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Chancenlose Rechtsausleger am Landgericht Köln in der „Causa Sturm“

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(causasportnews / red. / 2. Mai 2020) Das war die wohl schmerzhafteste Niederlage, die der 41jährige Boxer Adnan Catic, alias „Felix Sturm“, in seinem Leben einstecken musste. Sinnigerweise nicht im Ring, in dem er meist eine gute Figur machte und sich bis zum Weltmeister hochboxte. Es war das Landgericht Köln, das eine der Kultfiguren des Deutschen Boxsports auf die Bretter schickte: Für drei Jahre soll der Top-Sportler, der sich einen Deutschen Aliasnamen zugelegt hat, wahrscheinlich um die Akzeptanz bei den box-verrückten Deutschen zu erhöhen, ins Gefängnis, falls das am letzten Apriltag dieses Jahres vom Kölner Landgericht gefällte Urteil rechtskräftig wird. Mit Bewährungsanträgen kamen die Rechtsausleger (Anwälte) des Boxers in Köln nicht durch. Es kam auch einiges zusammen, was Felix Sturm zur Last gelegt wurde und wofür er nun verurteilt worden ist. Es ging um massive Steuerhinterziehungen, einen Verstoss gegen das Anti-Doping-Gesetz von 2015 und um vorsätzliche Körperverletzung. Letztere hatte Felix Sturm nach Überzeugung des Gerichts in einem WM-Kampf 2016 begangen. Boxer nehmen es zumindest in Kauf, dass sie ihre Gegner (schwer) verletzen. Diese Handlungen erfüllen zwar die entsprechenden Tatbestände, jedoch gelten sie als gerechtfertigt und somit nicht als widerrechtlich, weil Boxer, die sich verprügeln und verletzen, grundsätzlich in diese Tathandlungen einwilligen (dabei wird von der sog. „Einwilligung des Verletzten in die schädigende Handlung“ gesprochen). Nun gab der ehemalige Weltmeister jedoch nach seinem WM-Kampf im Februar 2016 eine positive Dopingprobe ab (vgl. auch causasportnews vom 14. Dezember 2018 und vom 14. April 2019). Das Gericht vertrat gemäss erster Urteilsbegründung die Auffassung, dass der Gegner eines gedopten Boxers nicht in schädigende Handlungen einwilligen würde, falls der dopende Athlet unfair die eigene Leistungsfähigkeit manipuliert habe. Die schädigende Handlung sei also als rechtswidrig zu qualifizieren. Dieser Punkt der gerichtlichen Entscheidung ist mit Spannung erwartet worden. Die nun entsprechend dargelegte, richterliche Ansicht war indessen alles andere als eine Überraschung.

Mehr als nur ein „Bonmot“: „Wo laufen sie denn?“

(causasportnews / red. / 22. April 2019) Das aktuelle Heft von „Causa Sport“ (1/19) befasst sich nicht nur mit dem derzeitigen Stand bezüglich des „Brexit“, der auch auf den organisierten Sport Auswirkungen haben wird – falls er dereinst überhaupt Tatsache werden wird (vgl. auch causasportnews vom 11. April 2019). Nach der sonderbaren Wende im „Fall Felix Sturm“ vor einigen Tagen ist die strafrechtliche Beurteilung der Folgen des Dopingvergehens des Athleten von besonderer Brisanz (Einwilligung bei Körperverletzungen durch gedopte Sportler, beleuchtet von Dr. Niklas Korff; causasportnews vom 14. April 2019).- Mit Beginn dieses Jahres hat auch der „CAS-Code“ Änderungen erfahren, die in einem Beitrag von Dr. Rafael Brägger aufgezeigt werden.- Breiten Raum nimmt der „Fall SV Waldhof Mannheim 07“ ein. Insbesondere ist die Kostentragung in diesem Rechtsstreit zwischen dem Verein und dem Deutschen Fussball-Bund (DFB) von zentraler Bedeutung. Der entsprechende Beschluss des Landgerichts Frankfurt a. M. wird von Prof. Hans-Georg Kamann und Christian Schwedler kommentiert.- Pokern boomt – und mit dieser Tätigkeit werden etwa auch diverse, steuerliche Aspekte manifest; diese werden im Zusammenhang mit der Besteuerung von Gewinnen von der Wiener Steuerexpertin Dr. Stephanie Nathalie Novosel mit Blick auf Österreich, Deutschland und die Schweiz aufgezeigt.- Im Zusammenhang mit den Vorgängen im Weltfussball richtet sich der Fokus u.a. nach Lausanne, dem Sitz des Schweizerischen Bundesgerichtes. Dieses hatte über die Entsiegelung von Akten zu befinden und wies eine Beschwerde des ehemaligen FIFA-Generalsekretärs ab.- Ein zwischenzeitlich ebenfalls vom Schweizerischen Bundesgericht bestätigter Entscheid des Zürcher Obergerichts in einem Hundehalter-Haftungsfall hat den immer mehr in den Hintergrund gedrängten Rechtsgrundsatz „casus sentit dominus“ (den Schaden hat man grundsätzlich selber zu tragen) zum Gegenstand.- Geradezu ein „Sittenbild“ des Skisprung-Sportes vermittelt der tragische Unfall des 2016 in Bad Mitterndorf schwer verunfallten Skispringers Lukas Müller.- Kartellrechtliche Fragen stellen sich immer wieder im Zusammenhang mit der Ausstrahlung der UEFA Champions League. Mit diesem Themenbereich und insbesondere dem Schwerpunkt „Zentralvermarktung“ befasst sich Prof. Peter W. Heermann.- Die neuste Ausgabe von „Causa Sport“ illustriert, dass auch im Sport vieles im Fluss ist und es nicht immer einfach ist, Tendenzen zu erkennen und Entwicklungen vorauszusehen. Der Cover des neuen Heftes ist deshalb durchaus signifikant und mehr als nur ein „Bonmot“: „Wo laufen sie denn?“.

„Causa Sport“: www.causasport.org

Sonderbares um das Strafverfahren gegen Felix Sturm

(causasportnews / red. / 14. April 2019) Eigenartige Vorkommnisse gibt es immer wieder im Zusammenhang mit dem Boxsport festzustellen. Sonderbares ist nun auch im Zusammenhang mit der Anklage sowie der Verfahrenszulassung gegen den Boxer Felix Sturm zu vermelden. Auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft hin hat das Oberlandesgericht Köln entschieden (Beschluss vom 4. April 2019; Az. 2 Ws 122/19), dass ein hinreichender Tatverdacht gegen den Boxer bestehe, sich der vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 Strafgesetzbuch, StGB) schuldig gemacht zu haben, wobei selbstverständlich die Unschuldsvermutung bestehe; ein Verstoss gegen das Anti-Doping-Gesetz erblickt das Oberlandesgericht nicht. Die zuständige Strafkammer am Landgericht Köln hat im Januar die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, dies mit der (gemessen am nun bekanntgegebenen Beschluss gegenteiligen) Begründung, es bestehe kein hinreichender Tatverdacht (vgl. causasportnews vom 29. Januar 2019). Das Verfahren gegen Felix Sturm soll nun von einer anderen Strafkammer des Landgerichts eröffnet und geführt werden. Dass sich die Öffentlichkeit bei derartig konträren Meinungen von Gerichtsinstanzen einigermassen verwundert die Augen reibt, ist verständlich. Die nun korrigierte Entscheidung des Landgerichts vom Januar mutet zumindest speziell an.

Der Boxer wurde nach einem Kampf im Jahr 2016 positiv auf die Verwendung des auf der Dopingliste figurierenden Mittels Stanozolol getestet. Es stellt sich nun im bevorstehenden Verfahren am Landgericht Köln die zentrale Frage, ob (als Rechtfertigungsgrund im Boxsport) bei solchen Konstellationen mit der Kampfaufnahme eine Einwilligung des Gegners zu erblicken sei. Ein Boxer willigt mit der Teilnahme am Kampf – zumindest konkludent – darin ein, im Verlaufe des Kampfes unter Umständen nach Schlägen verletzt zu werden. Diese sog. Einwilligung des Verletzten in schädigende Handlungen erstreckt sich nach allgemeiner Rechtsauffassung nur auf solche Verletzungen, die bei regelkonformem Verhalten des Gegners üblich und zu erwarten sind. Mit der Aufnahme des Kampfes willigt ein Gegner zweifelsfrei nicht ein, sich mit einem gedopten Kontrahenten im wahrsten Sinne des Wortes herumschlagen zu müssen. Doping gilt als schwere Missachtung anerkannter Sportregeln und der sportlichen Fairness. Das Gericht wird sich in rechtlicher Hinsicht nun vor allem mit dieser strafrechtlich vordergründigen Einwilligungsproblematik auseinander zu setzen haben (vgl. zur ganzen Thematik um die „Causa Sturm“ auch den Aufsatz von Dr. Niklas Korff, Hamburg, Keine Einwilligung bei Körperverletzungen durch gedopte Kampf-Sportler, in: „Causa Sport“ 1/2019, 45 ff.).