Archiv für den Monat Oktober 2019

Kein „Nulltoleranz“-Entscheid nach Rassismus-Ausfällen

(causasportnews / red. / 31. Oktober 2019) Es waren schlimme Szenen, die sich anlässlich des Fussball-Europameisterschafts-Qualifikationspartie in Sofia am 14. Oktober abspielten. Nicht auf dem Rasen, als das englische Nationalteam gegen Bulgarien mit 6:0 alles klar machte; ausser Rand und Band geriet das Publikum bzw. Teile davon. Affenlaute gegen dunkelhäutige Akteure und der allgegenwärtige Hitlergruss schockierten. Rassistischer ging es kaum mehr. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin und FIFA-Präsident Gianni Infantino zeigten sich „entsetzt“ und beschworen die „Nulltoleranz“-Haltung der Verbände i.S. „Rassismus“. Nach rund zwei Wochen, als die Fussball-Karawane in einer schnelllebigen Zeit längst weiter gezogen war und fast täglich eine andere Sau durchs (mediale) Dorf getrieben wird, hat das Entsetzen nach den Vorfällen von Sofia der Vergesslichkeit Platz gemacht. Was „Nulltoleranz“ bedeutet, zeigen die kürzlich bekannt gewordenen Sanktionsentscheide gegen den Verband Bulgariens: Zwei „Geisterspiele“ und eine „Busse“ von 85 000 Euro lautet das Verdikt aus der UEFA-Zentrale in Nyon am beschaulichen Genfersee. Höhepunkt dieser vom Sanktionsgremium der UEFA umgesetzten „Nulltoleranz“-Strategie: Das zweite „Geisterspiel“ wurde zur Bewährung ausgesetzt. Gingen die Wogen unmittelbar nach den Vorfällen am 14. Oktober noch hoch, erinnert sich jetzt schon kaum mehr an die Schande von Sofia. Sie ist den Medien nur noch eine Randnotiz wert. Die nächsten Rassismus-Ausfälle kommen bestimmt.

Wetten, dass solche Urteile weder general- noch spezialpräventive Wirkung zeitigen? Soll mit der Rassismus-Bekämpfung wirklich ernst gemacht werden, dürfen solche Urteile nicht gesprochen werden. Dann lieber nichts. Da nützte es relativ wenig, dass im Zuge der Ereignisse von Sofia sowohl der Verbandspräsident als auch der Trainer von ihren Ämtern zurücktraten. Die insbesondere (verbands-)politisch motivierten Entscheide der UEFA sind eher ein Scherz denn eine Umsetzung der von den Verbandspolitikern schwatzhaft propagierten „Nulltoleranz“-Strategie, die sich auch in diesem Fall als Lippenbekenntnisse erweist. Betrüblich bei der ganzen Angelegenheit für die Präsidenten von UEFA und FIFA: So wird es auch nächstes Jahr nichts mit dem Friedens-Nobelpreis…

Und schliesslich noch eine Randbemerkung: Keine verbandsrechtlichen Folgen hatten bisher die Sympathie-Kundgebungen der beiden deutschen Nationalspieler mit türkischen Wurzeln, Ilkay Gündogan und Emre Can, für die Offensive der türkischen Armee in Syrien ebenfalls vor zwei Wochen. Seitens der FIFA und des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) wird dieser eklatante Missbrauch des Sports wohl ausgesessen. Immerhin leben in Deutschland mehrere Millionen Türkinnen und Türken. Überdies werden regelmässig nicht nur Fussballer eingebürgert.

Wenn ein König abtritt

(causasportnews / red. / 30. Oktober 2019) Wenn ein König abtritt, ist das selbstverständlich auch in der nicht gerade „Monarchie-affinen“ Schweiz das Thema. Es beherrscht die Schlagzeilen, oder müsste sie zumindest beherrschen – und besonders laut sind in einem solchen Fall durchwegs die Nebengeräusche. Beim Rücktritt des Schwingerkönigs von 2016, Matthias Glarner, sorgten die Medien, grundsätzlich die Transporteure von Botschaften aller Art, selber für Aufmerksamkeit, und das nicht nur im Rahmen der Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Rücktritt des 34jährigen Berners (vgl. etwa auch causasportnews vom 4. März 2019). Die Geschichte um den Rücktritt von Matthias Glarner ist auch ein Stück Geschichte des modernen (Sport-)Journalismus‘, der in der heutigen Zeit oft spezielle Wege geht; von der „vierten Gewalt“ im Staat spricht beim Thema „Medien“ schon gar niemand mehr, sie sind (wirtschaftliche) Interessenvertreter und Verfechter oder Steigbügelhalter von (politischen) Ideologien. Donald Trump hat es schliesslich immer gesagt und lässt die Welt seine Entscheidungen und Ansichten praktisch nur noch per „Twitter“ vernehmen.

 

Da lud also der rücktrittswillige „König“ zu einer Pressekonferenz, und das ausgerechnet an einem Samstag, 26. Oktober, als sich die Sonntags-Zeitungen bereits in der redaktionellen Abschlussphase befanden. So kam es, dass die „NZZ am Sonntag“ den Rücktritt von Matthias Glarner in der Sonntagsausgabe nur kurz vermeldete, jedoch, oh dummer Zufall, ein einseitiges, wohl lange zuvor vorbereitetes Porträt, wohl eine „Konserve“, des ehemaligen Spitzenschwingers Arnold Forrer, der 2001 zum König der Sägemehl-Ringer gekürt wurde, brachte! Peinlich, peinlich also für das selbsternannte und von der Dynamik der Ereignisse überrollte Intelligenzblatt von der Zürcher Falkenstrasse, dessen Gangart grundsätzlich nicht als übermässig engagiert qualifiziert werden kann. Den Frust arbeiteten die Blattmacher dann in der Montagsausgabe der „NZZ“ ab und traten – unglaublich für das auf „Stil“ bedachte Blatt – wacker nach. Hämisch und um die eigene Lethargie zu legitimieren, konstatierte der zwischenzeitlich aufgeschreckte Journalist der „NZZ“, der „Sonntags-Blick“, die Boulevard-Konkurrenz der „NZZ am Sonntag“, hätte die Meldung vom Rücktritt von Matthias Glarner am Sonntag auch erst auf Seite 34 gebracht (und nicht etwa, wie es sich geziemen würde, auf der Frontseite); kein Wunder, stehe das Karrierenende des Berners doch im Zusammenhang mit dem Sturz aus einer Gondel anlässlich eines Foto-Shootings für die Zeitschrift „Schweizer Illustrierte“ aus dem selben Verlag wie der „Sonntags-Blick“. Demnach, so war es zwischen den Zeilen in der „NZZ“ zu lesen, trage ja wohl dieser Verlag indirekt eine Mit-Schuld am Karrieren-Ende des Top-Sportlers, der in der Tat nach dem Vor- und Unfall und den darauf basierenden Verletzungen nicht mehr richtig auf Touren kam.

Ironie der Geschichte: Tritt ein „König“ ab, bewegt das nicht nur die Untertanen im Reich, sondern ein Rücktritt ist durchaus geeignet, die Verzweiflung, in der sich die heutigen, serbelnden Medien befinden, zu manifestieren und dokumentieren. Und auch die sog. „seriösen“ Medien scheuen sich nicht vor Kollegenschelten, wenn es darum geht, das eigene Unvermögen zu rechtfertigen.

Wenn Fussball-Protagonisten delinquieren…

img_2739(causasportnews / red. / 26. Oktober 2019) Entweder, der (Schweizer) Fussball ist lediglich von marginaler Bedeutung – oder man hat sich in dieser Sparte an einiges gewöhnt. Zu vermuten ist wohl beides.

Da wird der Präsident der Professionalabteilung „Swiss Football League“ (SFL) und Vize-Präsident des Dachverbandes (Schweizerischer Fussball-Verband, SFV), Heinrich Schifferle, wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 des Strafgesetzbuches, StGB) verurteilt, wie soeben bekannt wurde, – und niemand regt sich darüber gross auf. Auffallend zurückhaltend geben sich die Medien, die sich sonst bei jeder Kleinigkeit als über allem stehende Moralinstanz aufspielen (ein Schelm, der wegen der Verbindungen des Verurteilten zu den Medien Böses denkt…). In der Tat ist die Schweiz trotz immer wieder beachtenswerter Erfolge der Nationalmannschaft, die von den im Ausland spielenden Schweizern getragen wird, fussballerisch unbedeutend. Sicher kommt hinzu, dass Heinrich Schifferle ein ganz lieber Mensch ist – nicht so, wie viele tricksende und delinquierende Fussball-Funktionäre rund um den Globus, bei denen schon mal einige hundert Jahre Vorstrafen zusammen kommen oder welche von den Verbands-Selbstregulierungsgremien, so etwa die Ethikkommission des Weltfussballverbandes FIFA, aus dem Funktionärs-„Rennen“ genommen wurden und immer noch und immer wieder werden. Fussball-Organisationen und Funktionäre in diesem Segment haben nun einfach einmal einen schlechten Ruf. Damit scheint sich die Welt abgefunden zu haben; offensichtlich auch die Schweiz, wie die „Causa Schifferle“ zeigt.

Fakt ist, dass Heinrich Schifferle gemäss noch nicht rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Winterthur (Urteil vom 24. Oktober 2019; DG180 102-K) wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung verurteilt und zu einer bedingten Geldstrafe von insgesamt 144 000 Franken verurteilt worden ist. Für einen Spitzenfunktionär im Professional-Sport, der verurteilt wird, weil er zwischen Dein (Arbeitgeber) und Mein (Privatinteressen als Arbeitnehmender) offensichtlich nicht oder zuwenig differenziert hat. Der Verurteilte hat in seinen Funktionärs-Eigenschaften mit Finanzen zu tun, er wird etwa gerühmt, einen brillanten TV-Vertrag für die Liga abgeschlossen zu haben. Deshalb ist er in seinen Fussball-Ämtern nicht mehr tragbar. Die Vorkommnisse sind derart gravierend, dass auch der Umstand, dass der Entscheid des Gerichts noch nicht rechtskräftig ist (dahinter verschanzt sich der organisierte Fussball, der sich nicht zur Thematik äussert) keine Rolle spielt. Von Bedeutung ist vor allem auch, dass seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Heinrich Schifferle seit Jahren eine „Schlammschlacht“ zwischen dem Beschuldigten und seinem früheren Arbeitgeber, einer wirtschaftlich potenten Unternehmung im Immobiliengeschäft in Winterthur, in der Öffentlichkeit ausgetragen wird. Wer privat nur schon Mühe hat, zwischen „Mein“ und „Dein“ zu unterscheiden, hat in einer Fussball-Funktion, in der wirtschaftliche Aspekte von grösster Bedeutung sind, nichts (mehr) verloren.

Eigentlich sollte der Betroffene selber zur Einsicht kommen, sich definitiv von allen Ämtern im Fussball zurückzuziehen. Dass der organisierte Fussball hier selber für klare Verhältnisse sorgt und sich seiner Aufsichtspflichten bewusst wird (erinnert sei etwa an Art. 65 Abs. 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, ZGB), ist nicht anzunehmen. An Unappetitliches im Fussball hat man sich gewöhnt; innerhalb und ausserhalb des Sportes. Der Ruf des Fussballs ist global derart ramponiert, dass ein „Fall Schifferle“ deshalb wohl nicht mehr gross berührt. Die „Swiss Football League“ ist zudem mit einem Banken-Sponsor unterwegs, dessen das Unternehmen über Jahre prägender Chef Knall auf Fall abtreten musste und für Monate in Untersuchungshaft gesetzt wurde. Ein solcher Sponsor ist für einen integren Sport an sich nicht mehr tragbar. Aber: pecunia non olet! In der „Causa Schifferle“ geht es allerdings mehr als nur um den schnöden Mammon. Aber um was denn eigentlich, wenn nicht um die Glaubwürdigkeit und das Image des organisierten Fussballs? Der Fussball merkt dies spätestens dann, wenn sich Top-Unternehmen im Rahmen von Sponsoringaktivitäten, etc. nicht mehr in diesem Umfeld blicken lassen wollen.

Kann Franz Beckenbauer noch?

(causasportnews / red. / 23. Oktober) Im Zuge der Anklage der Schweizerischen Bundesanwaltschaft in der „Causa Sommermärchen“ und einem geheimnisvollen Geldmittelfluss nach Katar soll es noch vor Ablauf der Verjährung im Frühjahr des kommenden Jahres zu einem Urteil kommen. So ist es seitens der Ermittlungs- und Anklagebehörde vorgesehen. Männiglich zweifelt jedoch daran, dass es bezüglich der ominösen Zahlung von 6,7 Millionen Euro zu einer Verurteilung der angeklagten Dr. Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach, Horst R. Schmidt (alle Deutschland) und Dr. Urs Linsi (Schweiz) wegen Betrugs (Art. 146 des Strafgesetzbuches, StGB) kommen werde. Da ändert wohl auch nichts am Umstand, dass die vier Funktionäre erfolglos gegen eine Abtrennung des Verfahrens ankämpften und diese prozessuale Niederlage am Bundesstrafgericht locker verschmerzen können. Rechtsexperten äussern sich eindeutig: Das Verfahren gegen Theo Zwanziger und die drei Mitangeklagten wird mit Freisprüchen enden. Vom Verfahren der vier ehemaligen Fussball-Exponenten abgetrennt und eben nicht weitergeführt werden sollten gemäss früherem Entscheid der Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen einen weiteren Haupt-Verantwortlichen, Franz Beckenbauer. Er kann nicht mehr, tönt es seit Monaten aus dem Umfeld des „Kaisers“, der im Verfahren um die Fussball-WM-Endrunde 2006 in Deutschland – völlig atypisch für ihn – in diesem Vorgang in die Defensive ging. Als Spieler und als Trainer lebte er stets nach der Devise: Immer antreten und nie auf Zeit spielen. Dieser Taktik hat die Lichtgestalt des Deutschen Fussballs im zum Kuriosum verkommenen Verfahren jedoch abgeschworen. Und schien sich damit einem Strafprozess erfolgreich entziehen zu können.- Das alles sieht nun das Bundesstrafgericht in Bellinzona anders: Es wird umgehend medizinisch abgeklärt, ob und was Franz Beckenbauer noch kann, also in der Lage ist, den Ermittlungen zu folgen und vor allem einvernommen zu werden. Die in Österreich wohnhafte Deutsche Fussball-Legende (Weltmeister als Spieler und als Trainer) ist gemäss bisheriger Erkenntnis derart krank, dass er im Strafverfahren um das „Sommermärchen“ seine Rechte nicht hinreichend wahrnehmen kann, also vernehmungsunfähig ist (vgl. auch causasportnews vom 28. Juli 2019). Das Bundessstrafgericht verlangt nun von der Bundesanwaltschaft eine umgehende Abklärung bezüglich des Gesundheitszustandes von Franz Beckenbauer. Was also „Kaiser Franz“ noch kann und was nicht, werden jetzt also die medizinischen Experten zu beurteilen haben; und das wegen der drohenden Verjährung möglichst rasch. Dass Franz Beckenbauer noch vieles kann, sind sich vor allem Theo Zwanziger & Co. überzeugt. Von bisherigen „Gefälligkeitsgutachten“ zu Gunsten von Franz Beckenbauer ist die Rede, von vorgetäuschter, schwerer Erkrankung ebenso. Der Betroffene selber macht eine „schwere Herzerkrankung“ geltend, die eine Vernehmungsfähigkeit verunmögliche. Dass Franz Beckenbauer durchaus eine Einvernahmefähigkeit attestiert werden kann, liesse sich allenfalls mit dem Umstand begründen, dass er ab und zu an öffentlichen Anlässen teilnimmt und im Juli anlässlich eines Golfturniers in einer Rede gesagt haben soll, er habe „a bisserl Probleme“. Es wäre wohl nicht verwunderlich, wenn „Kaiser Franz“ demnächst für einvernahmefähig erklärt und danach ebenfalls angeklagt würde. Im Prozess wäre dann ein Freispruch wohl vorgegeben. So könnte er dann getrost sagen: „Mitspielen und gewinnen ist schöner als nicht mitspielen und zwar auch gewinnen.“.

Es grünt so grün – auf und neben dem Rasen

(causasportnews / red. / 21. Oktober 2019) Spricht ein Fussballsportler oder –anhänger von „grün“, meint er in der Regel den grünen Rasen auf dem Spielfeld. Momentan ist „grün“ aber auch in anderem Zusammenhang und auch für Sportler/innen ein aktuelles Schlagwort. Es geht um Politik und die grüne Ideologie, welche im Moment durch die wohlhabende Welt fegt. Der sog. „Greta-Effekt“ hinterlässt insbesondere in Europa Spuren; in Deutschland sowieso, und nun auch in der Schweiz, die ein eindrückliches Wahlwochenende hinter sich hat und gestern das eidgenössische Parlament neu bestellte. Die im teils krassen, linken Spektrum anzusiedelnden „Grünen“ und „Grünliberalen“ legten erwartungsgemäss zu (während die Sozialdemokraten, SP, abstürzten wie ihre deutschen Genossinnen und Genossen), doch im politischen Gesamt-Kontext wird sich in den kommenden vier Jahr, bis das Parlament wieder gewählt wird, kaum viel ändern; denn ohne Allianzen lässt sich auf Bundesebene nichts bewirken. Dafür wird etwa die nach wie vor massiv stärkste Partei in der Schweiz, die Schweizerische Volks-Partei (SVP), mit einem Wähleranteil von mehr als 25%, kaum zur Verfügung stehen (die „Grünen“ kommen auf 15%, die „Grünliberalen“ auf 7,9 %). Andere Parteien mit bürgerlicher Ausrichtung sind in der nationalen Politik der Schweiz nicht mehr auszumachen, und die an sich inexistent gewordene, politische Mitte ist in der Schweiz erodiert und schon längst im politischen Links-Spektrum anzusiedeln. Wie in Deutschland sind die Liberalen auch in der Schweiz (FDP) in ihrer Erfolglosigkeit und Verzweiflung noch unberechenbarer geworden und längst keine verlässlichen, rechten Partner mehr. So haben in der Schweiz die „Grünen“ zwar massiv zugelegt, auf die Sachpolitik wird das keinen markanten Einfluss haben, zumal auch etwa die SVP durchaus umweltbewusst politisiert – was an sich eine Selbstverständlichkeit ist. Erfreulich für die SVP – und quasi in eigener Sache auch für „Causa Sport“ und „causasportnews“: Mit einem Glanzresultat ist der Zürcher Rechtsprofessor und Parlamentarier, Hans-Ueli Vogt, wieder in den Nationalrat gewählt worden; er gehört auch dem Redaktions-Team von „Causa Sport“ und „causasportnews“ an.

Der Sport hatte in mehrfacher Hinsicht Einfluss auf die Wahlen. So dürften die Verluste etwa der SVP nicht unwesentlich darauf zurückzuführen sein, dass sie dem an sich unhaltbaren Bundesanwalt Michael Lauber, der in den FIFA-Ermittlungsstrudel hineingeraten ist, vor einem Monat zur Wiederwahl verholfen hat (causasportnews vom 25. September 2019). Apropos FIFA: So kandidierte der ehemalige Legal Director der FIFA, Eishockey-Fan und SVP-Regierungsrat, Heinz Tännler, im Kanton Zug für einen Sitz im Ständerat (Kantonsvertretung im helvetischen Parlament); und muss nun in einen zweiten Wahlgang. Nicht nur Polit-Auguren räumen dem ehemaligen FIFA-Funktionär kaum Chancen ein – eher weniger deswegen, weil eine FIFA-Vergangenheit in der Schweiz nicht gerade als Renommee gilt. Dem umtriebigen, langjährigen Politiker half auch nicht, dass er am grössten Sportanlass der Schweiz, dem kürzlich in Zug (!) durchgeführten Eidg. Schwing- und Älplerfest, als OK-Präsident amtete (causasportnews vom 26. August 2019). Die Zuger Wählerschaft liess sich von diesen plötzlichen Schwinger-Affinitäten des ehemaligen Sport-Funktionärs nicht gross beeindrucken und ignorierte dieses Engagement als Wahlkampfmittel offenbar weitgehend.

Nach soviel helvetischer Politik und nationalem Sport noch das: Noch immer warten die Betroffenen (Spieler, Klubs und Verbände) sowie die Öffentlichkeit auf die Bekanntgabe von Sanktionen nach Hitlergrüssen durch Zuschauer/innen anlässlich des EM-Qualifikationsspiels Bulgarien gegen England in Sofia vor einer Woche. Ebenso müss(t)en die Salutgrüsse türkischer oder türkisch-stämmiger Spieler in Richtung der türkischen Armee drastische Folgen nach sich ziehen, da der Sport massivst für politische Zwecke und zu Diskriminierungen missbraucht worden ist. Doch der Europäische Verband (UEFA) und der Weltfussballverband (FIFA) üben sich nicht ganz unerwartet in vornehmer Zurückhaltung – obwohl in diesen Bereichen eine „Nulltoleranz“-Politik herrschen soll…

Horst Hilpert (82) ist verstorben

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Dr. Horst Hilpert, Prof. Wolf-Dietrich Walker und Prof. Ulrich Haas (von links nach rechts)   anlässlich einer Sportrechts-Tagung

(causasportnews / red. / mn. / 17. Oktober 2019) „Ich bin sicher, jetzt hört die Fallsucht der Spieler auf“, sagte der langjährige Vorsitzende des Kontroll-Ausschusses des Deutschen Fussball-Bundes (DFB), Dr. Horst Hilpert, nachdem er 1995 als Chefankläger des grössten Sportverbandes der Welt eine Sperre gegen den Dortmund-Spieler Andreas (Andi) Möller nach einer „Schwalbe“ erwirkt hatte. Der spektakulärste Fall in seiner 15jährigen Amtszeit als ehrenamtlich tätiger Sportfunktionär und Vorsitzender des Kontroll-Ausschusses, im Berufsleben Präsident des Landesarbeitsgerichts des Saarlandes und Präsident des Saarländischen Verfassungsgerichtshofes, war zweifellos das Verfahren gegen Schiedsrichter Robert Hoyzer im sog. „Sportwettenskandal“ um verpfiffene Spiele. Vor zwei Tagen ist der Top-Sportfunktionär und versierte Jurist im Alter von 82 Jahren verstorben. Nach dem Ausscheiden aus dem Richterdienst verfasste Horst Hilpert mehrere Monographien zum Sportrecht. Seine Dissertation, vor acht Jahren (!) fertig gestellt und in der „Schriftenreihe Causa Sport“ publiziert („Die Geschichte des Sportrechts“, Bd. 4; 2011), wurde an der Juristischen Fakultät der Universität Kiel eingereicht und von Prof. Dr. Martin Nolte, dem heutigen Leiter des Instituts für Sportrecht der Deutschen Sporthochschule Köln und u.a. Mitglied des Redaktionsteams von „Causa Sport“, abgenommen. Diese über 500 Seiten starke Publikation gilt als „opus magnum“ des Sportrechts und reicht von der Darstellung spielbezogener Höhlenmalereien aus der Frühgeschichte der Menschheit bis zu den Olympischen Jugendspielen 2010 in Singapur. In der „Schriftenreihe Causa Sport“ erscheinen noch zwei weitere Publikationen des unermüdlichen Schaffers: „Die Olympischen Spiele der Neuzeit“ (Bd. 9; 2014) und „Nationale und internationale Fussballrechtsprechung“ (Bd.13; 2016). Seine letzte Publikation zu Sport- und Spielregeln von der Urzeit der Menschheit bis zur Gegenwart erschien vor wenigen Wochen; Horst Hilpert war es vergönnt, dieses Werk noch fertig stellen zu können.

Ein (halber) Sieg für die Frauen im Iran

(causasportnews / red. / 15. Oktober 2019) Wohlvermerkt, das alles ereignet sich im 3. Jahrtausend nach Christus…Doch weil das Christentum für den Islam eh inexistent ist, scheint die Jahrtausend-Einordnung in diesem Fall so oder so irrelevant zu sein. Jedenfalls ereignete sich kürzlich in Teheran aus der Sicht des Islams geradezu Revolutionäres, aus anderer Optik eher Unglaubliches, Skurriles. Am 10. Oktober trugen die Fussballspieler Irans einen WM-Qualifikationsmatch gegen Kambodscha aus. Sportlich war das eine klare Sache: Die Iraner fertigten die Kambodschaner gleich mit 14:0 ab – eine WM-Qualifikation darf natürlich auch komische Elemente beinhalten. Das Resultat war allerdings von sekundärer Bedeutung. Bemerkenswerteres ereignete sich ausserhalb des Spielfeldes, denn erstmals nach 40 Jahren war es Frauen erlaubt, als Zuschauerinnen an einem Fussballspiel dabei zu sein. Nach dem Schützenfest eilten die Iraner zu den vier separaten, mit Frauen belegten Tribünen und bedankten sich bei den hinzugewonnen, weiblichen Fans. Bis zum Spielbeginn war es unklar, ob der Qualifikations-Match überhaupt in Gegenwart von Frauen ausgetragen würde (causasportnews vom 29. September 2019). Wohl nur wegen des internationalen Drucks auf die Staats-Verantwortlichen Irans erlebten Frauen seit der Islamischen Revolution vor fast 40 Jahren in der Islamischen Republik nun einen mehr oder weniger ungehinderten Zugang zu einem Fussballspiel. Die Nachfrage nach Tickets für die Frauen-Tribünen im Azadi-Stadion in Teheran war enorm, und die rund 4000 Eintritte, für welche eine neue Kategorie („Frauen-Tickets“) geschaffen wurde, gingen offenbar in kürzester Zeit weg. Trotz allem: So ganz ist diese fussballerische Frauen-Emanzipation (noch) nicht geglückt. Die separaten „Frauen-Tribünen“ im Stadion, die Zäune zur Geschlechtertrennung, der Ausschluss weiblicher (Press-)Fotografen und andere Einschränkungen liessen den 10. Oktober 2019 nur halbwegs zum Frauen-Befreiungstag im Iran werden. Nach wie vor bilden Fussball-Stadien für Frauen bei nationalen Spielen sog. „terrae incognitae“.

Die Öffnung im Rahmen internationaler Spiele hat sich seit dem März dieses Jahres abgezeichnet. Immer wieder schmuggelten sich in den letzten Jahren Frauen, verkleidet und nicht selten mit angeklebten Bärten, in die Stadien. Eine 29jährige Frau wurde erwischt und vor das Islamische Revolutionsgericht gestellt. Dort zündete sie sich an und starb an den Verbrennungen. Nach internationalen Protesten wegen dieser Diskriminierung und den tragischen Folgen wurde die Lockerung der Zugangs-Restriktionen für Frauen angekündigt. Ob diese Liberalisierung durch den Druck der FIFA ausgelöst worden ist, lässt sich nicht belegen, könnte aber sein.

Wird Michel Platini der nächste FIFA-Präsident?

(causasportnews / red. / 14. Oktober 2019) Wie gemeldet (vgl. causasportnews vom 7. Oktober), ist der ehemalige französische Fussball-Star und Spitzen-Funktionär Michel Platini nach abgelaufener Sanktion wieder frei von Schuld und Strafe. Seit dem 8. Oktober 2019 darf er u.a. auch wieder als Fussball-Funktionär amten. Nun steht die Frage im Raum, ob der 64 Jahre alte Franzose die Funktion, für die er 2016 auserkoren war, nochmals anstrebt: Das FIFA-Präsidium. Hätte ihn die Sperre damals nicht daran gehindert, als Präsident des Welt-Fussballverbandes zu kandidieren, hiesse der Präsident des Weltfussballverbandes heute nicht Gianni Infantino, sondern eben…Michel Platini. Seit Ablauf der Sperre brodelt es in der Gerüchteküche, und es gibt eine Vielzahl von Gründen, die dafür sprechen, dass Michel Platini sein grosses Ziel, wenn nun auch mit „Verspätung“, doch noch zu realisieren versuchen wird. Der Rückhalt für den amtierenden FIFA-Präsidenten ist vor allem in der wichtigsten Konföderation im Rahmen der FIFA, der UEFA, seit geraumer Zeit stark geschwunden. Würde sich Michel Platini als Kandidat dem Wahlgeschäft stellen, hätte er wohl die meisten Stimmen der UEFA-Nationalverbände – immerhin 55 an der Zahl – auf sicher. In der UEFA herrscht immer noch die Meinung vor, dass Michel Platini mit der Verhängung der Sperre durch die FIFA Unrecht geschehen sei; Gianni Infantinos Vorgehensweise, um seinen ehemaligen Chef zu beerben, wird weitgehend nicht goutiert. Gianni Infantino gilt im Weltfussball nach wie vor als präsidialer „Notnagel“; die Chemie zwischen der UEFA und dem FIFA-Präsidenten soll zudem seit einiger Zeit nicht mehr stimmen. Es kommt hinzu, dass viele Nationalverbände mit der Amtsführung durch Gianni Infantino unzufrieden sind, auch wenn sich diese ob des stets reicheren Geldregens vom „Zürichberg“ in pekuniärer Hinsicht nicht beklagen können. Geld versprechen und dieses entsprechend auf die Nationalverbände niederprasseln zu lassen, wird natürlich auch Michel Platini zugetraut. Dem FIFA-Präsident wird vor allem (hinter vorgehaltener Hand) vorgeworfen, sich nicht längst vom altgedienten Broadcasting-Vermarktungs-Modell verabschiedet zu haben und die FIFA generell in eine neue Zukunft zu führen, sondern sich mit undurchsichtigen Investoren zu umgeben, sonst aber das konventionelle Funktionärs-Gebaren, aus welchen Gründen auch immer, weiter zu treiben. Mit einem, so ein Insider, „schrägen Angebot“ solcher Investoren hat Gianni Infantino den FIFA-Rat brüskiert und auch in der Sport-Vermarktungsszene für mehr als nur für Stirne-Runzeln gesorgt; der von ihm inszenierte 25 Milliarden-Deal zur Verwertung von FIFA-Rechten aller Art ist jedenfalls brüsk gescheitert. Dem amtierenden FIFA-Präsidenten wird vorgeworfen, vor allem aus eigenem Machterhaltungstrieb an veralteten Vermarktungs-Modellen festzuhalten. Dem wiederauferstandenen Michel Platini wird zugetraut, die FIFA in neue Vermarktungssphären führen zu können. Es bestehen jedenfalls Anhaltspunkte dafür, dass Michel Platini ein Comeback ins Auge fasst, auch wenn von ihm in dieser Hinsicht noch kein konkretes Votum vorliegt. Wohl eher theoretischer Natur ist aus der Sicht des amtierenden FIFA-Präsidenten, dass ein Kandidat Platini über den Integritätscheck stolpern könnte. Auch der Umstand, dass Gianni Infantino bis 2023 gewählt ist, dürfte allerdings kein grosses Hindernis im Rahmen eines Comebacks für Michel Platini sein. So sieht Art. 65 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) zwingend vor, dass ein Vereinsorgan (das ist der FIFA-Präsident im Rahmen des Vereins „FIFA“) jederzeit abberufen werden kann. Zu den Präsidentschafts-Mutmassungen um die Person Michel Platini ist zu konstatieren: Wenn er will, dürfte er der nächste FIFA-Präsident werden.

Vor dem nächsten Strafrechts-Fall – diesmal im Handball

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(causasportnews / red. / 10. Oktober 2019) Schon einige Male wurden Strafgerichte nach schweren Fouls auf Sportplätzen tätig – erinnert sei etwa an die Vorgänge „Chapuisat/Favre“, „Rieder/Zaugg“, „Wieser/Yapi“ (Fussball) oder „Miller/McKim“ sowie „Antisin/Malkow“ (Eishockey); im deutschen Fussball ging die Verletzung in die Sportrechts-Geschichte ein, die 1981 dem damaligen Spieler von Arminia Bielefeld, Ewald Lienen, von Norbert Siegmann (Werder Bremen) im Kampf um den Ball zugefügt worden war; die Medien sprachen von der „hässlichsten Wunde, die je geschlagen wurde“. Für den Beschuldigten hatte die Attacke mangels Verletzungsvorsatzes keine strafrechtlichen Konsequenzen (Urs Scherrer, Sportrecht – Fälle aus der Praxis, 1984; vgl. zur Thematik allgemein Urs Scherrer / Remus Muresan / Kai Ludwig, Sportrecht – Eine Begriffserläuterung, 3. Aufl., 2014, 301 f.). Nun steht der nächste Strafrechtsfall aus dem Sport vor der Beurteilung. Betroffen ist diesmal die Sparte „Handball“. Beurteilungsgegenstand ist ein Foul, welches der tschechische Spieler Milan Skvaril (HSC Suhr Aarau) gegenüber Nicolas Raemy (Wacker Thun) im April dieses Jahres begangen hatte. Der Thuner Akteur, der bei der Aktion verletzt wurde und für zwei Spiele aussetzen musste, reichte eine Strafanzeige ein, was Ermittlungen auslöste – und nun zu einer strafrechtlichen Beurteilung führen wird. Der Anzeigeerstatter ist der Auffassung, mit dieser Attacke sei eine „rote Linie“ überschritten worden und der Tscheche habe ihn vorsätzlich verletzt. Die Beurteilung dieses Fouls mit seinen Folgen obliegt nun dem zuständigen Strafgericht.-

Wie üblich in solchen Fällen, wird die Diskussion entfacht, ob Straftaten, die auf einem Sportplatz begangen werden, (auch) strafrechtlich beurteilt werden sollen; dass sie es, falls die Voraussetzungen hierfür gegeben sind, müssen, ist hinlänglich bekannt. Vereinsrechtlich ist Milan Skvaril von der Handball-Verbandsjustiz sanktioniert worden (nach der „roten Karte“ im Spiel wurde er letztlich für eine Partie gesperrt). Die Forderungen in den Medien, mit einem Sanktionsentscheid solle es bei derartigen, offenbar nicht so schweren Fouls (wie hier offenbar im Fall Skvaril/Raemy), sein Bewenden haben, werden die beiden poenalen Ebenen verkannt. Sanktioniert ein Verband eine solche Aktion, entscheidet er im Rahmen einer Privatstrafe zivilrechtlich. Ein Strafgericht beurteilt hingegen einen solchen Sachverhalt rein unter strafrechtlichen Gesichtspunkten. Im konkreten Fall wird das Strafgericht also zu entscheiden haben, ob durch die Handlung des tschechischen Spielers der Tatbestand der schweren Körperverletzung (Art. 122 des Strafgesetzbuches) erfüllt ist oder nicht (allenfalls sind die diesbezüglichen Meldungen auch ungenau und der Geschädigte hat lediglich einen Strafantrag wegen einfacher Körperverletzung, Art. 123 StGB, gestellt, sind Anhaltspunkte für eeine schwere Körperverletzung gegeben, ist ex officio zu ermitteln). Dass etwa die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) schreibt, die Beurteilung solcher Taten auf dem Sportfeld sei der Verbandsjustiz zu überlassen, „weil sie näher am Geschehen und mit den Eigenheiten des Sports besser vertraut sei“, beweist, dass eine derartige, abwegige Denke wohl rein populistisch motiviert ist; vor allem, wenn man sich noch die Überschrift vor Augen führt: „Wo hört das Foul auf, und wo beginnt die Straftat?“ (NZZ vom 9. Oktober 2019). Dabei ist alles doch so einfach: Die Handball-Justiz beurteilt ein solches Foul vereinsrechtlich im Sinne einer „Privatstrafe“, das Strafgericht wendet das Strafrecht an. Zwischen zivilrechtlicher Sanktion und Kriminalstrafe kommt denn auch der Grundsatz „ne bis in idem“ (Verbot der Doppelbestrafung) nicht zur Anwendung (vgl. hierzu die Ausführungen im oben zitierten Buch „Sportrecht – Eine Begriffserläuterung“, 239 f.). Der „Fall Skvaril/Raemy“ kann auch durchaus mit einem Freispruch enden…

Sperre gegen Michel Platini läuft ab

(causasportnews / rbr. / 7. Oktober 2019) Noch einmal schlafen, dann ist es soweit, wird sich der ehemalige Weltklasse-Spieler sowie spätere Präsident der europäischen Fussballkonföderation UEFA und Vizepräsident des Weltfussballverbands FIFA, Michel Platini, heute vermutlich sagen: Morgen, am 8. Oktober 2019 um Mitternacht, läuft nämlich seine Sperre von vier Jahren, welche die FIFA-Ethikkommission gegen ihn ausgesprochen hatte und die vom Sportschiedsgericht TAS (Tribunal Arbitral du Sport) und dem Schweizerischen Bundesgericht bestätigt worden war, ab.

Kaum jemand hatte es kommen sehen: Am 8. Oktober 2015 wurde Michel Platini, und mit ihm FIFA-Präsident Joseph Blatter, von der FIFA-Ethikkommission Knall auf Fall für 90 Tage provisorisch gesperrt. Grund für diese Sperre war eine undurchsichtige Zahlung von zwei Millionen Franken der FIFA an Michel Platini im Februar 2011, die vom damaligen FIFA-Präsidenten autorisiert worden war. Der Rest ist (Sportrechts-) Geschichte: Am 21. Dezember 2015 sperrte die Ethikkommission Michel Platini wegen Vorteilsannahme und Interessenkonflikts definitiv von allen fussballbezogenen Aktivitäten, und zwar für nicht weniger als acht Jahre. Die Berufungskommission der FIFA reduzierte die Sperre auf sechs Jahre, das TAS später auf vier Jahre (TAS 2016/A/4474 vom 9. Mai 2016; vgl. dazu Causa Sport 2017, 89 ff.). Das Bundesgericht bestätigte schliesslich letztinstanzlich den Entscheid des TAS (Urteil BGer 4A_600/2016 vom 29. Juni 2017).

Nachdem Michel Platini seine Sperre nun abgesessen hat, steht ihm im Prinzip ab sofort wieder das Recht zu, offizielle Ämter im Fussball zu bekleiden. Es ist jedoch noch offen, ob ihm nicht die von der FIFA unlängst eingeführten „Integrity Checks“ zum Verhängnis werden könnten: Neu sind nämlich nur noch Personen in Ämter der FIFA wählbar, die über einen tadellosen Leumund verfügen. Bei einer „Vorstrafe“ wie derjenigen von Michel Platini darf dies bezweifelt werden; die vierjährige Sperre könnte damit faktisch auf eine lebenslange Sperre hinauslaufen, wie dies schon einige seiner früheren Amtskollegen erfahren mussten (z.B. die früheren FIFA-Vizepräsidenten Jack Warner, Mohamed Bin Hammam oder Jeffrey Webb). Es ist also denkbar, dass Michel Platini – so er denn solche hegen sollte – seine Ambitionen auf einen hohen Posten in der FIFA oder in der UEFA ohnehin begraben muss.