
(causasportnews / red. / 10. Juni 2021) Es gibt in der heutigen Zeit immer einen Grund, um sich aufzuregen und zu empören, unter gütiger Mithilfe aller möglicher Medien in Wort, Ton und Bild. Oft geschieht dies nach dem Motto: «Heute ist immer ein schlechter Tag».
Im Moment ist der Stürmer des VfB Stuttgart, Silas Wamangituka, das Empörungsobjekt der Spass- und Gerechtigkeits-Gesellschaft. Seit vor einigen Tagen klar geworden ist, dass der offenbar am 6. Oktober 1998 (und nicht 1999) geborene Kongolese in der Tat Silas Katompa Mvumpa heisst und gemäss amtlichen und halb-amtlichen Dokumenten aus Kinshasa stammt, steht nicht nur die Fussball-Welt Kopf. Selbstverständlich steht im Zentrum der Kritik nicht der talentierte Spieler, der seit Sommer 2019 in Stuttgart kickt. Der Zorn der Massen, befeuert von Medien aller Art und Provenienz, richtet sich gegen einen Spielervermittler (es soll sich dabei um den schillernden Agenten Olivier Belesi Djesi handeln), der den bald 23jährigen VfB-Stürmer für seine Zwecke missbraucht und manipuliert haben soll, sowie gegen Menschenhändler und allgemein düstere Strippenzieher im Fussball; der Sportler mit falscher Identität und geschöntem Geburtsdatum bleibt mit Blick auf die flächendeckende Kritik aussen vor.
Natürlich ist diese Identitätstäuschung und die Irrung mit Blick auf das Geburtsdatum mehr als unschön und geht an sich gar nicht. Sie sind jedoch Fakten im Rahmen der heutigen, globalen Mobilität der Massen. Silas Katompa Mvumpas Identitäts- und Geburtstags-Täuschung flog nur deshalb auf, weil er als bekannter Fussballspieler, der 2019 für eine Summe von acht Millionen Euro von Paris FC ins Schwabenland wechselte, in der Öffentlichkeit steht und zumindest eine sog. «relative Person der Zeitgeschichte» ist. Letztlich stellt sich bei nüchterner Betrachtung die Frage, welche Auswirkungen dieser Vorgang auf den Sport und/oder auf das staatliche Normengefüge haben könnte. Vielleicht hängt die Alters-Retouche damit zusammen, dass ein Spieler nach dem 23. Lebensjahr transferrechtlich relativ frei ist und für ihn beispielsweise von einem neuen Klub keine Ausbildungsentschädigungen mehr bezahlt werden müssen. Vielleicht. Auf die Spielberechtigung hat der «Fall» jedenfalls keinen Einfluss; ebenso nicht auf das Arbeitsvertragsverhältnis zwischen dem Spieler und dem VfB Stuttgart. Sport-sanktionsrechtlich wird ebenfalls nichts hängen bleiben, auch wenn jetzt auf Teufel komm raus ermittelt und abgeklärt wird. Einzig die Stuttgarter Ausländerbehörde scheint sich für den Vorgang zu interessieren. Natürlich wird die Stütze des VfB Stuttgart deshalb sein Aufenthaltsrecht nicht verlieren. Nach einiger Zeit wird sich auch dieser Sturm der Empörung und Entrüstung ohne Folgen legen. So what also, würde George Clooney dazu sagen und sich entspannt und im umfassenden Glücksgefühl seinem Kaffee zuwenden.
Wer erinnert sich bei dieser Gelegenheit noch an den 2019 bekannt gewordenen Fall des Spielers des Hamburger SV, Bakery Jatta, der identisch sein soll mit einem Akteur namens Bakary Daffeh? Demnächst und nach fast zweijährigen Abklärungen dürfte klar sein, ob sich hinter diesen beiden Namen ein- und dieselbe Person verbirgt. Wenn dem auch so sei: Folgen wird auch dieses doppelte Lottchen-Spiel im Fussball kaum haben. Die öffentliche Empörung ist in der heutigen Zeit für die Betroffenen die Höchststrafe für Ungereimtheiten aller Art.