(causasportnews / red. / 26. Oktober 2019) Entweder, der (Schweizer) Fussball ist lediglich von marginaler Bedeutung – oder man hat sich in dieser Sparte an einiges gewöhnt. Zu vermuten ist wohl beides.
Da wird der Präsident der Professionalabteilung „Swiss Football League“ (SFL) und Vize-Präsident des Dachverbandes (Schweizerischer Fussball-Verband, SFV), Heinrich Schifferle, wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 des Strafgesetzbuches, StGB) verurteilt, wie soeben bekannt wurde, – und niemand regt sich darüber gross auf. Auffallend zurückhaltend geben sich die Medien, die sich sonst bei jeder Kleinigkeit als über allem stehende Moralinstanz aufspielen (ein Schelm, der wegen der Verbindungen des Verurteilten zu den Medien Böses denkt…). In der Tat ist die Schweiz trotz immer wieder beachtenswerter Erfolge der Nationalmannschaft, die von den im Ausland spielenden Schweizern getragen wird, fussballerisch unbedeutend. Sicher kommt hinzu, dass Heinrich Schifferle ein ganz lieber Mensch ist – nicht so, wie viele tricksende und delinquierende Fussball-Funktionäre rund um den Globus, bei denen schon mal einige hundert Jahre Vorstrafen zusammen kommen oder welche von den Verbands-Selbstregulierungsgremien, so etwa die Ethikkommission des Weltfussballverbandes FIFA, aus dem Funktionärs-„Rennen“ genommen wurden und immer noch und immer wieder werden. Fussball-Organisationen und Funktionäre in diesem Segment haben nun einfach einmal einen schlechten Ruf. Damit scheint sich die Welt abgefunden zu haben; offensichtlich auch die Schweiz, wie die „Causa Schifferle“ zeigt.
Fakt ist, dass Heinrich Schifferle gemäss noch nicht rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Winterthur (Urteil vom 24. Oktober 2019; DG180 102-K) wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung verurteilt und zu einer bedingten Geldstrafe von insgesamt 144 000 Franken verurteilt worden ist. Für einen Spitzenfunktionär im Professional-Sport, der verurteilt wird, weil er zwischen Dein (Arbeitgeber) und Mein (Privatinteressen als Arbeitnehmender) offensichtlich nicht oder zuwenig differenziert hat. Der Verurteilte hat in seinen Funktionärs-Eigenschaften mit Finanzen zu tun, er wird etwa gerühmt, einen brillanten TV-Vertrag für die Liga abgeschlossen zu haben. Deshalb ist er in seinen Fussball-Ämtern nicht mehr tragbar. Die Vorkommnisse sind derart gravierend, dass auch der Umstand, dass der Entscheid des Gerichts noch nicht rechtskräftig ist (dahinter verschanzt sich der organisierte Fussball, der sich nicht zur Thematik äussert) keine Rolle spielt. Von Bedeutung ist vor allem auch, dass seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Heinrich Schifferle seit Jahren eine „Schlammschlacht“ zwischen dem Beschuldigten und seinem früheren Arbeitgeber, einer wirtschaftlich potenten Unternehmung im Immobiliengeschäft in Winterthur, in der Öffentlichkeit ausgetragen wird. Wer privat nur schon Mühe hat, zwischen „Mein“ und „Dein“ zu unterscheiden, hat in einer Fussball-Funktion, in der wirtschaftliche Aspekte von grösster Bedeutung sind, nichts (mehr) verloren.
Eigentlich sollte der Betroffene selber zur Einsicht kommen, sich definitiv von allen Ämtern im Fussball zurückzuziehen. Dass der organisierte Fussball hier selber für klare Verhältnisse sorgt und sich seiner Aufsichtspflichten bewusst wird (erinnert sei etwa an Art. 65 Abs. 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, ZGB), ist nicht anzunehmen. An Unappetitliches im Fussball hat man sich gewöhnt; innerhalb und ausserhalb des Sportes. Der Ruf des Fussballs ist global derart ramponiert, dass ein „Fall Schifferle“ deshalb wohl nicht mehr gross berührt. Die „Swiss Football League“ ist zudem mit einem Banken-Sponsor unterwegs, dessen das Unternehmen über Jahre prägender Chef Knall auf Fall abtreten musste und für Monate in Untersuchungshaft gesetzt wurde. Ein solcher Sponsor ist für einen integren Sport an sich nicht mehr tragbar. Aber: pecunia non olet! In der „Causa Schifferle“ geht es allerdings mehr als nur um den schnöden Mammon. Aber um was denn eigentlich, wenn nicht um die Glaubwürdigkeit und das Image des organisierten Fussballs? Der Fussball merkt dies spätestens dann, wenn sich Top-Unternehmen im Rahmen von Sponsoringaktivitäten, etc. nicht mehr in diesem Umfeld blicken lassen wollen.