
(causasportnews / red. / 29. Mai 2022) Da soll noch jemand behaupten, Sport sei keine Kriegsführung mit anderen Mitteln! Diese These wird aktuell untermauert nicht etwa im Fussball, wo Hooligans regelmässig die Grenze zwischen Sport und Krieg verwässern, sondern im gelegentlich so genannten «gentlemen sport» Tennis. Wegen des Aggressionskrieges Russlands gegen die Ukraine hat der das berühmte Wimbledon-Turnier organisierende private Verein All England Lawn Tennis and Croquet Club beschlossen, dass in diesem Jahr keine russischen Spielerinnen und Spieler sowie keine Vertreterinnen und Vertreter Weissrusslands den «heiligen Rasen» betreten dürfen. Dieser Entscheid basiert zweifelsfrei auf der einigermassen konsequenten Boykott-Linie der britischen Regierung gegenüber der Kriegstreiber-Nation Russland (vgl. auch causasportnwes vom 23. April 2022). Seit Bekanntgabe der Anordnung sind die Meinungen zwischen Befürwortern und Gegnern dieser Sanktionsmassnahme geteilt. Die Profitouren der Männer (ATP) und der Frauen (WTA) sowie der Tennisweltverband (ITF; International Tennis Federation, nota bene mit Sitz in London!) haben nun in Kriegsmanier zum Auf- und Gegenschlag gegenüber den Wimbledon-Organisatoren ausgeholt und entschieden, dass in Wimbledon 2022 (27. Juni bis 10. Juli) keine der begehrten Weltranglistenpunkte vergeben werden. Das trifft die Londoner Organisatoren nicht sehr stark, weil ein Sieg in Wimbledon an Tennis-Prestige so oder so nicht überboten werden kann. Jedoch ist die Tenniswelt nun definitiv gespalten. Die Frage, ob die Sanktion des All England Lawn Tennis and Croquet Club gegen russische und weissrussische Sportlerinnen und Sportler sinnvoll und angemessen sei, kann natürlich kontrovers diskutiert werden. Doch der private Verein hat nun einmal so entschieden, und das darf er selbstverständlich. Die Retorsion von ATP, WTA und ITF ist wohl weniger nachvollziehbar, zumal auf diese Weise das Welttennis arg verzerrt wird; doch auch diese Massnahmen sind erlaubt. Die Zulassung (oder Nicht-Zulassung) zu einem sportlichen Wettbewerb ist eine Sache; auf diese Weise, wie es ATP, WTA und ITF tun, direkt in den sportlichen Wettbewerb einzugreifen, ist eine eher schwer verständliche, andere Angelegenheit. Ironischerweise wird nach dem Turnier in London der Russe Daniil Medwedew die Weltranglisten-Nummer 1 werden, auch falls Novak Djokovic in Paris und in Wimbledon gewinnen sollte…