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Anwälte als Unternehmer, Klubpräsidenten und Spielervermittler

(causasportnews / red. / 22. Februar 2023) Anwälte fühlen sich zu allem berufen und gewinnen immer – auch wenn sie als Prozessanwälte vor Gericht verlieren. Das durch nichts zu rechtfertigende Verbot von Erfolgshonoraren macht’s möglich. Diese Juristen-Kategorie ist überall tätig, wo es Geld zu verdienen gibt. Etwa als Unternehmer, wobei sie oft heterogen agieren und auch dadurch reich werden oder bleiben. So etwa im Banken-Business; prominente Beispiele der jüngeren Wirtschaftsgeschichte sind die Anwälte Peter Kurer (UBS) und Urs Rohner (Credit Suisse). Weil die Wirtschaft und der organisierte Sport seit Jahrzehnten intensiv verknüpft sind, versuchen sich vor allem sog. «Wirtschafts-Anwälte» auch immer wieder als gutbezahlte Klubpräsidenten. So etwa in der Fussball-Sektion des Zürcher Grasshopper Clubs: Vor längerer Zeit installierte das Zürcher Wirtschafts-Establishment in diesem Klub eben einen solchen «Wirtschafts-Anwalt» ohne jegliche Kenntnisse im Sport-Business, aber immerhin mit dem know how ausgerüstet, wie man es fertig bringt, es sich trotzdem selber gut gehen zu lassen. Auch derzeit ist im Grasshopper Club (wieder und erneut) einer dieser juristischen Bahnhofstrassen-Heroen, wie sie auf dem Platz Zürich genannt werden, am Werk. Dem Klub geht es schlecht, aber wenigstens dem Star-Juristen gut. Das Anwalts-Leben hat sich in kurzer Zeit massiv verändert. Durchwegs finden sich immer weniger Klienten, meistens und vor allem anonyme Gesellschaften und Unternehmen, welche bereit sind, in unnütze Gerichtsverfahren zu «investieren» und Prozess-Anwälte durchzufüttern. Dies trotz der Erkenntnis, dass das Prozessieren nur noch für die Anwälte Sinn macht und sie in jedem Fall die pekuniären Gewinner sind; vgl. oben und den Begriff «Erfolgshonorar». Vor allem im Sport, in dem es Missbrauchsfälle und Frauendiskriminierungen zuhauf gibt, haben Anwälte ein neues Betätigungsfeld erschlossen: Die Untersuchung von Skandalen jeglicher Art in Sport-Unternehmen, Verbänden und Klubs, so wie es auch in der katholischen Kirche seit Jahren Usus ist. Durch Untersuchungen schaffen sich die an sich Verantwortlichen Luft und besorgen sich durch die Erteilung derartiger, lukrativer Aufträge an Anwaltskanzleien die notwendigen «Feigenblätter» zur unbehelligten Weiterexistenz. Beispiele für dieses Tun gibt es im Sport en masse: Der Deutsche Fussball-Bund (DFB) tat es («Freshfields-Bericht» zur WM-Endrunden-Vergabe 2006) wie auch verschiedene Sportverbände und -organisationen in der Schweiz und rund um den Globus. Für die Anwälte sind solche Untersuchungs-Aufträge lukrativ und bilden gleichzeitig Marketing-Tools für weitere Aktivitäten, da die sünden-teuren Berichte oft nach der beauftragten Anwaltskanzlei benannt werden (vgl. oben und den Begriff «Freshfields-Bericht»). Diese neue Betätigungs-Segment wollte der ehemalige FIFA-Präsident Joseph Blatter natürlich nicht wahrhaben und bezeichnete Anwälte als «so wichtig wie Kröpfe» (Kropf oder «Struma»: Entstellende Schwellung im Hals durch vergrösserte Schilddrüse).

Seit im bezahlten Fussballsport die pekuniäre Komponente immer wichtiger geworden ist, haben Anwälte in dieser Sparte ein neues Betätigungsfeld entdeckt und gefunden, auf dem sie wirtschaftlich gar nicht scheitern können. Sie sind als Spielervermittler oder Sport(ler)-Manager tätig und können es in dieser Sparte, wenn ihnen das Sportler-Evaluations-Glück hold ist, gar nicht scheitern. Der Wildwuchs in dieser Branche ist allerdings bekannt, und die Anwälte, die hier tätig sind, können oft ihren Hang zum Winkeladvokatentum ausleben. Anwälte, die sich in irgendeiner Form etwa mit einem Fussballspieler zusammentun, fühlen sich auch für das persönliche Wohl ihres Klienten verantwortlichen und bilden oft einen Teil der betreffenden (Fussball-)Familie. Und so, wie es sich mit Familien an sich verhält, sind Streit und Missgunst vorprogrammiert, vor allem deshalb, weil es Anwälte im Spielervermittler- und -management-Geschäft oft an der an sich notwendigen Distanz zum Klienten fehlen lassen. Anwälte brüsten sich oft vielmehr in der Öffentlichkeit mit ihren prominenten Klienten.

So wird die Thematik der Anwälte, die gleichzeitig auch Spielervermittler und -berater sind, derzeit am Regionalgericht Bern manifest. Wie wild es in dieser Szene zu und her geht, zeigt der Prozess, den der Vater des Nationalmannschafts-Spielers Granit Xhaka gegen den zwischenzeitlich über 70jährigen Anwalt André Gross führt. Ja, es prozessiert der Vater des Spielers gegen den «Star-Anwalt», der Jürgen Klinsmann und Schauspieler jedwelcher Couleur zu seinen Klienten zählt. Neben den «Wirtschafts-Anwälten» gibt es eben auch die «Star-Anwälte, und selbstverständlich existieren auf diesen Ebenen Deckungsgleichheiten. Der Vater des Spielers und der Anwalt sollen einmal vereinbart haben, dass Honorare, die bei Übertritten des Fussballspielers Granit Xhaka fällig wurden, «fifty-fifty» aufgeteilt wurden. Natürlich geht es jetzt um Geld, um Provisionen, bezüglich dieser sich der Vater des Spielers benachteiligt fühlt und nun gegen den Anwalt klagt. So schnell kann das im Fussball gegen: Der Anwalt als Freund der Familie, bei der er jahrelang ein- und aus ging, findet sich plötzlich in der Beklagten-Rolle, nachdem der Anwalt sein Mandat mit dem Spieler verloren hatte. In einer ersten Gerichtsverhandlung in Bern war offenbar eine Einigung nicht zu erzielen. Im weiteren Verlauf des bizarren Prozesses dürften noch interessante Einzelheiten von der Bühne, auf der Anwälte oft in dieser lukrativen Glitzerwelt des Fussballs eine Hauptrolle spielen, zu vernehmen sein.

Neues von der «Empörungs-Gesellschaft»

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(causasportnews / red. / 10. Juni 2021) Es gibt in der heutigen Zeit immer einen Grund, um sich aufzuregen und zu empören, unter gütiger Mithilfe aller möglicher Medien in Wort, Ton und Bild. Oft geschieht dies nach dem Motto: «Heute ist immer ein schlechter Tag».

Im Moment ist der Stürmer des VfB Stuttgart, Silas Wamangituka, das Empörungsobjekt der Spass- und Gerechtigkeits-Gesellschaft. Seit vor einigen Tagen klar geworden ist, dass der offenbar am 6. Oktober 1998 (und nicht 1999) geborene Kongolese in der Tat Silas Katompa Mvumpa heisst und gemäss amtlichen und halb-amtlichen Dokumenten aus Kinshasa stammt, steht nicht nur die Fussball-Welt Kopf. Selbstverständlich steht im Zentrum der Kritik nicht der talentierte Spieler, der seit Sommer 2019 in Stuttgart kickt. Der Zorn der Massen, befeuert von Medien aller Art und Provenienz, richtet sich gegen einen Spielervermittler (es soll sich dabei um den schillernden Agenten Olivier Belesi Djesi handeln), der den bald 23jährigen VfB-Stürmer für seine Zwecke missbraucht und manipuliert haben soll, sowie gegen Menschenhändler und allgemein düstere Strippenzieher im Fussball; der Sportler mit falscher Identität und geschöntem Geburtsdatum bleibt mit Blick auf die flächendeckende Kritik aussen vor.

Natürlich ist diese Identitätstäuschung und die Irrung mit Blick auf das Geburtsdatum mehr als unschön und geht an sich gar nicht. Sie sind jedoch Fakten im Rahmen der heutigen, globalen Mobilität der Massen. Silas Katompa Mvumpas Identitäts- und Geburtstags-Täuschung flog nur deshalb auf, weil er als bekannter Fussballspieler, der 2019 für eine Summe von acht Millionen Euro von Paris FC ins Schwabenland wechselte, in der Öffentlichkeit steht und zumindest eine sog. «relative Person der Zeitgeschichte» ist. Letztlich stellt sich bei nüchterner Betrachtung die Frage, welche Auswirkungen dieser Vorgang auf den Sport und/oder auf das staatliche Normengefüge haben könnte. Vielleicht hängt die Alters-Retouche damit zusammen, dass ein Spieler nach dem 23. Lebensjahr transferrechtlich relativ frei ist und für ihn beispielsweise von einem neuen Klub keine Ausbildungsentschädigungen mehr bezahlt werden müssen. Vielleicht. Auf die Spielberechtigung hat der «Fall» jedenfalls keinen Einfluss; ebenso nicht auf das Arbeitsvertragsverhältnis zwischen dem Spieler und dem VfB Stuttgart. Sport-sanktionsrechtlich wird ebenfalls nichts hängen bleiben, auch wenn jetzt auf Teufel komm raus ermittelt und abgeklärt wird. Einzig die Stuttgarter Ausländerbehörde scheint sich für den Vorgang zu interessieren. Natürlich wird die Stütze des VfB Stuttgart deshalb sein Aufenthaltsrecht nicht verlieren. Nach einiger Zeit wird sich auch dieser Sturm der Empörung und Entrüstung ohne Folgen legen. So what also, würde George Clooney dazu sagen und sich entspannt und im umfassenden Glücksgefühl seinem Kaffee zuwenden.

Wer erinnert sich bei dieser Gelegenheit noch an den 2019 bekannt gewordenen Fall des Spielers des Hamburger SV, Bakery Jatta, der identisch sein soll mit einem Akteur namens Bakary Daffeh? Demnächst und nach fast zweijährigen Abklärungen dürfte klar sein, ob sich hinter diesen beiden Namen ein- und dieselbe Person verbirgt. Wenn dem auch so sei: Folgen wird auch dieses doppelte Lottchen-Spiel im Fussball kaum haben. Die öffentliche Empörung ist in der heutigen Zeit für die Betroffenen die Höchststrafe für Ungereimtheiten aller Art.

Josip Drmic: Sportlicher und juristischer Super-GAU

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(causasportnews / red. / 20. Oktober 2020) Das ist wohl die dramatischste Konstellation, mit der sich ein hochkotierter Fussballspieler konfrontiert sehen kann: Ein juristisches Verfahren aufgrund eines sportlichen Umstandes, den man zu gerne ungeschehen gemacht hätte. So ist es dem 28jährigen Schweizer Nationalspieler mit kroatischen Wurzeln und einem ebensolchen Pass, Josip Drmic, widerfahren. Auf die Spielsaison 2019/20 hin wechselte er vom Deutschen Klub Borussia Mönchengladbach zum Englischen Renommier-Verein Norwich City. Er unterschrieb bei den «Kanarienvögeln» in England einen Vertrag bis 2022. Bereits vor einigen Monaten ist der Stürmer in England aussortiert worden und trainiert nicht einmal mehr mit der Professional-Abteilung des Klubs, welcher derzeit in der zweiten Liga spielt. Zum sportlichen Pech gesellt sich dazu, dass Josip Drmic auch auf der sport-rechtlichen Ebene vom Glück verlassen worden zu sein scheint – ein sportlich-juristischer Super-GAU also. Der ablösefreie Wechsel des Spielers von Gladbach zu Norwich hat den ehemaligen Berater des in der Region des Zürichsees aufgewachsene Top-Fussballer jedenfalls bewogen, gegen Josip Drmic eine Forderungsklage am Landgericht Düsseldorf einzureichen. Satte 615’000 Euro Provision verlangt der Agent Sören Seidel vom Spieler als Provision für den Transfer von Deutschland nach England. Das entsprechende Zivilverfahren ist im Gange; über die Erfolgsaussichten lässt sich aufgrund der unklaren Sachverhaltsdarstellungen der Parteien, sofern sie sich überhaupt äussern, nicht einmal mutmassen. Zumindest scheint jedoch die Klage nicht aussichtslos zu sein. Für Josip Drmic ist diese Situation alles andere als aufbauend. Die Klubsuche, zu der das Management von Norwich City bei der im Sommer eröffneten Aussortierung geraten hat, gestaltet sich nicht nur wegen COVID-19 als schwierig. Und ein Gerichtsverfahren als Beklagter auf Grund eines Transfers, der sich als Flop erwiesen hat, durchstehen zu müssen, ist auch alles andere als erstrebenswert.

Spielervermittler verliert Rechtsstreit gegen den 1. FC Köln

(causasportnews / red. / 22. Dezember 2019) Die Spielervermittler-Branche gehört zu den umstritteneren Erscheinungsformen im Rahmen des Professional-Fussballs. Allgemein verfügt die Spezies der Vermittler, Berater und Agenten nicht gerade über einen herausragenden, positiven Ruf; sie wird jedenfalls ebenso beneidet wie verachtet. Allgemein herrscht die Meinung vor, Spielervermittlerinnen und Vermittler seien im komplexen Fussballgeschäft, in dem etwa Reglements-, Rechts- sowie Versicherungs- und Steuerkenntnisse bedeutend sind, nicht mehr wegzudenken. Dabei sind allerdings die sog. „Seriösen“ gemeint, die über entsprechende Fachkenntnisse verfügen und eher nicht als Parasiten des Sports gelten. Es gibt aber auch die „andern“, welche vor allem ihre Eigeninteressen im Auge haben und den Sport im Allgemeinen und ihre Klienten im Besonderen als Mittel zum (Erwerbs-)Zweck betrachten; sie profitieren vor allem von den teils horrenden Transfersummen, die heute bei Klubwechseln von Spielern von den übernehmenden Klubs bezahlt werden. In der Branche herrscht deshalb ein permanenter Kampf um die Fussballstars, um diese bei Transfers vertreten zu können. Nur wer bei einem Übertritt dabei ist, sei es als Beauftragte eines Spielers oder eines Klubs, kann sich fette Honorare ausrechnen. Alleine in der Deutschen Bundesliga sollen durch die Klubs 2017/18 fast 200 Millionen Euro an Beraterhonoraren bezahlt worden sein.

Einer, der in dieser Hinsicht derzeit eher eine Pechtsträhne zu verzeichnen hat, ist der Schweizer Spielervermittler Giacomo Petralito. In der Branche gilt er zumindest als schillernd. Es ist deshalb kaum ein Zufall, dass der 70jährige, ehemalige Weinhändler wegen eines vielbeachteten Gerichtsverfahrens in den Fokus der Öffentlichkeit rückte. In einer nicht ganz klaren Form war der kleine Schweizer mit italienischen Wurzeln 2017 in den Transfer des 1. FC Köln Spielers Anthony Modeste zum Chinesischen Klub Tianjin Quanjina involviert. Jedenfalls verlangte er vom auftraggebenden Verein 1. FC Köln für die Vermittlung des Spielers für den 28 Millionen-Transfer satte zwei Millionen Euro an Provision, der Klub lehnte die Forderung ab. Das Landgericht Köln hat nun die Klage des Spielervermittlers vollumfänglich abgewiesen. Es sei zwar ein Vermittlungsvertrag abgeschlossen worden, jedoch habe der klagende Spielervermittler keinen wesentlichen Beitrag zum Transfer geleistet, erkannte das Gericht. Der 1. FC Köln hatte dem Vermittler vergleichsweise noch 500 000 Euro angeboten, das Gericht unterbreitete einen Vorschlag über eine Summe von 750 000 Euro. Beides lehnte Giacomo Petralito ab und ging nun ganz leer aus. Der Prozess, den der Schweizer angestrengt hatte, sieht nach „Eigentor“ aus. Denn auch wenn der unterlegene das Urteil anfechten sollte, werden ihm im Rahmen einer erneuten Beurteilung durch eine höhere Instanz keine grossen Chancen eingeräumt. Giacomo Petralito ist prozesserfahren – allerdings mit schlechter Bilanz. Im vergangenen Jahr wollte er vom ehemaligen Schalker Sportchef Christian Heidel eine halbe Million Euro erstreiten – und verlor ebenfalls.