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Klagewelle nach Lassana Diarra-Urteil des EuGH?

causasportnews / 1191/10/2024, 15. Oktober 2024

(causasportnews / red. / 15. Oktober 2024) Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxembourg vom 4. Oktober 2024 in der Sache des bald 40jährigen ehemaligen Berufs-Fussballspielers Lassana Diarra könnte Weiterungen erfahren und Folgen zeitigen. Der französische Ex-Fussballprofessional bewirkt mit seiner Klage und dem juristischen Erfolg in Luxembourg, dass das internationale Transfersystem des Welt-Fussball-Verbandes (FIFA) mit Sitz in Zürich aus den Angeln gehoben werden könnte, zumindest teilweise (vgl. auch causasportnews vom 5. Oktober 2024). Unter anderem hat die höchste Gerichtinstanz der Europäischen Union eine Arbeitsvertrags-Schutzbestimmung der FIFA zugunsten von Klubs für EU-rechtswidrig erklärt. Der Weltfussballverband ist bestrebt, Arbeitsverträge zwischen Spieler und Klubs zu schützen, indem die einschneidenden Folgen von Vertragsbrüchen auch künftigen Arbeitgebern (Klubs) der Spieler überbürdet werden. Spieler sollen nicht nach Belieben aus bestehenden Arbeitsvertragsverhältnissen aussteigen können; solche Verträge sollen also nicht ungestraft gebrochen werden können, beziehungsweise sollen potentiell künftige Klubs, welche mit Spielern selber kontrahieren möchten, davor abgehalten werden, Vertragsbrüche im Rahmen aktueller Arbeitsvertragsverhältnisses zu provozieren oder zu begünstigen, indem sie folgenlos einen vertragsbrüchigen Akteur übernehmen können.

Beispiel: Wenn ein Fussballspieler (Arbeitnehmer) grundlos (ohne einen sog. «wichtigen Grund»; aus «wichtigem Grund» – vgl. dazu etwa Art. 337 des Schweizerischen Obligationenrechts, OR, folgenlose Beendigung eines Arbeitsvertragsverhältnisses) vorzeitig ein befristetes Arbeitsvertragsverhältnis beendet, soll ein neuer Arbeitgeber (Klub)den Spieler nicht ohne sportliche und pekuniäre Folgen übernehmen können, also nicht straflos mit ihm kontrahieren dürfen. Dieser Druck wird durch eine verbandsrechtliche Reglung bewirkt, um Klubs davor abzuhalten, vertragsbrüchige Spieler zu übernehmen, also mit ihnen neue Arbeitsverträge abzuschliessen. Dies ist nach FIFA-Doktrin ein verbandsrechtlich motivierter Beitrag zur Vertragsstabilität zum Schutz bestehender Arbeitsvertragsverhältnisse zwischen Spielern und Klubs. Nun geraten nach der EuGH-Entscheidung arbeitsvertragliche Normen und verbandsrechtliche Bestimmungen der FIFA in ein kaum überbrückbares Spannungsfeld.

In der Vergangenheit ist eine Vielzahl von Fällen bekannt geworden, in denen Arbeitsvertragsverhältnisse vor Ablauf der befristeten Vertragszeit beendet wurden, damit die betreffenden Spieler zu anderen Klubs wechseln konnten. Beim Vorliegen wichtiger Gründe war und ist dies unproblematisch. Hingegen nicht, falls kein wichtiger Grund gegeben war, um das Vertragsverhältnis vorzeitig und unerlaubterweise zu beenden. In diesen Fällen mit internationalen Bezugspunkten sanktionierte die FIFA auf Antrag des «alten» Klub des Spielers den Akteur und verpflichtete diesen zu Schadenersatzzahlungen und fällte weiter Sanktionen aus. Für Zahlungen wurden zudem die neuen Klubs solidarisch in die Pflicht genommen. Und genau diese Solidarverpflichtung des am «gebrochenen» Arbeitsvertragsverhältnis nicht beteiligten (neuen) Klubs qualifiziert der Europäische Gerichtshof in der «Causa Lassana Diarra» als nicht europarechts-konform.

Jahrelang entsprach es der FIFA-Praxis, dass ein am Vertragsbruch nicht beteiligter, neuer Klub unter FIFA-Sanktionen zu leiden hatte. So auch etwa im Fall des Spielers Jaka Cuber Potocnik, der nach Auffassung seines ehemaligen Klubs Olimpija Ljubljana ungerechtfertigterweise aus einem bestehenden Vertrag ausstieg und mit dem 1. FC Köln ein Arbeitsvertragsverhältnis begründen wollte, jedoch wegen der nicht rechtmässigen Vertragsbeendigung mit dem slowenischen Klub mit einem Transferbann bis Ende Jahr und einer Busse belegt und für die auch der Kölner Klub solidarisch haftbar gemacht wurde. Kurz nach Bekanntwerden des Urteils aus Luxembourg qualifizierten die Kölner Klub-Verantwortlichen die Sanktionen der FIFA in «ihrem» Fall als widerrechtlich und prüfen nun Schadenersatzforderungen.- Weitere Vorgänge dieser Art könnten in Schadenersatz-Begehren ausmünden. Ob nun eine eigentliche Klagewelle anrollen wird, dürfte sich zeigen. Zentral bei der Beurteilung des Umstandes, ob ein Spieler im konkreten Fall zu Recht oder zu Unrecht aus einem Arbeitsvertragsverhältnis ausgestiegen ist, hängt von der rechtlichen Beurteilung des «wichtigen Grundes» ab. In diesem Zusammenhang muss vor allem die Rechtsprechung des Tribunal Arbitral du Sport» (TAS) in Lausanne hinterfragt werden. FIFA-Entscheide, die an das TAS weitergezogen werden, werden von diesem als verbandsfreundlich geltenden Sport-Schiedsgericht praktisch immer geschützt, meistens danach auch vom Schweizerischen Bundesgericht, das TAS-Urteile nur ein paar hundert Meter von der TAS-Zentrale in Lausanne entfernt (einzig) durch strikte Rechtskontrolle überprüft.

When Harry met Uli

causasportnews / Nr. 1047/08/2023, 13. August 2023

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(causasportnews / red. / 13. August 2023) Eine Sommer (nicht betreffend Yann Sommer) – Komödie im europäischen Fussball auf höchster Ebene, die nun einen vorläufigen Abschluss gefunden hat, ist final der sportlichen Realität gewichen. Die Rede ist von Harry Kane, dem englischen Top-Stürmer, der nach monatelangem Gezerre zwischen Engländern und Deutschen mit immer neuen Schlagzeilen und begleitet von Gerüchten am Wochenende vom englischen Klub Tottenham Hotspur zum FC Bayern München transferiert worden ist; so einschneidend können die Auswirkungen des «Brexit» also nicht sein. Endlich ein von den Protagonisten des Münchner Nobel-Klubs der so sehr herbeigesehnte Höhepunkt einer Kooperations-Anbahnung also, gleichsam wie in der Komödie «When Harry met Sally» (1989) – nur heisst es nun: «When Harry met Uli». Kein Zweifel besteht, dass der offenbar teuerste Transfer im Deutschen Fussball dem Über-Vater des Münchner Fussballs zuzuschreiben ist. An der Säbener Strasse erfolgte die fussballerische Schöpfungsvollendung durch den nach wie vor faktischen Machthaber im FC Bayern München, Uli Hoeness. Nun ist der Fussball-Messias aus England also in Deutschland angekommen. Die Euphorie an der Isar war riesengross nach bekanntgegebener Verpflichtung des Captains der Englischen Nationalmannschaft, der in München das seit dem Abgang von Robert Lewandowski offenkundig gewordene Stürmerproblem lösen soll. Was den Amerikanern Prinz Harry und Herzogin Meghan nach deren Übersiedlung in die USA bedeutete, soll nun der Fussball-Prinz Harry von der Insel für die Bayern nachhaltig verkörpern: Die Garantie für Erfolg und Fussball-Hollywood; in München mit Bezug auf die Bayern auch gerne «Bollywood» genannt. Eine Entwicklungs-Parallelität zwischen dem Blaublüter Harry und dem Fussball-Harry wünscht sich nun wohl allerdings niemand, auch wenn dem Prinzenpaar zu Beginn der US-Übersiedlung die Herzen zuflogen. Der Fussball-Messias kam also in München an, um gleich auf dem harten Boden der Realität aufzuprallen. Der Niedergang von Prinz Harry und Herzogin Meghan dauerte bekanntlich etwas länger und hält immer noch an.

Nach dem Transfercoup die Ernüchterung, als der gleichentags nach der definitiven Verpflichtung im Deutschen Supercup eingesetzte Harry Kane die Blamage der Bayern gegen die Red Bull-Mannschaft aus Leipzig auch nicht abwenden konnte. 0 : 3 für RB Leipzig hiess es nach 90 Minuten in der «Allianz»-Arena zu München. Eine Schmach für Uli & Co (trotz «Mia San Mia»). Was Harry Kane den Münchnern Wert sein wird, dürfte sich bald weisen. Zeit wird man dem Fussball-Prinzen von der Insel kaum einräumen; er hat aus dem Stand heraus zu funktionieren.

Immerhin soll dem FC Bayern München die Verpflichtung von Harry Kane mehr als 200 Millionen Euro Wert sein. Es ist dies kein konventioneller Fussball-Transfer, sondern ein sog. «Vertrags-Auskauf», weil der Rekord-Torschütze des Englischen Nationalteams aus einem laufenden Arbeitsvertrag mit Tottenham Hotspur herausgekauft werden musste. Mit seinen mehr als 30 Jahren wäre der zweifelsfrei begnadete Stürmer bei Beendigung seines Vertrags in England ablösefrei zu haben gewesen. Indem Tottenham Hotspur für Harry Kane eine Auskaufszahlung von mehr als 100 Millionen Euro einstreicht, dürfte der unspektakuläre Klub aus dem Norden Londons das Geschäft der Klubgeschichte getätigt haben: Für einen Stürmer in diesem Alter derart viel Geld zu vereinnahmen, ist ein sport-wirtschaftliches Meisterstück!

Zurück zum Spiel der Bayern gegen die Bullen aus Leipzig: Man durfte natürlich am ersten Arbeitstag von Harry Kane keine Wunder vom Neu-Zuzug erwarten – oder doch? Dass die Bayern ohne Torerfolg blieben, lässt tief blicken. Yann Sommer, der zu Inter Mailand abgeschobene Schweizer Nationaltorhüter und anfangs Jahr von den Bayern als Ersatz des immer noch verletzten Manuel Neuer verpflichtet (auch dieser Transfer war ein «Vertrags-Auskauf»), dürfte nicht unglücklich sein, am Wochenende nicht im Bayern-Tor gestanden zu haben. Der von Uli Hoeness und seinen Claqueuren mit mässigem Fussball-Sachverstand gedemütigte Schweizer, dem in München von Anfang an die «Mia San Mia»-Welt verschlossen blieb, dürfte aus der Ferne miterlebt haben, dass die alte Fussball-Weisheit immer noch zutrifft: Wer ein Spiel gewinnen will, muss mindestens ein Tor mehr schiessen als der Gegner – und eines weniger kassieren als dieser. Ein 0 : 3 sagt nicht alles, aber doch einiges, auch mit Blick auf das derzeitige Torhüter-Kapitel beim FC Bayern-München.

Wie erwartet: Barcelona statt Basta

(causasportnews / red. / 17. Juli 2022) Es kam so, wie es kommen musste und so, wie erwartet: Robert Lewandowskis Zeit beim FC Bayern München ist abgelaufen. Der wohl derzeit beste Stürmer der Welt wechselt zum FC Barcelona. Der noch bis im nächsten Jahr laufende Arbeitsvertrag des 33jährigen Polen mit dem Münchner Nobel-Klub ist gegen eine Vertragsauskaufszahlung von rund 50 Millionen Euro (Gesamtpaket) vorzeitig beendet worden. Dass der Top-Fussballer letztlich seinen Wechselwunsch durchsetzen konnte, entspricht den Gesetzmässigkeiten im Professional-Fussball, wenn sich ein Spieler trotz laufenden Vertrages verändern will. Gereizt auf das Thema Robert Lewandowski und den thematisierten Wechsel zum FC Barcelona angesprochen, beendete der Vorstandsvorsitzende der FC Bayern München AG, Oliver Kahn, die Diskussionen hierüber vor ein paar Wochen auf seine Art und Weise. Mit einem «Basta», genug des Schwurbelns, wies der «Titan» auf den noch bis 2023 laufenden Vertrag hin, den es zu erfüllen gelte – Ende der Diskussion eben. Jetzt heisst es in der «Causa Robert Lewandowski» doch «Barcelona statt Basta», wie die Medien vermelden. Der FC Barcelona, der das Rennen um Robert Lewandowski gemacht hat, war sich über den Ausgang des vor einiger Zeit angezogenen Transfers ziemlich sicher, ja, konnte sicher sein (causasportnews vom 5. Juni 2022). Für den polnischen Nationalspieler ist es wohl die letzte Chance, nochmals richtig und mit besseren Erfolgsaussichten als mit dem FC Bayern München im europäischen Top-Fussball mitzumischen. Mit den Münchnern den elften Deutschen Meistertitel in Serie anzupeilen, war für ihn verständlicherweise zuwenig herausfordernd. In Spanien wird Robert Lewandowski die Möglichkeit geboten, in die Fussstapfen des Kult-Fussballspielers Lionel Messi zu treten. Derweil werden in München trotz des Transfersegens die Wunden geleckt. Die Vertragsverlängerung von Serge Gnabry wird nach dem Abgang von Robert Lewandowski etwa so irre enthusiastisch gefeiert wie die Rückkehr des abgehalfterten Dieter Bohlen in die Jury von «Deutschland sucht den Superstar» in der Musik-Branche. Nie die Hoffnung und den Glauben an das Unmögliche aufgeben, und vor allem keine Schwäche zeigen – das gilt in den Eventsegmenten Sport und Musik gleichermassen.

Der wahrscheinliche Abgang eines Top-Skorers

(causasportnwes / red. / 31. Mai 2022) Im organisierten Fussball ist es ab und zu wie im Ehestand: Man lebt sich auseinander, entfremdet sich, zieht Bilanz bezüglich der erkalteten Liebe – und weiss eigentlich nicht genau, weshalb alles zu Ende gehen soll. So gestaltet sich derzeit die Beziehung von Robert Lewandowski zum FC Bayern München. Es sieht so aus, als werde nun eine rund achtjährige Erfolgsgeschichte, die formell noch ein Jahr dauern würde, ein vorzeitiges Ende nehmen. Vor allem der wohl beste Stürmer der Gegenwart sieht seine sportliche und persönliche Zukunft nicht mehr in München. Die Gründe für die Abgangsgelüste des 33jährigen Polen liegen im Dunkeln. Obwohl der Top-Skorer seinen Job stets mehr als nur erfüllte, brach die ganz grosse Liebe zwischen den Bayern und dem begnadeten Stürmer nie aus. Über die Gründe hält man sich hüben und drüben bedeckt, doch dürfte die jetzt erkaltete, gegenseitige Zuneigung auch auf das historisch motivierte, belastete Verhältnis zwischen Deutschland und Polen zurückzuführen sein. Zudem befindet sich Robert Lewandowski in einem Alter, in dem er die für ihn noch möglichen Erfolgsoptionen im internationalen Fussball mit einem renommierten, spanischen Klub einzulösen gewillt ist. Nur nationale Meistertitel an Meistertitel zu reihen und international nicht zu reüssieren, scheint keine Herausforderung mehr zu sein.

Die zu erwartende Trennung dürfte trotz des noch ein Jahr dauernden Arbeitsvertrages zwischen dem Stürmer und dem FC Bayern München vor der formellen Vertragsbeendigung Tatsache werden. Derartige Konstellationen pflegen jeweils immer zu Gunsten des Spielers auszugehen, obwohl konkret Robert Lewandowski seinen noch bis Ende Juni 2023 laufenden Vertrag in der Bayern-Metropole zu erfüllen hätte. Das ist die Rechtslage. Das würde bedeuten, dass der abwanderungswillige Spieler noch eine Saison für den FC Bayern München spielen müsste; vielleicht nicht mehr so enthusiastisch wie bisher? Dass das keine optimale Voraussetzung für ein weiteres, harmonisches Zusammenwirken im Rahmen einer Fussballehe ist, leuchtet ein. Letztlich wird der Spieler mit seinem Wunsch, künftig für einen spanischen Klub (FC Barcelona?) spielen zu dürfen, durchdringen. Der neue Arbeitgeber des Polen wird zweifellos eine erkleckliche Vertragsauskaufssumme nach München überweisen. Diesbezüglich wird dann der FC Bayern München letztlich in den vorzeitigen Abgang des Stürmers einwilligen und den laufenden Arbeitsvertrag aufheben, wohlwissend, dass es eine schlechte Ausgangslage wäre, noch auf die Erfüllung des laufenden, befristeten Arbeitsvertrages zu pochen. Spätestens in einem Jahr, nach formellem Ablauf des Münchner-Kontraktes, könnte der Spieler den Bayerischen Klub verlassen, ohne dass von einem dannzumal neuen Arbeitgeber nur ein Euro als Vertragsauskaufsentschädigung bezahlt werden müsste.

So wird es in den nächsten Tagen und vielleicht Wochen noch ein Tauziehen zwischen den drei involvierten Parteien (aktueller Arbeitgeber, potentieller, künftiger Arbeitgeber, Spieler) absetzen. Die Ära des polnischen Superspielers dürfte nun aber höchstwahrscheinlich demnächst in München zu Ende gehen. Ein Vertragsauskauf und die Zahlung einer ansprechenden Vertragsauskaufssumme werden es möglich machen und beim Spieler und bei den Bayern den Trennungsschmerz in den Hintergrund treten lassen.

Das stille Ende eines Transfer-Giganten

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(causasportnews / red. / 19. Mai 2022) Er war einer der ganz Grossen im internationalen Fussball-Transfergeschäft – und ging ganz leise. Mit erst 54 Jahren. An den Folgen einer Lungenkrankheit soll er kürzlich gestorben sein, der Doyen der Spielervermittlerbranche, Mino Raiola. Die Umstände seines frühen Todes sind so undurchsichtig wie seine Aktivitäten im internationalen Fussballgeschäft im Allgemeinen. Der Verstorbene verstand sein Business im organisierten Fussballsport als «stilles Gewerbe». Seine Klienten, u.a. Erling Haaland, Zlatan Ibrahimovic, Paul Pogba, Gianluigi Donnarumma fühlten sich beim Schwergewicht des internationalen Fussball-Transfergeschäftes in jedem Fall gut aufgehoben. Der italienische Spielervermittler galt bei den Klubs als gefürchtet, denn es gelang ihm stets, auch bei noch so delikaten Transfers oder bei Vertragsverlängerungen ein Optimum für seine von ihm vertretenen Spieler – und für sich – herauszuholen. Beim Transfer des Franzosen Paul Pogba zu Manchester United zum Beispiel strich Mino Raiola schon einmal rund 50 Millionen Euro als Honorar ein. Die wirtschaftlichen Erfolge des Vermittlers und Sportlermanagers machten ihn in der Branche und auch ausserhalb zum Symbol für wirtschaftliche Gier. Seine kickenden Klienten liessen nichts über den Italiener kommen, dessen Eltern in den Niederlanden ein italienisches Restaurant führten. Mino Raiola betrieb seine Geschäfte im bezahlten Fussball ohne Getöse, Blitze und Donner. Das verlieh seiner Tätigkeit, auch aufgrund seiner markanten Erscheinung (Sonnenbrille, legere Kleidung, füllige Figur), geradezu mafiöse Züge. In Mailand endete kürzlich das schillernde Leben dieses Transfer-Giganten, ohne, dass Näheres zu seinem Tod bekannt wurde und auch nicht in Erfahrung gebracht werden konnte. Der Fussball steht natürlich nach dem Tod von Mino Raiola nicht still; das Transfergeschäft ebenfalls nicht. Er war einer der wichtigsten und bedeutendsten Figuren im Transfergeschäft. Erling Haalands Wechsel vom BVB Borussia Dortmund zu Manchester City wird auch ohne das «Goldhändchen» Mino Raiola über die Bühne gehen. Vielleicht aber doch nicht so reibungslos, wie wenn der Italiener die Fäden gezogen hätte. Der Verstorbene ist selbstverständlich ersetzbar, aber wohl nicht «in optima forma»…

Neues von der «Empörungs-Gesellschaft»

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(causasportnews / red. / 10. Juni 2021) Es gibt in der heutigen Zeit immer einen Grund, um sich aufzuregen und zu empören, unter gütiger Mithilfe aller möglicher Medien in Wort, Ton und Bild. Oft geschieht dies nach dem Motto: «Heute ist immer ein schlechter Tag».

Im Moment ist der Stürmer des VfB Stuttgart, Silas Wamangituka, das Empörungsobjekt der Spass- und Gerechtigkeits-Gesellschaft. Seit vor einigen Tagen klar geworden ist, dass der offenbar am 6. Oktober 1998 (und nicht 1999) geborene Kongolese in der Tat Silas Katompa Mvumpa heisst und gemäss amtlichen und halb-amtlichen Dokumenten aus Kinshasa stammt, steht nicht nur die Fussball-Welt Kopf. Selbstverständlich steht im Zentrum der Kritik nicht der talentierte Spieler, der seit Sommer 2019 in Stuttgart kickt. Der Zorn der Massen, befeuert von Medien aller Art und Provenienz, richtet sich gegen einen Spielervermittler (es soll sich dabei um den schillernden Agenten Olivier Belesi Djesi handeln), der den bald 23jährigen VfB-Stürmer für seine Zwecke missbraucht und manipuliert haben soll, sowie gegen Menschenhändler und allgemein düstere Strippenzieher im Fussball; der Sportler mit falscher Identität und geschöntem Geburtsdatum bleibt mit Blick auf die flächendeckende Kritik aussen vor.

Natürlich ist diese Identitätstäuschung und die Irrung mit Blick auf das Geburtsdatum mehr als unschön und geht an sich gar nicht. Sie sind jedoch Fakten im Rahmen der heutigen, globalen Mobilität der Massen. Silas Katompa Mvumpas Identitäts- und Geburtstags-Täuschung flog nur deshalb auf, weil er als bekannter Fussballspieler, der 2019 für eine Summe von acht Millionen Euro von Paris FC ins Schwabenland wechselte, in der Öffentlichkeit steht und zumindest eine sog. «relative Person der Zeitgeschichte» ist. Letztlich stellt sich bei nüchterner Betrachtung die Frage, welche Auswirkungen dieser Vorgang auf den Sport und/oder auf das staatliche Normengefüge haben könnte. Vielleicht hängt die Alters-Retouche damit zusammen, dass ein Spieler nach dem 23. Lebensjahr transferrechtlich relativ frei ist und für ihn beispielsweise von einem neuen Klub keine Ausbildungsentschädigungen mehr bezahlt werden müssen. Vielleicht. Auf die Spielberechtigung hat der «Fall» jedenfalls keinen Einfluss; ebenso nicht auf das Arbeitsvertragsverhältnis zwischen dem Spieler und dem VfB Stuttgart. Sport-sanktionsrechtlich wird ebenfalls nichts hängen bleiben, auch wenn jetzt auf Teufel komm raus ermittelt und abgeklärt wird. Einzig die Stuttgarter Ausländerbehörde scheint sich für den Vorgang zu interessieren. Natürlich wird die Stütze des VfB Stuttgart deshalb sein Aufenthaltsrecht nicht verlieren. Nach einiger Zeit wird sich auch dieser Sturm der Empörung und Entrüstung ohne Folgen legen. So what also, würde George Clooney dazu sagen und sich entspannt und im umfassenden Glücksgefühl seinem Kaffee zuwenden.

Wer erinnert sich bei dieser Gelegenheit noch an den 2019 bekannt gewordenen Fall des Spielers des Hamburger SV, Bakery Jatta, der identisch sein soll mit einem Akteur namens Bakary Daffeh? Demnächst und nach fast zweijährigen Abklärungen dürfte klar sein, ob sich hinter diesen beiden Namen ein- und dieselbe Person verbirgt. Wenn dem auch so sei: Folgen wird auch dieses doppelte Lottchen-Spiel im Fussball kaum haben. Die öffentliche Empörung ist in der heutigen Zeit für die Betroffenen die Höchststrafe für Ungereimtheiten aller Art.

«Brexit-Deal»: Ein nationaler «Flickenteppich» statt Berufsfussballer-Freizügigkeit

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(causasportnews / red. / 7. Januar 2021) Nach dem Austritt von Grossbritannien aus der Europäischen Union (EU) ist per 31. Dezember 2020 die Übergangsperiode abgelaufen. Ab 1. Januar 2021 gilt das im «Brexit-Deal» Vereinbarte. Diesbezüglich ist in diesem Abkommen für die Stellung etwa von Fussballprofessionals im Vereinigten Königreich und in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union nichts Signifikantes geregelt worden. Für in Grossbritannien tätige Berufsfussballspieler aus den EU-Mitgliedstaaten oder Akteuren aus diesen Ländern gilt nur noch das staatliche Recht Grossbritanniens. Für Professional-Spieler aus Grossbritannien, die zu einem Verein der EU-Mitgliedstaaten wechseln wollen, gilt das jeweilige nationale Arbeitsrecht. Statt einheitliches Fussballer-Freizügigkeitsrecht in den EU-Mitgliedstaaten und im Königreich tritt nun also ein nationaler, arbeitsrechtlicher «Flickenteppich».

Im internationalen Fussball-Transfermarkt sorgt der «Deal» wenigstens für Klarheit: Wer nun als Ausländer aus einem EU-Mitgliedstaat in Grossbritannien oder in Nordirland leben und arbeiten will, unterliegt seit dem Neujahrstag wie alle andern Ausländer dem dortigen Einwanderungsrecht. Wie sich die Rechtslage betreffend ausländischer Spieler auf der Insel präsentiert, welche kraft Freizügigkeitsrechts bereits vor dem 1. Januar 2021 bei einem Klub im Königreich unter Vertrag stehen, behandelt der «Deal», etwa im Sinne intertemporalen Rechts, ebenfalls nicht; im britischen Recht sind aber Reglungen über die Möglichkeit des Verbleibs geschaffen worden.

Für die neuen Transfers sind nun aber grundsätzlich bei Profisportlern Sonderreglungen auf beiden Seiten des Ärmelkanals zu beachten. Auf britischer Seite verlangen die Immigration Rules (neben ausreichenden Englischkenntnissen) vor allem eine Bescheinigung des zuständigen Sportverbandes, dass der Professional international auf höchster Ebene tätig ist und einen erheblichen Beitrag zum jeweiligen Sport auf höchster Ebene leisten wird. Im englischen Fussball ist die Football Association (FA) der zuständige Verband, der sich mit Blick auf die Bescheinigung bezüglich des «sportlichen Wertes» eines Spieler mit dem Innenministerium auf ein durchaus komplexes Punkte-System als Beurteilungshilfe verständigt hat. Auf der Stufe der Premier League wird sich nach dem 1. Januar 2021 nicht viel ändern; jedoch gibt es eben kein europäisches „free for all“ nur nach dem Gutdünken der Vereine und Spieler mehr. Für Transfers aus Grossbritannien nach Deutschland ist ebenfalls eine Bescheinigung des zuständigen Fachverbandes notwendig (vgl. § 22 Nr. 4 der Beschäftigungsverordnung); bei einem Transfer in andere EU-Mitgliedsstaaten gelten die nationalen Regelungen.

Auf der Insel dürften Probleme bei Transfers von U18- und U21-Spielern vorprogrammiert sein. Es können nun nur drei (später sechs) U21-Spieler aus dem Ausland verpflichtet werden. Transfers von U18-Spielern nach Grossbritannien sind nun nach den FIFA-Vorschriften über Transfers ganz unzulässig, weil das Land nun nicht mehr der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum angehört. Liverpool-Trainer Jürgen Klopp hat den entsprechenden faktischen Ausschluss talentierter Spieler bereits kritisiert.

Sicher ist, dass die Bürokratie nach dem «Brexit-Deal» nicht nur im Transitverkehr zwischen Calais und Dover zunehmen wird, sondern auch im internationalen Sport. Ob es von Vorteil sein wird, dass künftig z.B. Fussballspieler auf der Insel nach denselben Regeln verpflichtet werden können wie Akteure aus der übrigen Welt, wird sich weisen.

(Verfasser: Rechtsanwalt Dr. Tobias Thienel, Kiel; der Autor wird zu dieser Thematik in der nächsten Ausgabe von «Causa Sport» – 1/2021 – einen Grundsatzbeitrag veröffentlichen).

Spielervermittler verliert Rechtsstreit gegen den 1. FC Köln

(causasportnews / red. / 22. Dezember 2019) Die Spielervermittler-Branche gehört zu den umstritteneren Erscheinungsformen im Rahmen des Professional-Fussballs. Allgemein verfügt die Spezies der Vermittler, Berater und Agenten nicht gerade über einen herausragenden, positiven Ruf; sie wird jedenfalls ebenso beneidet wie verachtet. Allgemein herrscht die Meinung vor, Spielervermittlerinnen und Vermittler seien im komplexen Fussballgeschäft, in dem etwa Reglements-, Rechts- sowie Versicherungs- und Steuerkenntnisse bedeutend sind, nicht mehr wegzudenken. Dabei sind allerdings die sog. „Seriösen“ gemeint, die über entsprechende Fachkenntnisse verfügen und eher nicht als Parasiten des Sports gelten. Es gibt aber auch die „andern“, welche vor allem ihre Eigeninteressen im Auge haben und den Sport im Allgemeinen und ihre Klienten im Besonderen als Mittel zum (Erwerbs-)Zweck betrachten; sie profitieren vor allem von den teils horrenden Transfersummen, die heute bei Klubwechseln von Spielern von den übernehmenden Klubs bezahlt werden. In der Branche herrscht deshalb ein permanenter Kampf um die Fussballstars, um diese bei Transfers vertreten zu können. Nur wer bei einem Übertritt dabei ist, sei es als Beauftragte eines Spielers oder eines Klubs, kann sich fette Honorare ausrechnen. Alleine in der Deutschen Bundesliga sollen durch die Klubs 2017/18 fast 200 Millionen Euro an Beraterhonoraren bezahlt worden sein.

Einer, der in dieser Hinsicht derzeit eher eine Pechtsträhne zu verzeichnen hat, ist der Schweizer Spielervermittler Giacomo Petralito. In der Branche gilt er zumindest als schillernd. Es ist deshalb kaum ein Zufall, dass der 70jährige, ehemalige Weinhändler wegen eines vielbeachteten Gerichtsverfahrens in den Fokus der Öffentlichkeit rückte. In einer nicht ganz klaren Form war der kleine Schweizer mit italienischen Wurzeln 2017 in den Transfer des 1. FC Köln Spielers Anthony Modeste zum Chinesischen Klub Tianjin Quanjina involviert. Jedenfalls verlangte er vom auftraggebenden Verein 1. FC Köln für die Vermittlung des Spielers für den 28 Millionen-Transfer satte zwei Millionen Euro an Provision, der Klub lehnte die Forderung ab. Das Landgericht Köln hat nun die Klage des Spielervermittlers vollumfänglich abgewiesen. Es sei zwar ein Vermittlungsvertrag abgeschlossen worden, jedoch habe der klagende Spielervermittler keinen wesentlichen Beitrag zum Transfer geleistet, erkannte das Gericht. Der 1. FC Köln hatte dem Vermittler vergleichsweise noch 500 000 Euro angeboten, das Gericht unterbreitete einen Vorschlag über eine Summe von 750 000 Euro. Beides lehnte Giacomo Petralito ab und ging nun ganz leer aus. Der Prozess, den der Schweizer angestrengt hatte, sieht nach „Eigentor“ aus. Denn auch wenn der unterlegene das Urteil anfechten sollte, werden ihm im Rahmen einer erneuten Beurteilung durch eine höhere Instanz keine grossen Chancen eingeräumt. Giacomo Petralito ist prozesserfahren – allerdings mit schlechter Bilanz. Im vergangenen Jahr wollte er vom ehemaligen Schalker Sportchef Christian Heidel eine halbe Million Euro erstreiten – und verlor ebenfalls.

Et tu, Neymar?

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(causasportnews / red. / 9. Juli 2019) Transferzeit im organisierten Fussball ist immer mehr auch „Streikzeit“. Derzeit proben zwei Top-Stars der Branche den Aufstand gegen ihre Klubs, von denen sie sich trennen wollen. Zum einen der Brasilianer Neymar, der nach zwei Jahren in Paris (bei Paris Saint-Germain) offenbar zurück zum FC Barcelona will, zum andern der französische Weltmeister Antoine Griezmann, den es von Atlético Madrid ebenfalls zum FC Barcelona zieht. Letzterer verfügt offensichtlich gemäss seinem bis 2023 laufenden Vertrag über eine Ausstiegsklausel – er kann also weg, falls ein Klub den im Vertrag festgeschriebenen Betrag – die Rede ist von Euro 120 Millionen – bezahlt. Anders sieht die Rechtslage bei Neymar aus: Von einer Ausstiegsklausel ist nichts bekannt, obwohl er aufgrund einer solchen Vertragsregelung damals den FC Barcelona in Richtung Paris verlassen konnte (die Vertragsauskaufszahlung betrug deshalb damals Euro 222 Millionen, und Neymar sorgte damit – und nebst weiteren Zahlungen im Zusammenhang mit diesem Übertritt – für den bisher teuersten Transfer der Fussballgeschichte). Antoine Griezmann muss also Druck aufsetzen, dass ein Klub die festgelegte Vertragsauskaufssumme bezahlt, Neymar bleibt im Moment nur das Mittel „Streik“. Er ist grundsätzlich an den Arbeitsvertrag gebunden. So versucht er nun, mit Pression, wie die Franzosen sagen, aus dem Vertrag zu kommen. Dass ihn Paris Saint-Germain wegen vertragswidrigen Verhaltens entlassen wird, ist natürlich unrealistisch. Eine Vertragsbeendigung wäre für Neymar eine Traumkonstellation, um den Klub vertragsfrei verlassen zu können. Das wissen auch die Franzosen. Der Brasilianer wird durch „Streik“ (konkret fehlte er unentschuldigt zum Trainingsbeginn) das (juristische) Terrain ebnen, um der noch länger dauernden, vertraglichen Bindung entkommen zu können. „Passiver Widerstand“ und Streiks sind seit jeher die probaten Mittel der Super-Stars, um Vertragsänderungen oder Klubwechsel zu erzwingen. Ousmane Dembélé, der Brasilianer Ronaldo oder Henrich Mchitarjan sind nur einige wenige Namen von Star-Kickern, welche ihre Vertrags- und Klubwechselwünsche mit dem Mittel des „Streiks“ durchgedrückt haben. Und nun also auch der teuerste Fussballspieler der Welt: Et tu, Neymar?, wären die Betrachter der Szene geneigt zu fragen.