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Der Europäische Gerichtshof zerschlägt das Fussball-Monopol

causasportnews / Nr. 1092/12/2023, 21. Dezember 2023

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(causasportnews / red. / 21. Dezember 2023) Die Vorweihnachtszeit hat es für den organisierten Fussball in sich: Am 15. Dezember 1995 fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH), das oberste Rechtsprechungsorgan der Europäischen Union (EU), den Entscheid «Jean-Marc Bosman» und zerschlug damit das damals geltende Transfersystem im internationalen Fussball. Das Urteil stärkte die sportlichen und wirtschaftlichen Positionen der Fussballspieler in Europa und zwang die Monopol-Verbände UEFA (Europäische Konföderation) und FIFA (Fussball-Weltverband), rechtskonforme Transferregeln zu schaffen. Jener Entscheid wurde als sportrechtliche Apokalypse für die Verbände bezeichnet. Nun hat der EuGH in Luxembourg, wiederum in der Vorweihnachtszeit (am 21. Dezember 2023), wenn auch 28 Jahre nach der «Causa Bosman», juristisch erneut zugeschlagen und die Verhinderungspraxis insbesondere der UEFA, einer selbständige Vereins-Sektion der FIFA, gegenüber der «European Superleague Company» (Kläger am EuGH) als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und als EU-wettbewerbsrechtswidrig qualifiziert. Die Monopolverbände UEFA und FIFA haben sich seit 2021 gegen das Projekt einer Europäischen Superliga ausserhalb der Verbandsorganisationen gestellt und Klubs und Spieler, welche an dieser Liga teilnehmen würden, mit drastischen Sanktionen, wie Ausschliessung aus dem internationalen Fussballgeschehen, gedroht. Aufgrund dieser sanktionsrechtlichen Drohungen kämpften von den ursprünglich 12 Top-Klubs der projektierten Superliga zuletzt noch zwei Vereine (Real Madrid und FC Barcelona) für die Abkoppelungsidee. Doch nach diesem Urteil aus Luxembourg wird das Projekt Aufwind erfahren, und die European Superleague könnte rascher Tatsache werden, als es der UEFA lieb sein dürfte. Die Superliga als Konkurrenzprodukt zur Champions League der UEFA hat durchaus Realisierungschancen, vor allem, sobald die Klubs nachvollziehen können, dass sich im Rahmen der Champions League vor allem die UEFA pekuniär gütlich tut, im Rahmen der Superliga ausserhalb von UEFA und FIFA jedoch die teilnehmenden Klubs mit weitaus grösseren finanziellen Erträgen rechnen können. Wetten, dass nun die Champions League-Konkurrenzveranstaltung nun auch etwa für arabische Investoren interessant werden könnte?

Obwohl nach dem Urteil aus Luxembourg nun das Madrider Handelsgericht abschliessend die «Causa Superliga» beurteilen muss (konkret ging es am Gerichtshof um Rechtsfragen, die dem EuGH vom Spanischen Gericht vorgelegt wurden; sog. Vorabentscheidungsverfahren) und dabei natürlich an den EuGH-Entscheid gebunden sein wird, ist das nun ergangene Urteil als sport-juristische «Bombe» zu werten. Auch wenn das Projekt letztlich nicht zustande kommen sollte, bedeutet diese Niederlage der UEFA (und der FIFA) am EuGH eine Prestige-Demütigung sondergleichen. Der Vorwurf des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und ein Verstoss der UEFA und der FIFA gegen das EU-Wettbewerbsrecht ist nicht einfach eine Bagatelle, auch wenn dies die UEFA in ersten Stellungnahmen nach der Urteilseröffnung in Luxembourg so verstanden haben will. Geradezu zynisch und despektierlich an die Adresse des Gerichts äusserte sich der offensichtlich frustrierte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin, ein behäbig gewordener Verbands-Funktionär alter Schule. So war es schon damals nach dem Bekanntwerden des Urteils in der Sache Jean-Marc Bosman vor 28 Jahren, als UEFA und FIFA sich in arroganten Statements überboten – bevor den beiden Monopolverbänden die Angelegenheit um die Ohren flog. Mit dem Urteil ist das klassische Fussball-Verbands-Monopol, das auch in anderen Zusammenhängen immer wieder Auswirkungen zeitigt, mit Präjudizwirkung zerschlagen worden. Speziell mutet der Entscheid des obersten EU-Rechtsprechungsorgans letztlich auch deshalb an, weil zwei Schweizer Verbände in der Vereins-Rechtsform (Art. 60 ff. ZGB) mit Sitzen in der Schweiz, also ausserhalb des Unionsgebiets (UEFA in Nyon, FIFA in Zürich), als Beklagte betroffen sind.

WEKO-Schlittschuhfahren mit Spieleragenten

causasportnews / Nr. 1066/10/2023, 1. Oktober 2023

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(causasportnews / red. / 1. Oktober 2023) Wie heisst es so schön: Von Gerichten und Behörden bekommt man Entscheidungen und Urteile, aber selten Gerechtigkeit; ab und zu ist das allerdings deckungsgleich. An dieses Bonmot dürften sich die Schweizer Spieleragenten erinnert haben, als vor ein paar Tagen die Entscheidung der Schweizerischen Wettbewerbskommission (WEKO) bekannt wurden, keine vorsorglichen Massnahmen gegen den Fussball-Weltverband (FIFA) bezüglich der neuen Spielervermittler-Regelung vom 16. Dezember 2022 zu erlassen. Was heisst, dass die umstrittene, an sich weltweit geltende Branchen-Berufsregulierung der FIFA marktwirtschftsrechtlich kaum mehr abzuwendend sein wird (vgl. auch causasportnews vom 31. Juli 2023). Somit wird der Weltverband die Vermittler und Berater im globalen Kontext unter seine Fittiche nehmen und deren Geschäftsaktivitäten weitgehend kontrollieren können – vor allem auch die Geldflüsse bei der Abwicklung von Fussball-Transfers. Das ärgert zwar die Swiss Football Agents Association (SFAA), doch hat sich dieser Branchenverband der Agenten mit dem Begehren bei der WEKO selber ins juristische Abseits manövriert. Der WEKO-Entscheid, die Vermittlerregelung der FIFA auf vorsorglichem Wege nicht zu unterbinden, sondern nun eine Vorabklärung vorzunehmen, bedeutet nichts anderes, als die WEKO, die vor allem aus Beamten, Politikern und linientreuen Juristen besteht, jetzt mit den Spieler-Agenten Schlittschuh fährt. Oder anders: Diese Schweizer Bundesbehörde, welche u.a. Markt-Missbräuche, schädliche Kartelle, usw. verhindern sollte und allgemein für die Sicherstellung des Marktes sorgen müsste, wird nun während Jahren vor sich hinwerkeln und letztlich kaum etwas, konkret, zuungunsten der FIFA entscheiden. Oder dann vielleicht ein paar laue Empfehlungen abgeben. So gesehen ist die Nicht-Gewährung vorsorglicher Massnahmen präjudizierend und bedeutet, dass die FIFA seitens der WEKO dereinst nichts zu befürchten hat. Dies, obwohl Experten davon ausgehen, dass die FIFA-Regelung in vielen Punkten wettbewerbswidrig ist; und allgemein rechtswidrig. Es wäre nicht auszumalen, wenn die WEKO in zehn Jahren die FIFA-Reglung als unhaltbar qualifiziert würde und so Schadenersatzbegehren etwa der Spielervermittler-Gilde auslösen würde. Bedeutend ist der WEKO-Entschied dieser Schweizer Behörde (die WEKO ist kein Gericht) im Rahmen der abgewiesen vorsorglichen Massnahmen vor allem deshalb, weil die FIFA ihren Sitz in der Schweiz, in Zürich, hat und diese Berufsreglung des Internationalen Verbandes auf die ganz Welt und den globalen Fussball ausstrahlt.

Was nun noch bleibt, sind juristische Schritte, welche Betroffene in den einzelnen Ländern vornehmen können. So hat die Zivilkammer des Landgerichts Dortmund im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes am 24. Mai 2023 die im Dezember 2022 beschlossen Spielervermittler-Regelung der FIFA ausgesetzt. In Deutschland darf die FIFA-Regelung also vorderhand und bis auf Weiteres nicht angewendet werden, was das Gericht der FIFA und dem Deutschen Fussball-Bund (DFB) unter Androhungen verboten hat. Das ist insofern beachtlich, als Deutschland kein Fussball-Zwergstaat und nicht nur ein unbedeutendes Mitglied der FIFA mit 211 nationalen Verbänden ist und das Gericht in Dortmund im Reglement zudem auch europa-rechtswidrige Elemente erblickte. Das Reglement wird also einer europarechtlichen Überprüfung unterzogen. Das wäre also ein Fingerzeig, um in den einzelnen Ländern die FIFA-Regelung doch noch zu Fall zu bringen. Es verwundert, dass die Schweizer Spieleragenten nicht gleich an die zuständigen Gerichte gelangt sind, sondern das «Spiel» mit der WEKO aufgenommen haben – und nun kläglich gescheitert sind.

Europarecht begünstigt eine Fussball-«Super League»

© UEFA

(causasportnews / red. / 29. August 2021) Weshalb sollen wohlhabende, europäische Top-Fussballklubs nicht noch wohlhabender werden und sich weiterhin mit weniger wohlhabenden Klubs im Rahmen der «cash cow» im europäischen Klub-Fussball, der Champions League, solidarisieren müssen? – Das ist die Grundidee von zwölf Top-Klubs in Europa, die im Frühjahr die Schaffung einer Elite-Liga ausserhalb des Fussball-Verbandswesens (konkret des Europäischen Kontinentalverbandes UEFA) anstrebten. Innert ein paar Tagen scheiterten sie allerdings (einstweilen) kläglich. Statt zwölf sezessionswillige Klubs waren und sind es nun nur noch drei (Real Madrid, FC Barcelona und Juventus Turin). Die Macht des Faktischen, die Potenz der UEFA, hatte die Sezession der Begüterten, zu denen etwa auch der FC Bayern München zählte, vorerst gebremst. Doch die drei verbliebenen Vereine der «Super League» haben ihr Vorhaben nicht aufgegeben. Im Gegenteil. Sie sind nach wie vor der Überzeugung, dass eine Top-Liga ausserhalb des organisierten Verbandswesens, sinnvoll ist und Zukunftschancen hat. Die ersten Abspaltungsbestrebungen wurden im Frühjahr, vor Beginn der Fussball-Europameisterschaft, vom europäischen Kontinentalverband noch abgeblockt; letztlich geht es darum, den Wert des Parade-Wettbewerbs im europäischen Fussball, die Champions League, nicht zu entwerten und die Fussball-Solidarität (die Schwachen machen die Starken stark und stärker, verbleiben aber im Wettbewerb) hochzuhalten. Von Solidarität mit den Schwächeren und Schwachen wollen die sezessionswilligen Klubs nichts (mehr) wissen und forcieren ihre Sezessions-Pläne weiter. Obwohl offiziell derzeit nur die drei genannten Klubs aktiv an der Geburt der «Super League» arbeiten, haben die Verbände, insbesondere die UEFA, und die Sezessions-Willigen schon einmal ihre Juristen in Stellung gebracht. Tendenziell herrscht die Meinung vor, dass das EU-Wettbewerbsrecht die Monopolstellung der UEFA mit Blick auf eine Verselbständigung der Besten und die Organisation eines Elite-Wettbewerbs alles andere als begünstigt. Allfällige UEFA-Sanktionen, die Rede war auch schon von Ausschluss der Klubs, die man an sich im Boot halten will, gegenüber den Abtrünnigen sind wohl null und nichtig. Letztlich dürfte das finale, juristische Wort in dieser Angelegenheit vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg gesprochen werden. Das Europarecht begünstigt die Schaffung der Elite-Liga im europäischen Fussball zweifellos. Die Super-Klubs sind sich allerdings bewusst, dass sie für die Umsetzung ihrer Pläne auf den Goodwill der Fussball-Fans angewiesen sind. Ohne treues und zahlendes Publikum ist auch eine Eliteliga ein Papier-Tiger oder ein flügellahmes Marketing-Vehikel. Was die Gunst des Publikums anbelangt, liegen die Dinge noch im Argen. Das wollen die Klubs derzeit mit einer Charme- und Werbeoffensive ändern. PR-Aktivisten werden schon einmal in Stellung gebracht. Lediglich mit für sie begünstigenden Gerichtsurteilen werden die europäischen Top-Klubs die Sezession von der UEFA nicht bewerkstelligen können. Doch früher oder später wird die UEFA das Monopol im europäischen Klubfussball wohl nicht mehr für sich alleine beanspruchen können und die «Milch» der Fussball-cash cow «Champions League» (indirekt) mit den Besten der Besten teilen müssen.

Fussball-«Klassenkampf» dank der Fans (einstweilen) entschieden

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(causasportnews / red. / 22. April 2021) Seit nicht einmal einer Woche ist die Absonderungsliga mit dem sinnlichen Titel «European Super League» (ESL) der Fussball-Schocker des Jahres – oder sogar des Jahrzehnts. Zwölf europäische Top-Klubs haben den Aufstand gewagt und die Sezession vom organisierten Klubfussball der Verbände geprobt. Es bleibt beim Versuch: Der «Klassenkampf» der grosskapitalistischen Klubs, welche sich von jeglicher Fussball-Solidarität verabschieden wollten, ist zu Gunsten des sportlichen Proletariats ausgegangen – das Kapital hat eine Abfuhr erlebt; die Fans, das fussballerische Proletariat in den kapitalistischen Klubs, gaben den Ausschlag dafür, dass «arm» gegen «reich» obsiegte. Einmal mehr zeigte es sich, dass die «Kraft von der Strasse» auch im Sport-Klassenkampf den Ausschlag über Sieg und Niederlage geben kann.

Kaum ein Insider der Fussball-Szene hat das Bestreben der renommierten Klubs, sich vom Verbandsfussball zu verabschieden, wirklich ernst genommen. Das blieb den Medien, die sich ob des Themas regelrecht ereiferten und diesen Vorgang kommentierten, als ginge es um den Beitritt der Schweiz zur oder um den Austritt des Vereinigten Königsreichs aus der Europäischen Union, durchwegs verborgen. Wahrscheinlich war alles nur ein Test, um die Reaktionen auf Pläne, die durchaus einmal in die manifest gewordene Richtung gehen könnten, abzufühlen. Hätte das Projekt eine profunde, zielstrebige und insbesondere realitäts-ausgerichtete Umsetzung erfahren, wäre es nicht bereits nach ein paar Tagen seit Bekanntgabe der Pläne wieder eingestampft worden. Dass der Versuchs-Ballon nicht einmal eine Woche wie ein Damoklesschwert über dem Klubfussball schweben sollte, war wohl ein Teil des Marketings. Dafür spricht vor allem, dass sich die Protagonisten des kapitalistischen Projektes umgehend reumütig vor den mobilisierten Fans, die derzeit eh vom unmittelbaren Fussball ausgeschlossen sind, in den Staub geworfen und letztere um Verzeihung gebeten haben. Zu vieles bei diesem Wellenschlag schien geplant und alles andere als zufällig. Juristisch wäre die angedachte Liga zweifelsfrei nicht zu stoppen gewesen. Das schweizerische Kartellrecht hätte den in der Schweiz domizilierten Verbänden UEFA und FIFA den juristischen Dolchstoss versetzt. Bei derartigen Auswirkungen von Sport-Monopolbetrieben verstehen eidgenössische Behörden und Gerichte keinen Spass.

Die Niederlage des Kapitals bei diesem Aufstand des Klub-Proletariats war vorgezeichnet und von den Initianten der ESL wohl auch so einkalkuliert worden. Es sollte letztlich (nur) ein Zeichen gesetzt und sensibilisiert werden. Das ist gelungen. Die abtrünnigswilligen Klubs stemmten sich auf diese Weise wohl gegen die Verbände, vor allem gegen die UEFA, welche die internationalen Klub-Wettbewerbe immer mehr aufbläht und (wirtschaftliche) Solidarität über sportliche Leistungen zu stellen gewillt ist. Auch die FIFA könnte die Lehre aus dem Geschehenen ziehen und sich durchaus überlegen, ob die für den Weltfussballverband systemfremde «Klub-Weltmeisterschaft» in der Tat weitere, teilnehmende Klubs erträgt.

Sicher zu Unrecht ist gegenüber den sezessionswilligen Klubs der Vorwurf des pekuniär-egoistischen Verhaltens erhoben worden. Selbstverständlich geht es im kommerziellen Fussball immer um Finanzielles. Das leben die Verbands-Funktionäre, die sich selber ungeniert die Taschen füllen, durchwegs vor. Solidarität im Klubfussball fordern und sich individuell, insbesondere pekuniär, ideal positionieren, ist ein Modell, das in der Politik seit jeher verbreitet ist. Beispielsweise in der ehemaligen «DDR». Da liessen es sich Erich Honecker und seine roten Brüder in der SED und im Staatsrat gut gehen, während ein Grossteil des Volkes noch nie eine Banane von nahem gesehen hatte. Kommunismus predigen und Kapitalismus geniessen ist eben auch eine Eigenheit des Klassenkampfes, der in den letzten Tage im Fussball-Business in spezieller Art ausgetragen und vom Klub-Proletariat gewonnen wurde. Das Kapital hat eine wohl ausgewogen kalkulierte Niederlage erlitten. Doch, wie faltete Uli Hoeness damals die Fans der Bayern zusammen: «Was glaubt ihr eigentlich, wer euch alle finanziert?».

Der Wertfaktor „Zuschauer/in“ im (Fussball-)Sport

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(causasportnews / red. / 24. September 2020) Ob man sich allmählich an den teilweisen oder gesamthaften Zuschauerausschluss in Sportstätten im Zeitalter von „Corona“, insbesondere im Zusammenhang mit Fussballspielen gewöhnt, ist eine Sache. Die andere Sache, die immer mehr Gesprächsstoff liefert, bildet der Umstand, dass offenbar nicht oder teils präsente Zuschauer/innen an Sportveranstaltungen durchaus einen Einfluss auf das Spielgeschehen, etwa über die Schiedsrichter, haben können. Sind dies also Wettbewerbsverzerrungen und falls ja: Sind diese hinzunehmen?

Der Einfluss von Zuschauern auf ein Spiel ist grundsätzlich unbestritten. Ein Fussball-Match ohne Zuschauer ist zwar eine relativ triste Sache; jedenfalls ist bei dieser Konstellation der Beeinflussungsfaktor bezüglich des Spiels gleich null. Werden bei einem Spiel allerdings ein paar hundert oder sogar mehrere tausend Zuschauer/innen zugelassen, kann der Wertfaktor „Zuschauer/in“ mit Blick auf das Spiel durchaus relevant werden. Zuschauermassen sind geeignet, etwa den Schiedsrichter zu beeinflussen. Sinnigerweise werden anlässlich der Fussballspiele seit dem Ausbruch der Pandemie die Video-Schiedsrichter (Video Assistant Referee, VAR) weniger bemüht; der Einfluss der Zuschauer auf den digitalen Spielrichter ist also evident. Derzeit laufen Untersuchungen in verschiedenen Ländern, um den Einfluss von Zuschauern auf den Spielverlauf zu untersuchen. Wahrscheinlich wird dereinst festgestellt werden, dass die Anzahl Zuschauer, die Zuschauer-Struktur sowie das Zuschauer-Verhalten an einem Spiel durchaus geeignet sind, das Spiel zu beeinflussen. Die zugelassenen Zuschauerzahlen sind von endogenen Faktoren, z.B. regionale Aspekte, allgemeine Pandemie-Lage am Austragungsort des Spiels) abhängig. Deshalb kann auch nicht von Wettbewerbsverzerrungen gesprochen werden. Auch hier gilt: Ungleichheiten gleichen sich (wieder) aus.

Der kurze Prozess der Wettbewerbskommission mit dem FC Sion

(causasportnews / red. / 14. Juni 2020) Es war zu erwarten, doch es ging nun alles viel schneller und „schmerzloser“ als gedacht. Kurz vor Beginn der Wiederaufnahme der Meisterschaft in der obersten Spielklasse im Schweizer Fussball am kommenden Wochenende gab die Wettbewerbskommission „grünes Licht“ für die Fortsetzung und den Abschluss des Championnats 2019/2020: Der FC Sion hatte versucht, die Wiederaufnahme des Spielbetriebs mittels begehrter Massnahmen seitens der Wettbewerbshüter zu verhindern (vgl. auch causasportnews vom 6. Juni 2020), natürlich fühlte sich der Klub benachteiligt und durch das Fussball-Monopol geschädigt. Dieses Unterfangen erlebte nun ein jähes Ende; die Kommission watschte den Walliser Klub bzw. dessen Präsidenten, Christian Constantin, ab und sah im Beschluss der Swiss Football League (SFL) von Ende Mai, die Meisterschaft fortzusetzen, kein von der SFL zu verantwortender, wettbewerbswidriger Tatbestand. Es gehe dem FC Sion lediglich um Individualinteressen, verlautete nüchtern und sachlich aus Bern. Zwischenzeitlich hat der streitbare Präsident eingesehen, dass dem bevorstehenden Meisterschaftsbeginn mit juristischen Mitteln nicht beizukommen ist. Er werde die entsprechenden „Akten“ schliessen, liess er Medienvertreter wissen. Apropos Medien: Diese tragen zu einem grossen Teil Verantwortung dafür, dass das permanente allgemeine und juristische Querulieren aus dem Wallis immer wieder zu Unruhen und Gezänk im Schweizer Fussball führt. Das könnt auch zumindest eingeschränkt werden, wenn dem Präsidenten mit den speziellen Allüren nicht stets Plattformen zur Ausbreitung seiner kruden Weltanschauung, nicht nur in juristischer Hinsicht, geboten würden. Die Print-Medien füllen so in dieser auch für den Sport einschneidenden Phase der Ereignislosigkeit im Zuge von „Corona“ ihre Spalten. Letztlich alles zum Image-Schaden des Schweizer Professional-Fussballs.-

Auch wenn der Präsident des FC Sion nach diesem letzten juristischen „Dämpfer“ inzwischen temporär kleinlaut geworden ist, hat er bereits (nun noch weitere, bescheidene) juristisch Schritte gegen die im Zuge der Pandemie notwendig Spieler-Qualifikationspraxis der Verbände angekündigt (der Klub will nun für die Fortsetzung der Meisterschaft neue Spieler qualifizieren lassen). Gegen den FC Sion unpässliche Qualifikationsentscheide will Christian Constantin an das Rekursgericht der SFL ziehen; danach werde das Sport-Schiedsgericht in Lausanne (TAS) angerufen, droht er – so sieht allerdings juristische Hilflosigkeit im Moment auch aus Walliser Sicht aus…