Schlagwort-Archive: Murat Yakin

Prozessniederlagen für FIFA / Gianni Infantino, für den FC Sion / Christian Constantin und für Paul Estermann

Photo by Sora Shimazaki on Pexels.com

(causasportnews / red. / 18. Januar 2023) Derzeit hagelt es Gerichtsentscheide in teils brisanten Vorgängen im Sport: Der Weltfussballverband mit Gianni Infantino als Präsident an der Spitze verliert einen prestige-trächtigen Arbeitsrechts-Fall gegen den ehemaligen Generalsekretär und Finanzchef, Dr. Markus Kattner, am Zürcher Obergericht; der FC Sion mit dem streitbaren Präsidenten Christian Constantin taucht am Bezirksgericht Martigny gegen den ehemaligen Trainer und aktuellen Nationalcoach Murat Yakin, und der Springreiter Paul Estermann wird offenbar demnächst wegen mehrfacher, vorsätzlicher Tierquälerei rechtskräftig verurteilt sein (bis dann gilt für ihn die Unschuldsvermutung). In den beiden Vorgängen aus dem Fussball dürfte es bis zur rechtskräftigen Erledigung noch eine gewisse Zeit dauern: Gegen den Beschluss des Obergerichts Zürich hat die FIFA in der Forderungssache von Markus Kattner am Bundesgericht Beschwerde eingereicht; in der Angelegenheit des FC Sion (Olympique des Alpes SA) scheint es so sicher wie das Amen in der Kirche, dass Christian Constantin diese besondere Schmach einer Prozessniederlage nicht auf sich sitzen lassen wird.

«Causa Markus Kattner / FIFA»: Seit der fristlosen Entlassung des damaligen Generalsekretärs und Finanzchefs durch die FIFA 2016 liefern sich die beiden Parteien einen erbitterten Rechtsstreit. Es geht dabei darum, ob die Entlassung der Nummer 2 der FIFA damals zu Recht oder Zu Unrecht erfolgte. Zur Rechtfertigung der sofortigen Trennung machte die FIFA teils krude Gründe geltend; die gerichtliche Auseinandersetzung wird teils als persönlicher Rachefeldzug des amtierenden FIFA-Präsidenten, Gianni Infantino, angesehen. Nachdem das Arbeitsgericht Zürich Jahre brauchte, um festzustellen, dass die FIFA Gründe gehabt hätte, um das Arbeitsvertragsverhältnis mit Markus Kattner per sofort und gerechtfertigterweise zu beenden, drehte das Zürcher Obergericht den Entscheid und wies den Fall zur Festlegung der Folgen der nicht-gerechtfertigten Entlassung an das Arbeitsgericht Zürich zurück. Dieser Rückweisungsbeschluss der zweiten Zürcher Instanz wurde nun vom Weltfussballverband mit Beschwerde an das Bundesgericht gezogen, wo der Vorgang seit einigen Wochen pendent ist. Die Chancen der FIFA, den Rückweisungsbeschluss des Obergerichts Zürich noch abzuwenden, werden als eher gering angesehen. In diesem Fall der ungerechtfertigt erfolgten Entlassung müsste dann das Arbeitsgericht die (finanziellen) Folgen der ungerechtfertigten Entlassung des heute 52jährigen Markus Kattner festlegen. Es geht dabei um eine Entschädigung in der Höhe von rund zehn Millionen Schweizer Franken. Affaire à suivre also.

«Causa Murat Yakin / FC Sion»: Im Moment scheint der Präsident des FC Sion, Christian Constantin, vom juristischen Fortune verlassen worden zu sein. Auf die Gerichte in «seinem» Kanton kann er sich jedenfalls offenbar nicht mehr verlassen. Vor ein paar Tagen wurde bekannt, dass der 66jährige Unternehmer in den Fussangeln eines steuerlichen Sponsoring-Tricks hängen geblieben ist (vgl. causasportnews vom 16. Januar 2023). Nun ging vor Weihnachten des letzten Jahres beim FC Sion (Olympique des Alpes SA) knüppeldicke Gerichts-Post im Entlassungsfall Murat Yakin ein. Der aktuelle Nationaltrainer wurde als Klubtrainer des FC Sion 2019 nach einem Zerwürfnis mit dem Klub-Präsidenten regelrecht unmöglich gemacht, was sich der Trainer nicht gefallen liess. Er beendigte den Trainervertrag per sofort und aus wichtigen Gründen. Das Vorliegen dieser Gründe wurden vom Klub bestritten. Das Bezirksgericht Martigny folgte jedoch den Argumenten von Murat Yakin. Im Gerichtsurteil wird u.a. von einem damals «bösartigen Klima» im Klub gesprochen. Die Folgen dieser aus der Sicht des damaligen Klub-Trainers gerechtfertigten, ausserordentlichen Vertragsbeendigung sind für den FC Sion finanziell einschneidend und bedeuten eine Schmach vor allem für Christian Constantin. Der Klub muss Murat Yakin fast 1,2 Millionen Schweizer Franken bezahlen. Diese frohe Botschaft erreichte den 48jährigen Nationalcoach Ende Dezember, nur ein paar Tage, nachdem die Schweizer Nationalmannschaft an der WM-Endrunde in Katar nicht gerade brilliert hatte und mit einer Kanterniederlage gegen Portugal (1:6) aus dem WM-Endrunden-Turnier flog. Das Urteil des Bezirksgerichts Martigny ist noch nicht rechtskräftig. Affaire à suivre also auch hier.

Wohl strafrechtlich erledigt dürfte hingegen die «Causa Paul Estermann» sein. In diesem unappetitlichen Fall von Tierquälerei hat sich der bald 60jährige Springreiter offenbar mit der Verurteilung abgefunden und will das letzte Urteil des Kantonsgerichts Luzern von Ende 2022 gemäss aktuellen Verlautbarungen nicht mehr an das Bundesgericht weiterziehen (vgl. insbesondere auch causasportnews vom 21. Dezember 2020, vom 22. Januar 2021 und vom 23. Juni 2021). Vom Schweizerischen Verband für Pferdesport (SVPS) soll der Reiter nun umgehend vorläufig gesperrt werden. Bis zum Entscheid einer definitiv verhängten Sperre (Vereinsstrafe) dürfte es dann allerdings noch einige Zeit dauern.

Kein sportlicher Ausweg aus dem «Katar-Dilemma»

Photo by Carlos Pernalete Tua on Pexels.com

(causasportnews / red. / 17. November 2021) Das war zu erwarten: Nach der überzeugenden, direkten Qualifikation der Schweizer Nationalmannschaft für die Fussball-WM-Endrunde in rund einem Jahr in Katar gehen die Emotionen hoch. Nicht primär, was das Sportliche betrifft, aber natürlich auch deswegen. Der souveräne Sieg der Schweizer gegen Bulgarien hat vor allem den sportlichen Ausweg aus dem «Katar-Dilemma» verbaut. Hätte Europameister Italien die Direkt-Qualifikation geschafft, wäre der Schweiz die nun moralisch aufgeladene Diskussion bezüglich eines Boykotts der WM-Endrunde im Winter in der Wüste erspart geblieben (vgl. auch causasportnews vom 15. November 2021).  Katar bietet vor allem den Linken die Gelegenheit, mit dem Klassenkampf-Vokabular die Moralkeule zu schwingen. Nach der erfolgreichen Qualifikation branden nun die Forderungen nach einem Boykott der WM-Endrunde durch die Schweiz durch das Land. Weshalb erst jetzt? Hätten die nun fordernden Stimmen nicht schon ertönen sollen, als sich die Schweiz der Qualifikation für das Turnier vor Weihnachten im kommenden Jahr stellte? Weshalb eine Qualifikation durchspielen und erst nach dem sportlichen Erfolg einen Boykott fordern? Nun, die Thematik ist eben nicht nur ethisch, sondern politisch aufgeladen. Besonders aktiv mit ihren Forderungen sind die helvetischen Jung-Sozialisten (Jusos), die sich stets auf der ethisch richtigen Seite wähnen und nun dem ausbeuterischen WM-Treiben im Wüsten-Staat mit Klassenkampf-Parolen ein Ende bereiten wollen, eben mit einem Boykott. Das Thema hätte, wenn schon, vor Beginn der Qualifikationsphase auf’s Tapet gehört. Bei der WM-Endrunde in Russland blieben die Proteste der Jusos sinnigerweise stumm; im Reiche Wladimir Putins sind schliesslich die Gesinnungsgenossen der Jusos am Ruder. Nicht nur im Sport ist der «Boykott» (der Begriff geht auf den Irländer Charles Boycott zurück, ein Gutsherr, der im 19. Jahrhundert sein Personal schändlich behandelte und auf diese Weise eine adäquate Gegenreaktion der Geknechteten provozierte, indem niemand mehr für ihn arbeiten wollte) eine unsinnige Waffe, mit der vor allem die Unschuldigen getroffen werden. Apropos (Nord-)Irland: Hätten die Nord-Irländer im letzten Qualifikations-Spiel nicht tapfer dagegen gehalten, wäre Europameister Italien in der Direkt-Ausmarchung für Katar wohl durchmarschiert. So bleibt der Schweiz nun mit Blick auf die WM-Endrunde in Katar das moralische Dilemma der mutigen Nicht-Teilnahme am wichtigsten Sportanlass der Welt erhalten, das sportliche wurde auf den Fussballplätzen von Luzern (Schweiz gegen Bulgarien, 4:0) und Belfast (Nord-Irland gegen Italien, 0:0) ausgeschaltet.

Trotz der heftig gewordenen Proteste gegen Katar und den erhobenen Boykott-Forderungen ist es evident, dass die Schweizer Nationalmannschaft in einem Jahr in Katar spielen wird. Auch der politische Ausweg aus dem «Katar-Dilemma» ist faktisch verbaut. Die Jusos werden dann wohl kaum vor Ort dabei sein, in der Schweiz jedoch vor den TV-Schirmen sitzen. Sie sind bekanntlich konsequent in den Forderungen, aber eher lau im Verhalten. Sie schauen schliesslich auch die Spiele der Champions League an, wenn der Katar-Klub FC Paris Saint-Germain immer wieder versucht, diesen prestigeträchtigen Wettbewerb im europäischen Fussball endlich zu gewinnen. Boykott-Forderungen greifen eben nie, wenn sie im falschen Moment von den falschen Personen erhoben werden.

Fussball: Am Schluss war «Corona» wie weggeblasen

Photo by Nataliya Vaitkevich on Pexels.com

(causasportnews / red. / 7. September 2021) «Corona» ist im Sport nach wie vor allgegenwärtig. Nach den beiden grossen Sport-Anlässen in diesem Sommer, der Fussball-Europameisterschaft sowie der  Olympischen Sommerspiele in Tokio, Veranstaltungen, die in mehr oder weniger kompakten und wenig durchlässigen «Blasen» stattfanden, hat sich in letzter Zeit trotz steigender Infektionszahlen die Lage geändert. Auch der Sport hat mit «COVID-19» irgendwie zu leben gelernt. Das Thema «Impfen» steht dabei im Vordergrund, und das Volk soll derzeit motiviert werden, sich impfen zu lassen. Für Pro Impf-Bestrebungen werden Motivations-Spritzen aller Art (ein)gesetzt. Thüringer Würste werden als Köder ebenso ausgeworfen wie Natural-Geschenke aller Art und Geldprämien. Vor allem werden auch Sportlerinnen und Sportler in Motivations-Kampagnen für’s Impfen involviert, wobei, neben den überzeugten Impf-Willigen, die einen nicht wollen und die andern nicht können. Somit wären wir beim Fussball angelengt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat die Schweizer Nationalmannschaft angefragt, ob sie für eine Pro-Impf-Kampagne zur Verfügung stehen würde. «Jein», hiess es in einer ersten Stellungnahme aus dem Nationalmannschafts-Hauptquartier in Bern. Im Prinzip würden die Fussballer zur Verfügung stehen, doch sei dies nur im Rahmen einer bezahlten (Werbe)-Aktion denkbar. Womit die Diskussionen um Geld, Geist und Moral entfacht waren. Während die Diskussionen um das Thema, ob die hochbezahlten Kicker für eine (bezahlte) Impf-Werbeaktion zur Verfügung stehen sollten, in den Medien und an den wieder besser zugänglichen Stammtischen tobten, half «Kommissar Zufall», um den gordischen Knoten zu durchschlagen. Bekannt ist, dass nicht alle Kaderspieler des Schweizer Nationalteams «impfwillig» sind, bzw. gehören diese teils zu den Impf-Gegnern. So der Captain der helvetischen Kicker, Granit Xhaka – sein Vorname hat allerdings nur ansatzweise mit seinen Charaktereigenschaften zu tun. Noch tobte die Auseinandersetzung um die Involvierung der Nationalmannschaft im Rahmen der besagten Pro-Impf-Kampagne, als bekannt wurde, dass eben dieser Impf-Verweigerer Granit Xhaka zweimal positiv auf das «Corona»-Virus getestet wurde. So war dann auch diese Diskussion um eine Kampagnen-Partnerschaft mit dem Nationalteam mit einem Schlag beendet. Zum WM-Qualifikationsspiel der Schweiz gegen Italien traten die Eidgenossen mit einer gegenüber dem Europameisterschafts-Turnier stark veränderten Mannschaft an. Und siehe da, auch ohne Granit Xhaka knüpften die Schweizer an die grandiosen Leistungen der Fussball-Europameisterschaft an, als immerhin Weltmeister Frankreich aus dem Turnier gespielt wurde. Gegen den frisch gebackenen Europameister Italien resultierte ein herausragendes 0:0; Torhüter Yann Sommer, der einen Penalty der Italiener unschädlich machte, und seine Kollegen sorgten dafür, dass auf einmal nur noch der Sport im Zentrum des Interesses stand. «Les absents ont toujours tort» (die Abwesenden haben immer Unrecht), mussten sich Granit Xhaka und Gesinnungsgenossen wohl eingestehen. Das Thema «Impf-Verweigerung» und überhaupt «Corona» war plötzlich inexistent geworden; die erneut dramatisch werdende Pandemie quasi wie weggeblasen dank der überzeugenden Leistung der Schweizer Fussballer gegen Italien. Klar, der Sport findet derzeit kaum mehr in «Blasen» statt – der Kampf gegen das Virus ist aufgegeben worden, und man hat mit ihm zu leben gelernt, sich mit ihm arrangiert…

(mehr zu diesem Thema in der nächsten Ausgabe von «Causa Sport», 2/2021, www.causasport.org, «Vom ‘Bubble’-Sport ins Sport-Chaos»)