Archiv für den Monat Februar 2020

Das „Coronavirus“ hat den Sport erreicht

(causasportnews / red. / 28. Februar 2020) Das grassierende Coronavirus hat den Erdball voll im Griff. Auf allen Kontinenten sind Akut-Infektionen mit dem Virus „Sars-CoV-2“ aufgetreten. Und permanent werden es mehr. Das Phänomen wird zwischenzeitlich als „Epidemie“ (früher auch „Seuche“ genannt) bezeichnet. Aufgrund der Lage sind Sportveranstaltungen rund um den Globus abgesagt worden und werden laufend abgesagt. Das (Zusammen-)Leben der Menschen hat sich in den letzten, wenigen Wochen grundlegend verändert. Zyniker und (Zweck-)Optimisten streichen in Anbetracht der Situation erwartungsgemäss das Positive heraus: Dank ausbleibender Touristen, nicht nur aus China und Korea, ist beispielsweise Venedig wieder wohnlich(er) geworden, und auch in der Schweiz sind die Touristenströme, die noch vor Wochen verteufelt worden sind, versiegt. Die eingeschränkte Mobilität der Massen ist für das Öko-Klima kein Schaden. Da erübrigen sich auch die Fridays For Future-Kundgebungen am heutigen Freitag mit tausenden von Schülerinnen und Schülern; diese „Demos“ fallen natürlich auch unter das Verbot.

Aber nun ist der Sport vom Virus mit voller Wucht getroffen worden: Soeben hat die Schweizerische Landesregierung angeordnet, dass ab sofort und während mindestens zwei Wochen keine Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern mehr durchgeführt werden dürfen. Der berühmte Engadiner Skimarathon ist bereits gestern abgesagt worden. Das war wohl der Fingerzeig für die Landesregierung. Also fertig lustig mit Fussball- und Eishockeyveranstaltungen; die Chance demnach für Randsportarten, bei denen die Zuschauerzahlen jeweils mehr als übersichtlich sind. Die Anordnung des Bundesrates ist wohl ein Akt der Verzweiflung und auch eine Kompensation für das bisherige, passive Verhalten der Gesundheitsbehörden, die dem Problem mit endlosen Sitzungen und mit griffigen Aufrufen („Bitte Hände waschen!“) zu Leibe rückten (zur Beruhigung: Warn-Plakate befinden sich auch noch im Druck und werden demnächst ausgehängt; das zuständige Bundesamt appelliert derzeit an die „Eigenverantwortung“…). Es fehlt(e) jegliche Einsicht und jedes entsprechende Handeln diesbezüglich, dass der moderne, gesellige und mobile Mensch gegenüber der Infektionskrankheit relativ hilflos ist. Das manifestiert sich auch aufgrund der heutigen Anordnung der Regierung. Konkret: Weshalb soll die Ansteckungs- bzw. Virus-Übertragungsgefahr unter 1000 Menschen ungefährlich sein? So ist es allerdings auch nicht ganz: Gewohnt mutig hat der Bundesrat die „heisse Kartoffel“ an die Kantone weitergereicht; diese haben im Einzelfall abzuwägen, ob Veranstaltungen im kleineren Rahmen untersagt werden sollen. Trotz der Placebo-Massnahme der Schweizer Landesregierung ist in diesem Zusammenhang eine für den Sport in vielerlei Hinsicht wichtige Frage beantwortet worden: Nehmen mehr als 1000 Personen an einer Veranstaltung teil, ist diese als „Gross-Veranstaltung“ zu qualifizieren. Mit Spannung darf dem Verhalten der Basler Bevölkerung entgegengeblickt werden. Kurz vor Beginn der berühmten „Basler Fasnacht“ an diesem Wochenende trifft das bundesrätliche Verdikt die Stadt am Rhein brutal. Wetten, dass am kommenden Montag an Stelle des „Morgenstreich“ 999 Baslerinnen und Basler in einem Protestzug gegen das Verbot des Bundesrates, die schönsten Tage im Jahr zu feiern, protestieren werden? Gelassen hinnehmen werden sie die Anordnung mit Blick auf den FC Basel, der in letzter Zeit sportlich eh bescheiden aufgetreten ist…

Anwaltskanzleien als „Reinwäscher“ – das Beispiel „Freshfields“

(causasportnews / red. / 28. Februar 2020) Geht es um Unzulänglichkeiten und Skandale im Wirtschaftsleben und insbesondere in Unternehmen, hat sich eine neue Vorgehensweise eingebürgert: Nachdem der Skandal öffentlich geworden ist, wird vom betroffenen Unternehmen flugs eine unabhängige Anwaltskanzlei beauftragt, um einen Bericht, dessen Unabhängigkeit dann in der Unternehmens-Kommunikation hervorgehoben wird, zu erstellen; dieser entlastet selbstverständlich alle Protagonistinnen und Protagonisten des Unternehmens von Schuld und Strafe. Meistens ist dies die selbe Kanzlei, welche das betroffene Unternehmen oft während Jahren in allen juristischen und weniger juristischen Lebenslagen beraten und vertreten hat; es lässt sich dann bezüglich solcher Kanzleien von „relativer Unabhängigkeit“ sprechen. Vor allem bei den Banken, welche teils immer wieder mit unappetitlichen Vorgängen konfrontiert werden, ist der Abklärungsauftrag an die „Haus-Anwaltskanzlei“ eine probate Vorgehensweise zur Reinwaschung aller Missetäter/innen, ebenso für das Management und die strategischen Organe. Für das jeweilige Unternehmen rechnet sich diese Strategie bestens, denn das Ergebnis einer Untersuchung, welche dann der Öffentlichkeit als tiefschürfende, unabhängige Abklärung durch ebenso unabhängige Anwaltskanzleien „verkauft“ wird, dürfte regelmässig den Vorgaben und Erwartungen des Auftraggebers gerecht werden. Für die Kanzleien sind solche Aufträge selbstverständlich „Kassenfüller“.

Diese Praxis hat seit geraumer Zeit auch den organisierten Sport im Griff. Und wie…Zum Beispiel den deutschen Fussball. Zur Klärung der Geldmittelflüsse im Zusammenhang mit der „Sommermärchen“-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland hat der Deutsche Fussball-Bund (DFB) 2015 eine der renommiertesten Kanzleien, „Freshfields Bruckhaus Deringer“, zur Klärung der Sachverhalte beauftragt. Überlegung: Wenn die es nicht können, kann es wohl niemand sonst; und wenn die es nicht können, legt sich auch der Zorn des Volkes. So kam es auch: Die Abklärungen des an sich simplen Vorganges ergaben resultatmässig nichts (vgl. dazu schon causasportnews vom 4. Mai 2017), dem DFB verschafften sie jedoch „Luft“. Objektiv gesehen also ausser Spesen nichts gewesen. Für die Kanzlei ein lohnendes Geschäft. Für den Verband und seine Leader-Figuren ein Befreiungsschlag, der auch etwas kosten darf. Konkret spülte die Untersuchung der Kanzlei mit Weltruf Millionen in die Kasse – im organisierten Fussball wird der Begriff „Spesen“ seit geraumer Zeit bekanntlich tendenziell weit gefasst. Erst später wurde bekannt, dass die mit der unabhängigen Untersuchung beauftragte Kanzlei schon vorher i.S. WM-Endrunde 2006 tätig war. Seit der „Spiegel“ berichtete, dass „Freshfields Bruckhaus Deringer“ in fragwürdige Steuerdeals in der Finanzbranche verwickelt ist („Spiegel“ 4/2020), herrscht eine gewisse Unruhe im Business. Als dann noch Ulf Johannemann, der (ehemalige) Leiter der Steuerabteilung der Kanzlei mit Weltruf, im vergangenen November für ein paar Wochen in Untersuchungshaft gesetzt wurde, war auch dieser Ruf mehr als ramponiert. Die Kanzlei soll gemäss „Spiegel“ in noch nicht abschliessend zu qualifizierende Steuervorgänge im Rahmen der Finanzbranche verwickelt sein – mit gewaltigen, volkswirtschaftlichen Auswirkungen. Die Kanzlei als hintergründige Strippenzieherin der Weltwirtschaft soll mit Konstrukten dem deutschen Staat Milliarden entzogen haben; genau weiss noch niemand, um welche Beträge es letztlich geht. Die Lehren aus den Geschichten: Nach wie vor untersuchen Anwaltskanzleien im Auftrag von Unternehmen (oder Sportorganisationen) Vorgänge, an denen sie manchmal selber mitgewirkt haben. Manchmal untersuchen sie ihre (oft fragwürdige) Arbeit gleich selber. Diese Einnahmen bilden für die Heerscharen von Juristinnen und Juristen rund um den Erdball lukrative Aufträge. Das geschieht alles nach dem von Bertold Brecht in den Raum gestellten Motto: „Zuerst kommt das Fressen dann die Moral“. Auch Wilhelm Busch lässt in diesem Zusammenhang immer wieder grüssen: „Ist der Ruf erst ruiniert lebt es sich ganz ungeniert“. So geht das Agieren von Top-Kanzleien offenbar ungestört weiter…

Der Grasshopper Club Zürich und das 100 Millionen-Ding

(causasportnews / red. / 23. Februar 2020) Unter dem Namen „Grasshopper Club“ werden in Zürich im Rahmen verschiedener Vereinssektionen diverse Sportarten betrieben. Die bekannteste Sektion des Vereins bildet die Abteilung „Fussball“, die seit der Gründung im Jahr 1886 grosse Zeiten erlebt hat. Die Kicker des Grasshopper Club (GC) haben bisher 27 Schweizer Meistertitel und 19 Cup-Siege erspielt, teils mit bekannten Akteuren der neueren Zeit, wie Ciriaco Sforza, Stéphane Chapuisat oder vor Jahren mit Günter Netzer; auch berühmte Trainer waren beim Rivalen des FC Zürich tätig, etwa Hennes Weisweiler und Ottmar Hitzfeld. Der Glanz der guten, alten Zeiten ist längst verblasst. Heute krebst der Klub in der Challenge League der Swiss Football League herum und versucht derzeit mit ziemlich bescheidenen, sportlichen Mitteln und wenig Geld, den im letzten Jahr erfolgten Abstieg in die zweite Stärkeklasse im Schweizer Fussball ungeschehen, bzw. rückgängig zu machen, will heissen: wieder aufzusteigen. Bis anfangs März muss die Finanzierung des Professional-Fussballs für die nächste Saison sichergestellt sein. In der Hilflosigkeit klammert sich der Klub an jeden Strohhalm. Derzeit ruhen die Hoffnungen (auch) auf einem 100 Millionen-Deal (Währung unbekannt), welcher ein ehemaliger Kurzzeit-Präsident zur Finanzierung des Spielbetriebs in den nächsten fünf Jahren realisieren will. Ein Russe soll das Geschäft perfekt machen. Der aktuelle Präsident, ein argloser Wirtschaftsanwalt mit Freude am Amt (Selbstdeklaration) und angeblich hervorragenden Kontakten, jedoch derzeit wenig Zählbarem auf dem Tisch oder in der klammen Kasse, sieht sich in Zeitnot und hofft offenbar (vor allem) auf Millionen aus China. Trotz Coronavirus. Das „Prinzip Hoffnung“ stirbt auch im Zürcher „Nobel-Klub“ (Selbstdeklaration) zuletzt. Die Sache mit den Millionen im Hunderterbereich ist bei GC übrigens kein Novum: Vor rund 11 Jahren duselte ein Hochstapler die GC-Führung schwindlig und gaukelte dem Blau-Weiss-Vorstand (blau und weiss sind die Klubfarben) eine sorgenlose Klub-Zukunft vor und versprach ihnen noch mehr Blaues vom Himmel als im Klub-Emblem schon vorhanden ist. Die peinliche Geschichte flog (selbstverständlich) rasch einmal auf, der Hochstapler mit dem sinnigen Namen Volker Eckel , ein Deutscher, landete für ein paar Jahre hinter Gittern. Und GC musste die für den Spitzenfussball notwendigen Millionen anderweitig beschaffen.

Das mit den Millionen und den Russen ist so eine Geschichte, die sich nicht nur im Umfeld des Sportes ereignet. Im Moment ist ein Investor aus dem Reiche von Wladimir Putin in Schaffhausen dabei, eine private Hochschule mit technischer Ausrichtung zum Fliegen zu bringen. 100 Millionen (wohl Schweizer Franken) will (auch) er in das Projekt investieren, woran in der Munotstadt offenbar niemand so richtig glauben will, obwohl der Russe bezüglich seines Projektes und des versprochenen Engagements eine gewaltige PR-Maschinerie in Gang gesetzt hat. Schliesslich muss im schulischen Bereich beginnen, was später z.B. im Sport leuchten soll. On verra, könnte man abwartend festhalten.

Apropos Grasshopper Club Zürich: Den Klub plagt derzeit auch die Sache mit dem Stadion, das immer noch nicht definitiv gebaut werden kann. Dazu wird im nächsten Heft von „Causa Sport“ eine Chronik des ehemaligen Zürcher Politikers Robert Schönbächler erscheinen (Causa Sport, 1/2020, Wechselvolle Zürcher Stadionhistorie – Ende einer Leidensgeschichte?“; die Ausgabe erscheint am 31. Dezember 2020; http://www.causaport.org).

Doping-Geständnis nach Ermittlungs- und Mediendruck

(causasportnews / red. / 22. Februar 2020) Im Nachgang zur „Operation Aderlass“ vor einem Jahr anlässlich der Nordischen Ski-Weltmeisterschaften im Österreichischen Seefeld wurden insbesondere in Österreich und in Deutschland breitgefächerte Ermittlungen rund um das Doping-Netzwerk des Erfurter Sportarztes Mark Schmidt aufgenommen und geführt (vgl. dazu etwa causasportnews vom 15. Februar 2020). Die Münchner Staatsanwaltschaft geht derzeit davon aus, dass zwischen 2011 und 2019 weit mehr als 20 Sportler aus 8 Nationen, insbesondere aus den Sparten Nordischer Skisport und Radsport, in Dopingaktivitäten mit Bezug zum Umfeld des Arztes verwickelt sind. Teils sind die Beschuldigten (einige sind bereits verurteilt, so der Langläufer Johannes Dürr) bekannt, doch ranken sich auch immer noch Gerüchte und Vermutungen der Sportwelt um (weitere) Verdächtige und vermeintliche Dopingsünder. Immer wieder wurde kolportiert, unter den Verdächtigen würde sich auch ein Sportler schweizerischer Nationalität befinden. Dieses Geheimnis hat nun der Betroffene selber gelüftet und die (Medin-)Welt über Twitter orientiert, dass er als Radprofessional betrogen habe. Es handelt sich dabei um den ehemaligen Radrennfahrer Pirmin Lang, der 2017 seine Aktiv-Karriere beendet hatte und danach das Nachwuchs-Förderungsteam „Swiss Racing Academy“ gründete, das er auch leitete; bis am Freitagabend jedenfalls. Mit Blick auf die in der kommenden Woche in Berlin stattfindenden Bahnrad-Weltmeisterschaften, an der drei Fahrer aus dem Team von Pirmin Lang teilnehmen werden, hat der geständige Dopingdelinquent die Team-Leitung per sofort abgegeben. Was aus dem Startup-Projekt werden soll, steht derzeit in den Sternen.- Das Geständnis des ehemaligen Berufs-Rennfahrers kommt nicht ganz überraschend: Aufgrund des Ermittlungs- und des medialen Druckes sah sich der 35jährige Luzerner, der sich als Aktiver auch in der Sparte Rad-Querfeldein einen Namen gemacht hatte, offensichtlich zu seiner Flucht nach vorne und zum Geständnis veranlasst.

Ein grobes „Foul-Spiel“ des ehemaligen FIFA-Generalsekretärs?

© Urs Scherrer

(causasportnews / red. / 20. Februar 2020) In die schillernde Welt des globalen Fussballs passte er perfekt und scheiterte letztlich, wie man in diesen Gefilden zu scheitern pflegt. Jérôme Valcke war von 2007 bis 2016 Generalsekretär des Weltfussballverbandes FIFA. Bereits vor seiner Wahl zur „Nr. 2“ im Verband war der 60jährige Franzose für die FIFA im Marketing tätig, verschwand dann aber vor seiner Wahl zum Generalsekretär für einige Zeit von der Bildfläche, nachdem er als verantwortlicher Marketingdirektor das Erstverhandlungsrecht des FIFA-Partners „Mastercard“ verletzt hatte und damit den Weg frei machte für „Visa“ und damit für einen neuen Sponsoring-Deal zwischen der FIFA und „Visa“; diese Konkurrenzunternehmung zu „Mastercard“ profitierte von den Aktivitäten von Marketingdirektor Jérôme Valcke, kostete die FIFA jedoch 90 Millionen Dollar (Schadenersatzzahlung an „Mastercard“ wegen Verletzung des Erstverhandlungsrechts von „Mastercard“). Kurz danach machte die FIFA 2007 den umtriebigen, für kurze Zeit (vermeintlich) in Ungnade gefallenen Fussball-Manager zum neuen Generalsekretär und Nachfolger von Urs Linsi, der sich demnächst in der „Sommermärchen-Affäre“ vor dem Schweizerischen Bundesstrafgericht verantworten muss (vgl. auch causasportnews vom 29. Januar 2020). Jérome Valcke folgt nun seinem Vorgänger in der FIFA auch auf dem juristischen Weg. Die Bundesanwaltschaft hat Jérôme Valcke wegen verschiedener Delikte angeklagt. Im Vordergrund steht der Tatbestand der passiven Bestechung; angeklagt worden ist er jedoch zudem wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung. Jérôme Valcke wird u.a. beschuldigt, unrechtmässige Vorteile erlangt zu haben, indem er gegen Einräumung nicht gebührender Vorteile die Vergabe von Medienrechten im Zusammenhang mit den Fussball-Weltmeisterschaften und „WM-Hauptproben“ 2018 bis 2030 bewirkt haben soll. Begünstigt worden ist gemäss Mitteilung der obersten, schweizerischen Anklagebehörde der nun Mitangeklagte Präsident des renommierten Fussballklubs Paris Saint-Germain und Geschäftsmann Nasser Al-Khelaifi, ein ehemaliger, katarischer Tennisspieler.Jérôme Valcke soll sich bei diesem Deal mit Medienrechten (zum Nachteil der FIFA und zu Gunsten von Nasser Al-Khelaifi) pflichtwidrig verhalten und unrechtmässig bereichert haben, was auch im wirtschaftlichen Umfeld des Sportes als „grobes Foul“ qualifiziert wird. Angeklagt ist zudem in diesem Komplex ein weiterer Geschäftsmann (für ihn und die beiden Mit-Angeklagten gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung). Reminiszenz am Rande des Geschehens: Nicht erhärten liess sich in der Untersuchung der Vorwurf gegenüber Jérôme Valcke, er habe sich für seine Einflussnahme auf die Vergaben von Medienrechten durch die FIFA eine Luxusuhr schenken lassen…Diesbezüglich ist das Verfahren gegen Jérôme Valcke eingestellt worden.

Auch in diesem Fall drängt die Zeit – will heissen: Die Anklageerhebung erfolgte zum jetzigen Zeitpunkt auch deswegen, weil im letzten Quartal dieses Jahres die Verfolgungsverjährung eintritt. Die Bundesanwaltschaft hat sich auch deshalb zur Anklageerhebung gegen die drei Beschuldigten entschlossen, obwohl noch ein Ausstandsgesuch im Zusammenhang mit der Durchführung der Schlusseinvernahme in dieser „Causa“ behandelt werden muss. Dieser Entscheid könnte noch Einfluss auf das Verfahren haben.

Manchester City-Ausschluss: Am Schluss wohl eine „Win-win-Situation“

Ozzy Delany

(causasportnews / red. / 17. Februar 2020) „Manchester City für zwei Spielzeiten aus den UEFA-Klubwettbewerben ausgeschlossen“. Solche und ähnliche Schlagzeilen sorgten vor dem letzten Wochenende für zumindest grosses Erstaunen. Da hat es der Europäisch Fussball-Verband (UEFA) gewagt, einen „Krösus“ im internationalen Fussball auszuschliessen. Auf den ersten Blick scheint es, als habe sich die UEFA von der wirtschaftlichen Macht aus den Vereinigten Arabischen Emiraten unbeeindruckt gezeigt und im Gegenteil mit dem Verdikt Entschlossenheit demonstriert, Verfehlungen gegen das „Financial Fair Play“ ungeachtet der (pekuniären) Machtverhältnisse hart zu sanktionieren. Relativierung tut allerdings not. In der Tat ist die Entscheidung des Verbandes (im Augenblick) schnörkellos hart – vor allem der zweijährig Ausschluss des Klubs von Josep Guardiola, dem exzentrischen Star-Trainer, trifft den Klub ins Herz. Die zusätzliche 30 Millionen Euro Busse wird die von den VAR alimentierten Engländer nicht gross stören; apropos Finanzen: Manchester City verfügt wohl unter Transfer-Gesichtspunkten weltweit über das teuerste Klub-Spielerkader. Und dieses soll nun auf europäischer Eben zwei Jahre lang nur zuschauen…

Zumindest der Sachverhalt, den die UEFA unter sanktionsrechtlichen Gesichtspunkten geprüft hat, schein klar erstellt zu sein: Bereits 2018 hat das Deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ Dokumente veröffentlicht, die zu belegen schienen, dass aus den VAR rund 70 Millionen Euro ohne Nachvollziehbarkeit bezüglich des Rechtsgrundes und im Rahmen von angeblichen Sponsoringaktivitäten bezahlt worden sein sollen. Verschleierung werden derartige Aktivitäten in der (juristischen) Fachsprache genannt. Oder Umgehung, im konkreten Fall der Financial Fair Play-Regelung der UEFA (vgl. dazu grundsätzlich Urs Scherrer / Remus Muresan / Kai Ludwig, Sportrecht, Eine Begriffserläuterung, 3. Aufl., 2014, 133 f.). Diese will eine Chancengleichheit der Klubs im Wettbewerb durch ausgeglichene Einnahmen-und Ausgabenaktivitäten gewährleisten (es soll von den Klubs grundsätzlich nicht mehr ausgegeben als eingenommen werden); neben dem „Fairplay“ auf dem Spielfeld geht es demnach um das allgemein in allen Bereichen des Sportes beschworene „Fairplay“, hier neben den Fussballplätzen. Dagegen hat nach Auffassung der UEFA der englische Top-Klub verstossen, oder, wie es in einer dürren Medienmitteilung heisst: „Ernsthaft Verletzungen des Financial Fair Play-Reglements“ begangen . Konkret sollen die Engländer also mit VAR-Support Sponsoringvereinbarungen frisiert haben.

Selbstverständlich ist in der „Causa Manchester United“ das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der Klub hat unmittelbar nach Bekanntwerden des Verdiktes aus Nyon angekündigt, die UEFA-Entscheidung am Internationalen Sport-Schiedsgerichtshof (Tribunal Arbitral du Sport; TAS) in Lausanne anzufechten. Dieses institutionalisierte Sport-Schiedsgericht ist weder für hochstehende Juristerei noch für besonderen Mut bekannt. Die Gerichtsinstanz, welche bezüglich ergangener Entscheide vom Schweizerischen Bundesgericht regelmässig geschützt wird, urteilt oft opportunistisch und (sport-)politisch. Das weiss auch Manchester City. Und es würde erstaunen, wenn der UEFA-Entscheid vom Freitag letztlich Bestand haben würde. Das TAS wird wohl den Ausschluss der Engländer zu deren Gunsten korrigieren und dafür die Busse erhöhen (was kaum jemanden schmerzen wird). Das wäre dann für die wirtschaftliche Macht des Sports und unter (sport-)politischen Gesichtspunkten eine „Win-win-Situation“ für alle Betroffenen. Die UEFA müsst sich jedenfalls dann nicht vorwerfen lassen, der eh umstrittenen Regelung nicht mit Härte zum Durchbruch verholfen zu haben. Schliesslich hat dann eine Gerichtsinstanz korrigiert…

Doping: Wir nicht – die andern auch…

(causasportnews / red. / 15. Februar 2020) Im Zuge der „Operation Aderlass“, die vor einem Jahr die Sportwelt anlässlich der Nordischen Ski-Weltmeisterschaften im Österreichischen Seefeld erschütterte und ein gigantisches Doping-Netzwerk zu Tage förderte, folgen sich die Prozesse gegen Fehlbare nicht nur aus der Sportszene nun Schlag auf Schlag. Die Dopingaktivitäten rund um den Erfurter Sportarzt M.Sch. haben sich allerdings nicht nur auf den Skisport bezogen, sondern erfassten auch andere Sportdisziplinen, vor allem den Radsport – wen wundert’s? Einer der prominentesten Figuren, der Ex-Langläufer Johannes Dürr, ist zwischenzeitlich vom Landesgericht Innsbruck wegen gewerbsmässigen Betrugs zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der 33jährige Österreicher gilt im ganzen Dopinggefüge nicht nur als Whistleblower und Selbst-Doper; er war auch in Dopingpraktiken anderer involviert. Zentrale Figur im juristischen Trümmerfeld, das es nach der „Operation Aderlass“ aufzuräumen gilt, ist und bleibt jedoch der Arzt M.Sch., der bald ebenfalls als Angeklagter vor Gericht stehen wird. Aus der Sparte „Radsport“ abgeurteilt worden ist zwischenzeitlich etwa der Ex-Rad-Professional Stefan Denifl, der am Landesgericht Innsbruck gestanden hat, Blutdoping praktiziert zu haben. Jedoch bestritt der 32jährige Tiroler (erfolglos), ein „Betrüger“ zu sein. Er habe niemanden getäuscht, auch Veranstalter und andere Konkurrenten nicht, führte er vor Gericht aus. Im Radsport würden Leistungen verlangt, die „normalerweise“ nicht zu erbringen seien; viele Athleten würden sich in dieser Sportart dopen, und ohne Doping hätte er z.B. gar keinen Vertrag mehr mit einem Team bekommen. Stefan Denifl versuchte jedenfalls, Doping als „Normalzustand“ darzustellen, Doping im „Normalitäts-Modus“ also. Und somit getreu nach dem Motto: „Wir nicht – die andern auch“…Deshalb macht sich ausserhalb der Szene teils Verständnis für die Dopingdelinquenten breit.

Eigenartig mutet bei der juristischen Aufarbeitung des aufgeflogenen, internationalen Doping-Netzwerkes jedenfalls der Umstand an, dass sogar der Ankläger im „Dürr-Prozess“ die Dopingseuche im Sport als nichts Ausserordentliches darzustellen versuchte, zumal auch in diesem Zusammenhang einige Schatten vor allem auf Protagonisten des Österreichischen Ski-Verbandes (ÖSV) fallen. So soll Staatsanwalt Dieter Albert in Innsbruck sich explizit so geäussert haben, dass der Eindruck, es werde nur in Österreich gedopt, falsch sei; Doping sei nicht nur ein „österreichisches Problem“. „Wir nicht – die andern auch“… also, wird die Doping-Thematik sogar von Strafverfolgern relativiert. Kein Wunder, dass so jeder Druck seitens der Öffentlichkeit ausbleibt. Auch von medialer Seite. Jedenfalls kann nicht erwartet werden, dass die sonst die Moralkeule schwingende „Kronen Zeitung“ grosse Lust verspürt, zu stark im Dopingsumpf zu wühlen. Die grösste Boulevardzeitung Österreichs ist immerhin Sponsor des ÖSV…

Der „Shitstorm“ über Hakan Yakin

(causasportnews / red. / 11. Februar 2020) Es entspricht einem Klischee anzunehmen, Fussballspieler würden neben dem Sportplatz dem Inbegriff von bspw. Cleverness eher nicht gerecht. Manchmal verhalten sie sich allerdings auch so, dass sich die Schlussfolgerung aufdrängen könnte, der Betroffene hätte zumindest klüger handeln können.- Zum Beispiel Hakan Yakin. Der 87fache, ehemalige Schweizer Internationale ist derzeit Assistenztrainer des Challenge League-Klubs FC Schaffhausen und verdient als rechte Hand seines als Trainer tätigen Bruders Murat Yakin für eine 70%-Anstellung CHF 2‘000 brutto im Monat. Als diese Zahlen durch Publikation (!) des entsprechenden Arbeitsvertrages in einem Boulevard-Medium publik wurden, rieb sich männiglich die Augen, gehören doch die Yakins zu den grossen Nummern im Fussball. Das mikrige Salär von Hakan Yakin ist kein Zufall. Nicht nur im FC Schaffhausen scheint sich eine Praxis eingebürgert zu haben, dass namhafte Fussball-Koryphäen zu geradezu symbolischen Preisen, die weit unter den branchenüblichen Entschädigungen liegen, nach Abschluss der Aktiv-Karrieren verpflichtet werden; man gönnt sich also etwas, das man nicht adäquat bezahlen kann oder will… Damit der Arbeitnehmer auf ein einigermassen „anständiges“ Salär (sprich: Monatsentschädigung) kommt, springt die Arbeitslosenversicherung ein und sorgt dafür, dass der Betroffene als Teilzeit-Arbeitsloser entsprechende Versicherungsleistungen beziehen kann. So wird Hakan Yakin neben dem Salär, das ihm der FC Schaffhausen bezahlt, eine Arbeitslosenentschädigung von etwas mehr als monatlich CHF 6‘000 ausbezahlt. Das heisst, die Versicherung alimentiert indirekt den Fussball-Klub.- Als publik wurde, dass die Arbeitslosenkasse für Hakan Yakin auf diesem Wege eine Anstellung im FC Schaffhausen mitfinanziert, brach über den Spieler ein „Shitstorm“ herein. Ungerechtfertigterweise wird dem ehemaligen Top-Fussballspieler vorgeworfen, dass es unmoralisch sei, als Millionär Arbeitslosengeld zu beziehen. Durch teils hilflose Rechtfertigungsversuche hat Hakan Yakin dieses Kesseltreiben in den modernen Medien noch verstärkt. Immerhin wird (auf den konventionellen Medienkanälen) ab und zu darauf hingewiesen, dass der aktuelle Assistenz-Trainer im FC Schaffhausen durchaus einen Anspruch auf diese Versicherungsleistung habe. Die Arbeitslosenkasse gibt sich einigermassen hilflos. Doch das alles ist nicht entscheidend bezüglich Rechtslage, welche dazu angetan wäre, dem ehemaligen Nationalspieler jegliche Arbeitslosen-Ansprüche zu verweigern. Zwar wird durchaus die Branchenüblichkeit eines Salärs bei der Festlegung der Arbeitslosenentschädigung berücksichtigt; im „Fall Yakin“ wären dies gemäss Arbeitslosenversicherungs-Praxis gegen CHF 4‘000 für ein 70%-Arbeitspensum. Schon dieser Branchenüblichkeits-Tarif ist an sich völlig abwegig. Beim Anstellungsvertrag von Hakan Yakin mit dem FC Schaffhausen (genau: Mit der Kapitalgesellschaft FC Schaffhausen AG) ist exakt aufgrund des Umstandes, dass bei solchen Konstellationen die Arbeitslosenversicherung einen Teil des Salärs übernimmt, ein derart niedriges Salär festgelegt worden. Offenbar eine Methode, die vor allem in der Challenge League praktiziert werden soll (und konkret hat das offenbar alles nichts damit zu tun, dass der sog. „Klubeigentümer“ in Schaffhausen zu den eher schillernden Figuren im bezahlten Fussball gehört). Jedenfalls scheint der Betrag von CHF 2‘000 auch für eine 70%-Anstellung ein simuliertes Rechtsgeschäft zu sein. Art. 19 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) regelt die Verhältnisse im Rahmen simulierter und dissimulierter Verträge an sich klar. Die Folge wäre demnach im konkreten Fall, dass bei der Annahme der Salärhöhe durch die Verantwortlichen der Arbeitslosenkasse wohl von einer Summe von rund CHF 10‘000 pro Monat auszugehen wäre, was bewirken würde, dass jeder Arbeitslosenanspruch seitens des Assistenztrainers tendenziell entfallen würde. Es ist eigentlich verwunderlich, dass die Versicherung diese Rechtslage offenbar verkennt. Sie würde dadurch auch dazu beitragen, dass Hakan Yakin nicht weiter diesem Sturm der Empörung ausgesetzt wäre; er kann wohl am wenigsten dafür, dass er ein Medienopfer der kolportierten, unrichtigen Rechtslage geworden ist. Und dass er sich immer mehr dazu genötigt fühlt, sich in Interviews usw. rechtfertigen zu können, weshalb er Gelder von der Arbeitslosenversicherung bezieht, macht die Angelegenheit nur noch verzwickter.

Anmerkung: Für alle in diesem Beitrag genannten oder identifizierbaren Personen gilt die Unschuldsvermutung. Es wird niemandem strafrechtlich-relevantes Verhalten vorgeworfen – allenfalls Rechts-Unkenntnis…

Der Sportwettenmarkt boomt

(causasportnews / red. / 10. Februar 2020) Diese Zahlen lassen aufhorchen, überraschen oder verblüffen jedoch nicht: Auch im Jahr 2019 hat der (nachvollziehbare, legale) Sportwettenmarkt zugelegt – weltweit und nun nachweislich in Deutschland. Gemäss jüngst veröffentlichten Zahlen des deutschen Bundesfinanzministeriums ist der Sportwettenmarkt im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr erneut massiv gewachsen. In einem Jahr ohne grosse Fussballereignisse (Weltmeisterschaft, Europameisterschaft) haben Wettkunden in Deutschland rund 9,3 Milliarden Euro an Wetteinsätzen getätigt. Gegenüber 2018 bedeutet dies ein Umsatzwachstum von 21 Prozent. Der Präsident des 2014 gegründeten Deutschen Sportwettenverbandes (DSWV); Matthias Dahms, hat sich zu diesem Sportwetten-Boom geäussert und festgehalten: „Die Sportwette ist in Deutschland angekommen und zur beliebten Freizeitbeschäftigung avanciert.“. Er wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass Sportwettenanbieter 2019 in Deutschland immerhin eine halbe Milliarde Euro an Sportwettensteuern abgeführt hätten.

Diese Zahlen betreffen selbstverständlich nur den regulierten, „weissen“ oder „legalen“ Markt. Experten gehen davon aus, dass weltweit in den legalen und illegalen Sportwettenmärkten pro Tag mehr als eine Milliarde Euro umgesetzt werden – Tendenz steigend.

Nach jahrelangen, politischen Diskussionen läuft seit Anfang 2020 in Deutschland das bundesweite Erlaubnisverfahren für Sportwettenanbieter. Die Rede ist derzeit von rund 45 Anträgen, die gestellt worden sein sollen. Die ersten Erlaubnisse sollen bereits im Frühjahr erteilt werden.

Tip(p): Mit Sportwetten und weiteren Geldspielthemen wird sich am 5. November 2020 in Zürich eine Veranstaltung des „Swiss Sport Forums“ befassen (mit Fokussierung insbesondere auf die Märkte in Deutschland, in Österreich, in Liechtenstein und in der Schweiz (mehr dazu demnächst auf http://www.swisssportforum.ch).

Bundesgericht qualifiziert Fussball-Brutalo-Foul als Risiko-Tat

(causasportnews / red. / 4. Februar 2020) Obwohl die „Tat“ im Rahmen eines 4. Liga-Fussballspiels geschah, sorgte der Fall 2016 für Schlagzeilen – und führte zu mehreren gerichtlichen Nachspielen. Jetzt hat das Schweizerische Bundesgericht den Freispruch eines Torwarts bestätigt, der bei einer Abwehraktion einen heranstürmenden Spieler mit gestrecktem Bein massiv verletzt hatte (Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 15. Januar 2020; 6B_1060/2019). Freigesprochen wurde der Torhüter im Frühjahr 2019 vom Kantonsgericht St. Gallen, nachdem zuvor im Herbst 2017 der Einzelrichter des Kreisgerichts Wil zu einem Schuldspruch kam und den Verletzer der fahrlässigen Körperverletzung (Art. 125 Abs. 1 i.V. mit Art. 123 Abs. 1 des Strafgesetzbuches; StGB) schuldig gesprochen hatte.

Es war der „Fussball-Klassiker“, der nun letztlich dem Bundesgericht zur Beurteilung unterbreitet wurde. Beschwert gegen den Freispruch der Vorinstanz hatte sich der geschädigte Amateur-Fussballspieler. In der Tat war die Folge der Abwehrreaktion des Torhüters mit gestrecktem Bein in einer Höhe von 60 bis 90 Zentimetern über dem Boden massiv: Es resultierte beim Feldspieler eine Fraktur des Schienbeinkopfes. Die Medien nannten die Tat damals ein „Brutalo-Foul“. In strafrechtlicher Hinsicht ist allerdings davor zu warnen, aufgrund einer bspw. schlimmen Verletzung eine entsprechende, rechtliche Qualifikation als gegeben zu werten. Auch in diesem Fall betonte das Bundesgericht, dass „normale“, übliche Fouls zum Grundrisiko des Fussballspiels gehören würden. Nur ein nach den Umständen als grob zu beurteilendes Fehlverhalten rechtfertige es, die Grenzen des stillschweigenden Einverständnisses des Spielers zum Verletzungsrisiko als überschritten zu betrachten, was eine strafrechtlich Sanktion nach sich ziehen würde. Bei der Beurteilung des konkreten Falles musste die Schwere des Fouls (Intensität der Regelverletzung) beurteilt werden und nicht die daraus resultierenden Verletzungsfolgen. Der Torhüter, so das Bundesgericht, habe bei seiner Aktion den Ball spielen wollen bzw. gespielt. Beide in die Aktion involvierten Spieler hätten sich im Kampf um den Ball befunden, kam das höchste Schweizer Gericht nach eingehender Prüfung der Beweismittel zum Schluss und hielt fest, dass von einer offensichtlich unrichtigen, willkürlichen Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz nicht gesprochen werden könne.-

Der Entscheid hinterlässt, auch wenn er dem aus Fussballerkreisen immer wieder geforderten Umstand, dass sich der Strafrichter aus Spielvorgängen weitgehend heraushalten soll, gerecht wird, einen zumindest schalen Nachgeschmack. Keine Zweifel herrschten auf allen drei Verfahrensebenen darüber, dass der Torhüter den heraneilenden Spieler mit gestreckten Beim (!) relativ massiv verletzt hatte. Wenn das Bundesgericht ausführt, dass sich beide Spieler „im Kampf um den Ball befunden hätten“, so mutet das zumindest einigermassen theoretisch-lebensfremd an. Konkret hat der Torhüter mit gestrecktem Bein den angreifenden Spieler attackiert und ihm eine gravierende Verletzung, die am Bein entsprechende Spuren hinterliess, zugefügt. Diese Konstellation kann nicht mit einer Aktion verglichen werden, in die etwa zwei Feldspieler im Kampf um den Ball involviert sind. Zwar erklärte das Bundesgericht (zu Recht), der hier zu beurteilende Fall sei nicht mit dem in BGE 145 IV 154 publizierten Vorgang identisch; in jenem Entscheid ging es um ein Tackling auf dem Spielfeld. Hier stand jedoch einzig eine Torhüter-Attacke im Zentrum der Beurteilung (Torhüter mit gestrecktem Bein gegen heranstürmenden Feldspieler). Dass ein solches Verhalten eines Torwarts noch unter das zu akzeptierende, „sportartspezifische Risiko“ zu subsumieren sei, mutet jedenfalls in der Konklusion einigermassen exotisch an. Dem Geschädigten nützt dieses Urteil reichlich wenig, auch wenn der Zivilrichter nicht an die Rechtsauffassung des Strafrichters gebunden ist (Art. 53 des Obligationenrechts, OR).