Doping: Wir nicht – die andern auch…

(causasportnews / red. / 15. Februar 2020) Im Zuge der „Operation Aderlass“, die vor einem Jahr die Sportwelt anlässlich der Nordischen Ski-Weltmeisterschaften im Österreichischen Seefeld erschütterte und ein gigantisches Doping-Netzwerk zu Tage förderte, folgen sich die Prozesse gegen Fehlbare nicht nur aus der Sportszene nun Schlag auf Schlag. Die Dopingaktivitäten rund um den Erfurter Sportarzt M.Sch. haben sich allerdings nicht nur auf den Skisport bezogen, sondern erfassten auch andere Sportdisziplinen, vor allem den Radsport – wen wundert’s? Einer der prominentesten Figuren, der Ex-Langläufer Johannes Dürr, ist zwischenzeitlich vom Landesgericht Innsbruck wegen gewerbsmässigen Betrugs zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der 33jährige Österreicher gilt im ganzen Dopinggefüge nicht nur als Whistleblower und Selbst-Doper; er war auch in Dopingpraktiken anderer involviert. Zentrale Figur im juristischen Trümmerfeld, das es nach der „Operation Aderlass“ aufzuräumen gilt, ist und bleibt jedoch der Arzt M.Sch., der bald ebenfalls als Angeklagter vor Gericht stehen wird. Aus der Sparte „Radsport“ abgeurteilt worden ist zwischenzeitlich etwa der Ex-Rad-Professional Stefan Denifl, der am Landesgericht Innsbruck gestanden hat, Blutdoping praktiziert zu haben. Jedoch bestritt der 32jährige Tiroler (erfolglos), ein „Betrüger“ zu sein. Er habe niemanden getäuscht, auch Veranstalter und andere Konkurrenten nicht, führte er vor Gericht aus. Im Radsport würden Leistungen verlangt, die „normalerweise“ nicht zu erbringen seien; viele Athleten würden sich in dieser Sportart dopen, und ohne Doping hätte er z.B. gar keinen Vertrag mehr mit einem Team bekommen. Stefan Denifl versuchte jedenfalls, Doping als „Normalzustand“ darzustellen, Doping im „Normalitäts-Modus“ also. Und somit getreu nach dem Motto: „Wir nicht – die andern auch“…Deshalb macht sich ausserhalb der Szene teils Verständnis für die Dopingdelinquenten breit.

Eigenartig mutet bei der juristischen Aufarbeitung des aufgeflogenen, internationalen Doping-Netzwerkes jedenfalls der Umstand an, dass sogar der Ankläger im „Dürr-Prozess“ die Dopingseuche im Sport als nichts Ausserordentliches darzustellen versuchte, zumal auch in diesem Zusammenhang einige Schatten vor allem auf Protagonisten des Österreichischen Ski-Verbandes (ÖSV) fallen. So soll Staatsanwalt Dieter Albert in Innsbruck sich explizit so geäussert haben, dass der Eindruck, es werde nur in Österreich gedopt, falsch sei; Doping sei nicht nur ein „österreichisches Problem“. „Wir nicht – die andern auch“… also, wird die Doping-Thematik sogar von Strafverfolgern relativiert. Kein Wunder, dass so jeder Druck seitens der Öffentlichkeit ausbleibt. Auch von medialer Seite. Jedenfalls kann nicht erwartet werden, dass die sonst die Moralkeule schwingende „Kronen Zeitung“ grosse Lust verspürt, zu stark im Dopingsumpf zu wühlen. Die grösste Boulevardzeitung Österreichs ist immerhin Sponsor des ÖSV…

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