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Umfrage- und Prognosen-Kultur sowie Vergangenheitsbewältigungen

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(causasportnews / red. / 9. Februar 2021) Das Hauptproblem in der «Corona»-Zeit besteht für viele Menschen darin, die viele, freie Zeit irgendwie totzuschlagen. Für im Homeoffice tätige Menschen ist dies eine besonders schwierige Zeit. Oft wissen sie nicht, was sie den ganzen Tag mit der zur Verfügung stehenden Zeit anstellen sollen. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass im Moment Umfragen, Analysen, Studien, Erhebungen, Gutachten, Prognosen, usw. wie Kraut aus dem Boden schiessen. In diesen Segmenten wird zwar auch ausserhalb von «Corona» eine regelrechte «Studien-Industrie» nicht nur am Leben erhalten, sondern geradezu gefördert; das hat sich in der aktuellen Pandemie-Zeit noch akzentuiert. Glücklicherweise feiern wir im Moment in der Schweiz ein spezielles Jubiläum: 50 Jahre Frauenstimmrecht. Das wird derzeit ungefähr so zelebriert, als wäre 1971 ein blutiger Weltkrieg glücklich zu Ende gebracht worden. Das Thema bietet natürlich Stoff für Umfragen aller Art. Dabei ist selbstverständlich nur die Rede von den Rechten, die den Frauen auch heute noch umfassend vorenthalten werden. Die Pflichten bleiben ausgeblendet. Auch dieses «Jubiläum» bietet jedenfalls Stoff für eine durchwegs staatlich finanzierte, meist links beeinflusste Umfrage- und Prognosen-Kultur. Das zur Aktualität.

In dieser Hinsicht kann Vergangenheitsbewältigungen aller Art noch Potential eingeräumt werden. Schon längst vor «Corona» werden Skandale in Organisationen, Unternehmungen, Sportvereinen- und -verbänden aufgearbeitet. Dies, um den Verantwortlichen, welche Missstände nie erkannt oder auch nur ignoriert haben, Satisfaktion zu erteilen – oder sie an den Pranger zu stellen. Es ist dies seit Jahren ein einträgliches Geschäft für Anwaltskanzleien geworden, die beauftragt werden, Licht in nebulöse Vergangenheiten zu bringen. Wie etwa eine grosse Anwaltsfirma in Deutschland, welche vom Deutschen Fussball-Bund (DFB) beauftragt wurde, eine «unabhängige Untersuchung» (sic!) von Vorgängen im Zusammenhang mit der Fussball-WM-Endrunde 2006 in Deutschland durchzuführen und Bericht zu erstatten. Das wurde mit Inbrunst von mehr als 40 Anwälten an die Hand genommen. Millionen von Euro wurden der beauftragten Kanzlei bezahlt. Ergebnis: Ausser (happigen) «Spesen» nichts (Konkretes) gewesen. Fazit: Der DFB hat wenigstens alles getan, um Licht ins Dunkel zu tragen – seither ist auch diese Vergangenheit bewältigt. Das neuste Beispiel aus dem Sport, mit der Absicht, Transparenz zu schaffen, kommt aus der Schweiz: Im Schweizerischen Turnverein (STV) sollen junge Turnerinnen jahrelang gequält, geschlagen, erniedrigt und psychisch terrorisiert worden sein. Wenigstens standen keine Missbrauchs-Vorwürfe im Vordergrund. Von diesen skandalösen Vorgängen à la «DDR-Sport» hatten Eltern, Erzieher, das private Umfeld der Turnerinnen, Verbandsfunktionäre und Aufsichtsgremien aller Art nichts bemerkt. Deshalb wurde eine Zürcher Anwaltskanzlei gegen teures Geld beauftragt, auch hier «dahinter» zu blicken, also Transparenz zu schaffen. Der Bericht ist da, der STV reingewaschen, weil nichts vertuscht wird und sich eigentlich nur ein paar Einzelpersonen im Verband derart daneben benommen hatten. Ab sofort wird alles gut. Ein «Kulturwandel» im STV ist angesagt. Falls es künftig doch noch zu individuellen Entgleisungen kommen sollte, sorgt eine soeben ins Leben gerufene «Ethik-Kommission» für die entsprechenden Sanktionsgrundlagen. Apropos Ethik-Kommissionen: Eine solche wurde nach den Skandalen um Fussball-Funktionäre auch im Weltfussball installiert. Seither herrscht im globalen, organisierten Sport Zucht und Ordnung; die ewigen Kritiker, welche bezüglich der Ethik-Kommission nur von einem «Feigenblatt» für die Mächtigen und Reichen im Fussball sprachen, wurden längst ins sport-politische Abseits gestellt. Um happige Vorkommnisse kümmern sich bekanntlich sogar die Strafverfolgungsbehörden.

Wie hiess es noch vor Jahren so schön: Wer journalistisch beachtet werden will, muss die FIFA oder die katholische Kirche unter medialen Beschuss nehmen. Die FIFA interessiert kaum mehr jemanden – nicht nur wegen «Corona». Und der katholischen Kirche laufen so oder so die Mitglieder davon. Sie hat aber auch nichts gelernt aus der Vergangenheit, als es um pädosexuelle Geistliche, Missbräuche aller Art und um Unappetitliches im Rahmen dieses Machtkartells ging. So hat der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gegen happige Honorare Anwälte beauftragt, die Vergangenheit bezüglich angeblicher Missbräuche in der Kölner Diözese zu durchleuchten. Da kam dann wohl zuviel Licht in diese klerikalen Dunkelkammern, so dass sich der Kardinal dazu entschloss, den von den Anwälten erstellten Bericht nicht zu veröffentlichen. Ein Schelm, der Böses denkt. Jedenfalls schwörte der Kirchenmann dem rettenden Gebot der Transparenz ab. Und beauftragte gleich andere, teure Juristen damit, nun abzuklären, ob es gute und vor allem juristische Gründe geben würde, den Anwalts-Befund nicht veröffentlichen zu müssen. Seither wird am Stuhl des Kardinals, dem Vertuschung der Vertuschung vorgeworfen wird, gesägt. Vom Sport könnte die katholische Kirche lernen. Jedenfalls, wie man aus unangenehmen Schlagzeilen kommt.

Nur noch «sauberes» Geld im Sport

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(causasportnews / red. / 25. November 2020) Geht es nach dem Willen der Justizminister der Deutschen Bundesländer, soll das im Sport zirkulierende, bzw. «schwimmende» Geld bald nur noch ganz «sauber» sein. Die Justizministerkonferenz will in diesen Tagen entsprechende Vorstösse beschliessen, unter anderem eine Anpassung und Verbesserung der Geldwäsche-Gesetzgebung.

Die Anfälligkeiten des professionellen Sportes für «schmutziges» Geld sei längst bekannt; jedoch werde immer noch zuwenig getan, um diesem Übel beizukommen, verlautete aus Justizkreisen. Insbesondere die Fussball-Bundesliga müsse ein ureigenes Interesse haben, nicht nur die Tore auf dem Sportplatz, sondern auch das ganze Haus des Fussballs sauber zu halten. Immer mehr Geld im organisierten Sport begünstige üble pekuniäre Machenschaften, wie dies im Nachgang zum «Sommermärchen» anlässlich der Fussball-WM-Endrunde 2006 in Deutschland offenkundig geworden sei. Angestrebt werden eine bessere, transparentere Überwachung der Geldströme und Meldepflichten bei gewissen Finanz-Transaktionen im organisierten Sport. In die Regulierungsbestrebungen soll auch das Sportler-Vermittlungsgewerbe miteinbezogen werden. Bekanntlich werden auf nationaler und internationaler Ebene immer wieder undurchsichtige Transfers abgewickelt. Juristische Konstrukte in diesem Zusammenhang, aber auch etwa Werbe-Vereinbarungen von Sportlern, begünstigen die unkontrollierten Zirkulation der Gelder nicht nur im Spitzen-Fussball. Oft dienen auch «Steuer-Spar-Modelle» der Hinterziehung von Steuern durch Verschleierung von Finanzströmen. Nicht bekannt wurde, ob der Kampf gegen die Geldwäsche im Sport letztlich auch international geführt werden soll. Um die «dicken Fische» zu fangen und die Geldflüsse, soweit notwendig, transparent zu halten, ist eine globale Harmonisierung der Anti-Geldwäscherei-Aktivitäten im Sport jedoch unabdingbar.

Justizpleite geht in der „Corona“-Krise auf

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(causasportnews / red. / 22. April 2020) Am nächsten Montag wird die Schweizer Justiz eine der grössten Pleiten der Rechts-Geschichte erleben, wenn der am Bundesstrafgericht in Bellinzona liegende „Fall WM-Sommermärchen 2006“ in die Verjährung gleitet. Gott sei Dank erlebt die Welt derzeit die alles lähmende „Corona“-Krise. Das ist gut für vieles und viele, weil mit dieser Pandemie letztlich alles entschuldigt werden kann oder entschuldbar ist. So wird auch dieser Prozess im Tessin am 27. April 2020 in der „Corona“-Krise aufgehen – quasi als einmal etwas andere Rettung à la „Deus ex machina“. Dabei hätte die helvetische Justiz während Jahren Zeit gehabt, einen einfachen Sachverhalt im Umfeld der Fussball-WM-Endrunde 2006 in Deutschland zu klären und die juristischen Konsequenzen daraus zu ziehen. Im Wesentlichen geht es um einen Geldmittelfluss von 6,7 Millionen Euro; die dubiose Zahlung ist vom Deutschen Fussball-Bund (DFB) ausgelöst und über ein Konto des Weltfussballverbandes FIFA in Zürich weiter geleitet worden – letztlich an wen und weshalb auch immer (causasportnews berichtete verschiedentlich darüber). Wegen Mittäterschaft oder Gehilfenschaft zu Betrug sollten sich die ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie der deutsche Spitzenfunktionär Horst R. Schmidt und der ehemalige FIFA-Generalsekretär Urs Linsi vor dem Bundesstrafgericht verantworten. Der ebenfalls beschuldigte deutsche Fussball-Kaiser Franz Beckenbauer hatte sich schon vor geraumer Zeit aus dem Verfahren verabschiedet. Das Bundesstrafgericht hat das Verfahren nun bis zum 27. April 2020 sistiert. Ein sehr nachvollziehbarer und empathischer Schachzug, denn genau an diesem Tag rutschen die den Angeklagten zur Last gelegten Taten in die Verjährung. Begründet wird dieser durchsichtige Schritt des Gerichts – natürlich mit der „Corona“-Pandemie…Seit dem vergangenen Jahr lag die Anklageschrift in Bellinzona; das Gericht hat es, weit vor „Corona“, nicht fertiggebracht, die Gerichtsverhandlungen ordentlich durchzuführen. Jedoch ist das grassierende Virus mit den vielfältigsten Auswirkungen wohl nur der eine Teil der Wahrheit. In den Medien werden derzeit auch die Verhältnisse um das Bundesstrafgericht in Bellinzona thematisiert: Ein regelrechtes, juristisches Sodom und Gomorra soll sich in diesen Amtsstuben abspielen. Faule und zoffende Richter, Sexismus, Mobbing, Spesenexzesse, Intrigen, Lügen, usw. sind nur einige Themenbereiche, die den teils frivolen Gerichtsalltag in der Schweizer Sonnenstuben transparent werden lassen. Im Moment steht die offenbar unfähige, amtierende Generalsekretärin vor dem Abschuss und soll entlassen werden. Nicht viel besser geht es bei der Anklagebehörde zu und her, wie schon hinlänglich berichtet worden ist. Die Bundesanwaltschaft ist seit Jahren mit sich selbst beschäftigt, führt schlampige Untersuchungen und mischelt und mauschelt vor sich her. Der Bundesanwalt als höchster Ermittler und Ankläger des Bundes ist gerade im FIFA-Komplex teils befangen und hat sich eine eigene, juristische Parallelwelt zurechtgezimmert. Vorwiegend ist er mit der Wahrung eigener Interessen beschäftigt, gegen pönale Lohn-Kürzungen zieht er derzeit vor Gericht. Obwohl das Malaise in der Bundesanwaltschaft längst bekannt ist, hat das Schweizerische Parlament den Bundesanwalt im letzten Herbst für eine weitere Amtsperiode wiedergewählt. Ein veritabler Polit-Skandal, der jedoch manifestiert, wie sehr die kleinmassstäblichen Verhältnisse in der Schweiz Kungeleien im Polit- und Justizbetrieb begünstigen. Aber nun hat „Corona“ dafür gesorgt, dass an der Misere kaum Schuldige ausgemacht werden müssen. Die Bundesanwaltschaft hat angeklagt, das Bundesstrafgericht konnte und kann wegen „Corona“ nicht verhandeln, und das Parlament als Wahlbehörde des Bundes-Justizbetriebs hat sich mit der Wiederwahl des Bundesanwaltes bewusst oder unbewusst in dessen Geiselhaft begeben. Von Glaubwürdigkeit der Justiz mag in Anbetracht dieser Skandale und Fehlleistungen schon gar niemand (mehr) reden. Und bei dem Geldsegen im Zuge von „Corona“, der sich, wohl ebenfalls Gott gewollt, momentan als Geldregen über Helvetien entlädt, interessiert es auch niemanden mehr, dass die Steuerzahler diesen juristischen Leerlauf auch noch teuer bezahlen müssen. Mit der Glaubwürdigkeit der Justiz sollen sich gefälligst Philosophen und Literaten befassen. Wenn das Friedrich Dürrenmatt („Justiz“, 1985) noch erlebt hätte! Stoff für einen Folgeroman wäre genügend vorhanden…Und auch Friedrich Dürrenmatts ebenfalls verstorbener Temporär-Kollege Max Frisch könnte hierzu natürlich einiges beisteuern und würde sich bestätigt sehen in seiner pathetisch gehaltenen Feststellung in „Andorra“: „Die Lüge ist ein Egel, sie hat die Wahrheit ausgesaugt“.

FIFA-/Bundesanwaltschafts-Kungelei: Wer ist der fünfte Mann?

(causasportnews / red. / 1. April 2020). Vorab: Diese Meldung ist kein 1. April-Scherz!

Thema sind einmal mehr Vorgänge im Zuge der Ermittlungen und Anklagen gegen verantwortliche Fussball-Funktionäre im Zusammenhang mit dem „Sommermärchen“ 2006 in Deutschland mit einem mysteriösen Geldfluss. Diesbezüglich läuft am Bundesstrafgericht In Bellinzona gegen Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach, Horst R. Schmidt und Urs Linsi (vgl. dazu auch causasportnews vom 25. März 2020) seit kurzer Zeit ein Strafprozess. Im Moment ist das Verfahren allerdings unterbrochen, am 27. April tritt bezüglich der eingeklagten Taten (Betrug) die Verjährung ein. Niemand rechnet mehr mit einem Verfahrens-Schluss bis zu diesem Datum. Das „Sommermärchen“ wird auch in dieser Hinsicht märchenhaft enden.

Im Zusammenhang mit diesem Verfahren und der aktuellen Aktenlage sind nun brisante Details ans Tageslicht gekommen. Diese betreffen insbesondere Geheimtreffen des Bundesanwaltes mit Bezugspunkten zum Kanton Wallis, Michael Lauber, mit dem FIFA-Präsidenten Gianni Infantino aus dem selben Kanton. Die Bundesanwaltschaft gilt seit Jahren als Dunkelkammer der Justiz, sorgt immer wieder für Skandale, Unruhen und hochgeschaukelte Vorgänge, die sich jeweils in nichts auflösen. Sie kostet den Steuerzahlern vor allem viel Geld, beschädigt zudem regelmässig das Ansehen der Schweizer Rechtspflege und wird dem Nimbus einer „Mischel- und Mauschel- Behörde“ immer wieder gerecht. Obwohl der Bundesanwalt im Fussball-Komplex um FIFA- und andere Funktionäre gemäss Aufsichtsbehörde nachweislich Gesetze verletzt und die Unwahrheit gesagt, also gelogen, und sich zudem illoyal gegenüber der Aufsichtsbehörde verhalten hat, ist er im September 2019 vom Schweizer Bundesparlament für eine weitere Amtszeit wiedergewählt worden. So etwas gibt es wohl nur in der Schweiz, weil in diesem kleinen Land die Kleinmassstäblichkeit dominiert und Verfilzungen in allen Lebensbereichen an der Tagesordnung sind. Im Moment versuchen findige Medienschaffende aufzuklären, was es im Zusammenhang mit den Fussball-Vorgängen mit einem Geheim-Treffen zwischen dem FIFA-Präsidenten und dem Bundesanwalt auf sich hatte (dieses und andere Meetings haben oder hatten Einfluss oder Zusammenhänge auf die nun laufenden Verfahren am Bundesstrafgericht, vor allem mit Blick auf die Ausstandsregelung). Speziell ist die derzeitige Vorabklärung insbesondere bezüglich eines Treffens am 16. Juni 2017 in einem Berner Hotel, das zufälligerweise den Katari gehört, bei denen in zwei Jahren ebenfalls zufälligerweise die Fussball-WM-Endrunde ausgetragen werden soll. Ein grosses Geheimnis gilt es derzeit zu lüften: Wer nahm neben dem FIFA-Präsidenten und dem Bundesanwalt an diesem Treffen teil? Sicher noch der zwischenzeitlich abgetauchte Kommunikationschef der Bundesanwaltschaft, der umtriebige Journalist und frühere Mitarbeiter des Schweizer Staatsfernsehens, André Marty; im Weiteren undiskutabel auch ein persönlicher Freund des Wallisers Gianni Infantino, der Staatsanwalt (!) aus dem selben Kanton, Rinaldo Arnold. Wahrscheinlich ist an diesem Treffen noch eine weitere Person dabei gewesen. Die brisante Frage lautet nun: Wer war dieser fünfte Mann? Die „Neue Zürcher Zeitung“ kombiniert in ihrer Ausgabe vom 30. März 2020 messer-scharf, dass bezüglich dieses Meetings durch das Hotel neben der Pauschale für die Raummiete (inklusive Mineralwasser, Softgetränke und Nespresso-Kaffee) auch 5 Snacks zu 6 Franken verrechnet worden seien. „Entweder gönnte sich also einer aus dem Quartett Lauber, Infantino, Marty und Arnold einen Snack mehr als die anderen – oder es war doch ein fünfter Teilnehmer anwesend.“, zieht die stets scharf- und freisinnige Zeitung Bilanz. Was zur Konklusion führt: Ist aus diesem Quartett ein „Fresssack“ auszumachen oder war noch ein grosser Unbekannter am Berner Meeting, an das sich die Beteiligten natürlich nicht mehr erinnern können, dabei? Es geht also nun einmal darum festzustellen, wer am besagten Gespräch überhaupt anwesend war. Erst nach Klärung dieser Vorfrage wird sich die Beantwortung der Frage, was an diesem Meeting so alles gesprochen und verhandelt worden ist, aufdrängen.- Eigentlich möchte man, dass dieses Sittengemälde helvetischer Kungelei gar nicht zu Ende skizziert werden kann und der fünfte Mann nicht enttarnt wird. Ein 1. April-Scherz ist das Ganze leider nicht…

Fussball-Prozess in Bellinzona: Schuld ist nur die Fledermaus

(causasportnews / red. / 25. März 2020) In gut einem Monat, am 27. April 2020, wird es formell besiegelt sein, doch bereits jetzt wird klar: Der Prozess um eine dubiose Zahlung rund um das „Sommermärchen“ 2006 in Deutschland ist faktisch so gut wie geplatzt. Will heissen: Die zur Anklage gegen die ehemaligen Funktionäre Dr. Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach (beide ehemalige DFB-Präsidenten), Horst R. Schmidt (WM-OK-Mitarbeiter 2006) und Dr. Urs Linsi (ehemaliger FIFA-Generalsekretär) gebrachten Vorhalte wegen Betrugs werden verjähren. Derzeit ist der Prozess am Bundessstrafgericht unterbrochen, doch niemand rechnet ernsthaft damit, dass das Verfahren gegen die vier vom „Corona“-Virus bedrohten, angeklagten Rentner, welche der „Corona“-Risikogruppe angehören, im arg verseuchten Tessin, wie vorgesehen, ab 20. April weitergeführt und bis Ende April mit Schuldsprüchen beendet werden kann. „Corona“ wirkt in diesen Tagen und für alle Verfahrensbeteiligte wie ein „deus ex machina“; damit können alle leben und teils ihre Haut retten: Die Anklageschrift ist von der Anklagebehörde derart katastrophal verfasst worden, dass nach Auffassung von Prozessbeobachtern nach einer gerichtlichen Beurteilung glatte Freisprüche die Folge gewesen wären. Der Volkszorn hätte die umstrittenen Bundesanwaltschaft mit voller Wucht getroffen. Hätte das Gericht die Angeklagten freigesprochen, wäre diesem Spott und Häme sicher gewesen; nicht die Bundesanwaltschaft, diese hat bekanntlich die Anklage gegen die vier ehemaligen Fussball-Funktionäre nach jahrelangen Irrungen und Wirrungen im Sinne der Weitergabe der „heissen Kartoffel“ noch vor Ablauf der Verjährung am Gericht eingebracht. Natürlich ist die Verjährung auch für die Angeklagten ein schöner Erfolg, auch wenn Freisprüche auf der Hand lagen. Bei der Schluder-Arbeit der Bundesanwaltschaft war es allerdings auch ein Leichtes, die Vorhalte in die Verjährung zu „schaukeln“. Franz Beckenbauer hat sich bereits früher aus dem Verfahren verabschiedet (vgl. dazu auch causasportnews vom 29. Januar 2020)

Ende gut – alles gut also für alle Beteiligte, und wichtig: Es sind dafür keine konkreten Verantwortlichen auszumachen. Das Desaster um diese Fussballprozesse, welche den Schweizer Steuerzahler Millionen kosten und der Schweizer Justiz einen veritablen Reputationsschaden bescheren, sind auch nicht die Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier, welche den an sich untragbaren Bundesanwalt Michael Lauber im letzten Herbst wieder gewählt haben (vgl. dazu etwa causasportnews vom 25. September 2019); er hat schliesslich rechtzeitig anklagen lassen (in den Verfahren selbst ist er in den Ausstand gedrängt worden). Schuld an der ganzen Verfahrensentwicklung und an allen eingetretenen Umständen ist letztlich das „Corona“-Virus, das die Welt derzeit lähmt. Und schliesslich ist auch nicht klar, wer die Schuld am „Corona“-Virus trägt. Offenbar sollen die Erreger von Fledermäusen übertragen worden sein, wie chinesische Virologen glauben. Schuld am Prozessverlauf in Bellinzona ist sicher nicht der Champagner, der von Johann Strauss in der „Fledermaus“ als Teufelsgebräu entlarvt wird, sondern die Fledermaus gleich selber. Und weil sich die Ursachen der Epidemie, und wer für deren Verbreitung verantwortlich ist, nicht eruieren lassen, bleibt die Schuldfrage auch hier im Dunkeln.

Wenn in diesem Fussball-Prozess, der für alle Beteiligten ein ideales Ende nimmt, schon kein Schuldiger auszumachen ist (in der Schweiz ist diese Reihenfolge einzuhalten: Zuerst Schuldige feststellen, dann allenfalls, wenn es unbedingt sein muss, Lösungen anstreben) lässt es sich in helvetischen Gefilden wenigstens trefflich über Kompetenzen, wie derzeit bei der Bekämpfung des „Corona“-Virus, streiten: Statt mit gebündelten Kräften die Krise zu meistern, streiten sich Bund und einige Kantone um Führungsansprüche und –kompetenzen. Der längst überholte Föderalismus feiert in diesen schwierigen Tagen und auf Kosten der Volksgesundheit wieder einmal Orgien. Hier allerdings mit verheerenden Auswirkungen. Die Schweiz ist vom „Corona“-Virus verhältnismässig sehr stark betroffen – vor allem der opportunistischen, führungsschwachen Schweizer Regierung sei Dank.- Um das zu verstehen und zu verkraften hilft wirklich nur noch Champagner in ausreichender Menge. Schuld ist er aber für diese Misere nicht, sondern ein alternativloses Heilmittel.

Anwaltskanzleien als „Reinwäscher“ – das Beispiel „Freshfields“

(causasportnews / red. / 28. Februar 2020) Geht es um Unzulänglichkeiten und Skandale im Wirtschaftsleben und insbesondere in Unternehmen, hat sich eine neue Vorgehensweise eingebürgert: Nachdem der Skandal öffentlich geworden ist, wird vom betroffenen Unternehmen flugs eine unabhängige Anwaltskanzlei beauftragt, um einen Bericht, dessen Unabhängigkeit dann in der Unternehmens-Kommunikation hervorgehoben wird, zu erstellen; dieser entlastet selbstverständlich alle Protagonistinnen und Protagonisten des Unternehmens von Schuld und Strafe. Meistens ist dies die selbe Kanzlei, welche das betroffene Unternehmen oft während Jahren in allen juristischen und weniger juristischen Lebenslagen beraten und vertreten hat; es lässt sich dann bezüglich solcher Kanzleien von „relativer Unabhängigkeit“ sprechen. Vor allem bei den Banken, welche teils immer wieder mit unappetitlichen Vorgängen konfrontiert werden, ist der Abklärungsauftrag an die „Haus-Anwaltskanzlei“ eine probate Vorgehensweise zur Reinwaschung aller Missetäter/innen, ebenso für das Management und die strategischen Organe. Für das jeweilige Unternehmen rechnet sich diese Strategie bestens, denn das Ergebnis einer Untersuchung, welche dann der Öffentlichkeit als tiefschürfende, unabhängige Abklärung durch ebenso unabhängige Anwaltskanzleien „verkauft“ wird, dürfte regelmässig den Vorgaben und Erwartungen des Auftraggebers gerecht werden. Für die Kanzleien sind solche Aufträge selbstverständlich „Kassenfüller“.

Diese Praxis hat seit geraumer Zeit auch den organisierten Sport im Griff. Und wie…Zum Beispiel den deutschen Fussball. Zur Klärung der Geldmittelflüsse im Zusammenhang mit der „Sommermärchen“-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland hat der Deutsche Fussball-Bund (DFB) 2015 eine der renommiertesten Kanzleien, „Freshfields Bruckhaus Deringer“, zur Klärung der Sachverhalte beauftragt. Überlegung: Wenn die es nicht können, kann es wohl niemand sonst; und wenn die es nicht können, legt sich auch der Zorn des Volkes. So kam es auch: Die Abklärungen des an sich simplen Vorganges ergaben resultatmässig nichts (vgl. dazu schon causasportnews vom 4. Mai 2017), dem DFB verschafften sie jedoch „Luft“. Objektiv gesehen also ausser Spesen nichts gewesen. Für die Kanzlei ein lohnendes Geschäft. Für den Verband und seine Leader-Figuren ein Befreiungsschlag, der auch etwas kosten darf. Konkret spülte die Untersuchung der Kanzlei mit Weltruf Millionen in die Kasse – im organisierten Fussball wird der Begriff „Spesen“ seit geraumer Zeit bekanntlich tendenziell weit gefasst. Erst später wurde bekannt, dass die mit der unabhängigen Untersuchung beauftragte Kanzlei schon vorher i.S. WM-Endrunde 2006 tätig war. Seit der „Spiegel“ berichtete, dass „Freshfields Bruckhaus Deringer“ in fragwürdige Steuerdeals in der Finanzbranche verwickelt ist („Spiegel“ 4/2020), herrscht eine gewisse Unruhe im Business. Als dann noch Ulf Johannemann, der (ehemalige) Leiter der Steuerabteilung der Kanzlei mit Weltruf, im vergangenen November für ein paar Wochen in Untersuchungshaft gesetzt wurde, war auch dieser Ruf mehr als ramponiert. Die Kanzlei soll gemäss „Spiegel“ in noch nicht abschliessend zu qualifizierende Steuervorgänge im Rahmen der Finanzbranche verwickelt sein – mit gewaltigen, volkswirtschaftlichen Auswirkungen. Die Kanzlei als hintergründige Strippenzieherin der Weltwirtschaft soll mit Konstrukten dem deutschen Staat Milliarden entzogen haben; genau weiss noch niemand, um welche Beträge es letztlich geht. Die Lehren aus den Geschichten: Nach wie vor untersuchen Anwaltskanzleien im Auftrag von Unternehmen (oder Sportorganisationen) Vorgänge, an denen sie manchmal selber mitgewirkt haben. Manchmal untersuchen sie ihre (oft fragwürdige) Arbeit gleich selber. Diese Einnahmen bilden für die Heerscharen von Juristinnen und Juristen rund um den Erdball lukrative Aufträge. Das geschieht alles nach dem von Bertold Brecht in den Raum gestellten Motto: „Zuerst kommt das Fressen dann die Moral“. Auch Wilhelm Busch lässt in diesem Zusammenhang immer wieder grüssen: „Ist der Ruf erst ruiniert lebt es sich ganz ungeniert“. So geht das Agieren von Top-Kanzleien offenbar ungestört weiter…

Schweizer Justiz in Fussballverfahren vor dem Total-Crash

(causasportnews / red. / 29. Januar 2020) Alles begann so schön spektakulär-öffentlich, und die Schweiz sah die Chance gekommen, sich durch vorbehaltlos devotes Verhalten Freunde in den USA zu schaffen und sich der Welt-Öffentlichkeit als Sauber-Nation zu präsentieren, als am 27. Mai 2015 die Schweizer Behörden auf Ersuchen der US-Justiz frühmorgens im Zürcher Nobel-Hotel „Baur au Lac“ mehrere FIFA-Funktionäre aus den Betten holten und abführten. Es erfolgten Auslieferungen der Verhafteten, Schlammschlachten zwischen Funktionären und Ermittlungen  seitens der Bundesanwaltschaft. 25 Verfahren werden seither von der Schweizer Bundesanwaltschaft geführt; und in einem einzigen Fall ist seither Anklage wegen der sog. „Sommermärchen-Affäre“ im Zuge der WM-Endrunde 2006 in Deutschland erhoben worden. Es geht um dubiose Zahlungen, durch die sich zumindest vier Personen strafrechtlich verantworten müssen: Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt sowie der Schweizer Urs Linsi, ehemaliger FIFA-Generalsekretär. Das Verfahren gegen Franz Beckenbauer ist zwischenzeitlich abgetrennt worden. Seit einem halben Jahr liegt die Anklageschrift gegen die vier Beschuldigten beim Bundesstrafgericht in Bellinzona, und am 9. März 2020 soll nun der Prozess im Tessin abgehalten werden. Diese Zeitspanne von einem halben Jahr gibt zu Diskussionen Anlass, könnte aber damit zu tun haben, dass das Bundesstrafgericht seit geraumer Zeit ebenso vor allem mit sich selber beschäftigt ist wie die Bundesanwaltschaft. Animositäten, Querelen, ein Hauen und Stechen auf allen Ebenen und weiteres sollen Gründe dafür sein, dass die Behörden „Bundesanwaltschaft“ und „Bundesstrafgericht“ juristischen Tollhäusern ähneln. Das für sich alleine ist schon eine Bankrotterklärung des Schweizer Justizapparates; erschwerend kommt nun im zur Anklage gebrachten Vorgang hinzu, dass bezüglich der eingeklagten Taten die Verjährung droht; eingeklagte ist der Tatbestand des Betrugs (Art. 146 Strafgesetzbuch), der in der Praxis kaum je greift. Bis zum 27. April 2020 müssen gegen die Beschuldigten Verurteilungen vorliegen, ansonsten die Taten in jedem Fall verjährt sind.- Niemand glaubt mehr daran, dass dies gelingen wird. Hinter vorgehaltener Hand wird getuschelt, dass es allen Involvierten nicht ungelegen käme, wenn auf diese Weise die Verjährung eintreten würde. „In die Verjährung gleiten lassen“ wird in der Justiz diese Form der Verfahrenserledigung genannt. Die Bundesanwaltschaft würde sich jedenfalls nicht dem Ruf aussetzen, die Anklage nicht rechtzeitig erhoben zu haben (wobei aufgrund der Aktenlagen nach Meinung von Experten Freisprüche allerdings vorprogrammiert sind); falls das Bundesstrafgericht die Fälle in die Verjährung schlittern lässt, käme sie darum herum, die Funktionäre freisprechen zu müssen. Dass das Gericht also nicht unglücklich wäre, die Vorgänge nicht materiell-rechtlich beurteilen zu müssen, liegt auf der Hand.

So könnte der bevorstehende Prozess gegen die vier Fussball-Funktionäre dazu führen, dass sich die Schweiz am 9. März 2020 noch einmal global in Szene setzen könnte. Allerdings kaum mehr so spektakulär-saubermännisch wie am 27. Mai 2015 anlässlich der Verhaftungen im „Baur au Lac“ in Zürich. Die Welt könnte dann allerdings den Total-Crash der Schweizer Justiz im wohl grössten Fussball-Skandal aller Zeiten mitverfolgen. Das ganze könnte „garniert“ werden mit einem Prominenten-Schaulaufen in Bellinzona. Befragt werden sollen am Prozess nämlich der ehemalige FIFA-Präsident Joseph Blatter und die Fussball-Ikone Günter Netzer. Logisch, dass sich der abgehalfterte, ehemalige FIFA-Spitzenfunktionär diese Gelegenheit, wieder einmal in der Öffentlichkeit stehen zu können, nicht nehmen lassen wird. Geladen zur Befragung ist übrigens auch Franz Beckenbauer, der eigentlich ebenfalls auf der Anklagebank sitzen müsste. Allerdings gilt er (als Beschuldigter) als nicht einvernahmefähig; hingegen ist das Bundesstrafgericht der Meinung, dass er im Verfahren gegen seine (ehemaligen)Kollegen dennoch befragt werden könnte. Wetten, dass der „Kaiser“ aber auch als Auskunftsperson nicht dabei sein wird!

Theo Zwanziger im juristischen Gegenangriff

(causasportnews / red. / 14. August 2019) Der ehemalige Präsident des Deutschen Fussball-Bundes (DFB), Dr. Theo Zwanziger, gilt als streitbarer Zeitgenosse. Noch in seiner Zeit als DFB-Präsident (2006 bis 2012) scheute er selten zurück, z.B. gegen in seinen Augen missbeliebige Medienschaffende juristische vorzugehen, falls er dies als angezeigt hielt. Meist tat und tut er dies auch heute noch erfolgreich. Der 74jährige Jurist gilt als brillanter Kopf und gewiefter, juristischer Taktiker. Deshalb verwundert die neuste Meldung betreffend Theo Zwanziger nicht, dass er gegen die Schweizerische Bundesanwaltschaft eine Strafanzeige einreichen will. Grund dafür ist die Anklagerhebung der Behörde u.a. gegen ihn im Zuge des „Sommermärchens“, bzw. wegen einer bisher ungeklärten Zahlung von 7,6 Millionen Euro (causasportnews vom 8. August 2019). Neben dem ehemaligen DFB-Präidenten müssen sich auch der frühere DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, der ehemalige deutsche Spitzenfunktionär Horst R. Schmidt sowie der frühere FIFA-Generalsekretär Dr. Urs Linsi vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona wegen Betrugs verantworten. Theo Zwanziger wirft der Anklagebehörde eine bewusst falsche Interpretation von Beweismitteln vor. Der juristische Gegenangriff von Theo Zwanziger, der um seine Reputation kämpft, könnte auch damit zusammenhängen, Druck auf das Gericht, das in einem nächsten Schritt über die Anklagezulassung in der „Causa Sommermärchen“ befinden muss, auszuüben. Die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen die ehemaligen Fussball-Funktionär ist in der Tat als einigermassen speziell zu qualifizieren…Sicher ist in dieser Sache nur das: Affaire à suivre.