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Sportler mit Krebs und das öffentliche Informationsinteresse daran

causasportnews / Nr. 1019/05/2023, 22. Mai 2023

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(causasportnews / red. / 22. Mai 2023) Es gibt Dinge im Leben, die gegeben sind oder sich ereignen, und die der Mensch lieber für sich behalten und den Vorgang jedenfalls nicht mit einer breiteren oder engeren Öffentlichkeit teilen will. Wird diese Sphäre ignoriert oder verletzt, kann sich die betroffene oder verletzte Person auf den Persönlichkeitsschutz, der im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB), etwa in den Art. 27/28 ZGB geregelt ist, berufen und sich grundsätzlich gegen Störungen und Verletzungen in diesem Bereich zur Wehr setzen.- Diese fundamentalen Bestimmungen sind in den medialen Fokus getreten, seit der Österreichische Nationaltorhüter Heinz Lindner, der beim FC Sion unter Vertrag steht, mitgeteilt hat, er sei an Hodenkrebs erkrankt. Der bald 33jährige Torhüter hat seine Erkrankung selber publik gemacht, was den Kommunikations-Vorgang offensichtlich rechtfertigt. Heinz Lindner hat also, aus welchen Gründen auch immer, den Weg in die Öffentlichkeit gewählt, und das medizinisch relevante «Outing» wurde von den Medien natürlich aufgenommen, vor allem von der Boulevardpresse, welche zur Anreicherung des Vorgangs gleich noch ein paar Beispiele von Sportlern, welche früher an Hodenkrebs erkrankten und geheilt wurden, ausbreiteten.

Eine Hodenerkrankung eines Sportlers ist ein Faktum, das zur Geheim- oder Intimsphäre eines Menschen gehört, auch bezüglich eines sich in der Öffentlichkeit bewegenden Athleten. Es greift der Persönlichkeitsschutz, und grundsätzlich ist die Verbreitung einer solchen Meldung eine Persönlichkeitsverletzung (Art. 28 ZGB). Die zivilrechtlichen Folgen der Persönlichkeitsverletzung greifen allerdings nur dann, wenn diese Verletzung widerrechtlich erfolgt. Nicht widerrechtlich ist die Persönlichkeitsverletzung dann, wenn sie mit der Einwilligung des in der Persönlichkeit verletzten Person erfolgt. In der «Causa Heinz Lindner» war die Verbreitung der Meldung, der Torhüter des FC Sion und der Österreichischen Nationalmannschaft sei an Hodenkrebs erkrankt, eine Persönlichkeitsverletzung, allerdings keine widerrechtliche, weil der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung des an Hodenkrebs erkrankten Sportlers vorlag (Art. 28 Abs. 2 ZGB). Das bedeutet grundsätzlich, dass relativ oft Persönlichkeitsverletzungen (auch betreffend Athleten) vorliegen, diese aber zufolge der Einwilligung der Verletzten in die Verletzungshandlungen gerechtfertigt sind.

Keine juristische Panik also im Kommunikationsvorgang der Hodenkrebserkrankung von Heinz Lindner. Der Athlet hat den Weg in die Öffentlichkeit gewählt und in die Verbreitungshandlung eingewilligt, wohl (gezwungenermassen) um entsprechende Spekulationen im Fussball-Business gar nicht aufkommen zu lassen. Allerding mutet es dennoch etwas speziell an, dass derartige Vorkommnisse aus dem Geheim- und Intimbereich eines Sportlers öffentlich-wirksam ausgebreitet werden. Ein Informationsinteresse bezüglich derartiger Fakten aus dem Leben eines Sportlers ist beim besten Willen nicht zu erkennen, auch wenn im konkreten Fall der Torhüter für den Rest der eh bald zu Ende gehenden Saison dem FC Sion nicht mehr zur Verfügung steht. Sportlich ist dies für den Klub zu verkraften: Obwohl der Super League-Klub an letzter Stelle in der Tabelle platziert ist, wird er zufolge der Mannschafts-Aufstockung in der höchsten Spielklasse nicht absteigen.

Youssoufa Moukoko, geb. am 20. November 2004 oder am 19. Juli 2000?

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(causasportnews / red. / 15. März 2023) Er wollte Medien-Recherchen und Veröffentlichungen über sein Alter verbieten lassen, sah sich in seinen allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt, ist nun aber kürzlich am Landgericht Frankfurt a.M. gescheitert: Youssoufa Moukoko, eines der Wunderkinder des Deutschen Fussballs und Garant für sportliche Superlativen aller Art, hat ein Gerichtsverfahren gegen das Deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» weitgehend verloren (Kostenauferlegung bezüglich des Verfahrens im Verhältnis 1/3 – 2/3 zu Lasten des Spielers), was bedeutet, dass das Hamburger Magazin (und die Medien im Allgemeinen) weiterhin über das Alter und die Herkunft des Klub- und Nationalmannschafts-Stürmers recherchieren und berichten dürfen. Und das mit guten Gründen. Das Gericht qualifizierte die Berichte des «Spiegels» als zulässige Verdachtsberichterstattung, und Zweifel aufgrund der Verdachtsmomenten dürften weiterhin geäussert werden; diesbezüglich erkannte das Gericht ein öffentliches Interesse an den Recherchen und Veröffentlichungen. Einige vom «Spiegel» getätigte Aussagen qualifizierte die Pressekammer des Gerichts allerdings als unzulässig. Grund für diese mediale Eskalation mit dem Finale vor dem Frankfurter Landgericht war ein Bericht des «Spiegels» im Zuge der Fussball-WM-Endrunde in Katar Ende des letzten Jahres. Das Hamburger Magazin recherchierte profund und äusserte in einem Bericht offensichtlich berechtigte Zweifel am Alter und an der Herkunft des begnadeten Fussballspielers, der, angeblich 18jährig, erstmals in der Deutschen Nationalmannschaft anlässlich der «Generalprobe» gegen Oman dabei war (vgl. auch causasportnews vom 27. Dezember 2022). Seither steht die Frage im Raum, ob der Stürmer von Borussia Dortmund am 20. November 2004 oder bereits am 19. Juli 2000 geboren wurde. Der Deutsche mit Wurzeln in Kamerun will seit der Veröffentlichung des «Spiegel»-Berichtes verbieten lassen, dass über sein Alter und seine Herkunft (Kamerun) berichtet wird; er betrachtet seine allgemeinen Persönlichkeitsrechte als verletzt. Nach der Niederlage am Landgericht Frankfurt veröffentlichen nun die Medien (so etwa abgebildet in der Illustrierten «Bunte» vom 9. März 2023) eine Geburtsurkunde von Youssoufa Moukoko, in der das Geburtsdatum des Dortmund- und Nationalmannschafts-Stars ausgeschrieben wiedergegeben ist: «dix-neuf juillet deux mille» (19. Juli 2000).

Bei einem Fussballspieler ist das Alter in vielerlei Hinsicht von zentraler Bedeutung. Bis zum 21. Altersjahr verkörpert ein Athlet einen Marktwert, und bei einem Klubwechsel muss für ihn grundsätzlich eine Transferentschädigung (Ausbildungsentschädigung) bezahlt werden. Auch gibt es etwa zu beachtende Mindest-Altersbestimmungen im organisierten Fussball. Man könnte auch salopp sagen: Bei den Fussballspielern verhält es sich so wie bei den Gebrauchtwagen: Je älter, desto wertloser. Im konkreten Fall ist zudem von Bedeutung, wo Youssoufa Moukoko wann geboren wurde und wo er zuerst im Fussball aktiv und spielberechtigt war. Weniger «Fussball-relevant» mutet der Umstand an, dass offenbar auch umstritten ist, wer leiblicher Vater des Spielers ist. Diesbezüglich sind offenbar ebenfalls Zweifel angebracht. Klar ist zumindest, wer den begnadeten Spieler zur Welt gebracht hat: Mater semper certa est (die Mutter ist immer sicher) – oder fast immer; im rechtlichen Sinne mag das zutreffen.

Investigatives im (Tennis-)Sport

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(causasportnews / red. 15. Oktober 2021) Es wäre übertrieben zu behaupten, der Top-Tenniscrack Alexander Zverev hätte sich in den letzten Jahren unwiderstehlich in die Herzen der Deutschen gespielt. Dabei steht ausser Zweifel, dass der 24jährige Athlet mit Model-Massen im Tennis Gewaltsleistungen erbracht hat. Er wird auch künftig Ausserordentliches in dieser kräftezehrenden Individualsportart bewerkstelligen. An seinen sportlichen Leistungen kann es nicht liegen, dass Deutschland mit dem russisch-stämmigen Power-Athleten nicht so richtig «warm» wird. Er ist kein Sportler, der auf dem Court solide sportliche Arbeit abliefert und nach vollbrachtem Tageswerk müde, aber zufrieden, zu Frau und Kinder zurückkehrt. Schwiegermutter-Typen à la Roger Federer sind in dieser Sparte eher selten zu finden. Der in Hamburg aufgewachsene Ausnahmesportler ist immer für Überraschungen gut – auf und neben dem Sportplatz. In sportlicher Hinsicht erfüllt Alexander Zverev die Erwartungen; an den Olympischen Sommerspielen holte er für sich und Deutschland die geforderte Goldmedaille; es wird ihm gegenüber allenfalls der Vorwurf erhoben, er sei zu wenig konstant. Das wird mitunter seinem Privatleben zugeschrieben. Dieses darf als einigermassen heterogen und ambivalent qualifiziert werden. Nicht etwa so, wie bei der in Russland geborenen Helene Fischer, die ihr bevorstehendes Baby-Glück mit der ganzen Welt zu teilen gewillt ist. Regenbogenpress-tauglich, makellos und für die werdende Mutter, ihren Partner und die Öffentlichkeit nur hoffnungsvoll. Vergessen ist das Pfeifkonzert, das sie in der Pause des Pokalendspiels 2017 über sich ergehen lassen musste. Die Pfiffe galten damals auch weniger der vielseitigen Künstlerin, wohl eher der drohenden «Helenefischerisierung» des Fussballs, die vom Deutschen Fussball-Verband (DFB) initiiert wurde. Zurück zu Alexander Zverev. In der Tat sind die privaten Verhältnisse des frischgebackenen Olympiasiegers nicht gerade so, wie es sich die an Ordnung und puristische Verhältnisse gewohnten Deutschen vorstellen. Dass diesbezüglich bei Alexander Zverev keine Transparenz besteht, wird dem 24jährigen Sportler noch nachgesehen, doch das immer wieder negative Elemente aus seiner Privat- und Intimsphäre an die Öffentlichkeit gelangen, die man eigentlich gar nicht wahrnehmen möchte, ist nicht gerade ein image-fördernder Umstand. So kratzt derzeit eine nicht mehr ganz aktuelle Geschichte am Bild des Tennis-Stars: Er soll seine damalige Partnerin, die als Tennisspielerin nicht ganz unbekannte Olga Scharipowa, geschlagen und missbraucht haben. Was immer das heissen mag. Eine zumindest unschöne Sache. Ein Mann, der eine Frau schlägt – das geht gar nicht natürlich. Schlagen und aufschlagen sind zwei verschiedene Dinge. Und auch wenn der Sportler bestreitet und der Vorgang bereits Juristenfutter abgegeben hat, verziehenen sich nach den seit einiger Zeit kursierenden Anschuldigungen die entsprechenden, düsteren Wolken über dem Star doch nicht. Im Gegenteil. In den letzten Tagen hat die Geschichte neue Dimensionen erlangt. Der investigative Tennis-Journalist Ben Rothenberg hat die Umstände des Falles neu recherchiert. Das Ergebnis der Abklärungen gereicht Alexander Zverev nicht gerade zum Vorteil. Es spaltet zudem die Tennis-Szene. So hat nun die Vereinigung der Professional-Tennisspieler (ATP) eine Untersuchung des Vorgangs angehoben; was einigermassen speziell ist, weil es hier immerhin um die Privat- und wohl auch Intimsphäre des Tennisspieles (und seiner damaligen Partnerin) geht, die von einer privaten Organisation durchleuchtet werden soll. Affaire à suivre also auch hier. Für Alexander Zverev gilt die Unschuldsvermutung.

Sportler in der Realwelt und im Parallel-Dasein

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(causasportnews / red / 29. September 2021) Kein Zweifel: Sportlerinnen und Sportler leben durchwegs in zwei Welten. In der realen Welt, von der zu sprechen ist, wenn etwa Fussballspieler in den Stadien gegen Bälle treten. Sie lassen uns Normal-Sterbliche direkt an dieser Real-Welt teilhaben. Aber auch an der Welt in «Blasen», in der sie oft leben. Früher über die klassischen, heute über die neuen Medien. Insbesondere im Fussball manifestiert sich die Entwicklung in der schönen, digitalen Welt; im Parallel-Dasein. Das Beispiel der sog. «Spielerfrauen» etwa ist bekannt. Die begehrten Schönen und Reichen vom Fussballplatz umgaben sich früher insbesondere mit Friseurinnen und Kellnerinnen, jedenfalls mit den Attraktivsten. Der Begriff «Spielerfrauen» war immer heterogen besetzt und bilden seit jeher nicht nur positive «Assets» bekannter und berühmter Fussballspieler (vgl. dazu auch causasportnews vom 5. Januar 2018). Heute finden sich vor allem Models und Influencerinnen an den Seiten der Wohlstandskicker; Friseurinnen und Kellnerinnen haben in diesen Funktionen weitgehend ausgedient. Diese nutzen ihre Positionen und den Bekanntheitsgrad, den sie dank ihrer Verbindung, oft soll es Freundschaft oder sogar Liebe sein, mit Sportlern erreichen, für ihre digitalen Aktivitäten. So bleibt wenig Raum für Privates oder sogar Intimes. Doch auch diesbezüglich verschiebt sich die Grenze immer mehr in Richtung Öffentlichkeit. Je mehr Intimes und Privates letztlich, desto höher der Bekanntheitsgrad der Betroffenen in der Öffentlichkeit. Die Hemmschwellen sinken ständig, und wer meint, diese Grenze nach unten sei nun erreicht, wird etwa durch die alternde Heidi Klum eines Besseren, bzw. eines Schlechteren belehrt. Quotenmache durch Peinlichkeiten nennt sich dann dieser Vorgang. Von den weitgehend in Blasen lebenden Sportlerinnen und Sportler wird auch vieles bekannt (etwa, wenn die grosse oder vermeintliche Liebe zu Ende geht), was vorzugsweise unter Verschluss geblieben wäre. So etwa in der «Causa Jérôme Boateng». Der soeben 33 Jahre alt gewordene Star-Kicker Jérôme Boateng, welcher derzeit bei Olympique Lyon (vorher zehn Jahre beim FC Bayern München) unter Vertrag steht, ist soeben vom Amtsgericht München u.a. wegen Körperverletzung an einer früheren Freundin mit 1,8 Millionen Euro bestraft worden. Der zweifelsfrei begnadete Spieler hat sein polysportives Talent offensichtlich zu exzessiv zur Entfaltung bringen wollen. Der Fall geht in die Berufung; für den Spieler gilt die Unschuldsvermutung. Im Vorfeld des Prozesses in München verbreitete das Magazin «Der Spiegel» (21. August 2021) eine Story, in welcher der Star als Mensch schlecht wegkommt. Es wird dargestellt, welche indifferente Persönlichkeit dieser Fussballspieler sei, und wie es irgendwie um die offenbare Mitschuld des Kickers an der Selbsttötung des Models Kasia Lenhardt bestellt sei. Die Mutter der tragisch verstorbenen jungen Frau hat sich dem «Spiegel» geöffnet und sucht auf diese Weise nach Schuldigen nach dem tragischen Ende der offenbar toxischen Beziehung des berühmten Fussballers mit dem Model. Die Geschichte im Magazin zeigt eine Parallel-Welt der Prominenten auf, die mit den Medien hochfahren und von diesen auch wieder in den Abgrund geschickt werden. Konkret an der alles andere als klaren Geschichte (der «Spiegel» scheint aus dem «Fall Claas Relotius» nicht viel gelernt zu haben) geht es auch um ein Sittenbild des modernen Journalismus’, der letztlich vom Konkurrenz- und Wirtschaftsdenken geprägt wird (in der «Causa Boateng / Lenhardt» bildet der Prestige-Kampf zwischen dem «Spiegel» und der «BILD»-Zeitung ein Hintergrund). In das selbe Kapitel gehört die Story ohne Sportbezug im neusten «Spiegel» (25.9.2021). Da malt die Podcasterin Ines Anioli ein düsteres Bild vom Comedian Luke Mockridge. Vergewaltigungsvorwürfe und andere unglaublichen Dinge stehen im Raum. Für den Comedian gilt die Unschuldsvermutung. Dieser neuste Fall aus der Entertainment-Szene manifestiert, dass sich die Beteiligten auch nach dem Ende von Promi-Beziehungen durchaus in den Medien halten können. «Schlammschlachten» interessieren immer, je widerlicher desto verwertbarer. Diesem wirtschaftlichen Diktat hat sich auch der «Spiegel», der sonst stets die Moralkeule zu schwingen pflegt, unterworfen.

Glücklicherweise gibt es noch Ereignisse aus der «Promi-Welt», die an althergebrachte, mediale Gepflogenheiten anknüpfen. Die klassische «Regenbogen-Presse» gab sich kürzlich im Berner Oberland ein Stelldichein, als Alana Netzer, die Tochter der Fussball-Legende Günter Netzer, mit dem Sänger Sebastian Bürgin, mit Künstlernamen «Baschi», in Lauenen vor den Traualtar trat. Danach wurde im Hotel «Palace» in Gstaad gefeiert. Tausende von Fotos, für die Ewigkeit gedacht und veröffentlicht in den einschlägigen Magazinen, belegen, was wahre Liebe und Eheglück bedeuten…

Der kaum bemerkte Tod eines ehemaligen Sportlers

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(causasportnews / red. / 29. Mai 2021) Mit den Sportlerinnen und Sportlern ist es nicht anders als mit «normal Sterblichen»: Sie gehen in der Regel, trotz besonderer, früherer Erfolge, meistens leise und ohne Aufsehen. Nur wer früh stirbt, möglichst bei der Sportausübung, sorgt für Schlagzeilen und Betroffenheit. So ist es allerdings auch etwa bei jung ablebenden Menschen: Diese füllen bei den Abdankungen immer die sonst leer gewordenen Kirchen.

Es war den Medien nur eine Randnotiz wert, dass vor einigen Tagen ein bekannter, ehemaliger Sportler und noch bekannterer, späterer Sport-Funktionär, Max Mosley, im Alter von 81 Jahren verstorben ist. Der gelernte Jurist und Physiker aus London war in seinen Jugendjahren ein zwar durchschnittlicher Automobil-Sportler und später langjähriger Präsident des Internationalen Automobilsport-Verbandes (FIA; Fédération Internationale de l’Automobilisme) mit Sitz an vornehmster Adresse (Place de la Concorde) in Paris. Die Verdienste des Funktionärs für den Motorsport sind unbestritten. Als FIA-Präsident kämpfte Max Mosley permanent für mehr Sicherheit in dieser Sportart, die nicht nur aus ökologischen Gründen immer grösserem Druck ausgesetzt war und teils immer noch ist. Mit seinem langjährigen Mit-Streiter, dem bald 91jährigen Bernie Ecclestone, machte der smarte Brite insbesondere aus der Formel 1 ein Milliarden-Unternehmen. Sowohl die FIA als auch der aktuelle Präsident des Weltverbandes, der ehemalige Ferrari-Teamchef Jean Todt, würdigten in ersten Stellungnahmen nach dem Bekanntwerden des Todes von Max Mosley dessen Vermächtnis für Sicherheit im Motorsport, das «Generationen überdauern» werde sowie dessen bedeutende Persönlichkeit.

Diese Persönlichkeit von Max Mosley darf aber auch durchaus als schillernd gewertet werden. Als Sohn des Gründers der faschistischen Partei Grossbritanniens, Sir Oswald Mosley, stand er wegen seiner Herkunft und seinem familiären Umfeld immer wieder in der Kritik; «Sippenhaftung» existiert eben auch auf der Insel. Schlagzeilen machte Max Mosley vor etwas mehr als zehn Jahren, als Bilder einer Sexparty mit dem Londoner Geschäftsmann veröffentlicht wurden. Gegen Print- und elektronische Medien nahm Max Mosley danach einen Kampf insbesondere gegen die Medien in aller Welt auf und stritt aussergerichtlich und gerichtlich für sein Recht auf Privatsphäre. Diese juristischen Interventionen, vor allem unterstützt von der renommierten Medienanwältin Tanja Irion aus Hamburg, gestaltete Max Mosley sehr erfolgreich. Die juristischen Auseinandersetzungen mit den Medien kosteten den Briten zwar einiges an Geld, obwohl er diese Auseinandersetzungen recht erfolgreich führte, doch Geld war im Leben des Max Mosley nie ein Problem: Davon besass er genug, wie er einmal salopp gesagt haben soll, als er auf die Rechtskosten im Kampf um seine Privatsphäre angesprochen wurde. Nun hat eine Krebserkrankung einem bewegten und spannenden Leben ein rasches Ende gesetzt – kaum bemerkt von der Sportöffentlichkeit.

Internet-Verluderung wird zur Chefsache

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(causasportnews / red. / 7. März 2021) Das Internet und die «neuen Medien» bieten ungeahnte, neue Möglichkeiten. Sie sind jedoch auch dazu angetan, die Hemmschwellen sinken zu lassen und der Kommunikations-Verluderung unter den Menschen Vorschub zu leisten. Insbesondere Prominente jeglicher Schattierung und Herkunft bekommen die neuen Möglichkeiten und Auswirkungen dieser «neuen Medien» zu spüren; Cybermobbing und Hass verbreiten sich weit schneller als das «Corona»-Virus (vgl. dazu causasportnews vom 27. Februar 2021). Betroffen sind vor allem auch Sportlerinnen und Sportler, die auf diesem Wege meistens nicht gelobt, sondern immer mehr gescholten, gebasht und beschimpft werden; wobei das nicht angeht, auch wenn manche Akteurinnen und Akteure diesem Treiben Vorschub leisten und vor allem bei Mitmenschen mit bescheidenem Geiste dann und wann provozierend ankommen. Der Deutsche Fussball-Nationalspieler Toni Kroos gehört zu diesen Zeitgenossen, welche die Negativ-Auswirkungen der neuen Kummunikationsmittel zu spüren bekommen. Im Zusammenhang mit Äusserungen zu Mesut Özil nach der Fussball-WM-Endrunde in Russland soll der Weltmeister von 2014 schon mal als «Nazi» und vielsagend als «blond mit blauen Augen», diskreditiert worden sein, wie die Tageszeitung «Die Welt» berichtet.

Der Kampf gegen die Hatz im Internet ist nun vom Deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zur Chefsache erklärt worden. Ausgiebig hat er sich gemäss «Die Welt» mit dem in Bedrängnis geratenen Toni Kroos ausgetauscht. Der Fussballspieler tritt dafür ein, dass sich im Internet nur noch artikulieren darf, wer unter korrektem Namen und authentischem Profil aufzutreten bereit ist; es müsse nachvollziehbar sein, wer im Netz aktiv sei und Beiträge verfasse. Der Bundespräsident spricht sich ebenfalls dafür aus, dass künftig und umgehend die Anonymität in diesem Umfeld verhindert wird. Auf drei Ebenen sieht das 65jährige Staatsoberhaupt Handlungsbedarf: Die Politik sei gefordert. Die Gesetzgebung im Kampf gegen Hass und Hetze im Internet müsse intensiviert werden. Frank-Walter Steinmeier sieht zudem, dass die Netzbetreiber in die Verantwortung miteinbezogen werden müssten. Letztlich müssten aber auch die User stärker zum Thema werden. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass Hetzer und Hasser in der Mehrheit seien.

Die Aktivitäten in den «neuen Medien» scheinen in letzter Zeit beängstigende, depremierende und geradezu alarmierende Formen angenommen zu haben. Das kann auch mit den Restriktionen und den Einschränkungen der Menschen im Zusammenhang mit «Corona» begründet werden. Aus dem anonymen Homeoffice lässt sich besser schimpfen, mobben und hetzen als im Rahmen einer strukturierten Betriebsorganisation. Das mag zwar niemand eingestehen, denn alles, was der momentanen Glorifizierung des Systems «Homeoffice» schaden könnte, bildet ein gesellschaftliches Tabu.

Die Tragödie um Michael Schumacher geht weiter

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Medienspekulation: Geht es wirklich aufwärts? (FREIZEIT SPASS vom 24. 12.2019)

(causasportnews / red. / 29. Dezember 2019) Heute vor sechs Jahren erlitt der erfolgreichste Formel 1-Fahrer aller Zeiten, Michael Schumacher, einen Unfall, der zur Tragödie wurde. Im französischen Méribel stürzte er auf einer Skipiste derart unglücklich, dass er ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt. Seither ist vom ehemaligen Ausnahme-Sportler in der Öffentlichkeit weder etwas zu sehen noch zu hören. Der Deutsche mit Wohnsitz am Genfersee in der Schweiz, der am 3. Januar 2020 sein 50. Lebensjahr beendet, wird von seinem privaten Umfeld abgeschirmt, was immer wieder zu Spekulationen über seinen Gesundheitszustand Anlass gibt. Es wäre indessen eine gewagte Spekulation zu behaupten, Michael Schumacher gehe es inzwischen besser, auch wenn sich das nicht nur die Sportwelt sehnlichst wünschen würde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Folgen der beim Skiunfall in den Alpen erlittenen Verletzungen eher nicht zu Optimismus berechtigen.

Die ungewisse Situation um die „absolute Person der Zeitgeschichte“ Michal Schumacher (vgl. dazu etwa causasportnews vom 29. Dezember 2018) animiert insbesondere die Regenbogenpresse jeweils um das Unfalldatum herum, auflagefördernde Spekulationen zu verbreiten. So auch jetzt wieder. Als Blickfang an den Kiosken war am 24. Dezember 2019 etwa das Heft „FREIZEIT SPASS“ ausgelegt – mit einem alten Bild von Michael Schumacher und seiner Frau auf der Titelseite, alles garniert mit der die Hoffnung nährenden Überschrift: „Michael Schumacher – Endlich geht’s bergauf“. Gemäss Artiklel-Inhalt beruft sich das Heft bezüglich der vermeldeten Neuigkeit auf den langjährigen Renn-Intimus von Michael Schumacher im Ferrari-Rennstall, Jean Todt. Dieser soll sich in dieser Hinsicht geäussert haben, die Entwicklung im Heilungsprozess verlaufe gut, und: „Ich hoffe, dass wir eines Tages zu einem Grand Prix gehen können.“. Das verleitet das Magazin zur erwähnten Konklusion, vermeldet auf der Titelseite.- Es ist bekannt, dass die Familie Schumacher insbesondere gegen Persönlichkeitsverletzungen des Verunfallten durch die Medien konsequent vorgeht. Aktuell dürften Prozesschancen gegen das erwähnte Blatt im konkreten Fall als nicht allzu gross eingeschätzt werden. Die pressemässigen Aktivitäten um den „Fall Schumacher“ sind teils eher als mediale Tragödie innerhalb der Gesamt-Tragödie um den ehemaligen Rekord-Titelhalter zu werten. Die traurige Geschichte um Michael Schumacher dürfte nicht allzu rasch ausgestanden sein.

Höhen, Tiefen und Dramen um eine Sport-Legende

(causasportnews / red. / 25. Juli 2019) Schon die Disziplin ist dazu angetan, Stoff für Dramen, Niedergänge und Highlights abzugeben; etwas, was die Menschen immer wieder fasziniert. Zum einen abstösst und zum andern bewegt und berührt. Aber kaum jemanden „kalt“ lässt. Boxen hat seit jeher Künstler und Literaten animiert – und „Otto Normalverbraucher“ in den Bann gezogen. Seit Deutschland die guten Preisboxer ausgegangen sind und an Samstagabenden keine Kämpfe mehr von Publikumslieblingen zu sehen sind, stellt sich die Nation durchwegs die Sinnfrage, frei nach Loriot: Ein Leben – oder ein Samstagabend – ohne Boxen ist möglich, aber sinnlos. In andern Ländern wird diese Sport-Sparte kaum mehr wahr-, geschweige denn ernst genommen. Höchstens in den USA, wo der Drang zur Einfachheit der Verhältnisse durchwegs sichtbar wird – nicht nur im Sport, ist das Boxen noch ein Thema. Ebenso in der „Neuen Zürcher Zeitung“, welche auch heute noch vor allem über die internationale Boxszene schreibt wie zu den Zeiten, als der ehemalige Boxer, von dem gleich die Rede sein soll, geboren wurde, und damit der überalterten Leserschaft gerecht wird.

Boxen sorgte in der Schweiz vor ein paar Tagen für Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass eine markante Box-Persönlichkeit, der 56jährige Enrico Scacchia, einem Krebsleiden erlag. Der Berner war eine schillernde Figur innerhalb und ausserhalb des Sportes. Er sah gut aus, lebte sein Leben unkonventionell, wurde im Sport jedoch nie ein ganz „Grosser“, aber arbeitete konsequent an diesem Ziel – und erreichte es nicht. Eine gewisse Selbstüberschätzung war Teil dieser trotz allem sympathischen Persönlichkeit.

Enrico Scacchias Wille war stärker als die Ratio, als ihm der Schweizerische Boxverband vor rund 25 Jahren die Wettkampflizenz aus medizinischen Gründen verweigerte. Trotz einer diagnostizierten Schädigung des Gehirns erblickte Enrico Scacchia in der Lizenzverweigerung eine unakzeptable Persönlichkeitsverletzung. Der Berner Appellationshof versetzte dem Boxer den juristischen KO-Schlag und befand, dass aus Gründen des gesundheitlichen Schutzes mit der Verweigerung der Kampflizenz von einer gerechtfertigten Persönlichkeitsverletzung ausgegangen werden müsse (Art. 28 Abs. 2 ZGB; vgl. dazu auch Urs Scherrer / Remus Muresan / Kai Ludwig, Sportrecht, Eine Begriffserläuterung, 3. Aufl., 2014, 279). Enrico Scacchia sorgte also nicht nur in seiner Sportart für Aufsehen, sondern war auch dafür verantwortlich, dass sich ein zweitinstanzliches Zivilgericht (Urteil des Appellationshofes Bern vom 18. April 1995; 774/III/94) mit dieser delikaten, persönlichkeitsrechtlichen Problematik zu befassen hatte (vgl. dazu auch den ähnlich gelagerten Fall des deutschen Box-Veterans Andreas Sidon; Causa Sport, 2013, 212 ff.).