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Explodierende und explosive Fussballspieler-Saläre

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(causasportnews / red. / 26. Februar 2021) Obwohl der organisierte Sport trotz «Corona» einigermassen geordnet und kalkuliert stattfinden kann, wenn auch in «Blasen» und durchwegs unter Ausschluss der unmittelbaren Publikums-Öffentlichkeit, sorgen dessen Randerscheinungen immer wieder für Schlagzeilen. Dazu gehören die Saläre der Fussballspieler. Vor allem natürlich die Entschädigungen der Millionäre in kurzen Hosen, die sich in der Krise generell wenig solidarisch zeigen und vor allem auf ihre eigenen, pekuniären Vorteile bedacht sind. Aktuelles Beispiel hierfür ist der Super-Star des FC Barcelona, Lionel Messi. Der Argentinier in den Diensten der Katalonen ist für den FC Barcelona etwa die halbe Miete wert – auf dem Spielfeld und im Rahmen der Vermarktung des Klubs. Dafür streicht der kleine Argentinier mit dem grossem Fussballerherz ein erkleckliches Salär ein, wie kürzlich bekannt geworden ist; ein Faktum, dass die Diskussion um horrende, immer noch explodierende Fussballer-Saläre befeuert hat. Seit der Saison 2017/18 und bis zum Vertragsende am 30. Juni dieses Jahres wird Lionel Messi für seine Dienste im Solde des FC Barcelona ungefähr 555 Millionen Euro brutto eingestrichen haben. Das macht ein Salär von über 200 000 Euro pro Tag aus. Die Zahlen wurden aufgrund von Indiskretionen bekannt und werden seit Tagen vor allem von Medien insbesondere in Spanien seziert. Dabei wird u.a. darauf hingewiesen, dass Lionel Messi das Geld, das er einstreicht und wie eine schwäbische Hausfrau verwaltet (für Grosszügigkeit ist der Top-Star im Barcelona-Ensemble nicht bekannt), nicht stiehlt, sondern es redlich verdient. Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass ein Aspekt nicht zu verkennen sei: Den Arbeitgeber des Spielers, den FC Barcelona, drücken im Moment Verbindlichkeiten von mehr als einer Milliarde Euro. Es kommt hinzu, dass der Klub ein paar weitere Grossverdiener unter Vertrag hat und selbst auf der Ersatzbank jeweils ein paar hundert Millionen Euro an Fussballer-Marktwert untätig herumsitzen. Trotz «Corona» und der für den Sport dadurch verbundenen Restriktionen werden die Spielersaläre im Top-Segment weiter ansteigen. Der FC Barcelona ist hierfür nur ein Beispiel. Die Entschädigungen für Lionel Messi gelten in der katalanischen Metropole letztlich als Investition.

Im Zusammenhang mit den immer noch hohen Salären bei den Fussball-Professionals ist die vor allem juristische Diskussion um die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts als Schutzrecht für Fussball-Millionäre neu belebt worden. Dabei ist es eher von untergeordneter Bedeutung, dass im organisierten Fussball weltweit befristete, meist mehrjährige, Arbeitsverträge abgeschlossen werden (in der Regel vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres). Vor allem Arbeitsrechtler, vorwiegend aus der linken Ecke, verneinen die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts auf Top-Verdiener tendenziell. Ihrer Meinung nach soll das Arbeitsrecht auf Spitzenverdiener im Sport nur (noch) eingeschränkt zur Anwendung kommen. Das alles entscheidende Kriterium bezüglich der Anwendbarkeit oder Nicht-Anwendbarkeit des Arbeitsrechts im Top-Sport, nicht nur im Fussball, wären dann die Salärhöhen. Allerdings müssten dann wohl ebenso auch die Entschädigungen von sog. Top-Managern in diversen Branchen im Rahmen von Arbeitsverträgen hinterfragt werden. Das Thema ist auf jeden Fall einigermassen explosiv. Nicht nur bezüglich der explodierenden Spieler-Saläre, sondern allgemein.

Mehr zu diesem Thema vgl. aktuell in der Dissertation von Alexander Wagner, Die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts auf Spitzenverdiener, Verlag Duncker & Humblot, Berlin, 2019; zudem sei auf die Besprechung der Arbeit in der nächsten Ausgabe von «Causa Sport» 1/2021 hingewiesen (www.causasport.org).

«Webinar»-Spezial zum Sport-Arbeitsrecht

(causasportnews / red. / 1. Dezember 2020) Die «COVID-19»-Pandemie wirkt auch auf den Sport wie ein unkontrollierbarer Impakt. Abgebrochene und verkürzte Sportveranstaltungen kosten durchwegs mehr als mit ihnen Mittel generiert werden können. Angesichts der regelmässig überdurchschnittlich hohen Aufwandposition „Personalkosten“ suchen Klubs in den gängigen Mannschaftssportarten nach Mittel und Wegen, um etwa die Gehaltskosten der Sport-Protagonisten zu reduzieren. Diskussionen über Gehaltsverzichte und -kürzungen wurden schon während und nach dem «Lockdown» in der ersten Jahreshälfte meist emotional geführt. Aber es stellen sich hierzu auch diverse, vor allem juristische Fragen, wie beispielsweise: Wie ist ein Gehaltsverzicht oder eine Salärkürzung rechtlich zu qualifizieren? Dürfen Sportler-Saläre einseitig gekürzt werden und wird Einvernehmlichkeit benötigt? Was ist in Arbeitsverträgen allenfalls vorzukehren, um für künftige Krisenfälle mit Mittelknappheit gewappnet zu sein? Welche Vergütungsstrukturen im Sport-Arbeitsrecht lassen sich aufgrund der «COVID-19»-Thematik allenfalls andenken? Diese und weitere Fragen und Themenbereiche behandeln Fachleute für Sport-Arbeitsrecht aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Österreich im Rahmen eines speziellen Webinars, das am 9. Dezember 2020 zwischen 16.00 und 17.30 Uhr durchgeführt wird.

Die Teilnahme ist kostenlos, die Anmeldung erfolgt über den Link http://zoom.vinber.org/

Organisation: Dr. iur. Marco Del Fabro, Zürich (E-Mail: bfms-law.ch); Prof. Dr. iur. Philipp S. Fischinger, Mannheim (E-Mail: philipp.fischinger@jura.uni-mannheim.de)

Der „Shitstorm“ über Hakan Yakin

(causasportnews / red. / 11. Februar 2020) Es entspricht einem Klischee anzunehmen, Fussballspieler würden neben dem Sportplatz dem Inbegriff von bspw. Cleverness eher nicht gerecht. Manchmal verhalten sie sich allerdings auch so, dass sich die Schlussfolgerung aufdrängen könnte, der Betroffene hätte zumindest klüger handeln können.- Zum Beispiel Hakan Yakin. Der 87fache, ehemalige Schweizer Internationale ist derzeit Assistenztrainer des Challenge League-Klubs FC Schaffhausen und verdient als rechte Hand seines als Trainer tätigen Bruders Murat Yakin für eine 70%-Anstellung CHF 2‘000 brutto im Monat. Als diese Zahlen durch Publikation (!) des entsprechenden Arbeitsvertrages in einem Boulevard-Medium publik wurden, rieb sich männiglich die Augen, gehören doch die Yakins zu den grossen Nummern im Fussball. Das mikrige Salär von Hakan Yakin ist kein Zufall. Nicht nur im FC Schaffhausen scheint sich eine Praxis eingebürgert zu haben, dass namhafte Fussball-Koryphäen zu geradezu symbolischen Preisen, die weit unter den branchenüblichen Entschädigungen liegen, nach Abschluss der Aktiv-Karrieren verpflichtet werden; man gönnt sich also etwas, das man nicht adäquat bezahlen kann oder will… Damit der Arbeitnehmer auf ein einigermassen „anständiges“ Salär (sprich: Monatsentschädigung) kommt, springt die Arbeitslosenversicherung ein und sorgt dafür, dass der Betroffene als Teilzeit-Arbeitsloser entsprechende Versicherungsleistungen beziehen kann. So wird Hakan Yakin neben dem Salär, das ihm der FC Schaffhausen bezahlt, eine Arbeitslosenentschädigung von etwas mehr als monatlich CHF 6‘000 ausbezahlt. Das heisst, die Versicherung alimentiert indirekt den Fussball-Klub.- Als publik wurde, dass die Arbeitslosenkasse für Hakan Yakin auf diesem Wege eine Anstellung im FC Schaffhausen mitfinanziert, brach über den Spieler ein „Shitstorm“ herein. Ungerechtfertigterweise wird dem ehemaligen Top-Fussballspieler vorgeworfen, dass es unmoralisch sei, als Millionär Arbeitslosengeld zu beziehen. Durch teils hilflose Rechtfertigungsversuche hat Hakan Yakin dieses Kesseltreiben in den modernen Medien noch verstärkt. Immerhin wird (auf den konventionellen Medienkanälen) ab und zu darauf hingewiesen, dass der aktuelle Assistenz-Trainer im FC Schaffhausen durchaus einen Anspruch auf diese Versicherungsleistung habe. Die Arbeitslosenkasse gibt sich einigermassen hilflos. Doch das alles ist nicht entscheidend bezüglich Rechtslage, welche dazu angetan wäre, dem ehemaligen Nationalspieler jegliche Arbeitslosen-Ansprüche zu verweigern. Zwar wird durchaus die Branchenüblichkeit eines Salärs bei der Festlegung der Arbeitslosenentschädigung berücksichtigt; im „Fall Yakin“ wären dies gemäss Arbeitslosenversicherungs-Praxis gegen CHF 4‘000 für ein 70%-Arbeitspensum. Schon dieser Branchenüblichkeits-Tarif ist an sich völlig abwegig. Beim Anstellungsvertrag von Hakan Yakin mit dem FC Schaffhausen (genau: Mit der Kapitalgesellschaft FC Schaffhausen AG) ist exakt aufgrund des Umstandes, dass bei solchen Konstellationen die Arbeitslosenversicherung einen Teil des Salärs übernimmt, ein derart niedriges Salär festgelegt worden. Offenbar eine Methode, die vor allem in der Challenge League praktiziert werden soll (und konkret hat das offenbar alles nichts damit zu tun, dass der sog. „Klubeigentümer“ in Schaffhausen zu den eher schillernden Figuren im bezahlten Fussball gehört). Jedenfalls scheint der Betrag von CHF 2‘000 auch für eine 70%-Anstellung ein simuliertes Rechtsgeschäft zu sein. Art. 19 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) regelt die Verhältnisse im Rahmen simulierter und dissimulierter Verträge an sich klar. Die Folge wäre demnach im konkreten Fall, dass bei der Annahme der Salärhöhe durch die Verantwortlichen der Arbeitslosenkasse wohl von einer Summe von rund CHF 10‘000 pro Monat auszugehen wäre, was bewirken würde, dass jeder Arbeitslosenanspruch seitens des Assistenztrainers tendenziell entfallen würde. Es ist eigentlich verwunderlich, dass die Versicherung diese Rechtslage offenbar verkennt. Sie würde dadurch auch dazu beitragen, dass Hakan Yakin nicht weiter diesem Sturm der Empörung ausgesetzt wäre; er kann wohl am wenigsten dafür, dass er ein Medienopfer der kolportierten, unrichtigen Rechtslage geworden ist. Und dass er sich immer mehr dazu genötigt fühlt, sich in Interviews usw. rechtfertigen zu können, weshalb er Gelder von der Arbeitslosenversicherung bezieht, macht die Angelegenheit nur noch verzwickter.

Anmerkung: Für alle in diesem Beitrag genannten oder identifizierbaren Personen gilt die Unschuldsvermutung. Es wird niemandem strafrechtlich-relevantes Verhalten vorgeworfen – allenfalls Rechts-Unkenntnis…