Von Angebot und Nachfrage: Oder wer hat Lust auf ein Münchner-Himmelfahrtskommando?

causasportnews / Nr. 1134/04/2024, 23. April 2024

Photo by Tomas Andreopoulos on Pexels.com

(causasportnews / red. / 23. April 2024) Beim FC Bayern München wechseln die Trainer der 1. Mannschaft wie die «Allianz Arena» die Farben. Mit dem amtierenden Chef-Trainer Thomas Tuchel will, bzw. wollte es auch nicht so recht, weshalb es längst entschieden ist, dass dieser nach Ablauf der Saison 2023/24 das Heil in der Flucht aus München suchen wird. Fürwahr, der 50jährige Fussball-Lehrer, nicht gerade der Inbegriff für Fröhlichkeit («aus einem traurigen Arsch kommt kein froher Furz» – Martin Luther), harrt in München einfach noch ein wenig aus. Natürlich wurde Thomas Tuchel weder als Komiker noch als Heilsbringer angestellt, weshalb er das gut bezahlte Amt bis zum Schluss der Saison aussitzt. Aber vielleicht ereignet sich in der deutschen Hochburg des Katholizismus’ doch noch ein Wunder, und der FC Bayern München gewinnt die Champions League! Dies, nachdem die Meisterschale wie ein Kelch in der Leidensgeschichte Jesu an den Münchnern vorbeiging. Gefeiert wird aktuell in Leverkusen. Thomas Tuchel erträgt derzeit in München alle Erniedrigungen eines Fussball-Trainers bis zum bitteren Ende. Es wird offenbar mit Krethi und Plethi verhandelt, wer auf den unglücklichen Trainer, der zuvor beim FC Chelsea bewiesen hatte, dass er nun beim FC Bayern München unter Wert geschlagen worden ist, folgen soll. Bei den Protagonisten des Klubs macht sich allmählich Ernüchterung breit. Denn bisher war es so, gestützt auf die Marktgleichgewichts-Theorie von Angebot und Nachfrage, dass sich die Nachfrage nach dem Trainer-Job in München gar nicht mehr steigern liess. So meinte man. Real ist die Nachfrage nach Fussball-Lehrern, die das Himmelfahrtskommando an der Isar übernehmen sollten, in der Gegend des Gefrierpunktes angekommen. Die Bayern gehen immer noch davon aus, dass der Job um die Selbstdarsteller in der Münchner Fussball-Teppichetage zum Begehrtesten auf dieser Welt zählen würde. Weit gefehlt! Seit der aktuelle Bundestrainer Julian Nagelsmann dankend abgelehnt hat, nach seinem bitteren Ende vor einem Jahr in München die Nachfolge seines Nachfolgers an der Säbener Strasse anzutreten und Meister-Trainer Xabi Alonso einen Wechsel von Leverkusen nach München diskussionslos ausschloss, kehrt Ernüchterung ein, bzw. werden nun von den Millionen Fussball-Sachverständigen in und um München die Möglichkeiten der zweiten nationalen und internationalen Trainer-Ebene sondiert. Die zentrale Frage in München lautet, trotz «Mia San Mia», so: «Wer soll nun angefragt werden, wenn sich schon kaum jemand mehr für diesen Job interessiert?». Nachdem das Marktgleichgewicht von Angebot und Nachfrage bei Bayern München nachhaltig gestört ist, herrscht an der Isar in der Trainerfrage des FC Bayern München mehr Frust als Lust.

Mit der Personalpolitik ist es in München und seinem liebsten Kind, dem «FC Bollywood», wie in der Politik: Vieles wird richtig gedacht, aber kaum etwas richtig gemacht. So ist aktuell an den Schweizer Yann Sommer zu denken, der zwar mit dem FC Bayern München Meister in der letzten Saison Meister wurde, aber dann regelrecht nach Italien weggemobbt wurde. Der Torhüter der Eisgenossen, der in München als Verlegenheitslösung galt und die Überheblichkeit und den Misanthropismus der Münchner Klubs-Verantwortlichen schmerzhaft zu spüren bekam, erlebte in Italien eine wundersame Satisfaktion. Mit Inter Mailand feiert der Nationalmannschafts-Torhüter souverän den «Scudetto», die Italienische Fussball-Meisterschaft. Mit Bayern München wäre er heuer nur der erste Verlierer in der Deutschen Meisterschaft geworden. Nein, natürlich nicht. Mit Yann Sommer hätten die Bayern aktuell wohl (auch) die Deutsche Meisterschaft gewonnen…Manchmal ist der Fussball eben auch gerecht!

«Sandburgen-Syndrom» im Umfeld des Matterhorns

causasportnews / Nr. 1133/04/2024, 21. April 2024

Photo by Vika Glitter on Pexels.com

(causasportnews / red. / 21. April 2024) Die Welt bietet derzeit Anschauungsunterricht u.a. mit Blick auf das «Sandburgen-Syndrom». Kaum mehr ein Flecken auf der Erde bleibt derzeit von diesem Syndrom (definiert als gemeinsames Auftreten bestimmter charakteristischer Symptome im Rahmen dieses Krankheitsbildes) unbehelligt. Neben dem sinnlosen, kriegerischen, unversöhnlichen Hauen und Stechen an sich ist die Welt rundherum den Regierenden ausgeliefert, die, den digitalen Möglichkeiten sei Dank, permanenten Einblick in ihre Welten gewähren, die mehrheitlich Tage der offenen Türen in Irrenanstalten ähneln. Diese Faktenlage wird komplettiert durch das zielführende Handeln und Streben des Menschen als «Krone der Schöpfung» gemäss der biblischen Weisheit «Auge um Auge, Zahn um Zahn». Wobei die Brücke geschlagen wäre zu den vorgesehenen und gescheiterten Ski-Weltcup-Rennen von Zermatt nach Cervinia, die das «Sandburgen-Syndrom» bestätigen. Das geht heute so: «Ich mache Dir Deine Sandburg kaputt, weil Du meine Sandburg zerstört hast.». So wird auch diese Geschichte unendlich und gibt ein aktuelles Beispiel aus dem Wintersport ab. Genauer geht es um Sportpolitik.

Wie mehrmals vermeldet, ist der Unsinn von Weltcup-Rennen von Zermatt nach Cervinia nach mehreren, fruchtlosen Anläufen nicht nur wettermässig, sondern auch formell gestoppt worden. In der kommenden Saison wird es definitiv keine Speed-Rennen vor der Kulisse des Matterhorns geben. Das ist letztlich das Ergebnis von gelebter Sportpolitik im Skizirkus, in dem es von eitlen Machtmenschen und teils Egomanen bescheidenen Geistes wimmelt. Die Entscheidung des Ski-Weltverbandes (FIS) sowie des Italienischen und des Schweizerischen Skiverbandes hat dem Selbstbewusstsein der Zermatter Organisatoren, auch wenn dies so nicht eingestanden wird, einen zumindest veritablen Schlag versetzt. So besannen sich die Menschen im hintersten Matter-Tal, die dem Skisport mit der Austragung von Speed-Rennen vor der weltbekannten Berg-Kulisse eine spezielle Bühne bieten wollten, auf Rache. Zwar sind es die Zermatter Bergbahnen, die entschieden haben, sich am Schweizer Elite-Sport zu rächen und den Ski-Protagonisten der Verbände einen Denkzettel zu verpassen; weil in dieser Region speziell alles vernetzt ist und alles zusammenhängt, sind die Verantwortlichen der Zermatter Bergbahnen weitgehend deckungsgleich mit den Skisport-Machern am Fusse des Matterhorns. Die Besten der Besten, unter diesen ragt natürlich Marco Odermatt heraus, dürfen nun in Zermatt nicht mehr ihre Sommertrainings (!) abhalten. Weiterhin in Zermatt trainieren dürfen die Nachwuchs-Athletinnen und -Athleten. Wie in der konventionellen Politik gehört zumindest ein wenig Scheinheiligkeit zum Business. Jedenfalls wirkt das «Sandburgen-Syndrom» nun auch im Umfeld des Matterhorns: Man nimmt dem Nobel-Ort die Weltcup-Rennen weg, und die Zermatter lassen dafür die Besten nicht mehr dort trainieren. Da soll noch jemand sagen, von der (Sport-)Politik könne nichts gelernt werden…

Die Angst des Fussballers vor der Öde des Alltags

causasportnews / Nr. 1132/04/2024, 18. April 2024

Photo by Nothing Ahead on Pexels.com

(causasportnews / red. / 18. April 2024) Fussballspieler werden nicht nur während ihren sportlichen Aktivitäten auch von vielerlei Ängsten geplagt. So beschrieb der Schriftsteller Peter Handke einst die «Angst des Torwarts beim Elfmeter», ein grosses, literarisches Werk, das des Pudels Kern nicht traf. Beim Elfmeter ist der Schütze des Elfmeters phobisch belastet, nicht jedoch der Torhüter, der beim Elfmeter-Schiessen nur gewinnen kann. Niemand erwartet, dass er den getretenen Elfmeter hält.

Selbstverständlich sind im Sport und bei sportlicher Betätigung Angstphasen allgegenwärtig. Die Problematik ergibt sich allerdings oft ausserhalb der Wettkampfstätten. Vor allem gut-betuchte Fussballspieler, teils immer noch «Millionäre in kurzen Hosen» genannt, haben oft ihre lieben Mühen mit dem Privatleben, mit der zeitlich überdimensionierten Freizeit oder mit dem Kampf gegen die Langweile. Sich ausserhalb der Sportplätze zurecht zu finden, scheint jedenfalls nicht einfach zu sein. Die Lage ähnelt den Umständen, mit denen sich Sportlerinnen und Sportler nach der Beendigung ihrer Karrieren auseinanderzusetzen haben. Die Angst des Sportlers vor dem Leben nach Beendigung der aktiven Laufbahn ist noch schwieriger als der Umgang mit der exzessiven Freizeit während der Aktivzeit.

Zum Beispiel Breel Embolo. Der 27jährige Kader-Spieler des Vereins AS Monaco und der Schweizer Nationalmannschaft mit einem Marktwert von 12 Millionen Euro, der nach einen Kreuzbandriss ein Comeback anstrebt, ist in einen Vorgang verwickelt, in dem es um den Kauf von gefälschten Covid-Zertifikaten geht. Vor dem Basler Strafgericht wird sich im Mai der Anführer einer Motorrad-Gang zu verantworten haben. Ihm wird der Verkauf gefälschter Covid-Zertifikate vorgeworfen. In diesem Zusammenhang erscheint der Name Breel Embolo, der strafrechtliche Sanktionen riskiert. Aktenkundig ist der begnadete Fussballspieler bereits in anderem Zusammenhang, so, als er sich 2021 nach der Teilnahme an einer illegalen Party vor der Polizei in einer Badewanne versteckte. Sein damaliger Arbeitgeber, Borussia Mönchengladbach, büsste den Schweizer mit 200 000 Euro. Im vergangenen Jahr wurde Breel Embolo in anderem Zusammenhang vom Basler Strafgericht wegen mehrfacher Drohung nach einem nächtlichen Streit zu einer bedingten Gefängnisstrafe verurteilt.

Oder Jérôme Boateng, der 35jährige Innenverteidiger von US Salernitana, der seine ganz grosse Zeit beim FC Bayern München erlebte. Die langjährige Beziehung des Fussballspielers zu einem Top-Model soll von Gewalt durchsetzt gewesen sein. In geradezu toxischer Art wurden von den Beteiligten Vorwürfe an die Adresse der Gegenseite erhoben, vor allem über die Medien. Model und Fussballer – das ist eine medial hervorragende Konstellation. Ob diese und die permanenten Auseinandersetzungen des Fussballspielers mit der Frau Ursache für den Freitod des Models vor drei Jahren waren, ist unklar. Die Affäre beschäftigt im Moment unter anderem die Justiz; und selbstverständlich (wiederum) intensiv die Medien. Im Raum steht das Delikt der vorsätzlichen Körperverletzung. Jérôme Boateng bestreitet generell irgendeine Gewalteinwirkung zum Nachteil seiner ehemaligen Partnerin. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Losgesagt von seinem Bruder hat sich zwischenzeitlich Kevin-Prince Boateng, der zuletzt für Hertha BSC Berlin spielte. Ihm ist das ganze Thema um Jérôme Boateng offensichtlich zuviel geworden. Öffentlich distanziert von ihrem im Gewalt-Fokus stehenden Sohn hat sich zwischenzeitlich die Mutter von Jérôme Boateng.

Als Konklusion drängt sich offensichtlich und grundsätzlich der Schluss auf, dass die Angst des Sportlers (und der Sportlerin) bezüglich des Lebens nach dem Sport wohl grösser ist als die Angst des Torhüters und vor allem des Elfmeterschützen beim Fussball-Penalty. Je länger eine sportliche Aktiv-Karriere zurückliegt, desto öder kann sich der Alltag präsentieren – als Nährboden für Exzesse aller Art.

Das Ende eines berühmten Verdächtigen und der Tod einer Sumo-Legende

causasportnews / Nr. 1131/04/2024, 15. April 2024

Photo by Alan Stoddard on Pexels.com

(causasportnews / red. / 15. April 2024) Gleich zwei ehemalige Sportler von Weltruf haben die Welt verlassen. Im Alter von 77 Jahren ist der ehemalige American-Football-Spieler O. J. Simpson am 10. April 2024 einem Krebsleiden erlegen.- Soeben ist auch bekannt geworden, dass Chadwick Haheo Rowan, den die (Sport-)Welt vor allem unter dem Künstlernamen «Akebono Taro», kurz «Akebono», kannte, an Herzversagen gestorben ist. Die Sumo-Legende amerikanischer Herkunft mit einer Körpergrösse von mehr als zwei Metern und einem Gewicht von 235 Kilogramm schaffte es als erster Nicht-Japaner in den Rang eines Yokozuna (den höchsten Rang im Sumo-Ringen).

Der ehemalige Football-Star O. J. Simpson war ein heraustragender Athlet, den in den USA jeder sport-interessierte Mensch kannte. Weltweit bekannt wurde er allerdings nicht aufgrund sportlicher Leistungen, sondern weil er sich am 17. Juni 1994 in Los Angeles seiner Verhaftung entzog, bevor er sich der Polizei stellte. Weil die Flucht im Fernsehen miterlebt werden konnte, sorgte O. J. Simpson mit einem Freund am Steuer für die meistbeachtete Flucht der TV-Geschichte; bevor sich der ehemalige Sport-Professional der Polizei stellte. Der Star sorgte nicht nur für einen Life-TV-Rekord besonderer Art, er ist bis heute wohl auch einer der berühmtesten Verdächtigen der Justiz-Geschichte. Der ehemalige Sportler musste sich in mehreren Verfahren verantworten, weil er beschuldigt wurde, seine Ex-Frau Nicole Brown Simpson und deren Freund Ron Goldman erstochen zu haben. Es folgten Prozesse wie in amerikanischen Justiz-Thrillern. In einem Indizienprozess wurde der wegen zweifachen Mordes angeklagte Beschuldigte schliesslich von einer Jury freigesprochen. Das Verdikt kam wohl zustande, weil der ermittelnden Polizei Rassismus vorgehalten wurde und sich zwei clevere Anwälte gekonnt ins Szene setzen, so u. a. als Verteidiger von O. J. Simpson der Vater von Kim Kardashian, Robert Kardashian. In einem nachfolgenden Zivilverfahren erstritten die Familien der Ermordeten trotz des strafrechtlichen Freispruchs dennoch 33,5 Millionen Dollar; die amerikanische Micky Maus-Justiz machte es möglich. Im Zusammenhang mit Erinnerungsstücken aus seiner Sportlerkarriere wurde O. J. Simpson jedoch nachweisbar straffällig und wurde 2008 zu 33 Jahren Gefängnis verurteilt. 2017 konnte er das Gefängnis verlassen. Jetzt starb er krebskrank im Kreise seiner Kinder und Enkelkinder. Ob der berühmte Verdächtige in der Tat für den Tod seiner Ex-Frau und deren Partner verantwortlich ist oder nicht, oder wer die beiden Morde begangen hat, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.

Wenn auch nicht derart dramatisch, aber auch nicht alltäglich, verlief die Lebensgeschichte von «Akebono», der 1969 auf Hawaii geboren wurde. Sein sportliches Glück suchte der Hüne in Japan und fand es auch dort. 1996 wurde der Ringername «Akebono Taro» zu seinem richtigen Namen. Schon als junger Sportler reüssierte «Akebono» in der höchsten japanischen Ringer-Liga, der Makuuchi-Division, und schaffte rasend schnell den Aufstieg als erster Ausländer in den Rang eines Yokozuna. Weil er ursprünglich Amerikaner war, eroberte der Koloss die Herzen der Japaner nur nach und nach. Doch wegen seiner Mentalität und weil er mit Herz kämpfte und seine Gegner entschlossen besiegte, gehörte «Akebono» bald einmal zu den Lieblingen des japanischen Sportes. Beliebt war er auch wegen seiner Show-Einlagen. Als er jeweils minutenlang versuchte, mit seinen weit mehr als 200 Kilogrammen Gewicht auf einem Bein zu stehen, brandeten Beifallsbezeugungen durch die Sportarenen, sobald ihm das gelungen war. Wegen seines gigantischen Körpervolumens wurde er allerdings verletzungsanfällig. Seine Beine hielten den Belastungen immer weniger Stand. Nach seiner Sumo-Karriere kämpfte der Koloss in anderen Sportarten und arbeitete zudem als Trainer. 2017 zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück. Nach seinem Tod wurde «Akebono» als Giganten in der Welt des Sumo-Ringens gewürdigt, zudem auch als Brückenbildner zwischen den USA und Japan. (Quellen: Tages-Anzeiger, Zürich / Agenturen)

Grasshopper Club Zürich – oder der (untaugliche) Versuch, Fussball zu machen

causasportnews / Nr. 1130/04/2024, 11. April 2024

Photo by KoolShooters on Pexels.com

(causasportnews / red. / 11. April 2024) Der Grasshopper Club Zürich (GCZ), Fussball-Sektion, war bis vor 20 Jahren das Aushängeschild des Schweizerischen Klub-Fussballs im In- und Ausland. Es war die Zeit, als der Klub-Fussball, eben mit GCZ als Leader-Klub, im Vergleich zur Schweizer Nationalmannschaft, eine Klasse höher eingestuft war als das National-Team. Das hat sich zwischenzeitlich geändert. International ist der Schweizer Klubfussball praktisch inexistent und wird kaum mehr beachtet. Anders die National-Mannschaft, die in internationalen Turnieren nicht nur mitspielt, sondern, wie jetzt dann anlässlich der Fussball-Europameisterschaft in Deutschland in diesem Sommer, mit Ambitionen antritt. Der Captain des Teams, Granit Xhaka, steht mit seinem aktuellen Verein, dem Bayer 04 Leverkusen, immerhin vor dem Gewinn der prestige-trächtigen Deutschen Fussball-Meisterschaft. Die Leistungsträger der Nationalmannschaft spielen bei Klubs im Ausland.

Zurück zu GCZ: Bildete früher die Rivalität auf dem Platz Zürich zwischen GCZ und dem FC Zürich (FCZ) permanenten Stoff für Stadtgespräche, so bewegt sich GCZ nun nicht einmal mehr im Schatten des FCZ. Es herrscht in Zürich etwa der selbe sportliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Zustand wie in München im Vergleich zwischen dem FC Bayern München und 1860 München, letzterer zwischenzeitlich in der 3. Liga angelangt. Die Medien hätschelten während Jahrzehnten den GCZ, jetzt haben auch sie den ehemaligen Nobelklub aufgegeben. Ein Abgesang folgt dem andern, auch in den in Zürich und Umgebung bedeutenden Medien «Neue Zürcher Zeitung», «Tages-Anzeiger» und «Blick». Seit dem letzten Meistertitel 2003 hat GCZ Hunderte von Spielern verbraucht, Trainer zuhauf verschlissen, unzählige Präsidenten zerrieben und Hunderte von Millionen Franken verbrannt. Solange es den Banken gut ging und diese bereit waren, gewaltige Mittel in den Klub zu pumpen, ging fast alles gut. Seit die Geldinstitute bestrebt sind, vor allem die eigenen Manager zu vergolden und sich Bankenpleite an Bankenpleite reiht, darbt auch der Fussball. Erfolgsgeschichten schreibt der GCZ auf dem Platz Zürich schon längst nicht mehr. Es ist nur noch der untaugliche Versuch, Fussball zu machen. Geld ist bekanntlich nicht alles im Fussball; doch ohne Geld funktioniert Fussball nicht, auch wenn Geld keine Tore schiesst, wie es Otto Rehhagel einmal gesagt hat: Nur Geld auf zwei Beinen schiesst eben Tore. Bei GCZ geben sich derzeit undurchsichtige Geldgeber, sog. «Investoren»,  die Klinke in die Hand. Vor wenigen Jahren kreuzten Chinesen auf und überliessen kürzlich desillusioniert Amerikanern das wirtschaftliche und sportliche Spielfeld in Zürich. Im Management sollen es derzeit die Deutschen richten – und werden scheitern wie die Zauberlehrlinge des professionellen Fussballs vor ihnen. Auch sportlich steht GCZ derzeit das Wasser derart am Hals wie schon lange nicht mehr. Es droht der Fall in die Bedeutungslosigkeit der zweiten Liga. In einem Verzweiflungsakt ist Trainer Bruno Berner entlassen worden. Mit einem neuen Mann, Marco Schällibaum, soll der drohende Abstieg verhindert werden. On verra. Jedenfalls redet der neue Trainer das schwächelnden und schwache GCZ schon einmal stark. Aber sonst herrscht Tristesse. Konzeptlos, hilflos, mutlos – so könnte die Lage beim einstigen Flaggschiff des helvetischen Fussballs zusammengefasst werden. Trotz allem scheint die Stimmung im Klub besser zu sein als die Lage. Für gute Stimmung garantieren die Präsidenten, die in ihren angestammten Berufen (als Unternehmer, Banker, Wirtschaftsanwälte) offenbar erfolgreicher sind als im Fussball. Wenigstens das. Der «Tages-Anzeiger» schreibt aktuell von «20 Jahren Gewurstel und wieder einmal am Abgrund», vom «Durchlauferhitzer für Mittelmass» und prognostiziert, dass es noch schlimmer kommen könnte. «Schauen wir mal», würde Franz Beckenbauer sagen. Es stellt sich die Kardinalfrage, weshalb sich GCZ derart schwertut, an die glorreichen Zeiten anzuknüpfen. Fussball ist doch derart einfach; das «Runde» muss ins «Eckige». Letztlich müssen mehr eigene «Runde» ins gegnerische «Eckige» als andersherum. Oder wie es Giovanni Trapattoni auf den berühmten Punkt (er meinte nicht den Elfmeter-Punkt) brachte: Fussball ist nicht nur «dong», sondern «ding, dang, dong». Das sollte an sich auch bei den Grasshoppers in Zürich zu verstehen und machbar sein.

Citius, altius, fortius – oder darf’s doch ein bisschen langsamer sein?

causasportnews / Nr. 1129/04/2024, 9. April 2024

Photo by Bono Tsang on Pexels.com

(causasportnews / red. / 9. April 2024) Seit im Jahr 1844 Michel Bréal die Schlagworte «citius – schneller, «altius» – höher, «fortius» – stärker, worunter auch «weiter» verstanden wird», als Motto für den Sport der Neuzeit vorschlug und die entsprechende Idee dannzumal auch verabschiedet worden ist, wird dieser trilogische Slogan bei jeder sich bietenden Gelegenheit thematisiert. Zwischenzeitlich hat der amtierende Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOK), Thomas Bach, noch einen draufgegeben: Der Sport soll neben schneller, höher und weiter auch «communiter» (gemeinsam) sein, wobei diesbezüglich die Steigerungsform wohl bewusst weggelassen worden ist; gemeinsamer geht denn doch nicht. Seit 2021 bedeutet der Sport nach dem Willen des höchsten Olympioniken also nicht nur Leistungssteigerung, sondern bildet vor allem eine Wohlfühloase der Menschen, die sich bekanntlich auch ausserhalb des Sportes lieben, achten und schätzen (sollen).

In traditioneller Hinsicht bleibt der Sport jedoch ein Leistungsmessen. Etwa im Radsport. In dieser Sparte ist schneller und schneller angesagt. Oder anders: Wer bremst, verliert. Bremsen ist nicht das Ding des Radstars Mathieu van der Poel. Der Holländer ist bei Radrennen das Mass aller Dinge. Beim Rad-Klassiker von Paris nach Roubaix am letzten Sonntag trat der 29jährige Ausnahmekönner plötzlich unwiderstehlich an und beendete das berühmte Eintagesrennen nach einer 60 Kilometer-Soloflucht als Erster. Er fuhr letztlich schneller (eben citius) als die Konkurrenz; so einfach ist das Erfolgsrezept im Radsport. Doch seit dieser noch jungen Strassen-Saison 2024 ist klar, dass der Radsport immer gefährlicher wird. Furchterregende Stürze, schwere Verletzungen und immer wieder «Massaker auf der Strasse», so beschreiben die Medien den Zustand des aktuellen Radsports. Es hat aber aktuell nicht nur «Mitfahrer» erwischt. Auch Remco Evenpoel, Promoz Roglic und Jonas Vingegaard gehören zu den Sturzopfern, die teils schwere Verletzungen erlitten haben. Der Internationale Radsportverband (UCI), Tour-Organisatoren und Sportler selber sehen nur eine Lösung, um den gefährlich gewordenen Radsport zu entschärfen: Weg vom «citius», will heissen: Verlangsamung der Rennen um jeden Preis. Die Entschärfung von Rennstrecken, etwa durch den Einbau von Schikanen, gestaltet sich aber auf gegebenen Strassen nicht so einfach, wie dies wünschenswert wäre. Das Problem ist letztlich bei den Fahrern selber zu orten, welche immer höhere Risiken einzugehen bereit sind.

Das Geschwindigkeits-Risiko ist nicht nur zum Problem im Radsport geworden. Auch der alpine Skisport erlebte 2023/24 eine geradezu dramatische Selektion von teils Top-Fahrerinnen und -Fahrern durch brutale Stürze und Unfälle. Der Norweger Aleksander Kilde, um nur einen Namen zu nennen, kämpft sich nach einem schweren Rennunfall in Wengen anfangs dieses Jahres zurück an die Spitze; es ist derzeit nicht sicher, ob er künftig und bereits in der nächsten Ski-Saison an seine bisherigen Erfolge wird anknüpfen können. Häufig wie nie mussten im vergangenen Winter Speed-Rennen unterbrochen werden, um Helikopter-Bergungen von schwer gestürzten Fahrerinnen und Fahrern zu ermöglichen. In der kommenden Saison sollen die Speed-Rennen bei den Frauen und bei den Männern nun verlangsamt werden. Freiwillig werden Fahrerinnen und Fahrer keine Konzessionen an die Risikobereitschaft machen.

Im Rad- und im Skirennsport lässt sich das «citius» nicht einfach durch eine Vernunftmaxime ersetzen. Den Akteurinnen und Akteuren müssen wohl durch andere Mittel Grenzen gesetzt werden, um ihre Risikobereitschaft einzudämmen. In beiden Sparten muss es letztlich einfach ein bisschen langsamer werden.

«Causa Luis Rubiales” – mehr als ein Schmetterlingseffekt?

causasportnews / Nr. 1128/04/2024, 7. April 2024

Photo by Pixabay on Pexels.com

(causasportnews / red. / 7. April 2024) Der gefallene, ehemalige Präsident des Spanischen Fussballverbandes (RFEF), Luis Rubiales, ist nach dem Mundkuss, den er seiner frischgebackenen Weltmeisterin Jennifer Hermoso anlässlich der Siegerehrung nach dem gewonnenen WM-Finalspiel 2023 (Spanien gewann 1:0 gegen England) verabreicht hat, tief gefallen. So tief, dass ein noch tieferer Fall nicht mehr für möglich gehalten werden könnte. Doch im schon an sich heissen «#MeeToo-Fegefeuer», das der Funktionär seit Monaten ertragen muss, wird immer wieder ein Brikett mehr aufgelegt. Soeben ist der 46jährige Ex-Fussball-Funktionär auf dem Madrider Flughafen verhaftet und in Polizeigewahrsam genommen worden. Grund für den wohl temporären Freiheitsentzug ist aber nicht (primär) der Kuss-Skandal, sondern es sind angeblich Unregelmässigkeiten in Verträgen, die der ehemalige Fussball-Präsident zumindest mitzuverantworten hat, die zur Polizeiaktion geführt haben. Die Rede ist u.a. von Korruption und Geldwäscherei. Ob die Verhaftung von Luis Rubiales auch im Zusammenhang mit dem verhängnisvollen Kuss in Australien zu sehen ist, scheint unklar, ist aber wohl nicht ausgeschlossen. Apropos Kuss: Nach wie vor ungeklärt ist der Umstand, ob erstens der Kuss einvernehmlich (zwischen dem damaligen Präsidenten Luis Rubiales und der Spielerin Jennifer Hermoso) erfolgte, und zweitens, ob die Weltmeisterin vom küssenden Ex-Funktionär und Personen aus seinem Umfeld dazu gedrängt oder genötigt wurde, den Kuss als einvernehmlich erfolgt darzustellen. Wie dem auch sei: Auch wenn der Kuss von Sydney vom 20. August 2023, sollte er nicht einvernehmlich erfolgt sein, durch nichts zu rechtfertigen ist, sind die Folgen für den ehemaligen Verbandspräsidenten vernichtend hart (er ist vom Weltfussballverband FIFA gesperrt worden, Strafverfahren sind hängig), weshalb nun doch die Frage der Verhältnismässigkeit bezüglich der erfolgten und noch zu erwartenden Sanktionen und Bestrafungen zu stellen ist. Auch in dieser «Causa Luis Rubiales» wird jedenfalls die berühmte «Schmetterlingstheorie» zum Thema. Diese besagt: Bewegt ein Schmetterling seine Flügel, kann dadurch letztlich ein Tornado ausgelöst werden. Die andauernden Reaktionen nach dem Kuss von Sydney lassen jedenfalls einen Schmetterlingseffekt erkennen. Subjektiv bedeutet die aktuelle Situation für Luis Rubiales denn auch wohl mehr als «nur» ein Tornado, eher eine individualisierte Apokalypse mit total vernichtender Wirkung.

Neuer Wirbel um «adidas»

causasportnews / Nr. 1127/04/2024, 3. April 2024

Quelle: Tages-Anzeiger vom 3. April 2024

(causasportnews / red. / 3. April 2024) Die Kult-Sportartikelmarke «adidas» erlebt nicht gerade eine Glückssträhne. Vor ein paar Tagen wurde die baldige Trennung des Sportartikel-Herstellers vom Deutschen Fussball-Bund (DFB) bekannt (vgl. auch causasportnews vom 27. März 2024), jetzt wird es geradezu peinlich: Es geht um die Zahl 44 und das entsprechende Design auf den neuen Fussball-Trikots von «adidas». Diese Zahl 44 ähnelt in der Aufmachung den Runen der damaligen «Schutzstaffel» (SS), die als Herrschafts- und Unterdrückungsinstrument des «Führers» und der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) berüchtigt war. Das Design der Nummer 44 gleicht der Kombination «SS», wie sie in «Deutschland in der Nacht» des 20. Jahrhunderts in Anlehnung an Heinrich Heine (1797 – 1856) Bekanntheit erlangte. Seit das Trikot mit der Nummer 44 mit akuter Verwechslungsgefahr mit Blick auf die berüchtigten «SS»-Runen zum Thema wurde, fegt ein Empörungssturm über Deutschland. Die entsprechende Nummer auf den «adidas»-Trikots mit der Gestaltung der Zahl 44 ist relativ zügig aus dem Verkauf genommen worden. Jetzt geht es um die Abklärung der Schuldfrage und um Schadensbegrenzung. «adidas», sinnigerweise aus dem Vornamen (Adolf) des «adidas»-Gründers Adolf Dassler und dem Familiennamen «Dassler» zusammengesetzt, weist darauf hin, dass das Design auch dieser Nummer Sache des DFB sei. Verantwortlich für den Fehlgriff sei vor allem die Unternehmung «11teamsports» des umtriebigen Fussball-Produkte-Vermarkters Oliver Schwerin. Dem 43jährige Teamsport-Netzwerkers, dem dank seines relativ jugendlichen Alters die elementarsten Geschichtskenntnisse des 20. Jahrhunderts fehlen dürften, wird vom Business-Partner DFB die Hauptschuld an diesem Marketing-Desaster zugeschoben.

Apropos Marketing: Diese Branche wird vor allem beherrscht von zumindest bildungs-fremden, hochnäsigen Schaumschlägern, welche meist nur ein Ziel haben: Den Menschen auf Teufel komm raus Produkte anzudrehen, die sie nicht brauchen oder schon haben, oder Dienstleistungen aufzunötigen, die sich durchwegs als Rohrkrepierer erweisen. Die Bildungsarmut der Marketing-Branche wird immer wieder manifest und endet in oft in Peinlichkeiten, wie nun im «Fall ‘adidas’ / Trikot-Nummer 44». Dabei werden immer wieder Symbole und Schlagworte aus dunklen Zeiten verwendet. Vor über zwölf Jahren warb die berühmte Therme Vals im Kanton Graubünden mit dem Slogan «Kraft durch Freude» für Sport, Lifestyle und Zerstreuung. Was die Werber nicht wussten und wohl nicht nur ignorierten: Unter diesem Titel trat nach der Machtergreifung des Führers 1933 die zuständige Freizeit-Organisation des Dritten Reiches in Erscheinung. Auch diese unsensible und unappetitliche Werbe-Idee in den Schweizer Bergen musste selbstverständlich nach Proteststürmen umgehend begraben werden.

Die Marketing-Branche sorgt aber nicht nur in geschichtlichen Anlehnungen für Ärger und Verdruss, sondern steht vor allem auch für Unwissenheit und Dilettantismus. So soll der Schweizer «Nemo» nun demnächst den «Eurovision Song Contest» (7- – 11. Mai 2024) gewinnen; dieser Schluss kann aufgrund der aktuellen Wettquoten gezogen werden. «Nemo»? Wahrscheinlich wissen weder der Sänger noch die Namens-Ideengeber aus der Marketing-Branche was «Nemo» heisst und bedeutet: Niemand! «Niemand» soll also einen der begehrtesten Song-Wettbewerbe gewinnen? Ist «Nemo» eine Null-Nummer? Ja dann – Europa sieht gespannt dem neuen Nihilismus (philosophische Richtung, welche die Nichtigkeit und Sinnlosigkeit alles Seins erklärt) entgegen.

Ein Aufschrei, ein Schrei, ein Kuss, und noch ein Kuss

causasportnews / Nr. 1126/03/2024, 31. März 2024

Photo by Lum3n on Pexels.com

(causasportnews / red. / 31. März 2024) Seit der Kuss-Attacke des ehemaligen Spanischen Verbandspräsidenten Luis Rubiales gegenüber der frischgebackenen Weltmeisterin Jennifer Hermoso anlässlich der Siegerehrung nach dem gewonnen Fussball-WM-Titel des Spanischen Frauen-Teams im letzten Sommer gehen die Wogen deswegen immer noch hoch. Sobald in der persönlichen Demontage des ehemaligen Top-Funktionärs des Spanischen Fussballs ein weiterer Schritt erfolgt, schreit die Öffentlichkeit erneut auf: Es geht in Richtung: «Kreuzigt ihn». Ja, was hat er denn getan? Sicher nicht nichts, und die Tat des Spanischen Fussball-Machos’ ist grundsätzlich nicht zu entschuldigen. Sie gehört verurteilt und sanktioniert, doch jetzt wäre man allmählich geneigt zu fordern: «Lasst es nun gut sein». Doch es geschieht das Gegenteil. Luis Rubiales wird wohl im laufenden Strafprozess nach dem Kuss-Skandal im Gefängnis für sein Tat büssen. Die Anklagebehörde hat zweieinhalb Jahre Haft wegen sexueller Aggression gefordert sowie die Bezahlung einer 50’000 Euro-Entschädigung an die betroffene Spielerin. Vorgeworfen wird ihm zudem, dass er (mit Dritten) die geküsste Spielerin dergestalt unter Druck gesetzt habe, dass der Kuss nicht gegen ihren Willen, sondern einvernehmlich, erfolgt sei. Der bald 47jährige Ex-Funktionär, der bereits alle Fussball-Funktionen und Reputationen verloren hat und auch gesellschaftlich erledigt ist, büsst für sein Verhalten hart. Die Frage, ob diese zivil- und strafrechtliche Sanktions- und Bestrafungskampagne gegenüber dem Ex-Funktionär noch verhältnismässig ist, lässt der gesellschaftliche Mainstream nicht zu. Der Aufschrei seit der Tat ist flächendeckend anhaltend und wird nicht so rasch verstummen. Ob Luis Rubiales beim Sturm, der nach wie vor über ihn fegt, sich im berühmten Gemälde «Der Schrei» von Edvard Munch wiederkennt, ist nicht bekannt. Er ist weder Maler noch Sänger und muss wohl einfach einstecken und individuell und alleine seine Tat verarbeiten und erkennen müssen, dass ein derartiger Kuss in der heutigen Zeit ungeahnte Folgen zeitigen kann. Wenn er das Rad der Zeit nur ein paar Jahrzehnte zurückdrehen könnte, z.B. ins Jahr 1979! Da sorgte zwar ein besonderer Kuss für Schlagzeilen, doch weil der Welt-Kommunismus schon damals (wie heute) alle Taten und Aktionen legitimiert(e) und das Geschehene zwischen zwei Männern natürlich einvernehmlich erfolgte, zum Wohl einer gleichgeschalteten und gerechten Welt selbstverständlich, wird jene Aktion rein politisch-historisch betrachtet, oder avantgardistisch mit Blick auf moderne, gesellschaftlich Anschauungen.

Die Rede ist vom sozialistisch, kommunistisch motivierten Bruderkuss zwischen dem DDR-«Oberindianer» Erich Honecker (wie der Apparatschik aus dem Osten vom Rocksänger Udo Lindenberg in seinem Stück «Sonderzug nach Pankow» besungen wurde) und dem Sowjet-Generalsekretär, Leonid Breschnew. Der Kuss erregte zwar Aufsehen (auch wenn sich gewisse Menschen dadurch angewidert fühlten), aber letztlich wurde diese Szene mit zwei Männern, die sich zum Wohle des Kommunismus’ innig auf den Mund küssten, Kult. Er wurde entsprechend legitimiert. Das Presse-Photo von Régis Bossu, das damals um die Welt ging, erreichte perpetuiert in zahlreichen Facetten und Erscheinungen den Nimbus eines Welt-Kunst-Phänomens, ähnlich wie Edvard Munchs «Schrei» um 1900 herum.

Ein Kuss ist eben nicht einfach ein Kuss. Die juristische Aufarbeitung der Kussattacke von Luis Rubiales zeigt es: Entscheidend ist bei einem Kuss in der Öffentlichkeit einzig die Motivation und der Grund, welcher der Aktion zu Grunde liegt, und nicht der Kuss an sich, vor allem, wenn das Element der Einvernehmlichkeit nicht gegeben ist. Die Befriedigung von niedrigsten Gelüsten und Machtausübung, wie sie beim Kuss des Ex-Fussball-Präsidenten vermutet wird und durchwegs als bewiesen gilt, gehört definitiv nicht dazu. Erich Honecker und Leonid Breschnew küssten zum Wohl der Welt einvernehmlich, Luis Rubiales benahm sich als Vertreter der Macho-Kultur in Spanien schweinisch-männlich und egoistisch; deshalb gehört er ans Kreuz. So einfach ist das.

Weshalb überhaupt noch eine Fussball-Europameisterschaft 2024 spielen?

causasportnews / Nr. 1125/03/2024, 27. März 2024

Photo by Henry & Co. on Pexels.com

(causasportnews / red. / 27. März 2024) Am 14. Juni 2024 sollte in Deutschland die Fussball-Europameisterschaft beginnen, und nach Planung wird am 14. Juli 2024 der (neue?) Europameister feststehen. Doch weshalb sollte das Turnier überhaupt noch gespielt werden? Es besteht an sich kein Grund hierfür, denn der Europameister heisst bereits jetzt…Deutschland! Nach Test-Siegen gegen Frankreich und Holland tönt es nicht nur vom Boulevard her: Deutschland wird nicht, sondern ist bereits jetzt neuer Europameister. Zumindest ist das Team von Julian Nagelsmann nach Deutschen Bescheidenheitsbeteuerungen Europameister der «Herzen», und die neuste Auflage eines «Sommermärchens» lässt sich zwischen dem 14. Juni und dem 14. Juli, übrigens mit dem Finalspiel am Nationalfeiertag Frankreichs, in jedem Fall feiern. Weshalb denn überhaupt noch ein Kontinental-Turnier austragen, wenn der Sieger bereits feststeht?

Photo by Huy Phan on Pexels.com

Aber vielleicht kommt alles doch noch ein wenig anders, und das Land mit den gefühlten 85 Millionen Bundestrainerinnen und -trainern darf sich des Turniererfolgs trotz der entfachten Euphorie noch nicht ganz sicher sein. Denn wie verhält es sich schon mit dem Umstand der geglückten Hauptprobe und der misslungenen Premiere? Die beiden soeben realisierten Siege gegen Frankreich und Holland bringen Fussball-Deutschland jedenfalls in die Stimmung, welche das ganze Land anlässlich der WM-Endrunde 2006 flächendeckend erfasste – auch wenn der Sieger am Schluss Italien hiess. Dabei sein kann bekanntlich oft schöner sein als siegen. Deutschland sollte im Erfolgsrausch jedoch beispielsweise die solide Fussball spielende Schweiz nicht vergessen, oder die Österreicher, welche die Türken soeben mit einer beeindruckenden 6:1-Packung in die Kabine schickten.

Der Deutsche Fussball-Bund (DFB), die Organisation, welche auch für den Gewinn des Europameister-Titels 2024 verantwortlich zeichnet, sowie die Deutsche Nationalmannschaft, die nun nicht mehr nur «Die Mannschaft» heissen darf, sorgen auch ausserhalb des Spielfeldes für Neuigkeiten, die grundsätzlich und genauer betrachtet eben doch wieder mit dem Spielfeld zu tun haben. Es geht um den Ausrüster des Verbandes und somit der Nationalmannschaft. Nach rund 70 Jahren wird ab 2027 ein neues Unter-Kapitel im Ausrüster-Kapitel geschrieben, denn dann wird die Kult-Marke «adidas» vom amerikanischen Konzern «Nike» abgelöst. «adidas» war und ist seit jeher mehr als ein Verbands- und Mannschafts-Ausrüster. «adidas» ist Kult, ein Mythos und ist vor allem mit dem deutschen Sport im Allgemeinen und mit dem DFB und der Nationalmannschaft im Besonderen seit Jahrzehnten, materiell und personell, eng bis engstens verbunden. Die Marke verkörpert Heimat, Tradition und Ideologie zugleich; letztere ist auf die örtliche Implementierung des «adidas»-Konzerns in Herzogenaurach bei München zurückzuführen. In diesem beschaulichen Dorf wirkte die Sport-Kult-Figur Adi Dassler, der Unternehmensgründer, Erfinder und Sportartikelproduzent von «adidas». Sein Bruder, Rudolf Dassler, gründete nach Zwistigkeiten, wie sie unter Brüdern vorkommen können, die Marke «Puma». Adi Dassler, der beim «Wunder von Bern» 1954 noch eigenhändig die Stollen in die von ihm entwickelten Fussball-Schuhe für Deutschlands Weltmeister-Team schraubte, wurde zu einer zentralen Figur im Sportartikel-Business und legte in der Schweizer Hauptstadt die Basis für ein jahrzehntelanges, fruchtbares Wirken nicht nur zwischen «adidas» und den Funktionären sowie Gefolgsleuten im DFB, das später durch seinen Sohn, Horst Dassler, fortgeführt wurde. Der Sportartikelkonzern aus Bayern entwickelte und etablierte sich als globaler Player in der Sportindustrie, nicht immer im positiven Sinn. Kontinuierlich rankten sich Manipulationsgerüchte um «adidas» und Horst Dassler; mit der umstrittenen und schillernden Sport-Verwertungsgesellschaft «ISL» in der Schweiz lief das Business unter Involvierung von Sport-, Wirtschafts- und Polit-Grössen durchwegs wie geschmiert.

Mit dem Ende des Wirkens zwischen «adidas» und dem DFB findet ein langjähriges Zusammenwirken im Sport mit allen seinen Facetten ein Ende. Es wird gleichzeitig eine eherne Tradition in der Sport-Vermarktung auf dem Müllhaufen der Sportgeschichte kompostiert. Weshalb nun die Trennung im Jahr 2026 vollzogen wird und weshalb sich der DFB mit dem Marktleader «Nike» als Ausrüster-Partner zusammenfindet, ist nachvollziehbar. Die Amerikaner zahlen für die Kooperation für die Zeit von 2027 bis 2034 doppelt so viel wie bis anhin «adidas» für dieselbe Zeitspanne. 800 Millionen Euro sollen es sein. Gebrauchen kann der DFB das Geld offensichtlich. Gemunkelt wird von einer finanziellen Schieflage im Verband und Steuernachzahlungen.

Nach dem «Wunder von Bern» war «adidas» ein Symbol für das nach dem Krieg in Deutschland angeworfene Wirtschaftswunder. Nun wird ein Unternehmens-Mythos von den nüchternen Gesetzen der Marktwirtschaft im Sport abgelöst.