Archiv für den Monat Juli 2023

Spielervermittler vs. FIFA und umgekehrt

causasportnews / Nr. 1042/07/2023, 31. Juli 2023

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(causasportnews / red. / 31. Juli 2023) Seit Jahrzehnten tobt ein manchmal offener, zuweilen auch im sport-politischen Hinter- oder sogar im Untergrund geführter Machtkampf zwischen dem Weltfussballverband (FIFA) und den professionellen Spielervermittlern und -beratern, wobei in diesem Business die Vermittlung, weil lukrativer, im Vordergrund steht. Die Vermittler (nach Schweizerischem Recht nach Art. 412 ff. des Obligationenrechts, OR) kassieren Provisionen, die Berater (Manager) müht sich mit der (oft aufwendigen) Erbringung von Dienstleistungen für Sportler (Art. 394 ff. OR) ab. Vermittlung und Management geschehen in der Praxis oft zusammen.

Vor allem der FIFA sind die Spielvermittler, seit diese Branche boomt und teils horrende Provisionen bei Fussball-Transfers (meistens von Klubs) bezahlt und von Vermittlern kassiert werden, mehr als nur ein Dorn im Auge. Der Verband ist bestrebt, die im Fussballgeschäft zirkulierenden Gelder innerhalb des Fussball zu sichern. Das gelingt bei lukrativen Transfers immer seltener; Provisionen, Vertragsauskaufs-Entschädigungen und Transfer-Erträge aller Art werden, vor allem wegen und dank der Spielervermittler, dem geschlossenen Kreislauf im Fussball-Business entzogen. Deshalb herrscht zwischen der FIFA und den Spielervermittlern ein Dauerkrieg. Mit allen möglichen Mitteln versucht die FIFA, ein Verein nach Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB), die Agenten und Berater, wie Vermittler auch genannt werden, aus dem Markt zu drängen, was nachweislich rechtlich nicht geht, oder die Vermittler-Brache zu regulieren. Hauptziel dabei ist, das wirtschaftliche Potential der Vermittler einzuschränken. Das geschieht seit Jahren mit Regularien, durchwegs unter dem Deckmantel der Transparenz, des Integritätsschutzes und anderer hehrer Absichten (etwa mit dem Argument der Bekämpfung der Geldwäsche). Die «Entmannung» des Spielervermittler- Gewerbes funktioniert jedoch weitgehend nicht, und alle paar Jahre versucht der Weltverband, mit immer neuen Regularien, der Vermittler-Zunft den Garaus zu machen. Auch jetzt wieder: Im Herbst führt die FIFA wieder einmal neue Regeln ein, um das Beraterwesen einzuschränken, etwa durch eine Registrierungspflicht bezüglich der Vermittler. Zudem sollen die Höhe der Transfersummen vereinheitlicht und die davon abhängenden Provisionen (zu Gunsten der Vermittler) gedeckelt werden. Der Agent soll «nur» noch 5% (allenfalls 8%) mit Bezug auf die Transferentschädigung verdienen. Alle Transferzahlungen sollen zudem über ein Fifa-eigenes Bezahlsystem abgewickelt werden. Nach dem Motto: Kontrolle ist besser…

Gegen diese neuste Regelung laufen die Spielervermittler Sturm. In der Schweiz (Sitzland der FIFA) soll im Herbst die Wettbewerbskommission über das von der FIFA Vorgesehene entscheiden. In Deutschland hat das Landgericht Dortmund das neue Spielervermittler-Reglement einstweilen ausser Kraft gesetzt, bevor es gültiges Satzungsrecht wurde. Negativ für die Vermittler ist, dass das Tribunal Arbitral du Sport (TAS) in Lausanne soeben eine Klage des Branchenverbandes der Spielervermittler gegen die FIFA, bzw. gegen die Neu-Regulierung des Weltverbandes, abgeschmettert hat. Diese Klage belegt vor allem die Blauäugigkeit der Vermittler: Nur schon anzunehmen, dass das TAS einer Regelung der FIFA den Segen verweigern würde, ist reichlich naiv, denn es darf nicht vergessen werden, dass das TAS krass verbandslastig ist und der gerichtliche Instanzenzug in diesem Bereich von (persönlichem) Filz und Opportunismus durchsetzt ist. Die Spielervermittler gelten zwar durchwegs als schlitzohrig und oft «bauern-schlau», allein es fehlt ebenso oft der juristische Sachverstand – vgl. den gewählten, aussichtslosen Weg an das Internationale Sportschiedsgericht.

Die Gesamtsituation ist jedenfalls so klar wie verzwickt. Auch die neuste Spielervermittlerregelung der FIFA ist in vielen Teilen rechtlich unhaltbar und widerrechtlich. Doch auch hier prävaliert das Faktische vor dem Normativen. Die FIFA will die Vermittler in die Knie zwingen, indem regulativer Druck über Spieler und Klubs aufgebaut wird. Die Spieler und die Klubs unterstehen, im Gegensatz zu den Spielervermittlern, den FIFA-Satzungen, und so lässt sich indirekt das Vermittlungs-Gewerbe in bestimmte Bahnen lenken. Über diesen Verbandsdruck gelingt es, die Vermittler auf FIFA-Kurs zu bringen. Es wäre grundsätzlich ein Leichtes, gegen eine derartige FIFA-Regelung anzukämpfen, doch das Transfer-Business findet letztlich im Rahmen des Monopol-Verbandes FIFA statt. Letztlich verliert auch die Grundsatzfrage an Bedeutung, ob die FIFA als Verein überhaupt berechtigt ist, eine globale Regelung für einen ganzen Berufszweig zu erlassen – ist sie natürlich nicht, auch wenn diesbezüglich andere, juristische Irrmeinungen herumgeistern (so Stephanie Jungheim, Berufsregelungen des Weltfussballverbandes für Spielervermittler, Berlin, 2002). Doch das Faktum ist eben stärker als das Normierte.

Rechtliche Turbulenzen um Macht, Animositäten und Geld im Skisport

causasportnews / Nr. 1041/07/2023, 28. Juli 2023

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(causasportnews / red. / 28. Juli 2023) Obwohl noch Hochsommer herrscht, ist in Teilen der Alpenländer in Europa auf den höchsten Berggipfeln bereits Schnee gefallen; was Vorfreuden auf den nicht mehr allzu fernen Wintersport weckt, trotz Ängste und Befürchtungen aufgrund der gerade speziell auch für den Skisport negativen Klimaentwicklungen. Diesbezüglich könnte erwartet werden, dass sich insbesondere der Internationale Skiverband (FIS) mit Sitz im beschaulichen Oberhofen am Thunersee primär der Vielzahl von Herausforderungen stellt, was die Zukunft des organisierten, globalen Skisports anbelangt. Vor allem der Umstand, dass der Ski-Tross, der rund um den Globus tingelt und dank der Viel-Fliegerei einen nicht unwesentlichen Teil zur Klima- und Umweltbelastung beiträgt, verlangt nach Lösungen, um den Skisport klima- und umweltadäquat in die Zukunft zu führen.

Doch auch in dieser Disziplin sorgt die weltumspannende, zuständige Organisation, ein Verein i. S. von Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, für Wirbel auf anderen Ebenen. Wie viele Sportverbände ist die FIS vor allem mit sich selbst beschäftigt, bzw. geht es auch dieser Sport-Funktionärskaste um Macht, persönliche Animositäten und um Geld. Die Zukunft des Skisports unter den gegebenen Verhältnissen und mit Blick auf die Zukunft scheint von sekundärer Bedeutung zu sein.

So ist bekannt geworden, dass es in der FIS wieder einmal richtig rumpelt. Dafür die Schuld nur beim aktuellen Präsidenten, Johan Eliasch, zu suchen, ist wohl zu kurz gegriffen. Aber wohl auch. Seit der 61jährige schwedisch-britische Geschäftsmann, der u.a. auch als CEO der renommierten Skimarke «Head» fungiert, 2021 als Nachfolger des legendären Schweizers Gian Franco Kasper, zum FIS-Präsidenten gewählt worden ist, herrscht einigermassen Unruhe im internationalen Skisport. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Verlierer der Präsidentenwahl, dazu gehört auch der Schweizer Ex-Weltmeister von 1993 in der Abfahrt, Urs Lehmann, sich mit Johan Eliasch nicht gerade auf Schmusekurs befinden. Doch die personen-bezogenen Machtverhältnisse in der FIS scheinen trotz vorherrschender Animositäten unter den Funktionären im Moment solide zu sein; schliesslich ist Johan Eliasch verbands-demokratisch zum obersten Verbands-Repräsentanten gewählt worden. Somit bleibt die pekuniäre Dauer-Baustelle im Rahmen des Weltverbandes. Zwischenzeitlich bekämpfen sich verschiedene Parteien zum Thema «»FIS Marketing AG» mit Sitz in Pfäffikon SZ. Diese Gesellschaft kümmert sich um die Werbe- und Vermarktungsaktivitäten der FIS. Die Idee und die Gründungsphase der Gesellschaft gehen noch auf den vor zwei Jahren verstorbenen Gian Franco Kasper zurück. Die Gesellschaft teilten sich der Verband (50%) sowie die Agentur Tridem Sports AG und Infront (je 25%); Ideengeber des Projektes war damals der Deutsche Christian Pirzer, Eigner der Tridem Sports AG, der als Projekt-Initiator mit dieser Beteiligung belohnt wurde. Seit geraumer Zeit herrscht bezüglich der Aufteilung des FIS-Werbekuchens im Rahmen der «FIS Marketing AG» Feuer im Verbands-Dach. Vor allem möchte Präsident Johan Eliasch dem Weltverband die gesamte Marketing-Gesellschaft einverleiben. Die diesbezüglichen Streitereien unter den Parteien sind in den letzten Monaten eskaliert. Involviert sind die Bezirksgerichte Schwyz und Zürich, und auch die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz (Sitz der Tridem Sports AG) ist aktiv, weil Vorwürfe der ungetreuen Geschäftsbesorgung erhoben wurden. Eine unappetitliche, unangenehme und unnötige Angelegenheit, die auch für entsprechendes Anwaltsfutter sorgt – und in diesem Fall muss damit gerechnet, dass der Rechtsunfrieden nicht sofort wird wieder hergestellt werden können – Anwälte sind nicht dafür bekannt, Problem-Erledigungen zu favorisieren; sie leben schliesslich von den Pendenzen. Affaire à suivre also auch in dieser «Causa».

Eine neue Art von Olympia – Ernsthaft oder ein Fake?

causasportnews / Nr. 1040/07/2023, 26. Juli 2023

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(causasportnews / red. / 26. Juli 2023) «Enhanced Games”, so heisst ein Projekt, dass dieser Tage lanciert und bekannt gemacht worden ist und von dem man nicht so richtig weiss, was davon gehalten werden soll. Die «verbesserten Spiele» sollen jedenfalls eine Antwort auf die etablierten Olympischen Spiele und die angebliche Heuchelei des Internationalen Olympischen Komitees (IOK) mit dem praktizierten Anti-Doping-System werden. Initiant der Spiele ist ein promovierter Jurist, Aron D’Souza. Der 38jährige Australier, der in Oxford studiert und in Melbourne doktoriert hat, ist felsenfest davon überzeugt, dass er sein Projekt zum «Fliegen» bringen wird. Er habe sein ganzes Leben damit verbracht, das Böse, insbesondere Korruption und Verfilzungen aller Art, zu bekämpfen. Alles also, was nach Auffassung von Aron D’Souza das IOK verkörpert. Auf diesen Verein nach Schweizerischem Recht hat sich der Australier eingeschossen, vor allem auf den IOK-Präsidenten Thomas Bach, der «zu den Feinden der Wissenschaft» zu zählen sei und nach Einschätzung des Sport-Revolutionärs die «Hall der Schande» im internationalen Sport anführt. Dem Deutschen wirft der Initiant der «Enhanced Games» vor, auf Kosten des organisierten Sportes ein Leben in Saus und Braus zu führen, statt real und effizient das «Böse im Sport» zu bekämpfen. Er möchte dem in seinen Augen heuchlerischen Sport-System den Riegel schieben. Beim Projekt von Aron D’Souza sind im Rahmen der geplanten Spiele Aufputschmittel, Anabolika und Epo frei, beziehungsweise dürfen diese von den an den Spielen teilnehmenden Sportlerinnen und Sportlern unter ärztlicher Kontrolle verinnerlicht werden. Die Grundidee sei, dass Athletinnen und Athleten leistungssteigernde Mittel eben (nur) kontrolliert konsumieren dürfen. Die ethisch fragwürdige IOK-Doping-Bekämpfungspraxis lehnt der Australier ab. Allerdings bleibt hier festzuhalten, dass auch dieses vorgesehene System nicht manipulationsfrei ist, weil selbstverständlich auch eine kontrollierte Verwendung leistungssteigernder Mittel hintertrieben werden kann. Der Projekt-Initiant vertritt die Meinung, dass das IOK mit seinem Anti-Doping-Regelierungssystem ungerechtfertigterweise Macht ausübe, weil die Organisation indirekt die Welt-Anti-Doping-Agentur beherrsche. Eine Überlegung, die nicht ganz abwegig ist.

Auch wenn die Idee von «Enhanced Games» nicht a priori nur als Phantasiegebilde oder Marketing-Gag in der aktuellen «Sauregurkenzeit» bezeichnet werden kann, wäre es verwunderlich, wenn das Projekt dereinst umgesetzt werden kann. Initiant Aron D’Souza betont zwar, er habe Anfragen von Athletinnen und Athleten in Hülle und Fülle, und auch TV-Stationen und potentielle Sponsoren seien am Thema interessiert. Es existiert aber auch Skurriles: In einem Werbeauftritt wird in sportlicher Hinsicht eine Sequenz vermittelt, welche den schnellsten Mensch der Welt zeigen soll, der jedoch nicht identifizierbar ist. Die 100 Meter will er in 9,49 Sekunden zurückgelegt haben und sei somit schneller als Weltrekordhalter Usain Bolt (9,58), wird suggeriert. Das qualifiziert die etablierte Sportwelt als «irreführend».

Ist die Idee solcher Spiele also ernsthaft oder ein Fake? Wie oft, dürfte auch hier die Wahrheit in der Mitte liegen. Tendenziell würde es allerdings verwundern, wenn «Enhanced Games» nur schon zu einem Äquivalent zu den Olympischen Spielen würden. Aber vielleicht gilt auch hier: Im Sport wird plötzlich Unmögliches möglich.

Nun «Tazuni», nächstes Jahr «Albärt»

causasportnews / Nr. 1039/07/2023, 23. Juli 2023

Frauen-Fussball: Wir lieben beides!
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(causasportnews / red. / 23. Juli 2023) Die Frauen-Fussballweltmeisterschaft, bzw. die WM-Endrunde, in Australien und Neuseeland hat begonnen. Gemäss Mainstream- Medien steht die Fussballwelt rund um den Globus Kopf; oder hat sie Kopf zu stehen. Jedenfalls ist es unopportun, den Frauen-Fussball, insbesondere auf höchster Stufe, nicht oder nicht (so) gut zu finden oder sich kritisch hierzu zu äussern. So geschehe es also (vgl. etwa causasportnews vom 3. Juli 2022). Wer nicht will, kann sich relativ einfach und schmerzfrei dem um das Turnier entfachten Medien-Hype entziehen, zumal schon die Zeitverschiebung zu Europa vieles in die entsprechenden, geordneten Bahnen lenkt. Für einen Monat läuft das Turnier auf der anderen Seite der Weltkugel, und die Faszination «Frauenfussball» treibt die Fussballwelt nach Expertenansichten hier schon frühmorgens vor die Bildschirme. Ganz sicher ist es deshalb ein Gerücht, dass sich dieses Turnier mit 32 Mannschaften nur mit Mühe fernsehmässig vermarkten lässt und sich auch die Werbewirtschaft mit Investitionen zurückhaltend verhält. Doch die zentrale Frage aus sportlicher Sicht bleibt die: Wer wird Fussball-Weltmeisterinnen? Es ist nicht auszudenken, was geschieht, wenn die Deutschen Frauen den Pokal nicht nach Deutschland holen…

Wie üblich, wird auch diese WM-Endrunde der Frauen weit vor Beginn mit der Präsentation des Maskottchen, das vor allem für Merchandising-Umsatz sorgen soll, lanciert. In den beiden Austragungsländern verkörpert ein (natürlich weiblicher) Pinguin mit dem Namen «Tazuni» die Glücksbringerin für alle. Turnier-Maskottchen-adäquat ist die weibliche Pinguindame ein Phantasiewesen mit menschlichen, selbstverständlich weiblichen Zügen. «Tazuni» entstammt einer spezielle Wortkomposition, bestehend aus «Taz» (was für das Tasmanische Meer steht) und «unity», was Einheit bedeutet. Das Maskottchen und sein Name stehen für zentrale Werte des durch Australien und Neuseeland veranstalteten, globalen Turniers; dies gemäss dem Indoktrinierungs-Support des die WM veranstaltenden Fussball-Weltverbandes (FIFA).

Auch wenn die Weltmeisterschaft der Frauen derzeit im Fokus steht, wirft die Fussball-Europameisterschaft 2024 längst ihre Schatten voraus. Der im Moment nicht gerade berauschende Zustand der Deutschen Nationalmannschafts-Kicker (Männer!), für die der Gewinn des Europa-Turniers im eigenen Land in einem Jahr ein «Muss» ist, lässt zwiespältige Gefühle in sportlicher Hinsicht aufkommen. Doch auch hier sorgt das Turnier-Maskottchen für Vorfreude und wird den Kontinent bis zum Abschluss der Veranstaltung am 14. Juli 2024 zumindest in eine Begeisterungseuphorie, wenn nicht sogar in Ekstase versetzen. Unter Wehen ist kürzlich das Maskottchen für diese Veranstaltung unter Turnier-Direktor Philipp Lahm geboren worden. Nachdem der das Turnier zu verantwortende Kontinentalverband (UEFA) mit organisatorischen und personellen Grossaufwand die Namensgebung für das Euro-Maskottchen forciert hat, eine Taufe Desselben jedoch mangels eines Namens, auf den man sich in der UEFA-Zentrale in Nyon hätte festlegen sollen, scheiterte, wurde der Ball dem Publikum weitergespielt. Unter mehreren Vorschlägen (Bernardo, Bärnheart, Herz von Bär) wurde schliesslich der Maskottchen Name «Albärt» bestimmt (mit 32% der Stimmen). Etwas mit «Bär» musste es also sein, denn Bären sind – mit Ausnahme der «Problem-Bären» – lustig, sympathisch, völkerverbindend und mehrheitsfähig – wie etwa der philanthropisch daherkommende Bär «Baloo» aus dem Dschungelbuch. Ein putziger Bär als Maskottchen soll es also richten, vor allem für die Deutsche Nationalmannschaft, die nun wieder so heissen darf (vgl. auch causasportnews vom 27. Juni 2022). Mit diesem possierlichen, authentischen Tierchen «Albärt» liegen UEFA und die Deutschen zweifelsfrei richtig, nachdem das EM-Austragungsland 2024, das soeben bewiesen hat, dass es doch zwischen Löwen und Wildschweinen zu unterscheiden im Stande ist, die «Deutsche Elf» möglichst sympathisch und gewinnend zum EM-Titel tragen will und muss.

Caster Semenya bringt die Schweizer Justiz in die Bredouille

causasportnews / Nr. 1038/07/2023, 20. Juli 2023

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(causasportnews / red. / 20. Juli 2023) Der Fall der Leichtathletin Caster Semenya beschäftigt u.a. auch die (Sport-)Justiz seit Jahren. Die 32jährige Südafrikanerin ist sportlich herausragend, eine Frau, die biologisch ein Mann ist und über deren Testosteronwerte (Testosteron leitet sich ab aus den Worten «testis», Hoden, und «Steroid», Grundgerüst verschiedener Hormone) seit ihren Erfolgen, vor allem als Olympiasiegerin und Weltmeisterin über die Mittelstrecke (800 Meter), diskutiert wird. Mehr als zu Diskussionen veranlasst sieht sich der vom ehemaligen Briten Sebastian Coe präsidierte Leichtathletik-Dachverband World Athletics, der das Thema «Intersexualität» in der Leichtathletik regeln muss und dies auf verschiedene Weise versucht hat. So hat der Verband Testosteron-Regeln erlassen, nach denen Caster Semenya ihr Testosteron-Niveau hätte senken müssen, um weiter bei den Frauen starten zu können. Die Thematik ist eingestandenermassen derart, dass eine diesbezügliche Verbandsregelung nur falsch sein konnte; eine ungemütliche Situation also für den Weltverband. Gegen die Testosteron-Regelung 2018 klagte die Südafrikanerin am Internationalen Sportschiedsgericht TAS (Tribunal Arbitral du Sport) in Lausanne. Das Gericht, dafür bekannt, dass bei Klagen von Athletinnen und Athleten beklagte Verbände selten ins Unrecht versetzt werden, betrachtete die World Athletics-Regelung zwar als diskriminierend, sie sei jedoch im Interesse der Chancengleichheit unter den Athletinnen und Athleten gerechtfertigt. Caster Semenya gelangte an das Schweizerische Bundesgericht (vgl. causasportnews vom 4. Juni 2019), welches den Entscheid des TAS erwartungsgemäss bestätigte. Wenn immer irgendwie möglich, schützt das Bundesgericht die Verbände und hält u.a. konsequent an der Irrmeinung fest, das TAS sei, wie ein ordentliches staatliches Gericht, als unabhängig zu qualifizieren. Die Athletin rügte im bundesgerichtlichen Verfahren bezüglich der Verbandsregelung u.a. vergeblich verschiedene Verstösse gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) bei der Beurteilung der Verbands-Testosteronordnung durch das TAS.

Caster Semenya zog ihren Fall nach der Niederlage am Schweizerischen Bundesgericht an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der nun kürzlich die Schweiz ins Unrecht versetzte. So wurde etwa erkannt, dass es in der Schweiz keinen ausreichenden Rechtsbehelf geben würde, mit welchem gravierende Verletzungen der EMRK gerügt und überprüft werden könnten; die Feststellung, die Athletin sei von den Schweizerischen Gerichten unzureichend angehört worden, bedeutet einen sport-juristischen Knalleffekt, der nichts anderes besagt, als dass der Instanzenzug in der Schweiz mit Blick auf die Überprüfungsmöglichkeiten (konkret der EMRK-Garantien) durch helvetische Gerichte ungenügend und mangelhaft sei. Die Schweiz also eine «Bananenrepublik» in punkto Justiz also, wie es der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger im Zuge der Fussball-Verfahren in der Schweiz immer wieder zu sagen pflegte (vgl. etwa causasportnews vom 12. Juni 2022)? Nicht ganz so schlimm, aber doch mehr als ein bemerkenswerter Fingerzeig aus Strassburg, der die Schweiz in die juristische Bredouille bringt. Es verwundert allerdings nicht, dass dieser Schock-Entscheid in der Schweiz vor allem medial unter dem Deckel gehalten wurde und wird. Das Strassburger Gericht konnte das Urteil des Schweizer Bundesgerichts zwar nicht ändern, jedoch die Schweiz wegen des ungenügenden Rechtsbehelfssystems rügen. Es ist mehr als peinlich für die Schweiz, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Land, das auf sein Rechts(behelfs)system besonders stolz ist, derart rügt, ins Unrecht versetzt und gravierende Lücken in dieser Rechtsordnung geisselt.

Die Schweiz wird versuchen, die der Leichtathletin verwehrten EMRK-Rechtsschutzgarantien als Einzelfall abzutun. Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass künftig weitere Sportler/innen Caster Semenya nachahmen werden und die Schweiz ein echtes Rechtsschutzproblem, vor allem im internationalen Kontext, bekommen wird.

Der Fall manifestiert ein grundlegendes Problem im Schweizerischen Rechtswesen: Zwar ist es nicht zu beanstanden, dass der Rechtsprechungs-Instanzenweg bis zum Bundesgericht immer steiniger wird. Die Überprüfungsbefugnisse der Instanzen nach oben werden immer enger, oder man könnte bilanzieren: Je höher die juristische Instanz, desto dünner die Luft für Rechtssuchende. Wer nicht schon in unteren Gerichtsinstanzen die Weichen auf Sieg stellen kann, wird im Rahmen der Instanzenzüge regelmässig abgewatscht, und letztlich wimmelt auch das Bundesgericht Rechtssuchende nach Möglichkeit oft mit allerlei Formalien ab. Vor allem die Rechtsprechung des obersten Schweizer Gerichts bezüglich zu überprüfender TAS-Entscheide ist durchwegs befremdlich bis krude. Aufgrund beschränkter Kognitionen (Überprüfungsbefugnisse) gelingt es dem Bundesgericht immer wieder, nach TAS-Urteilen vor allem Sportverbände und das Internationale Olympische Komitee (IOK) bei Beschwerden von Sportlerinnen und Sportlern juristisch schadlos zu halten. Insbesondere der Umstand, dass die TAS-Schiedsgerichtsbarkeit von den monopolistischen Sportverbänden dem organisierten Sport in mehr als unanständiger Art und Weise aufgenötigt wird, perlt an den Richterinnen und Richter im «Mon-Repos» in Lausanne konstant ab.

Comedian kassiert trotz «fertig lustig»

causasportnews / Nr. 1037/07/2023, 19. Juli 2023

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(causasportnews / red. 19. Juli 2023) In der Tat dürfte es Menschen ausserhalb Deutschlands grundsätzlich schwer fallen, den sog. Comedian-Star Oliver Pocher lustig zu finden. Wahrscheinlich ist der 45jährige, in Hannover geborene Hansdampf des Show-Business’ in allen Gassen, der überzeugt ist, er sei irgendwie originell und ein Gewinn für die Spassgesellschaft, lediglich ein simples Vorzeigeprodukt der modernen Medienindustrie. Wie dem auch sei: Der Frauenversteher mit Beziehungskisten zuhauf gehört jedenfalls zur Deutschen «Promi»-Szene – weshalb auch immer. Wer sich in diesen Kreisen bewegt, tut alles, um sich irgendwie in Szene zu setzen. Mitunter lässt man sich in der skurrilen Box-Szene blicken, erwartend, dass man als «Promi» neben den Kämpfern im Ring auch von Fernsehkameras und Fotografen erhascht werde. So geschah es im März 2022, als sich Oliver Pocher einen Kampf des Deutschen Box-Oldies Felix Sturm, alias Adnan Catic, in der Dortmunder Westfalenhalle anschaute. Der 45jährige Felix Sturm machte übrigens in seiner sportlichen Karriere auch anderweitig von sich reden und bereicherte unter anderem in vielfältiger Weise die Rechtsprechung (vgl. etwa causasportnews vom 14. April 2019). Bevor die Fäuste im Dortmunder Ring richtig flogen, näherte sich der Rapper Fat Comedy, mit bürgerlichem Namen Giuseppe Sumrain, dem in der vordersten Reihe sitzenden Oliver Pocher und versetzte ihm eine satte Rechte an den Kopf. Der Comedian reagierte perplex und liess sich nach diesem Schlag belämmert aus der Halle führen. Der neben ihm sitzende Ex-Fussballtrainer Christoph Daum schien wie versteinert. Weshalb es zu diesem Gewaltausbruch kam, lässt sich letztlich sowenig authentisch nachzeichnen wie das Gerücht, Oliver Pocher sei lustig. Doch dann war es eben rasch «fertig lustig» an diesem Märzabend 2022. Offensichtlich sind Fat Comedy schlicht die Sicherungen durchgebrannt; der Schlag sei ein Sinnbild für das Herunterputzen von Menschen, eine Lieblingsdisziplin von Oliver Pocher, was in der heutigen Spassgesellschaft bekanntlich besonders gut ankommt.

Eine weitere Runde in der «Causa Comedian Oliver Pocher / Fat Comedy Giuseppe Sumrain» wurde kürzlich am Landgericht Frankfurt ausgetragen. Das Gericht sprach Oliver Pocher 50 000 Euro Schmerzensgeld und Entschädigung zu. Der Comedian hatte von Fat Comedy 250 000 Euro verlangt. Die nächste Runde in diesem bizarren Rechtsstreit scheint vorgezeichnet. Oliver Pocher wird diese Klage trotz «fertig lustig» letztlich siegreich durchfechten; zu klar ist der Sachverhalt, eingefangen von TV-Kameras und massenhaft verbreitet über die sozialen Medien. So funktioniert Show-Business heute.

Nur ein Damoklesschwert über Wimbledon – mehr nicht

causasportnews / Nr. 1036/07/2023, 17. Juli 2023

(causasportnews / red. / 17. Juli 2023) Vor einem Jahr war alles anders und bewegte die Menschheit rund um den Globus: Da wurde die Welt erschüttert nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der am 24. Februar 2022 begann und in grauenvoller Art immer noch andauert. Damals zeigte sich der organisierte Sport ziemlich entschlossen, dass russische und weissrussische Sportlerinnen und Sportler vom Sport ausgeschlossen werden sollten. Der Boykott gegenüber dem Kriegstreiber Russland und gegenüber den Aktiven aus Russland und dem Russland-Sympathisanten Weissrussland war rigoros. Eine Ausnahme bildete das Welt-Tennis, das von Russland-Supportern, Opportunisten und Interessenvertretern beherrscht wird. Die Organisatoren des wohl berühmtesten Tennis-Turniers von Wimbledon widersetzten sich der Tennis-Weltdoktrin und liessen Athletinnen und Athleten aus Russland und Weissrussland in Wimbledon 2022 nicht zu; zweifellos erfolgte dieser Entscheid des organisierenden, privaten Vereins in Einklang mit der konsequenten Haltung der britischen Regierung (causasportnews vom 29. Mai 2022). Doch nun hat sich die Situation geändert, der Krieg dauert bereits weit über 500 Tage, die Kriegsmüdigkeit ausserhalb der Schlachtfelder in der Ukraine ist spürbar und irgendwie hat sich die Welt, horribile est dictu, auch an diesen diabolischen Event gewöhnt. Jedenfalls erlebte Wimbledon 2023 einen Meinungs- und Haltungsumschwung. Im soeben zu Ende gegangenen Rasenturnier spielten Athletinnen und Athleten aus Russland und Weissrussland ebenso wieder mit wie Aktive aus der geschundenen Ukraine. Der All England Lawn Tennis and Croquet Club hat sich offenbar dem globalen Tenniskartell beugen müssen und sich verzwergen lassen. Das führte zwar in Wimbledon zu blamablen Szenen, etwa, als die Weissrussin Viktoria Asaranka das Publikum, das sie (zugegebenermassen unschön) ausbuhte, als «betrunken» bezeichnete. Unheiliges also auf dem «heiligen Rasen» von Wimbledon, und ein Vorgeschmack auf die Olympischen Sommerspiele im kommenden Jahr in Paris, falls Aktive aus Russland, Weissrussland und der Ukraine in den Wettkämpfen aufeinander treffen sollten und von ihnen ein Handshake erwartet wird.

Wenigstens machte letztlich der Sport die delikate Situation in Wimbledon vergessen. Keine Aktiven aus Russland und Weissrussland in den beiden Finalspielen, und bei den Frauen eine Tschechin (Marketa Vondrousova) als Siegerin. Bei den Männern geschah mehr als Unerwartetes: Der Spanier Carlos Alcaraz setzte sich nach einem fast fünfstündigen Tennis-Drama gegen den derzeit wohl besten Spieler der Welt, Novak Djokovic, durch. Da war resultatmässig auch die Tennis-Welt mit Blick auf den erfolgsversprechenden Spanier und die Weltlage in Ordnung, nachdem sich der Serbe Novak Djokovic, der die bittere Niederlage sportlich trug und sich so in England zumindest keine Sympathien verscherzte, als fairer Sportsmann erwies. Wobei wir wiederum bei der aktuellen Weltlage wären. Die Haltung Serbiens gegenüber Russland ist vor allem für die Briten tendenziell unverständlich. So gab es unter diesem weitgehend emotionalen Gesichtspunkt in Wimbledon für das Publikum und die Tennis-Welt mit Carlos Alcaraz den «richtigen Sieger». Letztlich hing das Damoklesschwert der Russland-Aggression, welche durchwegs Auswirkungen auf den Sport und seine Protagonisten zeitigt, zwei Wochen über dem berühmten Rasen-Turnier. Der Sport und die Resultate bewirkten letztlich, dass der grauenvolle Krieg und seine Auswirkungen schwächer waren als das 2023 in Wimbledon Gezeigte.

Sport als Arbeit oder ähnlich – und was danach?

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causasportnews / Nr. 1035/07/2023, 9. Juli 2023

(causasportnews / red. / 9. Juli 2023) Wie heisst es so schön, wenn es um die wissenschaftliche oder pseudo-wissenschaftliche Veröffentlichung vor allem im Zusammenhang mit Darstellungen und Wertungen aller Art geht: «Nur wer nicht publiziert, wird nicht widerlegt». Nun muss «causasportnews» eingestehen, dass es die Redaktion selber erwischt hat (also quod erat demonstrandum). So wurde in der Meldung vom 7. Juli (causasportnews vom 7. Juli 2023) Roger Federer: Nur nicht zum Film!) die zurückgetretene Tennis-Ikone Roger Federer im Zusammenhang mit dessen Eintritt ins (Sport-)Rentenalter in die Nähe von Arbeitnehmern gerückt, was zugegebenermassen eine kurzsichtige Darstellung und völlig abwegig war. Selbstverständlich war der Maestro des Filzballs zu seiner Aktivzeit alles andere als ein Arbeitnehmer (etwa im Mannschaftssport im Sinne von Art. 319 ff. des Schweizerischen Obligationenrechts, denn Sportler sind allenfalls atypische Arbeitnehmer); er ist es auch jetzt nicht. Er dürfte vor allem im Auftrag insbesondere der Werbeindustrie im Einsatz stehen. Ein Tennisspieler als Individualsportler ist grundsätzlich alles, nur kein Arbeitnehmer. Er erbringt zwar eine sportliche Leistung, sein Erwerbs- und Betätigungs-Status kann aber mit Unterhaltern, Entertainern oder Bühnen- und Show-Stars verglichen werden. Der langjährige Coach von Roger Federer, Ivan Ljubicic, hat es in den Medien auf den Punkt gebracht: «Roger empfand Tennis nie als Arbeit»; zu sehr habe er stets einen Drang verspürt, ein Racket in die Hand zu nehmen. Wobei der Umkehrschluss, dass, wer einen Drang verspürt, etwas Bestimmtes zu tun, keine Arbeit verrichte, auch nicht zutrifft.

Zufälligerweise hat sich in der aktuellen Sauregurkenzeit im Sport auch eine andere, ehemalige Tennis-Professionalspielerin zurückgemeldet, die heute als TV-Expertin für das Schweizer Fernsehen, in dieser Funktion wohl zweifelsfrei als Arbeitnehmerin, im Einsatz steht: Die 44jährige Baslerin Patty Schnyder, die während ihrer grossen Tennis-Karriere, u.a. als Ranglisten-Nummer 7, nicht nur auf den Tennis-Plätzen der Welt brillierte. Sondern sie sorgte auch neben dem Sportplatz wegen ihres Privatlebens, das in den Medien, einen ungebührlich grossen Raum einnahm, für Furore. Da war die Geschichte mit dem «Heiler» Rainer Harnecker, zu deren Überwachung Patty Schnyders Eltern den Privatdetektiv Rainer Hofmann, engagierten. Das Ganz endete mit der Heirat von Patty Schnyder und Rainer Hofmann. Die Ehe hielt zehn Jahre, die Geschichte entzweite die Sportlerin und ihre Eltern. Mit ihrem Partner Jan Heino lebt Patty Schnyder heute in Deutschland. Aus der Beziehung stammen zwei Töchter. Mit der soap opera um Rainer Harnecker und mit dem Zerwürfnis mit ihren Eltern sorgte die begnadete Tennisspielerin indirekt für juristisches Aufsehen. In einem spektakulären Verfahren und aufgrund der Berichterstattung in einem Boulevard-Medium in der «Causa Patty Schnyder» erkannte letztlich das Schweizerische Bundesgericht, dass die Zeitung «Blick» dem Vater von Patty Schnyder zufolge einer widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzung durch die damalige Berichterstattung den Gewinn aus dem Absatz des Medienerzeugnisses herauszugeben habe (Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 7. Dezember 2006 betr. Art. 28a Abs. 3 ZGB, BGE 133 III 153). Patty Schnyder, bzw. ihr Vater, hat mit seiner Klage die Medien-Rechtsprechung ungemein bereichert und vorexerziert, wie den Medien-Berichterstattungsexzessen der heutigen Zeit wirksam begegnet werden kann. Die Medien lieben alles, ausser, wenn sie ihre Geschäftsbücher transparent machen müssen, damit ein Gewinn nachvollziehbar wird.

Nach einem neuen Betätigungsfeld oder neuen Betätigungsfeldern wird sich nun auch der Spitzen-Triathlet Jan van Berkel umsehen. Soeben hat er seine sportliche Abschiedsvorstellung gegeben und am Ironman Switzerland in Thun seine Karriere als Professional mit einem grandiosen, finalen Sieg gekrönt. Der gelernte, 37jährige Jurist und bekennende «Causa Sport»-Leser (www.causasport.org) kann sich nun eine Betätigung in der Juristerei ebenso vorstellen wie Aktivitäten im Sportbereich. Der mit der ehemaligen Eiskunstläuferin Sarah Meier, heute van Berkel, verheiratete Ausnahmeathlet, will sich aber zuerst einmal ausgiebiger als bis anhin seiner Familie widmen. In diesem «Fall» sei es gestattet, dem erfolgreichen Top-Sportler und Berufskollegen herzlich zu seinen langjährigen, grossen Leistungen in dieser Hardcore-Sportart herzlich zu gratulieren!

Roger Federer: Nun nur nicht zum Film!

causasportnews / Nr. 1034/07/2023, 7. Juli 2023

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(causasportnews / red. / 7. Juli 2023) Sich als Rentnerin oder Rentner aus dem Arbeitsleben zurückzuziehen und sich von Gesellschaft und Staat zu verabschieden, fällt nicht allen Menschen leicht. Gemeinsam ist dieser Alterskategorie durchwegs, dass sie, so um die 60 oder 70, in die letzte Lebensphase eintreten. Statt Geschäfts-Meetings Arzt-Termine, statt glamouröse Einladungen öde Alltage, statt fröhliche und beschwingte Geburtstagsfeste und Teilnahmen an Hochzeiten Begräbnisse und Altersheimbesuche. Nicht so bei Sportlerinnen und Sportlern, vor allem, wenn sie berühmt und gefeiert – und vielleicht auch noch gestrauchelt sind.

Beispiel Boris Becker: Er war der jüngste Wimbledon-Sieger aller Zeiten, der mit 17 Jahren den Grundstein für eine grandiose Tennis-Karriere legte. Nach der Aktivzeit ging es bergab. Sein Leben nach der sportlichen Laufbahn, die er mit 33 Jahren beendete, glich einer Achterbahn der Fakten und Gefühle. Der Frührentner taumelte von Frau zu Frau, von Business-Crash zu Business-Crash, sah Gerichtssäle bis in jüngster Zeit nicht nur von aussen und hangelt(e) sich, allerdings geschickt, von Pleite zu Pleite. Dennoch blieb er einer der beliebtesten Ex-Sportler Deutschlands mit bester Medienpräsenz. Die Situation präsentiert sich unverändert. Boris Becker, den Deutschland liebevoll «Bobele» nennt, nun 55 Jahre alt, lebt das begehrenswerte Leben eines Frührentners. Dieses wird auf dieser Erde nie enden.

Beispiel Roger Federer: Mit 40 Jahren ist er ins Rentnerleben hinübergetreten und ist so etwas wie ein «Anti-Becker». Immer dieselbe Frau an seiner Seite, eine Handvoll Kinder mit dieser immer gleichen Frau, solide Werbepartner ohne Ende (von «Jura»-Kaffeemaschinen, über «Lindt»-Schokolade bis «Schweiz Tourismus»), ebenso Geld in Hülle und Fülle. Roger Federer, nicht gerade für Spendier-Freudigkeit bekannt, wird sein Vermögen in den nun folgenden Jahren seines Rentner-Lebens weiterhin vermehren. Der diesbezügliche Instinkt, der Boris Becker abging, ist eine der Stärken des bald 41jährigen Schweizer Tennis-Maestro. Beispiel «Credit Suisse». «Bobele» reibt sich die Augen, wie es möglich ist, trotz einer veritablen Banken-Pleite («Credit Suisse») noch reicher zu werden (Roger Federer). Roger Federer verkörpert die Ur-Eigenschaften des bodenständigen Schweizers. Das Leben von «Bobele» wäre undenkbar für den Baselbieter, der im Moment in Wimbledon als «King Roger» Hof hält und dem es egal ist, wer unter ihm die Blaublütigkeit repräsentiert.

Natürlich sind Boris Becker und Roger Federer atypische Rentner, so, wie sie zuvor atypische Erwerbstätige waren. Der Sport bietet grundsätzlich einen Fundus von Atypizitäten. Die Sportler werden, auch wenn sie dem aktiven Sportgeschehen Adieu gesagt haben, nicht das konventionelle Rentner-Schicksal erleiden. Dennoch ist es auch für einen Maestro des Tennis, wie Roger Federer, nicht einfach, sich nach dem Rückzug vom Sport zu positionieren. Eine Zeitlang Abschied nehmen, den erarbeiteten Glamour geniessen und sich mit denen zu sonnen, die sich eben im Umfeld Berühmter zu sonnen pflegen – das ist natürlich keine Lösung für die irdische Ewigkeit. Die Medien orten bei Roger Federer bereits eine Ruhestand-Depression, dies, nachdem ein Auftritt des Mega-Stars anlässlich des Coldplay-Konzertes in Zürich einigermassen skurril anmutete und beim Tennis-Maestro selbstverständlich nur vermeintlich eine post-sportive Sinneskrise manifest werden liess. Auch Roger Federer im Ruhestand wird seine Position im zweiten Lebensabschnitt nach der Aktiv-Laufbahn finden. Die Gefahr, dass er zum «Partycrasher» auf den verschiedenen Bühnen dieser Welt wird, wie Medien bereits orakeln, besteht nicht. Nur vom Filmgeschäft sollte er sinnvollerweise die Hände lassen. Dieses Business ist nun wirklich ehemaligen Sportlern vorbehalten, die vor dem «Red Bull»-Zeitalter gross wurden, etwa der 83jährige Hans («Hausi») Leutenegger, der heute noch von seinem Bob-Olympiasieg von 1972 in Sapporo zehrt. Und sich danach im Filmgeschäft («Kommando Leopard» mit Klaus Kinski) zum Clown machte.

Gianni Infantino c. Joseph Blatter: Ein surrealer Rachefeldzug

causasportnews / Nr. 1033/07/2023, 3. Juli 2023

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(causasportnews / red. / 3. Juli 2023) Seit 2016 tobt zwischen dem aktuellen Präsidenten des Welt-Fussballverbandes (FIFA), Gianni Infantino, und dem Ex-Präsidenten des Verbandes in Form eines Vereins (Art. 60 ff. des Zivilgesetzbuches), Joseph Blatter, ein erbitterter Kampf, über dessen eigentlichen Gründe offensichtlich niemand so richtig Bescheid weiss. Faktum ist, dass sich die beiden Kontrahenten auf straf- und zivilrechtlicher Ebene nichts schenken und seit Jahren Verfahren jedwelcher Schattierung geführt werden; seitens der FIFA mit unerbittlichem Einsatz, jedoch mit wenig Zählbarem; markant sind allerdings die Kosten, welche sich beim Verband deswegen bisher angehäuft haben. Jedenfalls ging der 87jährige Joseph Blatter bei allen bisherigen, juristischen Auseinandersetzungen als Sieger hervor, zuletzt in der «Causa FIFA-Museum».

Das FIFA-Museum in der Zürcher City war eine Herzensangelegenheit des heute 87jährigen Ex-Präsidenten. Der Weltfussball mietete sich in einer mondänen, für den Fussball-Museumszweck adäquat umgebauten und eingerichteten Liegenschaft einer Versicherungsgesellschaft beim Bahnhof Zürich-Enge ein. Entsprechend wurde ein langfristiger Mietvertrag mit zugegebenermassen stolzem Mietzins zwischen der FIFA und dem Versicherer abgeschlossen. FIFA und seine Entourage fanden, das sei nun in jedem Fall eine ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Strafgesetzbuch; StGB) gewesen und verzeigten Joseph Blatter und dessen damaligen, engsten Mitarbeiter bei den Strafverfolgungsbehörden. Die Verfahren gegen mehrere Personen, nicht nur gegen den Ex-Präsidenten, wurden zwischenzeitlich eingestellt, bzw. wurden sie gar nicht an die Hand genommen (causasportnews, 8. April 2023). Die Ermittler erkannten in der Anzeigeerstattung der FIFA nicht einmal einen Knochen ohne Fleisch, sondern qualifizierten die Vorgehensweise des Verbandes unter Giani Infantino zusammengefasst als «Mumpitz» (= ein Unsinn, den man nicht zu beachten braucht). Obwohl der Staat den grössten Teil der Untersuchungskosten trägt, was die Öffentlichkeit einigermassen empört, haben die aus dem Home of FIFA initiierten Anzeigen auch beim Verband massive Kosten verursacht. Vor allem in einem Punkt legte sich die FIFA mächtig ins Zeug und wollte die Untersuchungsbehörde überzeugen, dass etwa das ganze Mietzinskonstrukt für das Museum ausserordentlich und eine Trickserei sei – eben eine ungetreue Geschäftsbesorgung der Gruppe Joseph Blatter & Co. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die Mietzinshöhe für das Museum auch von den Untersuchungsbehörden als marktkonform qualifiziert wurde. Die FIFA wollte die Mietzinsgestaltung als überrissen und unverhältnismässig gewertet sehen. Die Mietzinshöhe sei auch das Resultat von trüben Absprachen etwa zwischen der Vermieterschaft und der FIFA mit Joseph Blatter und seiner Entourage sowie einflussreichen Personen aus der Wirtschaft.

Absprachen – das wäre eine Sache. Jedoch der Ort, wo diese Absprachen getätigt worden sein sollen, ist ein anderes Thema: In einem «Darkraum» des Klosters Einsiedelns! Um diese Behauptung zu bestärken, wurden von der FIFA Spezialfirmen, gegen teures Geld, beauftragt, um den Ermittlern kloster-historisches Material bezüglich der Treffpunkte im Kloster zu liefern. Namentlich wurde auch erwähnt, wer an konspirativen Treffen im «Darkraum» des Klosters teilgenommen habe, so der damalige Abt des Klosters, Martin Werlen, ebenfalls ein Waliser wie Joseph Blatter. Sowohl Joseph Blatter, Martin Werlen und andere von der FIFA ins Visier genommene Persönlichkeiten in dieser Räubergeschichte bestritten das Vorhandensein eines abhörsicheren Raumes in Einsiedeln als auch, dass Absprachen bezüglich des FIFA-Museums in diesem Raum im Kloster stattgefunden hätten. Joseph Blatter zeigt sich über diesen Rachefeldzug von Gianni Infantino und seinen Vasallen verärgert und sieht sich ob der Verdächtigungen und Beschuldigungen in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt – und will allenfalls klagen. Die Geschichte ist grotesk und skurril zugleich, deshalb wird sie weiterhin in den Medien ausgebreitet. Dabei wird u.a. auch die Frage gestellt, ob der teure und unsinnige Rachefeldzug der aktuellen FIFA-Führung und auf Kosten des Verbandes nicht auch als ungetreue Geschäftsbesorgung zu qualifizieren sei. Dieses Thema könnte die nächste, juristische Kampfebene zwischen der ehemaligen und der aktuellen FIFA-Führung bilden. Eher unwahrscheinlich ist es, dass der FIFA-Kongress, die Versammlung der Mitglieder des Verbandes, Gianni Infantino wegen dieser Geldverschwendung in dieser Anzeigenpose aus dem FIFA-Hauptquartier nahe beim Zürcher Zoo abstraft. Solange die Nationalverbände als Mitglieder der FIFA pekuniär auf ihre Kosten kommen, wird sich niemand in «Winkelried»-Manier mit dem FIFA-Präsidenten anlegen und diesen zur Räson bringen wollen.