Archiv für den Monat Juni 2024

Wie sich die Schweiz einen Olympiasieger machen möchte

causasportnews / Nr. 1153/06/2024, 23. Juni 2024

Photo by Alex wolf mx on Pexels.com

causasportnews / red. / 23. Juni 2024) Die Fussball-Europameisterschaft in Deutschland hat die (Sport-)Welt, zumindest auf dem Kontinent, voll im Griff. Dennoch wird der Fokus nach vorne gerichtet und bereits der nächste Grossanlass, der in diesem Jahr stattfindet wird, ins Auge gefasst: Die Olympischen Sommerspiele, die vom 26. Juli bis am 11. August 2024 in Paris durchgeführt werden. Wer wird in welchen Sportarten Olympiasiegerin oder Olympiasieger werden? – Das ist die zentrale Frage. Aber auch: Wie könnte man sich z.B. einen Olympiasieger machen, wenn es Mensch und Material sonst nicht zulassen? Die Thematik beschäftigt und bewegt derzeit die Schweiz.
Da hält sich seit ungefähr fünf Jahren Dominic Lobalu, ein bald 26jähriger Flüchtling aus dem Südsudan, in der Schweiz auf und erbringt sportliche Leistungen, die Appetit auf mehr wecken. Der Ausnahmeathlet hat an den kürzlich zu Ende gegangenen Leichtathletik-Europameisterschaften in Rom überlegen die Goldmedaille im 10 000 Meter-Lauf gewonnen. Zuvor lief er sich im 5000 Meter-Rennen warm und holte Bronze. Alles für die Schweiz natürlich. Einen Monat vor den Wettkämpfen in Rom erhielt Dominic Lobalu die Startberechtigung und die Erlaubnis, um in Rom für die Schweiz starten zu können. Der Leichtathletik-Weltverband (World Athletics) erachtete es als unproblematisch, dem Leichtathleten die Starterlaubnis für die Schweiz mit Blick auf die Europameisterschaften zu erteilen, was auch sportrechtlich nicht zu beanstanden war. Die Schweiz bekam nach den Erfolgen des Athleten in Rom Lust auf mehr und wurde beim Internationalen Olympischen Komitee (IOK) vorstellig, um dem in der Schweiz gut integrierten Südsudanesen nun auch einen Start für die Schweiz an den Olympischen Spielen zu ermöglichen. Für ein kleines Land, das nicht als Leichtathletik-Hochburg bekannt ist, wachsen potentielle Olympiasiegerinnen und -sieger nicht gerade an den Bäumen; die Medaillen-Aussichten von Athletinnen und Athleten in dieser Sportart sind aus Optik der Schweiz eher bescheiden. Da kam Dominic Lobalu gerade recht, um für Paris Schweizer Medaillen-Hoffnungen in der Leichtathletik zu schüren. Es wurde ein Gesuch an das Internationale Olympische Komitee (IOK) in Lausanne gerichtet, um den Flüchtling aus dem Südsudan für die Schweiz starten zu lassen. Doch das IOK wies das Ansinnen zurück und untersagte den Start des Athleten in Paris als Staaten-Vertreter der Schweiz mit der Begründung, die Teilnahme eines Athleten an den Spielen sei an den Nationalitäts-Status geknüpft (die Nomination der Sportlerinnen und Sportler für Olympia erfolgt durch die Nationalen Olympischen Komitees und nicht durch die Internationalen Fachverbände), was bedeute, dass der aus Südsudan geflüchtete Top-Sportler die Schweizerische Staatsbürgerschaft schlicht und ergreifend nicht besitze, es also an einem nationales Anknüpfungskriterium fehlt. Dominic Lobalu könne zwar gemäss nationaler Rechtsordnung dereinst den Schweizer Pass erwerben, doch im Moment unterstehe er dem Flüchtlings-Status. Der Versuch der Schweiz, sich mit einem Sondergesuch vielleicht eine Leichtathletik-Goldmedaille an den Sommerspielen an der Seine zu sichern, scheiterte veritabel. Das Wehklagen vor allem der Schweizer Medien an die Adresse des IOK, man wolle mit diesem Entscheid die Schweiz abstrafen, ihr einen Denkzettel verpassen, usw., ist natürlich blanker Unsinn, auch wenn das Verhältnis zwischen der Schweiz und dem IOK auch schon besser war. Die Funktionäre am Lac Leman konnten letztlich gar nicht anders entscheiden. Dominic Lobalu wird in der Stadt der Liebe dennoch an den Spielen antreten können, in einem «Refugee Team», was für die Schweiz allerdings keine Olympischen Lorbeer-Siegeskränze bringt. Ein Olympiasieger Dominic Lobalu würde also nicht als Repräsentant der Schweiz in den Olympia-Himmel eintreten, sondern als natürliche Person Dominic Lobalu. Knapp eine Woche nach Beendigung der Sommerspiele in Paris wird der hoch-talentierte Athlet am 16. August seinen 26. Geburtstag feiern. Der Schweiz wird er kein entsprechendes Geburtstagsgeschenk z.B. in Form einer Olympia-Medaille präsentieren können.

Das bittere Ende eines ehemaligen Sport-Funktionärs der Spitzenklasse

causasportnews / Nr. 1152/06/2024, 19. Juni 2024

Photo by RDNE Stock project on Pexels.com

(causasportnews / red. / 19. Juni 2024) In den 1990er-Jahren erlangte er einen besonderen Bekanntheitsgrad als Präsident der Professional-Abteilung des Schweizerischen Eishockeyverbandes, der Eishockey Nationalliga GmbH. Diese Abteilung führte er während mehr als zehn Jahren souverän und nachhaltig. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere machte der heute 75jährige Franz A. Zölch auch auf anderen Ebenen von sich reden. Er war vielumjubelter Starjurist (obwohl sein juristischer Ausbildungs-Rucksack eher nicht sehr gewichtig war), insbesondere im Bereich Medienrecht, Brigade-General (Miliz-Brigadier) der Schweizer Armee (Hauptverantwortlicher des Truppen-Informationsdienstes, TID), und auch auf dem politischen und gesellschaftlichen Parkett kam niemand am umtriebigen Hansdampf in allen gesellschaftlichen Gassen vorbei. Zusammen mit seiner damaligen Gattin, der immer noch hoch-angesehenen Berner Ex-Regierungsrätin Elisabeth Zölch, verkörperten der Spiezer Hoteliers-Sohn mit Ehefrau nicht nur in Bern und Umgebung so etwas wie das Traumpaar des helvetischen Jetsets. Was Elisabeth und vor allem Franz A. (A steht für Adolf) Zölch auch taten, wurde zum Medienthema oder zum Gegenstand von «Homestorys». Franz A. Zölch hatte sein juristisches Handwerk beim legendären Zürcher Medienrechtler und Anwalt Hans W. Kopp erlernt, dessen Frau, Elisabeth Kopp, erste Bundesrätin wurde und, weil sie ihren Mann wegen eines Klienten gewarnt hatte, unrühmlich aus der Landesregierung verjagt wurde. Franz A. Zölch verhedderte sich letztlich im Medien-Dickicht. In seiner Situation fuhren die Medien mit Franz A. Zölch hoch, und fuhren mit ihm auch wieder hinunter. Irgendwann, nach dem der Ex-Eishockey-Funktionär sein Präsidentenamt abgegeben hatte, muss etwas Gravierendes vorgefallen sein. Offenbar, so die Gerüchteküche, hatte der joviale und vertrauenerweckende Berner Oberländer, in seiner Medienrechts-Kanzlei einen potenten Klienten verloren; das Geld wurde knapp und knapper. So ging es dann bergab. Franz A. Zölch bewegte sich immer mehr in Richtung «Schuldenfallen». Letztlich wurde gemutmasst, der von ihm angehäufte Schuldenberg sei im Bereich von zehn Millionen Franken anzusiedeln. In dieser wirtschaftlich elenden Situation soll der ehemalige Starjurist und anerkannte, erfolgreiche Ex-Eishockey-Präsident, der gesellschaftlich längst erledigt war, begonnen haben, Freunde und Bekannte anzupumpen, um dem finanziellen Elend zu entrinnen. Dumm nur, dass Franz A. Zölch offenbar nie daran dachte, die erbettelten Darlehen zurückzuzahlen. Der im 76. Lebensjahr stehende, ehemalige prominente Erfolgsmann wurde 2022 rechtskräftig wegen mehrfachen Betrugs verurteilt und mit 4 Jahren und 5 Monaten Freiheitsstrafe sanktioniert. Angeblich wegen eines Nierenleidens entzog sich Franz A. Zölch bis heute dem Strafvollzug. Die Gläubiger wirkten aktiv mit, dass der Verurteilte sich nicht definitiv der Strafe würde entziehen können. Geschädigte versuchten, die zuständigen Behörden zu aktivieren, damit das Urteil endlich vollzogen würde. Vor dem Wohnhaus des Verurteilten positionierten sich Mahnwachen, usw. Nun hat das Bundesgericht entschieden, dass der Strafvollzug umgehend anzuordnen sei und die geltend gemachten, gesundheitlichen Argumente gegen den Vollzug der Haftstrafe nicht greifen würden. So endet die Geschichte eines ehemaligen erfolgreichen Menschen und umjubelten Ex-Sportfunktionärs nun für ein paar Jahre hinter Gittern. Die Lehre aus diesen Gegebenheiten mit bitterem Ende: Immer nur so lange Schritte unternehmen, wie es die Beinlängen zulassen…

«Wappenschutzgesetz» als traurige Lachnummer

causasportnews / Nr. 1151/06/2024, 16. Juni 2024

Photo by Corinna Widmer on Pexels.com

(causasportnews / red. / 16. Juni 2024) Die Fussball-Europameisterschaft ist im vollen Gange. Die grossen Sensationen sind in den Gruppenspielen bis jetzt ausgeblieben; Überraschungen sind jedoch einige zu vermerken. Dass Gastgeber Deutschland die Schotten gleich mit fünf Toren vom Platz fegen würde, war nicht zu erwarten. Auch die Schweiz hielt sich gegen Ungarn überraschend klar schadlos. Deutschland ist also auf dem Weg ins Finale vom 14. Juli, die Schweiz dürfte sich für das eine Achtelfinalspiel qualifizieren. Sportliche Überraschungen allseits vorbehalten. Gespannt schaut die europäische Sportwelt nun z.B. nach Düsseldorf, ob Österreich gegen Frankreich besteht…

Allgemein sind Schweizer Nationalmannschaften derzeit «à la bonne route». Erst vor kurzem unterlag das Team der Eidgenossen, im Eishockey-Jargon «Eisgenossen» genannt, dem neuen Weltmeister Tschechien erst im Finale. In den internationalen Wettkämpfen der Nationalmannschaften sind die Schweizer dennoch zu einer Sport-Grossmacht geworden.

Weil der Sport im Rahmen der Nationalmannschaften eben eine nationale Angelegenheit ist, hängen damit auch nationale Probleme und Schwierigkeiten zusammen. In der ideologisch aufgeladenen Welt mit kommunistischem und grünem Linksdrall ist der Begriff «national» bei den obgenannten Gegnerinnen und Gegnern verpönter denn je. Die Deutsche Fussball- Länderauswahl durfte gemäss einer Bier-Idee von DFB-Manager Oliver Bierhoff schliesslich nur «Die Mannschaft» (ohne «National») genannt werden. Der rührige Fussball-Ideologe und Ex-Funktionär ist längst weg und auf Stellensuche. Nun darf sich das DFB-Team auch wieder als «Deutsche Nationalmannschaft» (mit «National») zeigen und feiern lassen.

Zur nationalen Identitätskultur von Schweizer Nationalmannschafts-Sportlern gehört das Wappen mit dem Schweizer Kreuz. Dieses trugen die erfolgreichen Eishockeyspieler an der WM 2024 mit Stolz auf der Brust. Allerdings verbotenerweise. Das «Wappenschutzgesetz» (Bundesgesetz über den Schutz des Schweizer Wappens und anderer öffentlichen Zeichen vom 21. Juni 2013, in Kraft seit 2017) verbietet nämlich die kommerzielle Nutzung des Wappens (nicht aber des Kreuzes). Weil der Spitzensport bekanntlich eine wirtschaftliche Dimension aufweist, darf das Schweizer Wappen im Sport nicht verwendet werden (sondern eben lediglich das Schweizer Kreuz), bzw. darf es, falls eine Lizenz zur Nutzung (Genehmigung) hierfür erteilt wird. So kam es, dass die Eishockeyaner und Vize-Weltmeister unerlaubterweise mit dem Schweizer Wappen auf der Brust zum WM-Turnier antraten, ohne über eine Nutzungserlaubnis (Lizenz) zu verfügen. Erschwerend kam hinzu, dass es die verantwortlichen Funktionäre des Eishockey-Verbandes (Swiss Ice Hockey Federation, SIHF) mit dem ehemaligen Handball-Spitzenspieler (!) Stefan Schärer auf dem Präsidentenstuhl schlicht unterlassen hatten, rechtzeitig eine Lizenz zu beantragen. Obwohl das «Wappenschutzgesetz» an sich und auch in gesetzgeberischer Hinsicht eine eher traurige Lachnummer abgibt, wird sich an diesem Zustand kaum etwas ändern, obwohl Vorstösse von Parlamentariern kürzlich verlangt hatten, das «Wappenschutzgesetz» so anzupassen, dass Nationalmannschaften das Wappen rechtmässig und ohne Einschränkungen, auch ohne Genehmigung, verwenden dürfen. Gegen diese Lockerung legt sich derzeit vor allem die Schweizer Landesregierung ins Zeug; ungeachtet dessen, dass Mitglieder des Bundesrates immer dann präsent sind, wenn Schweizer National-Teams grosse sportliche Leistungen erbringen und diese Erfolgsplattform zur persönlichen Profilierung genutzt werden kann. So gilt weiterhin: «Ja» zum Schweizer Kreuz, «Nein» zum Schweizer Wappen auf der Wettkampfbekleidung von Nationalmannschafts-Angehörigen (an der Europameisterschaft in Deutschland treten die Schweizer nur mit dem Schweizer Kreuz auf der Spielkleidung an). Auf die Idee, im Rahmen des kommerziellen Spitzensports ein Verbot der Verwendung des Schweizer Wappens mit entschädigungsauslösendem Erlaubnisvorbehalt vorzusehen, sind weder Parlament noch Regierung gekommen. Es gibt nämlich durchaus noch Möglichkeiten, etwa im Rahmen des kommerziellen Sportes, die aus dem Lot geratene Bundeskasse mit anderen Mitteln etwas zu äufnen als nur mit Erträgen aus Steuererhöhungen…

Alexander Zverevs Achterbahn der Gefühle

causasportnews / Nr. 1150/06/2024, 11. Juni 2024

Photo by Pixabay on Pexels.com

(causasportnews / red. / 11. Juni 2024) Für einen Sportler oder eine Sportlerin gibt es nichts Schöneres als zu siegen. Der Sport ist grundsätzlich unkompliziert und sorgt für unmittelbare Klarheit – in Form von Sieg und Niederlage. Nach Beendigung eines sportlichen Wettbewerbs oder Wettkampfs steht der Sieger oder die Siegerin fest – ausgenommen, die Mühlen der Sportjustiz kommen noch zum Zuge. Auch dieser Umstand wird «Verlängerung» genannt. Im täglichen Leben ist oft alles viel schwieriger. Vieles kann lange bis ewig dauern, und ebenso vieles bleibt am Ende unklar, anders als im Sport.
Der Tennis-Star Alexander Zverev erlebte in dieser Hinsicht in den letzten Tagen eine umgekehrte Konstellation im Spannungsfeld von Sport und profaner Realität, welche ihm eine Achterbahn der Gefühle bescherte.
Der 27jährig Deutsche verlor am Wochenende das Finalspiel beim Prestige-Turnier French Open auf nicht zwingende Weise. Statt Carlos Alcaraz hätte der Sieger auch … Alexander Zverev heissen können. Das Glück war dem gross-gewachsenen Tennis-Helden jedoch nicht hold. Es war letztlich so, dass der Olympiasieger in der Tat kein Glück hatte – und dann noch Pech dazu kam, wie dies einst der ehemalige, heute 60jährige Fussballspieler Jürgen Wegmann bei einer ähnlichen Situation auf den Punkt brachte. Soweit die sportliche Seite mit Bezug auf Alexander Zverev.
Gleichzeitig zum Turnier in Paris hatte der Hamburger eine private «Baustelle» am Amtsgericht Berlin-Tiergarten aufzuräumen. Es ging um häusliche Gewalt zum Nachteil einer Ex-Freundin. Deswegen wurde gegen den Tennis-Professional 2023 ein Strafbefehl in der Höhe von 450 000 Euro erlassen. Dagegen legte Alexander Zverev Widerspruch ein. Ein paar Tage vor dem Finalspiel in Paris stellte das Amtsgericht in Berlin den Prozess ein und hob den Strafbefehl auf. Alle Parteien stimmten letztlich dieser Einstellung des Verfahrens nach langer Verfahrensdauer zu, nachdem die Anschuldigungen der Ex-Freundin wegen Widersprüchen in sich zusammen fielen. Mit dieser Prozess-Einstellung und der Aufhebung des Strafbefehls von 2023 ist eine Geldauflage in der Höhe von 200 000 Euro verbunden. Ein Betrag, den Alexandr Zverev natürlich mit Leichtigkeit «stemmen» kann. Hauptsache, er ist dieses Prozessbelastung los, und es gilt für ihn selbstverständlich und definitiv die Unschuldsvermutung. Dank dieses Verfahrenserfolgs kann er die Schmach der Niederlage von Paris wegstecken. Für einmal war der Sieg neben dem Sportplatz wichtiger als der Triumph auf demselben. In diesem Sinn hätte sich der Tennisstar zweifellos entschieden, wenn er vor die Wahl gestellt worden wäre, im Gerichtssaal zu gewinnen aber auf dem Sportplatz, wenn auch unglücklich, zu verlieren.

Nahe beim Himmel: Weltliches und allzu Weltliches im Himalaya-Gebirge

causasportnews / Nr. 1149/06/2024, 9. Juni 2024

Photo by Balaji Srinivasan on Pexels.com

(causasportnews / red. / 9. Juni 2024) Je höher ein Bergsteiger steigt, desto näher fühlt er sich beim Himmel. Das gilt natürlich vor allem für die 14 höchsten Berge der Welt über 8000 Meter, von denen sich zehn im Himalaya-Gebirge befinden, u.a. auch der höchste Berg auf dem Planeten, der Mount Everest mit 8848 Metern Höhe. Himalaya bedeutet übrigens «Schneewohnstätte», was allgemein nicht wörtlich zu verstehen ist. Im Moment zeigt sich am Mount Everest der Irrsinn des kommerziellen Höhenbergsteigens, das von Reinhold Messner als dekadenter, kommerzieller Bergsteiger-Tourismus bezeichnet wird. Diese Ausdauer-Disziplin sorgt aktuell für Unverständnis und schockiert allgemein. Chaos und Stau am Prestigeberg – so schlimm war es offenbar noch nie wie jetzt am Mount Everest und auch nicht an den anderen Achttausendern. Vor allem in Gipfelnähe herrscht am Mount Everest ein unsägliches und gefährliches Gedränge. Super-GAU und Super-Stau in der Todeszone (über 8000 Meter Höhe), in der sich Bergsteigerinnen und Bergsteiger nicht allzu lange aufhalten sollten. Im Bereich des Gipfels zum höchsten Berg der Welt bewegt sich an vielen Tagen eine Bergsteiger-Kolonne; es gibt nur eine Route hinauf und eine wieder hinunter. Diverse Alpinistinnen und Alpinisten sollen sich offenbar in dieser letzten Phase der Besteigung immer rücksichtsloser, rüpelhafter und egoistischer benehmen, immer mit dem Ziel vor Augen: Hoch zum Gipfel um jeden Preis. Dabei gehen die Bergsteigerinnen und Bergsteiger, welche teils gegen viel Geld den Gipfelsturm anstreben und auf Dritthilfe (vor allem durch Sherpas) angewiesen sind, auch über Leichen, ja, sie müssen teils über Leichen gehen oder diese übersteigen. Diese sind teils seit Jahren am Berg der Berge festgefroren. Der Kampf um die Besteigung der Achttausender wird immer schlimmer. Es ist ein Abbild der realen Welt; es geht am Mount Everest und auf den anderen Achttausendern zwischenzeitlich sehr weltlich zu und her, was an sich in diesen Höhnlagen, in denen die Alpinistinnen und Alpinisten doch schon recht nahe beim Himmel sind, eher verwundert. Aber die Behörden in den Ländern, in denen sich die Berge über 8000 Meter befinden, wollen nun für Ordnung sorgen und die Exzesse am Mount Everest und an den anderen, höchsten Bergen der Welt eindämmen. Dazu gehört auch, dass möglichst viele Leichen aus der Todeszone geholt werden sollen. Die vielen ungeborgenen Toten, die sich dort teils seit Jahren befinden, sind für den Bergsport nicht gerade image-fördernd; es sollen nun möglichst viele Leichen regelrecht von den Bergen geholt und entsorgt werden. Ein weiteres, ebenfalls weltliches Entsorgungs-Problem wird derzeit intensiv angegangen; es ist angedacht, die Müllhalden rund um die Achttausender zu räumen.

Als ob es in dieser Spitzen-Bergsportszene nicht schon genügend Problem zu lösen gäbe! Nun sind gegen den Himalaja-Superstar Nirmal Purja allzu weltliche Vorwürfe erhoben worden, welche zeigen, dass gewisse Vorkommnisse auch nahe am Himmel durchaus den alltäglichen Gegebenheiten ähneln. Die 35jährige Lotta Hintsa, eine ehemalige «Miss Finnland», welche seit Jahren begeistert in der Alpinismus-Szene aktiv ist, beschuldigt den nepalesischen Bergsteiger, er habe sie in einem Hotel in Kathmandu sexuell bedrängt, sie ausgezogen und sich dann vor ihr selbst befriedigt. Eine amerikanische Ärztin wirft dem 40jährigen Nirmal Purja vor, er habe sie anlässlich einer Expedition zum «K 2» in einem Camp gegen ihren Willen geküsst und sexuell bedrängt. – Der Nepalese bestreitet die Vorwürfe; für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Die Schlüsse aus diesen Vorkommnissen: Auch im Bereich der Todeszone sowie teils darunter ist die Luft in der Bergsport-Szene oft genau so dünn wie sonst überall auf der Welt. Auch wenn alles nahe am Himmel geschieht.

Sport-Sponsoring des Rüstungskonzerns Rheinmetall AG – non olet?

causasportnews / Nr. 1148/06/2024, 5. Juni 2024

Photo by Omar Ramadan on Pexels.com

(causasportnews / red. / 5. Juni 2024) Darf sich der Sport von einem Rüstungskonzern sponsoren lassen oder ist das in jedem Fall unmoralisch? Diese Frage wird flächendeckend diskutiert, nachdem vor ein paar Tagen der Deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall AG sein Sponsoring für den Bundesligisten Borussia Dortmund bekanntgegeben hat. Und jetzt noch das: Die Düsseldorfer Waffenschmiede will nun auch noch die in finanzielle Nöte geratene Düsseldorfer EG unterstützen. Geht es um Ethik, auch im Sport-Sponsoring, steht selbstverständlich das berühmte Zitat von Bertolt Brecht im Vordergrund: «Erst das Fressen, dann die Moral». So hat es der Dramatiker und Lyriker gesehen; und so sieht er sich auch heute, bald 70 Jahr nach seinem Tod, immer wieder und wohl auch jetzt wieder bestätigt. Aktuell, wenn die ethisch Komponente des Rheinmetall-Sponsoring-Deals vor allem mit Borussia Dortmund und den Düsseldorfer Eishockeyanern flächendeckend diskutiert wird. Im Gegensatz zum Vollengagement des Rüstungskonzerns bei Borussia Dortmund ist der Einstieg von Rheinmetall bei den finanziell klammen Eishockeyandern in Düsseldorf eher als pekuniärer Support unter Nachbarn zu verstehen. Nicht ganz eine Million Euro lässt es sich der Düsseldorfer Konzern für den Eishockeyklub mit grosser Geschichte, der ebenso in Düsseldorf domiziliert ist wie die Waffenschmiede, für das Eis- und Bandenwerbung-Engagement kosten. Nach Dortmund wird Rheinmetall in den nächsten drei Jahren allerdings ein paar Millionen Euro jährlich für ein Voll-Sponsoring überweisen.

Wie immer, wenn es um «heikle» Sponsoringaktivitäten im Sport geht, prallen Ideologien und Weltanschauungen aufeinander. Dass etwa so geartete Sponsoring-Deals wie nun mit Rheinmetall nicht einfach tel quel akzeptiert werden, war vor allem in der «Causa Borussia» zu erwarten. Ebenso, dass sich im Umfeld des Fussball-Bundesligisten Widerstand formieren würde. In einer Petition fordern Klubanhänger und Fans die Rückabwicklung des Sponsoring-Vertrages mit Rheinmetall AG. Was natürlich nicht geschehen wird. Dabei wird vor allem verkannt, dass z.B. die Herstellung von Waffen eine Sache ist, deren Einsatz aber eine andere. So wird sich auch dieser Sturm legen, und falls der Widerstand gegenüber diesem Sponsor Weitrungen erfahren sollte, wird man es mit den alten Römern halten. Im Zusammenhang mit der von Kaiser Vespasian, der im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt gelebt hatte, eingeführten Latrinensteuer bildete sich das Schlagwort heraus: «pecunia non olet» (Geld stinkt nicht). So hält man es wohl auch heute noch am besten mit den alten Römern…

Weisser Rauch über der Säbener Strasse: «Heureka»! «Habemus Trainer»!

causasportnews / Nr. 1147/06/2024, 3. Juni 2024

Photo by Aliona & Pasha on Pexels.com

(causasportnes / red. / 3. Juni 2024) Endlich, endlich, ist die Sportwelt geneigt festzustellen. Der FC Bayern München hat einen neuen Trainer. Damit ist das Trauerspiel der letzten Monate beendet, als Thomas Tuchel in die Wüste geschickt wurde, es sich kein renommierter Übungsleiter antun wollte, auf dem Schleudersitz in München Platz zu nehmen, Thomas Tuchel seine Reintegration in den Münchner Verein abgelehnt hat und sich über Wochen kein Trainer fand, der diese sportliche und menschlich Strafaufgabe zu übernehmen bereit war. Unglaublich, wie sich die Zeiten ändern. Während Jahren setzte es ein gewaltiges Gerangel ab, wer den hoch-dotierten Job an der Säbener Strasse in München würde übernehmen dürfen. In den letzten Jahren wechselten die Übungsleiter praktisch im Jahrestakt, was Negativ-Spuren in jeder Hinsicht auf dem Trainermarkt hinterliess. Nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit Thomas Tuchel war in der Führungsetage der Bayern Verzweiflung und Resignation spürbar, als Kandidat um Kandidat absagte. Bis vor ein paar Tagen verkündet werden konnte, dass der neue Cheftrainer des FC Bayern München Vincent Kompany heissen würde. Vincent Kompany who? In Fachkreisen verfügt der 38jährige Belgier, der sich in München drei Jahre vertraglich absichern liess, über einen gewissen Bekanntheitsgrad. In der Öffentlichkeit kennt man den ehemaligen belgischen Internationalen, der zwar erfolgreicher Spieler bei Manchester City war, kaum; zuletzt stieg er als Trainer in England mit dem Burnley FC in die höchste Spielklasse auf, um ein Jahr später wieder abzusteigen. Trotz dieser nicht gerade berauschenden sportlichen Trainer-Meriten wird der jetzt installierte Bayern-Coach als Hoffnungsträger und Fussball-Messias gefeiert, obwohl nicht anzunehmen ist, dass der neue-verpflichtete Mann die drei Vertragsjahre bis Juni 2027 an der Isar durchstehen wird. Die Ankündigung von Vincent Kompany erinnerte etwa an den überlieferten Ausspruch «Heureka», der im Zusammenhang mit dem Mathematiker Archimedes von Syrakus getätigt worden sein soll und frei übersetzt bedeutet: «Wir haben ihn (hier gemeint den Trainer), endlich gefunden»! Das Resultat von «Zangengeburten» also. Im katholischen Bayern werden aktuell allerding eher Analogien zur Papstwahl im Vordergrund gestanden haben, wenn nach der Beendigung eines Pontifikates (Amtszeit des Papstes) nach unter Umständen einem langen Konklave über dem Vatikan weisser Rauch aufsteigt und die geglückte Papstwahl angezeigt und entsprechend und freudig verkündet wird: «Habemus Papam» (wir haben einen Papst). An der Säbener Strasse darf nun ähnlich wie nach einer erfolgten Papstwahl jubiliert werden: «Habemus Trainer»!

Übrigens ist es ein Gerücht, dass im FC Bayern München mit einer gewissen Genugtuung der Champions League-Erfolg vom Wochenende von Real Madrid über Borussia Dortmund zur Kenntnis genommen worden sei. Wie auch unlängst der Final-Erfolg in der Europa League von Atalanta Bergamo, als das Italienische Team die beste Bundesliga-Mannschaft dieser Saison, Bayer Leverkusen, besiegte…