(causasportnews / red. / 26. April 2019) Wenn die
Staatsanwaltschaft des Bundes, die sog. „Bundesanwaltschaft“, aktiv wird,
leuchten die Warnlampen auf oder klingen die Alarmglocken. Die Behörde, welche
für die Ermittlung und die Anklage von Straftaten im Bereich des Bundesstrafgerichtsbarkeit
(Art. 23 und 24 der Schweizerischen Strafprozessordnung, StPO) zuständig ist,
macht regelmässig von sich reden und ist bekannt dafür, mit Getöse und grossem
Brimborium zu ermitteln, sich überbordend medial in Szene zu setzen und am
Schluss oft juristische Trümmerhaufen zurückzulassen. Auch der organisierte
Sport bekommt in dieser Hinsicht seit Jahren sein Fett ab, seien es die grossen
Sportverbände, so etwa der Welt-Fussballverband FIFA in Zürich, der Europäische
Fussballverband UEFA mit Sitz in Nyon oder das Internationale Olympische
Komitee (IOK) mit Sitz in Lausanne – oder deren Organpersonen oder Mitarbeiter.
Und in diesem Zusammenhang werden die eklatantesten Schwachstellen eines
Systems manifest, das vor allem auf personelle und politische Verflechtungen
Hüben (seitens der Behörde) und Drüben (seitens von natürlichen und
juristischen Personen, gegen etwa die ermittelt wird) fusst.
Beispiel FIFA: Seit Jahren laufen im Zusammenhang mit dem
Komplex „Weltfussball“ Verfahren gegen ehemalige Funktionäre des Weltfussballs,
und es wird in alle möglichen Richtungen ermittelt. Betroffen sind etwa der
ehemalige FIFA-Präsident aus dem Kanton Wallis oder der aktuelle FIFA-Präsident
– ebenfalls aus dem Wallis (gegen den persönlich keine Verfahren laufen). So
meldet die „Neue Zürcher Zeitung“, dass im Zuge der Ermittlungen gegen Joseph Blatter ein Schulfreund aus dem
Wallis von der Bundesanwaltschaft zum Staatsanwalt des Bundes im Verfahren
gegen den ehemaligen FIFA-Präsidenten eingesetzt worden ist (dagegen wehrt sich
nun Joseph Blatter und verlangt den Ausstand des eingesetzten Ermittlers;
Quelle: „Neue Zürcher Zeitung vom 25. und 26. April 2016). Vor kurzem ist
bekannt geworden, dass sich der Bundesanwalt mindestens zweimal mit dem
amtierenden FIFA-Präsidenten (aus dem Wallis) getroffen hat – offenbar nicht
nur zu belanglosen „têtes à têtes“ in Hotels oder Restaurants. Über den
Charakter dieser Gespräche herrscht formelle Verunsicherung: Handelte es sich um
Plauderstündchen, wäre ein solches Tun in der momentanen Ermittlungs- und
Untersuchungsphase der Bundesanwaltschaft in der „Causa Fussball“ nicht
angängig gewesen. Waren es offenbar nicht – doch weshalb wurden die Treffen
nicht in Minimalform, etwa in Aktennotizen, festgehalten? Über rechtsstaatlich
motivierte Anforderungen in Verfahren scheint die Bundesanwaltschaft weder
orientiert zu sein, noch herrscht offensichtlich der Wille zu korrekten
Vorgehensweisen. Apropos lustige oder amtsnotwendige Treffen zwischen dem Bundesanwalt,
der sich i.S. FIFA auch mit dem Walliser Oberstaatsanwalt und Infantino-Freund Rinaldo Arnold über was auch immer
ausgetauscht hat, und dem Walliser FIFA-Präsidenten: Seit Wochen wird darüber
gestritten, ob es sich um zwei Treffen (wie der Bundesanwalt behauptet) oder
drei persönliche Kontakte bzw. Gespräche handelte. An sich ein Vorgang, der mit
Abgleichung zweier Agenden – derjenigen des FIFA-Präsidenten und derjenigen des
Bundesanwaltes – innert Minuten verifiziert werden könnte. Und in dieser Phase
tritt die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft auf die Justizbühne, auf
der in dieser Sache das Stück „Albtraum-Ermittlungen“ gespielt werden könnte.
Diese Behörde setzt sich aus Personen aus dem Schweizer Polit- und
Behördenleben zusammen und wird von einem, selbstverständlich verdienten,
Juristen und Politiker, der seine Laufbahn als Mitglied der Revolutionären
Marxistischen Liga startete, präsidiert. Diese Aufsichtsbehörde wird von der
Bundesanwaltschaft nach Strich und Faden an der berühmten „Nase“ herumgeführt –
so bringen es diese Gralshüter/innen, die über die Arbeit der
Bundesanwaltschaft wachen sollten, etwa im besagten Fall nicht fertig, den
Bundesanwalt zur schnörkellosen Erklärung zu zwingen, ob er sich nun mit dem
FIFA-Präsidenten zwei- oder dreimal getroffen hat.
Werden heute die Aktivitäten von Bundesanwaltschaft und
Aufsichtsbehörde genauer betrachtet, müssen deren Aktivitäten und Gebaren als Mit-Beschädigung
rechtsstaatlicher Werte qualifiziert werden. Der ganze „Filz“ im Sinnen von Günstlings-
und Vetternwirtschaft, welcher insbesondere von Bundesparlamentarierinnen und
–parlamentarier beispielsweise der FIFA zumindest unter der Ära von Josef
Blatter vorgeworfen worden war, ist effektiv ein Problem, mit dem sich die
Sympathisantinnen und Sympathisanten des Rechtsstaates einmal ernsthaft auseinanderzusetzen
könnten. Diese personellen und behördlichen Verflechtungen sind allerdings auch
erklärbar und hängen weitgehend mit den kleinmassstäblichen Verhältnissen und
den Konzentrationen im Raum Bern und der Westschweiz zusammen. So ist zum Thema
„Bundesverwaltung“ zu sagen, dass diese interessanterweise von Mitgliedern oder
Sympathisanten der sonst weitgehend unbedeutend gewordenen Christlich
Demokratischen Volkspartei (CVP) durchsetzt ist. Und an den Hochschulen in Bern,
Fribourg und in der Westschweiz wird jeweils an den personellen Netzwerken, die
sich später im Berufsleben verfestigen, gewoben. An diesen Schulen studiert
auch die akademische Jugend des Wallis – deshalb ist die Durchsetzung der
Bundesverwaltung mit Vertreterinnen und Vertretern aus dem CVP-affinen Wallis
kein Zufall. Das betrifft auch die Position des Bundesanwalts, der seine
Studien zufälligerweise in Bern absolviert hat, jedoch nur zufälligerweise
einen im Wallis verbreiteten Familiennamen trägt… Demnächst muss das
helvetische Parlament darüber befinden, ob der amtierende Kopf dieser Behörde in
seiner Funktion für weitere vier Jahre bestätigt werden soll. In Anbetracht der
historisch gewachsenen und heute noch gepflegten Beziehungen und Positionierungen
insbesondere in der Bundesverwaltung zweifelt derzeit niemand daran, dass der
neue Bundesanwalt der derzeitige Amtsinhaber sein und vom Parlament mit einem
im Vergleich zu früher vielleicht leicht mässigeren Wahlresultat bestätigt wird.