätze sind wir strenger als in ihrer Befolgung. (Theodor Fontane)

(causasportnews / red. / 23. November 2019) Das war in der Tat ein (etwas anderer) „Black Friday“ für den Schweizer Sport: Zuerst wurde gestern bekannt, dass der Springreiter Paul Estermann vom Bezirksgericht Willisau wegen mehrfacher, vorsätzlicher Tierquälerei verurteilt worden ist. Der Luzerner, einer der Cracks im Schweizer Pferdesport, hatte gegen einen Strafbefehl gerichtliche Beurteilung verlangt – und wurde nun noch härter bestraft als gemäss Strafbefehl (vgl. auch causasportnews vom 20. November 2019). Klar, der Sportler, der seine „Sportgeräte“ (Pferde) deliktisch behandelt haben soll, geht in die Berufung. Somit gilt, mangels rechtskräftigen Urteils, die Unschuldsvermutung für ihn. Was die verbandsrechtliche Ebene betrifft, sieht der Schweizerische Verband für Pferdesport (SVPS) selbstverständlich keinen Handlungsbedarf. Paul Estermann gilt bei den Springreitern als eine grosse Hoffnung mit Blick auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Und solange kein rechtskräftiges Urteil gegen den Sportler vorliegt, will der SVPS am vom Bezirksgericht Willisau verurteilten Springreiter festhalten. Wetten, dass das Verfahren in der „Causa Estermann“ erst nach Beendigung der Olympischen Spiele im fernen Japan abgeschlossen sein wird?

Spezielles trug sich gleichentags im Rahmen der Professional-Abteilung des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV) zu: Da wurde der bisherige Präsident der Swiss Football League, Heinrich Schifferle, gleich für zwei weitere Jahre als Präsident der SFL gewählt; vorher wurden die Funktionäre jeweils für ein Jahr bestätigt… Legitimiert wurde diese Wahl mit dem Argument, der vor rund einem Monat wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung vom Bezirksgericht Winterthur verurteilte, langjährige Sportfunktionär habe das Urteil weiter gezogen. Der Entscheid sei nicht rechtskräftig, deshalb gelte für Heinrich Schifferle die Unschuldsvermutung (vgl. auch causasportnews vom 26. Oktober 2019). Wetten, dass ein rechtskräftiges Urteil in der „Causa Schifferle“ weit nach dem Ablauf der aktuellen Amtszeit als Liga-Präsident ergehen wird?- Pikant: Gegen das Urteil des Bezirksgericht haben der mit Glanz gewählte Beschuldigte und die Privatklägerschaft (die angeblich geschädigte, frühere Arbeitgeberin des erstinstanzlich Verurteilten) Berufung erklärt, wie das Bezirksgericht Winterthur auf Anfrage von „causasportnews“ bestätigte.

Der gestrige Freitag war mit Bezug auf die beiden „Vorgänge“ (so werden die Fälle sowohl von SVPS und SFL eingeordnet) speziell und werfen Fragen auf. Der Sport ist stets darauf bedacht, starke Grenzlinien zwischen staatlichem Recht und Verbandsrecht zu ziehen. Das gilt nicht nur für das Spannungsfeld zwischen Kriminalstrafe (Strafrecht) und Verbandsrecht (etwa im Sanktionsbereich). Beide Verbände verschanzen sich nun aber bequem hinter dem Umstand, dass beide Urteile noch nicht rechtskräftig seien und die Unschuldsvermutungen gelten würden. Das ist an sich korrekt. Aber, Sportverbände haben in solchen Fällen aufgrund ihrer Warte eigenständig, eben aus verbandsrechtlicher Sicht unter Anwendung etwa des eigenen Sanktionsrechts, zu entscheiden. Wie war das schon mit den Ethikbestrebungen, einem hochgejubelten Mittel der Selbstregulierung der Verbände? Klar, das gilt dann doch letztlich nur für den Weltfussballverband FIFA…

PS Am gestrigen Freitag wurde zudem bekannt, dass sich ein Coach von Swiss Tennis am 9. Dezember 2019 vor dem Bezirksgericht Siders wird verantworten müssen. Eine Frau wirft dem Funktionär vor, er habe sie vor fünf Jahren anlässlich einer Tenniskonferenz in Tallinn sexuell genötigt und vergewaltigt. In diesem Fall gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Diese, dem Coach zur Last gelegten Verfehlungen sind auch nicht zu vergleichen mit Vermögensdelikten oder mit Tierquälerei.

Unschönes um das „Sportgerät Tier“

(causasportnews / red. / 20. November 2019) Geht es um das „Sportgerät Tier“, sind damit oft auch ungute Gefühle verbunden. Wenn Pferde zu Höchstleistungen oder zu widernatürlichem Verhalten „gepeitscht“, Hunde mit speziellen Methoden auf Renn-Ausdauer „getrimmt“ werden oder sich nur schon Ferkel zur Volksbelustigung im Schweinerennen-Einsatz befinden, wie kürzlich wieder anlässlich der Messe für Landwirtschaft und Ernährung (OLMA) in St. Gallen, stösst solches Tun mit wehrlosen Kreaturen oft auf Skepsis. Tiere sind allerdings eher weniger bei der Sportausübung gefährdet als im Trainingsbetrieb.

So hat jüngst die Verurteilung des Pferdsport-Cracks Paul Estermann für Schlagzeilen gesorgt: Der 56jährige Springreiter ist vor zwei Monaten wegen Tierquälerei in zwei Fällen mittels Strafbefehls verurteilt und bestraft worden. Dagegen hat der Luzerner Einsprache erhoben. Die „Causa Estermann“ ist gestern am Bezirksgericht Willisau verhandelt worden. Das Urteil soll in den nächsten Tagen eröffnet werden. Weiterhin gilt für den Reiter die Unschuldsvermutung. Paul Estermann soll im April 2016 auf seiner Reitanlage im Luzernischen Hildisrieden eine Stute mehrmals geschlagen haben; sie wurde dabei offenbar verletzt. Auch in einem weiteren Fall soll der Spitzensportler rüde mit einem Pferd umgesprungen sein. Paul Estermann ist nicht zum ersten Mal durch speziellen Umgang mit Pferden aufgefallen. Bereits 1995 ist er wegen mangelhafter Pferdebetreuung gebüsst worden; im Raum standen damals sogar Vorwürfe des „Barrens“ (Methode, um Pferde im Springsport zu höherem Springen zu „erziehen“). Diese liessen sich aber nicht beweisen bzw. wurde der Reiter mangels Vorsatzes freigesprochen. Untätig ist bis anhin in der „Causa Estermann“ der Schweizerische Verband für Pferdesport (SVPS) geblieben, der abwarten will, ob Paul Estermann rechtskräftig verurteilt wird. Danach scheint es allerdings im Moment nicht auszuschauen.

International steht der Pferdesport in den USA bezüglich des Umgangs mit den oft geschundenen Kreaturen ebenfalls im Fokus. Auf Pferde-Rennstrecken in Amerika sterben jährlich Dutzende von Pferden. Mitschuld an dieser Entwicklung trägt offenbar die Wettindustrie, in der es nicht immer tadellos zu und hergehen soll. Pferderennen sind Glücksspiele, und offenbar bewegen sich diejenigen Pferde auf glücklichen Pfaden bzw. Rennbahnen, welche nicht mit allen Mitteln zu Höchstleistungen getrieben werden. Inzwischen ermitteln die Untersuchungsbehörden in mehreren Fällen. Dem Pferderennsport droht ein behördlich verordnetes Verbot. Dass sich zahlreiche Sponsoren nicht mehr in diesem Umfeld positionieren wollen, versteht sich von selber. Wer allerdings die Verhältnisse in den USA kennt, wird von einem Pferdesport-Verbot warnen. Diese „Sportart“ würde dann wohl einfach in die Illegalität gedrängt – und die Pferde wären noch schutzloser dem üblen Treiben der Menschen ausgesetzt. Geht es um das „Sportgerät Tier“ wird der Mensch dem Attribut „Krone der Schöpfung“ oft nicht gerecht.

„Operation Aderlass“ und ihre juristischen Folgen

(causasportnews / red. / 18. November 2019) Die Aussagen des 32jährigen, ehemaligen Langläufers Johannes Dürr in den Medien haben anlässlich der Nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Seefeld anfangs dieses Jahres zur „Operation Aderlass“ des Österreichischen Bundeskriminalamtes in Zusammenarbeit mit der Schwerpunkts-Staatsanwaltschaft München geführt (vgl. auch causasportnews vom 21. Mai 2019). Die sog. „Dopingrazzien“ hatten insgesamt fünf Verhaftungen in Seefeld und in Erfurt zur Folge; Johannes Dürr wurde nach den Aktionen der Ermittlungsbehörden ebenfalls (in Innsbruck) festgenommen. Der Österreicher wird seit 2013 mit Doping in Verbindung gebracht. 2014 gestand er den Gebrauch von EPO (ein Glykoprotein-Hormon zur beschleunigten Bildung von leistungsfördernden, roten Blutkörperchen). In der ARD sprach der ehemalige Leistungssportler aus Göstling in Niederösterreich zu seiner eigenen (Doping-)Vergangenheit (u.a. gestand er jahrelanges „Blutdoping“) und legte zudem Zustände im Österreichischen Skiverband offen. Eine weitere Schlüsselfigur des Doping-Skandals ist ein Erfurter Sportarzt, zu dem der ehemalige Wettkampfsportler intensive Kontakte gehabt haben soll und mit dem er offenbar auf verschiedenen Ebenen zusammen gearbeitet hatte. Verbandsrechtlich wurde Johannes Dürr als „Wiederholungstäter“ von den zuständigen Sanktionsgremien zuletzt lebenslänglich gesperrt; die Österreichische Anti-Doping-Rechtskommission (ÖDAR) hat die Entscheidung im Oktober bestätigt. Nun folgt die strafrechtliche Aufarbeitung des „Dopingfalls Dürr“. Wie kürzlich offiziell bekannt gegeben wurde, hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck den ehemaligen Athleten, der sich offenbar seit Jahren im Dunstkreis der Dopingvorkommnisse bewegte, unter anderem wegen gewerbsmässigen, schweren Sportbetrugs angeklagt. Im Falle einer Verurteilung muss er mit einer Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren rechnen. Die „Operation Aderlass“ hat soeben ein weiteres „Opfer“ gefordert: der 65jährige, frühere estnische Langlauftrainer Mati Alaver ist von einem Straf-Gericht in Tallinn (Estland) zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr (auf Bewährung) verurteilt worden.

Demenz ist bei Fussballspielern verbreitet(er)

(causasportnews / red. / 14. November 2019) Demenz, ein Psychosyndrom, das auf Krankheiten des Gehirns zurückgeführt wird, ist in der Gesellschaft allgegenwärtig – Tendenz steigend. Die Ursachen, die zu Demenz führen können, sind durchwegs weitgehend unklar. Die Folgen der Gehirnerkrankung äussern sich gravierend und beelendend zugleich: Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, eingeschränktes Denkvermögen, Sprachstörungen, Motorik-Probleme sind die weitgehend bekannten Phänomene. Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer-Erkrankung, in der Fachsprache als „Morbus Alzheimer“ bezeichnet (genannt nach dem Arzt Alois Alzheimer, der 1906 bei einer verstorbenen Patientin in deren Gehirn markante Veränderungen festgestellt hatte). Betroffen von Demenz sind vor allem Personen über 65 Jahre.

Zumindest erwähnenswerte Forschungsergebnisse zu Demenz bei Sportlern hat kürzlich das Deutsche „GesundheitsPortal“ vermeldet. Demnach sterben Fussball-Professionals 3,4 Mal häufiger an einer Demenzkrankheit, wie Alzheimer oder auch Parkinson, als Nicht-Fussballer. Die Untersuchung wurde bei fast 8000 Professional-Fussballspielern durchgeführt und dürfte damit als einigermassen repräsentativ bezeichnet werden. Die Ursachen für diese bei Fussballspielern hohe Erkrankungs-Quote liegen jedoch im Dunkeln. Dass das Resultat auf das im Fussball häufige praktizierte Kopfball-Spiel zurückzuführen sei, ist allerdings reine Spekulation. Diese Folgerung wäre wohl auch verfehlt, weil die Studie nicht zwischen den Spiel-Positionen im Fussball unterscheidet; ein Torhüter ist demnach zweifellos weit weniger gefährdet als die Feldspieler. Betont wird, dass die Resultate keinesfalls unbesehen auf den Amateur-Sport übertragen werden dürfen.

Kein erwiesener Betrug bei Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich

(causasportnews / red. / 12. November 2019) Muss bewiesen werden, was nur zwei Menschen untereinander vereinbart oder mitbekommen haben, ist dies in der Regel ein schwieriges Unterfangen. So geschehen in einem Betrugsprozess, in dem die beiden Radrennfahrer Alexander Winokurow (Kasachstan) und Alexander Kolobnew (Russland) die Hauptrollen spielten. Gegenstand des Prozesses am Strafgericht in Lüttich war das Finale des Frühjahrsklassikers Lüttich – Bastogne – Lüttich am 25. April 2010. Dem heute 46jährigen Alexander Winokurow wurde von der Anklagebehörde vorgeworfen, den Sieg im bedeutenden, traditionellen Eintagsrennen seinem Konkurrenten, dem 38jährigen Alexander Kolobnew, für 150 000 Euro abgekauft zu haben. Diese von der Anklage vorgebrachte Tatsachendarstellung liess sich allerdings nicht beweisen. Der Prozess endete somit – in dubio pro reo (diese Maxime bezieht sich auf die Tat- nicht auf die Rechtsfrage) – mit Freisprüchen. Nur Geständnisse der involvierten Fahrer hätten zu einem anderen Ende des Strafprozesses führen können. Aber vielleicht war ja auch nichts….

Den Reizen des Frauenfussballs erlegen

(causasportnews / red. / 11. November 2019) Den Reizen des Fussballs und den damit verbundenen Annehmlichkeiten – Bekanntheitsgrad, gesellschaftlicher Status, Anerkennung, persönliche Motive – sind schon einige Menschen erlegen. Einer der bekanntesten Fälle ereignete sich im Umfeld des Ostschweizer Klubs FC Wil (heute in der Schweizerischen Challenge League spielend), als der damalige Präsident Andreas Hafen vor bald 20 Jahren seine damalige Arbeitgeberfirma UBS um einen satten Betrag von über 50 Millionen Franken erleichterte und dieses Geld mehrheitlich in den Fussball steckte. Als Präsident des Klubs war er plötzlich hoch angesehen, und mit dem Geld, das nicht in den FC Wil floss, optimierte er in zwielichtigen Umfeldern und in Nachtklubs seinen gesellschaftlichen Status; kurz nach seiner Verurteilung delinquierte er erneut und erleichterte einen Unternehmung, die ihm eine zweite Chance im Berufsleben gab, um ein paar hunderttausend Franken.

Ähnlich verhält es sich mit einem leitenden, ehemaligen Angestellten der renommierten Rimuss- und Weinkellerei Rahm AG in Hallau/Schaffhausen. Dieser heute 58jährige Mann zweigte rund zwei Millionen aus der Kasse der Kellerei ab und liess das Geld weitgehend in die Frauenmannschaft des FC Neunkirch fliessen (vgl. auch causasportnews vom 8. März 2019); der fehlbare Rimuss-Angestellte war im FC Neunkirch als Spitzenfunktionär für den Frauenfussball verantwortlich. Die mit dem Geld fit getrimmten, kickenden Damen sorgten vor zwei Jahren für ein wahres Fussballmärchen, das bald einmal platzte wie andere Märchen im Fussball. Nun stand der ehemalige Kadermann der Kellerei und Funktionär des Fussballklubs vor dem Kantonsgericht Schaffhausen, das ihn wegen mehrfacher, ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 des Strafgesetzbuches; StGB) und mehrfacher Urkundenfälschung (Art. 251 StGB) verurteilte und mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren bestrafte. Sechs Monate muss der Beschuldigte, sollte das Urteil in Rechtskraft erwachsen, absitzen, was er unbedingt vermeiden will, weil er zwischenzeitlich wieder einen Job gefunden hat und diesen verlieren könnte, falls er ins Gefängnis muss. Mitangeklagt in Schaffhausen war eine Unterstellte des ehemaligen Kadermanns, die damals ebenfalls in der Frauenmannschaft des FC Neunkirch mitwirkte. Ihr wurde vorgeworfen, ihrem damaligen Vorgesetzten bei den deliktischen Machenschaften geholfen zu haben. In dubio pro reo wurde sie vom Kantonsgericht freigesprochen.

Über die genauen Motive für die deliktischen Handlungen des Kellerei-Mitarbeiters und Fussballfunktionärs herrscht auch nach dem Strafprozess keine Klarheit. Sicher dürften es nicht die selben Beweggründe gewesen sein wie im „Fall Andreas Hafen“ im FC Wil. Während der ehemalige Präsident des FC Wil in Nachtlokalen den Champagner in Strömen fliessen liess, feierten die erfolgreichen Kickerinnen vom Rheinfall jeweils alkoholfrei – mit dem berühmten „Rimuss Party“, der immer noch an fast jedem Kindergeburtstag verwendet wird. Damen in Nachtklubs und Fussballerinnen sind schliesslich nicht aus dem selben Holz geschnitzt. Den Reizen des Frauenfussballs kann man dennoch erliegen – wie das Beispiel aus Schaffhausen zeigt.

„Just do it“ (zu) wörtlich genommen

(causasportnews / red. / 6. November 2019) Der Schwingsport erlebte in diesem Jahr mit dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest im August in Zug einen nationalen Höhepunkt (vgl. auch causasportnews vom 26. August 2019 sowie „Causa Sport“ 2/2019). In vielerlei Hinsicht wirkt die grösste Sportveranstaltung der Schweiz nachhaltig. So muss etwa der OK-Präsident des Anlasses und SVP-Politiker Heinz Tännler den angepeilten Ständeratssitz für den Kanton Zug in einem zweiten Wahlgang erobern; ob der ehemalige FIFA-Direktor und Eishockey-Einzelrichter den Sprung in die „Kleine Kammer“ des Schweizer Parlaments schaffen wird, ist offen und wird sich am 17. November entscheiden. Die Zuger Veranstaltung hat ihm zweifelllos bei der Verfolgung seiner politischen Ziele geholfen und ihm einen Popularitäts-Schub verliehen, obwohl der umtriebige, ehemalige Sport-Funktionär bis anhin mit dem „Schwingsport“ wenig bis nichts am Hut hatte.

Mit Zuger Nachwehen sieht sich zudem ein Spitzen-Schwinger auf etwas andere Art und Weise konfrontiert. Sven Schurtenberger hat den Slogan der Sportartikel-Weltmarke „Nike“ wohl etwas gar wörtlich genommen („just do it“) und liegt nun mit dem Eidgenössischen Schwinger-Verband im juristischen Clinch. Der Verband ist bekannt dafür, Werbung in dieser ehernen, traditionellen Sportart nur sehr restriktiv zu tolerieren. Die Regularien betreffend Werbung für die Aktiven sind streng. Der Sägemehlring gilt grundsätzlich als werbefreie Zone. Das scheint nun dem Schwinger Schurtenberger Sven (so werden die Schwinger gemäss Etikette bezeichnet: Zuerst Familien-, dann Vornamen) zum juristischen Verhängnis zu werden. In Zug wurde nämlich beim 28jährigen Super-Schwinger bei einem Kampf der „Swoosh“ der amerikanischen Sportartikel-Marke „Nike“ zwischen Schuh und Hosenbein sichtbar, was offenbar ein Verstoss gegen die Werberegularien des Verbandes bedeutet. Schwinger Schurtenberger Sven hatte „es“ einfach gemacht – ohne Vorsatz selbstverständlich, wie er auch beteuert. Er steckt nun in einem zivilrechtlichen Verbands-„Strafverfahren“, das wohl eher nicht mit einem „Freispruch“ enden wird. Geht es um Werbung, versteht der Verband seit Jahrzehnten keinen Spass. Immer wieder kommt es deshalb zwischen ihm und werbe-aktiven Schwingern zu juristischen Auseinandersetzungen wegen Verstosses gegen Werberegularien. In den meisten Fällen enden solche Verfahren mit Vereins-, bzw. Verbandsstrafen (vgl. zur Rechtsnatur und die Auswirkungen etwa Urs Scherrer / Rafael Brägger, in: Basler Kommentar Zivilgesetzbuch I, 2018, Rz. 18 ff. zu Art. 70 ZGB). Obwohl „Nike“ gemäss Homepage des Sägemehl-Cracks nicht zu seinen Sponsoren zählt – er wirbt vielmehr für Käse, ein Bestattungsinstitut, für ein Restaurant, ein Autohaus, usw. – ist der Werbeeffekt aufgrund dieser Auseinandersetzung für diese Marke nun bedeutend. Vielleicht zahlt es sich für Schurtenberger Sven am Ende sogar noch aus, dass er getreu dem Slogan des Sportartikel-Weltkonzerns gehandelt hat.

Uli Hoeness: Das war es dann doch

(causasportnews / red. / 5. November) Umbruch auf und neben dem Platz. So präsentiert sich die Lage derzeit beim FC Bayern München, einem der erfolgreichsten Fussballklubs der Welt. Die soeben vorgenommene Trainerentlassung ist eine Folge der derzeitigen Baisse, in der die erste Mannschaft steckt. Es gibt eine Fülle von Gründen, weshalb es beim Rekordmeister derzeit nicht „rund“ läuft. Jedenfalls wird sich der Klub sportlich neu aufstellen müssen, um an die Erfolg früherer Jahre anzuknüpfen. Irgendwie herrscht das Gefühl vor, dass dem FC Bayern der Sprung in Zukunft noch nicht gelungen ist. Die Sphäre, in der sich der Verein sieht, hat sich jedenfalls massiv verändert; das Fussballgeschäft in diesen Bereichen ist zumindest globaler geworden und hat sich an den Gepflogenheiten von Hochrisikogeschäften zu orientieren. „Mia san mia“ als Schlagwort ist nur noch ein Relikt vergangener Zeiten und eignet sich höchstens noch für kollektive, mentale Aufbauarbeit am Münchner Oktoberfest. Veränderungen tun not, soll der Klub auch international wieder auf Vordermann gebracht werden – auch in der Chefetage von Bayern München. Wenn Uli Hoeness in zehn Tagen als jahrzehntelanger, unumstösslicher Klub-Patriarch und Ligafürst abtreten wird, geht auch eine Fussball-Ära zu Ende. „Dieser Typ von Funktionär hat sich überholt“, sagte der Fussball-Insider und Journalist Thomas Kistner kürzlich an einem Symposium. Man muss im recht geben. Fussball gehört in der Sphäre, in der die Münchner mittun wollen, zu den grössten Unterhaltungssegementen der Welt. In einem stark gewandelten Markt mischen heute spezielle Investoren und Sponsoren aus dem arabischen und chinesischen Raum mit und machen den Fussball zum hochriskanten Geschäft. FIFA-Präsident Gianni Infantino hat es gezeigt, als er mit „schrägen“ Investoren einen Vermarktungsdeal abschliessen wollte und wenigstens noch intern gebremst werden konnte. Hier hat „Mia san mia“ nur noch regionale und folkloristische Bedeutung. Der Fussball hat sich in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren (zu) stark gewandelt. Und auch die konventionellen TV-Vermarktungsmodelle, auf dem der kommerzielle Fussball immer noch massgeblich aufbaut, gehören allmählich in die Geschichtsbücher. Diese Entwicklungen haben auch die Verbände FIFA, UEFA sowie die bedeutenden nationalen Verbände noch nicht verstanden. Wie sollten sie auch; dort herrscht immer noch klassisches Funktionärswesen. So, wie bis jetzt bei Bayern München – noch für einige Tage mit dem Klubfürsten Uli Hoeness an der Spitze. Dieser Typ von Funktionär hat ausgedient. Ein Fussballklub ist kein „Baby“ oder ein „Spielzeug“ von Funktionären oder Funktionärskasten mehr. Nur modern aufgestellte Unternehmen können überleben und wirtschaftlich und sportlich reüssieren. Uli Hoeness hat vor dem Antritt seiner Haftstrafe erklärt, er komme zurück und wörtlich; „Das war es noch nicht“. Loslassen sieht anders aus. Doch das war es in der Tat. In jenem Moment war seine Zeit abgelaufen, als er auch den Widerstand in den eigenen Reihen zu spüren bekam und sich zwischendurch auch vehement mit Fans und Klubmitgliedern anzulegen begann. Uli Hoeness hat Gigantisches für den Fussball geleistet, hat alle Titel gewonnen und als junger Manager nach frühem Karrierenende den FC Bayern aus den roten Zahlen geführt und ihn allmählich zum Liga-Krösus gemacht. Er hätte nach Verbüssung seiner Haftstrafe nicht mehr an die Säbener Strasse in München zurückkehren dürfen; als Funktionär und Sport-Manager hat er selbstverständlich nicht alles falsch gemacht – aber auch nicht alles richtig. Doch das war eben Uli Hoeness, der nach verletzungsbedingtem Abbruch seiner Karriere als Fussballspieler mit Bayern München das Unmögliche möglich machte. Wer einen Flugzeugabsturz überlebt, fühlt sich vielleicht für den Rest des Lebens immer ein wenig unsterblich. Das ist unter Umständen auch die Welt der „Gambler“ und „Zocker“, der sich Uli Hoeness offensichtlich stets verbunden fühlte, auch wenn es um Fussball-Politik ging („Affäre Daum“). Erst allmählich wurde dem heute 68jährigen Top-Manager bewusst, dass seine Zeit abgelaufen war. Die Ära Uli Hoeness wird auch nach seinem Abgang als Klubpräsident und Vorstandsvorsitzender allerdings noch nachwirken. Der ehemalig „Adidas“-Manager und designierte Bayern-Chef Herbert Hainer hat mit Aussagen, wie, „Ich möchte Präsident von allen sein“, bewiesen, dass er von den modernen Entwicklungen im Fussball nicht viel mitbekommen hat; dass „Adidas“ im Fussball im Laufe der Jahrzehnte nicht nur für Glanzlichter sorgte, ist noch ein anderes Kapitel. Bis der moderne FC Bayern München in der Moderne angekommen ist, braucht es vielleicht noch etwas mehr Zeit.