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Fussball-Soziologie à la Münchner Säbener Strasse

causasportnews, Nr. 1008/04/2023, 19. April 2023

© Marco Verch

(causasportnews / red. / 19. April 2023) Wenn’s nicht läuft, läuft’s nicht. So liesse sich derzeit die Situation an der Münchner Säbener Strasse, unmittelbar neben dem Machtzentrum des FC Bayern München, bilanzieren. Das derzeitige Elend der 1. Mannschaft beginnt auf dem Trainerposten. Zwar hat der Fussball-Globetrotter und -Heilsbringer Thomas Tuchel das unglücklich agierende Trainer-Wunderkind Julian Nagelsmann, das man unbedingt haben wollte und schliesslich mit Blick auf den Saisonstart 2021/22 teuer verpflichtete, abgelöst und gleich die beiden aktuellen Chancen auf einen Pokalsieg und den Champions League-Titel in kürzester Zeit versiebt (was Julian Nagelsmann sicher auch geschafft hätte; nun bezahlt man dem Ex-Leipziger ohne Gegenleistung das Salär noch bis zum 30. Juni 2026), und im Kampf um den elften Meistertitel in Serie tun sich die Bayern heuer schwer. War es so, dass die Millionäre in kurzen Hosen von der Säbener Strasse in dieser Saison einfach kein Glück haben und nun auch noch Pech dazugekommen ist? Die Bayern-Krise hat allerdings mehr endogene als exogene Ursachen. Da wurde schon einmal der unersetzbare Torjäger Robert Lewandowski ersetzt, und dann kam Manuel Neuers Fehltritt mit Verletzungsfolgen im Schnee dazu. Dessen unfallbedingter Ausfall machte das sofortige Engagement des Schweizer Nationaltorhüters Yann Sommer, notwendig, der im Moment dafür den Kopf hinhalten muss, dass der Bayern-Sturm nach dem Abgang von Robert Lewandowski so zahnlos wie ein frischgeborenes Kind wirkt. Wie lautet doch eine andere Fussball-Weisheit: Wer die Tore nicht schiesst, bekommt sie halt. Oder anders: Wenn die Bayern-Offensive gegen den TSG 1899 Hoffenheim lediglich ein Tor zustande bringt, sind die Vorwürfe gegenüber Yann Sommer, der einen haltbaren Ball passieren liess, ziemlich ungerecht. Obwohl die Stürmer des Münchner Klubs regelmässig versagen, werden die Rufe zunehmend lauter, den Schweizer Nationaltorhüter, der auch für die Fehler seiner Vorderleute verantwortlich zeichnet, aus dem Münchner Tor zu nehmen. Das fordern bereits ehemalige Fussballer, die heute als TV-Kommentatoren im Einsatz sind (etwa Dietmar Hamann: «Mir ist Wurst, was er sonst an Bällen hält. Er muss einfach sein Tor rein halten.»). Wetten, dass der Schweizer die laufende Saison beim FC Bayern nicht überleben wird, obwohl er an der Misere weder Schuld trägt noch etwas dafür kann, dass die Kollegen im Sturm zwar verschiedentlich auffallen, aber weniger durch genügende Leistungen auf dem Spielfeld? So wird dann das Urgestein des FC Bayern München, Manuel Neuer mit grosser Wahrscheinlichkeit Ende Saison den Torhüter-Job in München von Yann Sommer wieder übernehmen. Lob der Schuldigen, Tadel der Unschuldigen, so lautet derzeit ein weiteres Motto in der Isar-Stadt («mia san mia»). Geradezu krude wird derzeit erklärt, weshalb ein Trainer keine Tore schiessen kann und dennoch ausgewechselt wird – und weshalb Geld keine Tore schiesst. So verhält es sich mit der Fussball-Soziologie an der Münchner Säbener Strasse. Man macht falsch, was man kann, und Gutes, das auch getan wird, wird zumindest schlecht kommuniziert…Das alles wird unter den Begriff des Zusammenwirkens von Menschen im Fussball-München subsumiert. Das zur Fussball-Soziologie, gelebt, gehegt und gepflegt an der Isar.

Manuel Neuer – oder die Angst des Tormanns vor der Konkurrenz

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(causasportnews / red. / 6. Februar 2023) Keine Frage, Manuel Neuer ist ein grossartiger Fussball-Torhüter, seine Erfolgsbilanz ist so eindrücklich wie erdrückend. Nebst unzähligen Erfolgen im Klub-Fussball setzte er 2014 in Brasilien seiner Karriere als Torwart der Deutschen Nationalmannschaft mit dem Gewinn des Fussball-WM-Titels die Krone auf. Apropos WM-Endrunden: In Katar 2022 kam Deutschland auch mit Manuel Neuer als Keeper nicht über die Gruppenspiele hinaus. Wohl aus Frust und um nach dem Katar-Debakel Deutschlands auf andere Gedanken zu kommen, suchte das Urgestein des FC Bayern München das Heil auf der Skipiste – und scheiterte bei der Ausübung dieser Disziplin noch kläglicher als in seiner angestammten Betätigung in Katar. Die Fortsetzung der Geschichte ist bekannt: Der FC Bayern München machte sich sofort auf die Suche nach einem Ersatz für Manuel Neuer und fand ihn im Schweizer Nationaltorhüter Yann Sommer, der von den Bayern aus einem laufenden Vertrag in Mönchengladbach herausgekauft wurde (vgl. auch causasportnews vom 27. Januar 2023). Auch wenn sich das «Sommer»-Märchen beim FC Bayern München zu Beginn der Tätigkeit von Yann Sommer in München noch nicht ganz eingestellt hat- die Tendenz zeigt nun allerdings aufwärts -, bestehen keine Zweifel, dass der Nobel-Klub von der Säbener Strasse auch diese Saison ziemlich erfolgreich beenden wird, zumindest mit dem Gewinn des elften nationalen Meistertitels in Serie. Doch was wird dann sein? Wer wird dann das Bayern-Tor hüten? Diese Fragen stellt sich derzeit vor allem der durch die mehr als unglücklich erlittene Verletzung von seiner Fussball-Professionaltätig ausgeschlossene, bald 37jährige Torhüter, der im Sommer um seinen Stammplatz, der ihm von Yann Sommer streitig gemacht werden wird, bangen dürfte. Manuel Neuer ist im Schweizer massive Konkurrenz erwachsen. Das manifestiert sich in seinem Verhalten, das abgewandelt an Peter Handkes Roman zur «Angst des Torwarts beim Elfmeter» wie folgt zusammengefasst werden könnte: «Die Angst des Tormanns vor der Konkurrenz». Allerdings übertreibt es der in einer regelrechten Angst-Psychose befindliche Modell-Athlet derzeit gewaltig. Er weiss natürlich, dass dieses Axiom nicht greift: Der FC Bayern München ohne Manuel Neuer ist wie das Oktoberfest mit nur alkoholfreiem Bier. Der erfahrene Sportsmann sollte es allerdings in den bisher immerhin zwölf Bayern-Jahren mitbekommen haben, dass die Millionarios in der Münchner Fussball-Hochburg dem Erfolg und einem erfolgreichen Fussball-Kollektiv alles unterordnen; eben auch individuelle, persönliche Bedürfnisse und Empfindlichkeiten. So werden die derzeitigen, verbalen Verzweiflungsrundschläge des rekonvaleszenten Torhüters rein gar nichts bewirken. Wenn Yann Sommer bis zum Abschluss der Meisterschaft 2022/23 ansprechend hält, wird er auch in der kommenden Saison im Bayern-Tor stehen.

Männiglich herrscht Ratlosigkeit und Unverständnis, wie sich Manuel Neuer derzeit in der Öffentlichkeit äussert; und dadurch seine künftigen Ambitionen gleich selber untergräbt. «Ich hatte das Gefühl, mir wird das Herz herausgerissen», äussert er sich mit Blick auf die Anordnung des Klubs, den engsten Vertrauten des Weltmeister-Torhüters, Goalietrainer Toni Tapalovic, nicht mehr in dieser Funktion zu beschäftigen. Relativ offen wirft der Erfolgstrainer den Klub-Verantwortlichen in München menschliches Versagen, unloyales Verhalten gegenüber einem Mitarbeiter und Störung der «Familien-Idylle» im Klub vor. Dass es Manuel Neuer nicht behagt hat, dass Yann Sommer aus Gladbach geholt wurde, ist klar. Einigermassen verklausuliert äussert er sich diesbezüglich, dass ihn der Bayern-Torhüter Sven Ulreich ebenfalls ausreichend hätte ersetzen können.

Was beim FC Bayern München mit Blick auf die Torhüterposition Nummer 1 geschieht, ist eine kleine Hollywood-Tragödie- oder -Komödie im Spannungsfeld von Sport, Kommerz und Medienaktivismus. Es geht um Sentimentalitäten, die im kommerziellen Fussballgeschäft keinen Platz (mehr) haben. Die Zeiten, in denen elf Freunde gewinnen oder verlieren, sind längst vorbei. Heute treten im Spiel pro Mannschaft elf Geschäftsleute an; auf der Stufe des FC Bayern München alles Millionäre in kurzen Hosen, wie man es zu nennen pflegt. Manuel Neuer hat es (noch) nicht verstanden, dass im hochgezüchteten, professionellen Fussball Rührseligkeiten aller Art der Vergangenheit angehören.

Nun ein «Sommer»-Märchen in München?

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(causasportnews / red. / 27. Januar 2023) Letztlich hat es doch noch geklappt, dass der Schweizer Nationaltorhüter Yann Sommer beim FC Bayern München (FCB) untergekommen ist. Der Grund dafür ist, dass der Stamm-Keeper des FCB, Manuel Neuer, verletzungsbedingt bis auf weiteres ausfällt und der Klub von der Münchner Säbener Strasse zum Meisterschafts-Neustart anfangs 2023 eine valable Ersatzlösung für diese zentrale Position brauchte, auch mit Blick auf den Champions League-Gegner des FCB, Paris Saint-Germain, frei nach dem Motto: «Yann Sommer muss her, dann sind wir immer noch wer». Schon bald fokussierte sich die verzweifelte Suche der Münchner zum Jahreswechsel auf eben Yann Sommer, der bei Borussia Mönchengladbach während der letzten achteinhalb Jahren das Tor hütete und dabei in der Bundesliga, aber auch immer wieder als Torhüter der Schweizer Nationalmannschaft, glänzte. Die Krux an der Geschichte war lediglich, dass der 34jährige Eidgenosse bei den Borussen noch in einem Arbeitsvertragsverhältnis stand. Mönchengladbach wurde rasch gewahr, dass ein abwanderungswilliger Spieler trotz eines laufenden Vertrages nicht mehr zu halten ist. Also hiess es, sich wenigstens in finanzieller Hinsicht schadlos zu halten. Es begann, wie üblich in solchen Fällen, konkret ein Poker um den Schweizer. Die ersten Reaktion auf das Werben des FCB um Yann Sommer (Gladbach: «Der Spieler wird in keinem Fall abgegeben») folgten immer höhere Forderungen seitens der Borussen, nachdem die Bayern für’s Erste schon mal vier Millionen Euro für diesen Vertragsauskauf geboten hatten (der Schweizer musste aus dem laufenden Vertrag herausgekauft werden; es war dies also keine «Transfersumme», um die es in diesem Fall ging, wie vor allem die Medien fälschlicherweise berichteten). Bei knapp zehn Millionen Euro war Gladbach dann bereit, Yann Sommer aus dem Vertrag freizugeben.

Die Bayern wollen in der laufenden Bundesliga-Saison den elften Meistertitel in Serie sicherstellen. Dass das gelingen wird, steht ausser Frage. Das einzig Prickelnde von nationalem Fussball-Interesse bildet nur die Unbekannte, wer wohl in der laufenden Saison 2022/23 hinter dem FCB Vize-Meister werden wird. «Schauen wir mal», heisst es in der Deutschen Fussball-Community exklusive FCB. Ob es am fehlenden Konkurrenzdruck fehlt, dass der Saison-Start des FC Bayern München in diesem Monat, natürlich mit Yann Sommer im Tor, alles andere als berauschend ausfiel? Ein Märchen wird es wohl heuer in München, wie damals das «Sommermärchen» anlässlich der Fussball-WM-Endrunde 2006 in Deutschland, nicht geben, obwohl der FCB einen Meisterschafts-Serien-Rekord erreichen wird. Zum «Sommer»-Märchen wird die Geschichte wohl einzig für Yann Sommer, der im fortgeschrittenen Fussball-Alter mit den Münchnern zu unerwarteten Titel-Ehren kommen wird (und in der Champions League gegen den Katar-Klub Paris Saint-Germain erstmals am 14. Februar 2023 ran darf). In der Tat ist diese Torhüter-Konstellation speziell: Des einen Leid (Manuel Neuer), des andern Freud (Yann Sommer).

PS: Der ernüchternde Rückrunden-Start von Borussia Mönchengladbach ohne Yann Sommer, eine eigentliche Winter-Tragödie, beweist natürlich die Torhüter-Qualitäten des zum FCB abgewanderten Schweizer National-Torhüters.

Erfolgreich unsympathischer FC Barcelona

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(causasportnews / red. / 24. August 2022) Wie schnell der Wind drehen kann: Während Jahrzehnten genoss der renommierte und erfolgreiche Klub FC Barcelona die Sympathien weit über Katalonien und Spanien hinaus, nicht nur wegen des langjährigen, altruistischen Zusammenwirkens mit dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen «unicef». Damit ist jetzt Schluss, zumindest für einen Moment. Die Ursache für diese emotionale Zäsur, die den Sympathieverlust bewirkt (hat), liegt natürlich im pekuniären Umfeld des Klubs. Dieser ist hoch verschuldete, und um das finanzielle Gleichgewicht nach Ligavorgaben zu erreichen, werden in der katalonischen Metropole auch nicht so feine Methoden angewandt (vgl. auch causasportnews vom 12. August 2022). Im Bestreben, die Neuzuzüge zu finanzieren und die Lohnliste gleichzeitig zu entlasten, kommen auch unorthodoxe, bzw. unfeine Methoden zur Anwendung. Weil die «Neuen» um jeden Preis gewollt sind und «Alte» sich aus langfristigen Verträgen nicht einfach so herausdrängen lassen wollen, wird ein probates Mittel im täglichen Arbeitskampf zu Hilfe genommen: Mobbing, im Sinne psychologischer Kriegsführung. In Barcelona wird dies seitens der Klubleitung praktiziert, und die «Barça»-Fans leisten ihre Beiträge auf den Tribünen, indem die Vertrags-Störefriede nach Möglichkeit gnadenlos ausgepfiffen und desavouiert sowie bei jeder sich bietenden Gelegenheit in den sozialen Netzwerken attackiert werden. Einen Psycho-Krieg ganz schlimmer Art hat der 31jährige Dänische Spieler Martin Braithwaite, gegen den die Klubleitung und die Fans eine konzentrierte Kampagne führen, um ihn von der Lohnliste wegzumobben, zu ertragen. Nicht die stilvolle, spanische Art, aber was soll’s. Nachdem zu Beginn der spanischen Meisterschaft 2022/23 der FC Barcelona im ersten Ligaspiel der Saison nicht über ein torloses Unentschieden hinauskam, klappte es in Spiel Nummer 2 umso besser: Neuzuzug Robert Lewandowski steuerte gleich zwei Tore zum 4:1-Sieg des «neuen» FC Barcelona gegen Real Sociedad San Sebastian bei. Das bedeutet derzeit Rang 5 in der Tabelle. Der bemitleidenswerte Martin Braithwaite war schon gar nicht mehr im Einsatz. «Barça ist besonders – besonders unsympathisch», titelte etwa die Zürcher «Sonntags-Zeitung» (14. August 2022). Aber eben, was soll’s: Im aktuellen Fussball zählt der Erfolg; der Rest ist vernachlässigbar. Das gilt auch dann, wenn es um Sympathien oder Antipathien geht; Empathie sei dabei einmal ganz auf der Seite gelassen. Müsste die Sympathie als relevanter Gradmesser im Spitzensport qualifiziert werden, wäre der über München hinaus nicht gerade von externen Liebesbezeugungen aller Art verwöhnte FC Bayern München («mir san mir») wohl ein ganz gewöhnlicher Fussballklub. Davon kann etwa der ehemalige Bayern- und derzeitige Barcelona-Spieler Robert Lewandowski ein Lied singen.

Wie erwartet: Barcelona statt Basta

(causasportnews / red. / 17. Juli 2022) Es kam so, wie es kommen musste und so, wie erwartet: Robert Lewandowskis Zeit beim FC Bayern München ist abgelaufen. Der wohl derzeit beste Stürmer der Welt wechselt zum FC Barcelona. Der noch bis im nächsten Jahr laufende Arbeitsvertrag des 33jährigen Polen mit dem Münchner Nobel-Klub ist gegen eine Vertragsauskaufszahlung von rund 50 Millionen Euro (Gesamtpaket) vorzeitig beendet worden. Dass der Top-Fussballer letztlich seinen Wechselwunsch durchsetzen konnte, entspricht den Gesetzmässigkeiten im Professional-Fussball, wenn sich ein Spieler trotz laufenden Vertrages verändern will. Gereizt auf das Thema Robert Lewandowski und den thematisierten Wechsel zum FC Barcelona angesprochen, beendete der Vorstandsvorsitzende der FC Bayern München AG, Oliver Kahn, die Diskussionen hierüber vor ein paar Wochen auf seine Art und Weise. Mit einem «Basta», genug des Schwurbelns, wies der «Titan» auf den noch bis 2023 laufenden Vertrag hin, den es zu erfüllen gelte – Ende der Diskussion eben. Jetzt heisst es in der «Causa Robert Lewandowski» doch «Barcelona statt Basta», wie die Medien vermelden. Der FC Barcelona, der das Rennen um Robert Lewandowski gemacht hat, war sich über den Ausgang des vor einiger Zeit angezogenen Transfers ziemlich sicher, ja, konnte sicher sein (causasportnews vom 5. Juni 2022). Für den polnischen Nationalspieler ist es wohl die letzte Chance, nochmals richtig und mit besseren Erfolgsaussichten als mit dem FC Bayern München im europäischen Top-Fussball mitzumischen. Mit den Münchnern den elften Deutschen Meistertitel in Serie anzupeilen, war für ihn verständlicherweise zuwenig herausfordernd. In Spanien wird Robert Lewandowski die Möglichkeit geboten, in die Fussstapfen des Kult-Fussballspielers Lionel Messi zu treten. Derweil werden in München trotz des Transfersegens die Wunden geleckt. Die Vertragsverlängerung von Serge Gnabry wird nach dem Abgang von Robert Lewandowski etwa so irre enthusiastisch gefeiert wie die Rückkehr des abgehalfterten Dieter Bohlen in die Jury von «Deutschland sucht den Superstar» in der Musik-Branche. Nie die Hoffnung und den Glauben an das Unmögliche aufgeben, und vor allem keine Schwäche zeigen – das gilt in den Eventsegmenten Sport und Musik gleichermassen.

Der wahrscheinliche Abgang eines Top-Skorers

(causasportnwes / red. / 31. Mai 2022) Im organisierten Fussball ist es ab und zu wie im Ehestand: Man lebt sich auseinander, entfremdet sich, zieht Bilanz bezüglich der erkalteten Liebe – und weiss eigentlich nicht genau, weshalb alles zu Ende gehen soll. So gestaltet sich derzeit die Beziehung von Robert Lewandowski zum FC Bayern München. Es sieht so aus, als werde nun eine rund achtjährige Erfolgsgeschichte, die formell noch ein Jahr dauern würde, ein vorzeitiges Ende nehmen. Vor allem der wohl beste Stürmer der Gegenwart sieht seine sportliche und persönliche Zukunft nicht mehr in München. Die Gründe für die Abgangsgelüste des 33jährigen Polen liegen im Dunkeln. Obwohl der Top-Skorer seinen Job stets mehr als nur erfüllte, brach die ganz grosse Liebe zwischen den Bayern und dem begnadeten Stürmer nie aus. Über die Gründe hält man sich hüben und drüben bedeckt, doch dürfte die jetzt erkaltete, gegenseitige Zuneigung auch auf das historisch motivierte, belastete Verhältnis zwischen Deutschland und Polen zurückzuführen sein. Zudem befindet sich Robert Lewandowski in einem Alter, in dem er die für ihn noch möglichen Erfolgsoptionen im internationalen Fussball mit einem renommierten, spanischen Klub einzulösen gewillt ist. Nur nationale Meistertitel an Meistertitel zu reihen und international nicht zu reüssieren, scheint keine Herausforderung mehr zu sein.

Die zu erwartende Trennung dürfte trotz des noch ein Jahr dauernden Arbeitsvertrages zwischen dem Stürmer und dem FC Bayern München vor der formellen Vertragsbeendigung Tatsache werden. Derartige Konstellationen pflegen jeweils immer zu Gunsten des Spielers auszugehen, obwohl konkret Robert Lewandowski seinen noch bis Ende Juni 2023 laufenden Vertrag in der Bayern-Metropole zu erfüllen hätte. Das ist die Rechtslage. Das würde bedeuten, dass der abwanderungswillige Spieler noch eine Saison für den FC Bayern München spielen müsste; vielleicht nicht mehr so enthusiastisch wie bisher? Dass das keine optimale Voraussetzung für ein weiteres, harmonisches Zusammenwirken im Rahmen einer Fussballehe ist, leuchtet ein. Letztlich wird der Spieler mit seinem Wunsch, künftig für einen spanischen Klub (FC Barcelona?) spielen zu dürfen, durchdringen. Der neue Arbeitgeber des Polen wird zweifellos eine erkleckliche Vertragsauskaufssumme nach München überweisen. Diesbezüglich wird dann der FC Bayern München letztlich in den vorzeitigen Abgang des Stürmers einwilligen und den laufenden Arbeitsvertrag aufheben, wohlwissend, dass es eine schlechte Ausgangslage wäre, noch auf die Erfüllung des laufenden, befristeten Arbeitsvertrages zu pochen. Spätestens in einem Jahr, nach formellem Ablauf des Münchner-Kontraktes, könnte der Spieler den Bayerischen Klub verlassen, ohne dass von einem dannzumal neuen Arbeitgeber nur ein Euro als Vertragsauskaufsentschädigung bezahlt werden müsste.

So wird es in den nächsten Tagen und vielleicht Wochen noch ein Tauziehen zwischen den drei involvierten Parteien (aktueller Arbeitgeber, potentieller, künftiger Arbeitgeber, Spieler) absetzen. Die Ära des polnischen Superspielers dürfte nun aber höchstwahrscheinlich demnächst in München zu Ende gehen. Ein Vertragsauskauf und die Zahlung einer ansprechenden Vertragsauskaufssumme werden es möglich machen und beim Spieler und bei den Bayern den Trennungsschmerz in den Hintergrund treten lassen.

Ein Hauen und Stechen im Münchner Nobelklub

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(causasportnes / red. / 26. November 2021) Gar nicht nobel ging es anlässlich der diesjährigen Hauptversammlung des FC Bayern München am Donnerstagabend dieser Woche zu und her. Statt Einigkeit und Frieden herrschte das Chaos, und es geschah das, was die graue Eminenz im Klub, Uli Hoeness, als «einmalig» im FC Bayern München bezeichnete. Vordergründig ging es um Katar,  «Corona» (Joshua Kimmich) sowie um Geld und Geist, unmittelbar aber um einen Aufstand der Fan-Basis gegen das Fussball-Establishments, der zu einem veritablen Hauen und Stechen ausartete. Das gab es in der Tat noch nie: Johlende und pöbelnde Mitglieder, niedergeschriene und verbal niedergemachte Klub-Funktionäre, wüste Beschimpfungen hüben und drüben. Die Versammlung des FC Bayern wurde zum Kampfplatz zweier unversöhnlicher Parteien im Revolutions-Modus. Es zeigte sich, dass in München das bisherige Zwei-Klassensystem in diesem kommerziellen Sport-Segment nicht mehr zu halten sein wird. Das Klub-Management musste in diesen Stunden die Realität akzeptieren und erkennen, dass es sich in den letzten Jahren zu stark von der Basis entfernt hatte – kommerziell und ideell. Die Erinnerungen an die letzten Tage der DDR kamen hoch, als eine künstlich am Leben gehaltene Organisation, geführt von einer dem Volk entrückten Funktionärs-Kaste, irreparabel zusammenkrachte. Die «Bornholmer Strasse» mutierte gleichsam zur Münchner «Säbener Strasse». Im FC Bayern München wird es nie mehr so sein, wie es einmal war («mia san mia»).

Das Fass zum Überlaufen brachte ein Antrag des Vereins-Mitglieds und Juristen Michael Ott, der die Behandlung des Streitthemas «Verlängerung des Sponsoring-Deals FC Bayern – Qatar Airways» gegenüber der renitenten Klub-Führung vor Gericht erzwingen wollte (causasportnews vom 23. November 2021). Dort scheiterte er allerdings zuletzt wenige Stunden vor Beginn der Versammlung auch am Landgericht München, entfesselte jedoch mit seinen Antragsbestrebungen die Revolutionskräfte im Klub und läutete damit den Untergang der bisherigen Führungskultur im Klub ein. Ungewollt zu Hilfe eilten ihm dabei die teils unsensiblen Top-Funktionäre des FC Bayern München, die immer noch nicht erkannt hatten, dass ihnen die Führung des Klubs nur anvertraut ist und dieser nicht als Individual-Spielwiese zu betrachten ist. Zum Begehren von Antragsteller Michael Ott meinte zwar das Landgericht München (und setzte den Klub formell ins Recht), dass zur Behandlung des Themas «Qatar Airways» die Hauptversammlung nicht zuständig sei (sondern das Klub-Präsidium), doch war das für die Mitglieder und Fans das Zeichen zum Sturm auf die Münchner Fussball-Götter. Die Normen sprachen nach den Entscheiden der von Michael Ott angerufenen Gerichte für den Klub, die Fakten letztlich für die Mitglieder.

«Was erlauben Hansi?» – Folgt «Hansi» auf «Jogi»?

© Marco Verch

(causasportnews / red. / 19. April 2021) Die deutsche Fussball-Welt ist konsterniert. Wohl erstmals in der Geschichte des organisierten Sportes verspürt ein Top-Trainer in diesem wichtigen Fussball-Land keine Lust mehr, seinen noch zwei Jahre dauernden Arbeitsvertrag zu erfüllen; dieser hat nunmehr lediglich eineinhalb Jahre gedauert. Die Titelflut, die der Trainer dem FC Bayern München in der kurzen Zeit seines Schaffens beschert hat, ist beispiellos. Doch jetzt reicht es ihm nach kurzer, erfolgreicher Tätigkeit. Hansi Flick hat am Wochenende angekündigt, nach Saisonabschluss die Bayern verlassen und aus dem laufenden und bis 2023 dauernden Vertrag aussteigen zu wollen. Noch ist es ein Wunsch. Der 56jährige Erfolgstrainer kennt die Rechtslage. Weshalb er vorzeitig seine Zelte in München abbrechen möchte, weiss derzeit niemand. Vermutungen existieren zuhauf. Oder hat der Mann einen «Flick» ab, dass er auf geschätzte sieben Millionen Euro pro Jahr verzichten will? Die Welt des FC Bayern steht Kopf, und es wird an der Münchner Säbener Strasse schon einmal die einseitige Kommunikation durch den hockkarätigen Fussball-Trainer, der als einer der Co-Baumeister des WM-Titels 2014 für Deutschland gilt, verurteilt. Mehr fällt den Klub-Verantwortlichen zum «Thema Hansi Flick» derzeit nicht ein. Im FC Bayern ticken die Uhren eh anders als anderswo. Vorpreschen geht gar nicht. Nicht ein Trainer hat bei den Bayern zu bestimmen, wann Schluss ist, sondern eben der Klub («Mia san mia»). Oder mit dem ehemaligen Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni könnte die derzeitige Situation aus der Sicht der im Moment lethargischen Klubführung so zusammengefasst werden: «Was erlauben Hansi?».

Kein Zweifel herrscht darüber, dass der FC Bayern Hansi Flick ziehen lassen wird, auch wenn die Umstände in der «Causa Flick» anders sind als üblich. Jetzt hat der Baumeister des deutschen WM-Erfolgs vor sieben Jahren eigenständig seinen Rücktrittswunsch geäussert; und dieser wird zweifelsfrei erhört werden, sobald sich die Klubleitung von der Ankündigung erholt hat. Klar ist natürlich, dass sich sogar in München nur einer der weltbesten Trainer einen solchen Schritt erlauben kann. Trainer sein im FC Bayern ist grundsätzlich etwas für Liebhaber. Geht es um diesen Klub, erträgt es keinen Spass – nur das Spiel der Münchner. Und wenn sich für einen Erfolgs-Trainer auch mit einem laufenden Arbeitsvertrag anderweitige Optionen öffnen, ist er gut beraten, den Abgang in München selber zu bestimmen. Ob Hansi Flick mit seiner Ankündigung den ersten Schritt in Richtung Bundestrainer-Amt vollzogen hat? Wird «Hansi» auf «Jogi» folgen? «Schau’n mer mal», würde ein Bayern-Urgestein, Franz Beckenbauer, dazu sagen.