(causasportnews / red. / 30. Oktober 2019) Wenn ein König abtritt, ist das selbstverständlich auch in der nicht gerade „Monarchie-affinen“ Schweiz das Thema. Es beherrscht die Schlagzeilen, oder müsste sie zumindest beherrschen – und besonders laut sind in einem solchen Fall durchwegs die Nebengeräusche. Beim Rücktritt des Schwingerkönigs von 2016, Matthias Glarner, sorgten die Medien, grundsätzlich die Transporteure von Botschaften aller Art, selber für Aufmerksamkeit, und das nicht nur im Rahmen der Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Rücktritt des 34jährigen Berners (vgl. etwa auch causasportnews vom 4. März 2019). Die Geschichte um den Rücktritt von Matthias Glarner ist auch ein Stück Geschichte des modernen (Sport-)Journalismus‘, der in der heutigen Zeit oft spezielle Wege geht; von der „vierten Gewalt“ im Staat spricht beim Thema „Medien“ schon gar niemand mehr, sie sind (wirtschaftliche) Interessenvertreter und Verfechter oder Steigbügelhalter von (politischen) Ideologien. Donald Trump hat es schliesslich immer gesagt und lässt die Welt seine Entscheidungen und Ansichten praktisch nur noch per „Twitter“ vernehmen.
Da lud also der rücktrittswillige „König“ zu einer Pressekonferenz, und das ausgerechnet an einem Samstag, 26. Oktober, als sich die Sonntags-Zeitungen bereits in der redaktionellen Abschlussphase befanden. So kam es, dass die „NZZ am Sonntag“ den Rücktritt von Matthias Glarner in der Sonntagsausgabe nur kurz vermeldete, jedoch, oh dummer Zufall, ein einseitiges, wohl lange zuvor vorbereitetes Porträt, wohl eine „Konserve“, des ehemaligen Spitzenschwingers Arnold Forrer, der 2001 zum König der Sägemehl-Ringer gekürt wurde, brachte! Peinlich, peinlich also für das selbsternannte und von der Dynamik der Ereignisse überrollte Intelligenzblatt von der Zürcher Falkenstrasse, dessen Gangart grundsätzlich nicht als übermässig engagiert qualifiziert werden kann. Den Frust arbeiteten die Blattmacher dann in der Montagsausgabe der „NZZ“ ab und traten – unglaublich für das auf „Stil“ bedachte Blatt – wacker nach. Hämisch und um die eigene Lethargie zu legitimieren, konstatierte der zwischenzeitlich aufgeschreckte Journalist der „NZZ“, der „Sonntags-Blick“, die Boulevard-Konkurrenz der „NZZ am Sonntag“, hätte die Meldung vom Rücktritt von Matthias Glarner am Sonntag auch erst auf Seite 34 gebracht (und nicht etwa, wie es sich geziemen würde, auf der Frontseite); kein Wunder, stehe das Karrierenende des Berners doch im Zusammenhang mit dem Sturz aus einer Gondel anlässlich eines Foto-Shootings für die Zeitschrift „Schweizer Illustrierte“ aus dem selben Verlag wie der „Sonntags-Blick“. Demnach, so war es zwischen den Zeilen in der „NZZ“ zu lesen, trage ja wohl dieser Verlag indirekt eine Mit-Schuld am Karrieren-Ende des Top-Sportlers, der in der Tat nach dem Vor- und Unfall und den darauf basierenden Verletzungen nicht mehr richtig auf Touren kam.
Ironie der Geschichte: Tritt ein „König“ ab, bewegt das nicht nur die Untertanen im Reich, sondern ein Rücktritt ist durchaus geeignet, die Verzweiflung, in der sich die heutigen, serbelnden Medien befinden, zu manifestieren und dokumentieren. Und auch die sog. „seriösen“ Medien scheuen sich nicht vor Kollegenschelten, wenn es darum geht, das eigene Unvermögen zu rechtfertigen.