causasportnews / Nr. 1153/06/2024, 23. Juni 2024
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causasportnews / red. / 23. Juni 2024) Die Fussball-Europameisterschaft in Deutschland hat die (Sport-)Welt, zumindest auf dem Kontinent, voll im Griff. Dennoch wird der Fokus nach vorne gerichtet und bereits der nächste Grossanlass, der in diesem Jahr stattfindet wird, ins Auge gefasst: Die Olympischen Sommerspiele, die vom 26. Juli bis am 11. August 2024 in Paris durchgeführt werden. Wer wird in welchen Sportarten Olympiasiegerin oder Olympiasieger werden? – Das ist die zentrale Frage. Aber auch: Wie könnte man sich z.B. einen Olympiasieger machen, wenn es Mensch und Material sonst nicht zulassen? Die Thematik beschäftigt und bewegt derzeit die Schweiz.
Da hält sich seit ungefähr fünf Jahren Dominic Lobalu, ein bald 26jähriger Flüchtling aus dem Südsudan, in der Schweiz auf und erbringt sportliche Leistungen, die Appetit auf mehr wecken. Der Ausnahmeathlet hat an den kürzlich zu Ende gegangenen Leichtathletik-Europameisterschaften in Rom überlegen die Goldmedaille im 10 000 Meter-Lauf gewonnen. Zuvor lief er sich im 5000 Meter-Rennen warm und holte Bronze. Alles für die Schweiz natürlich. Einen Monat vor den Wettkämpfen in Rom erhielt Dominic Lobalu die Startberechtigung und die Erlaubnis, um in Rom für die Schweiz starten zu können. Der Leichtathletik-Weltverband (World Athletics) erachtete es als unproblematisch, dem Leichtathleten die Starterlaubnis für die Schweiz mit Blick auf die Europameisterschaften zu erteilen, was auch sportrechtlich nicht zu beanstanden war. Die Schweiz bekam nach den Erfolgen des Athleten in Rom Lust auf mehr und wurde beim Internationalen Olympischen Komitee (IOK) vorstellig, um dem in der Schweiz gut integrierten Südsudanesen nun auch einen Start für die Schweiz an den Olympischen Spielen zu ermöglichen. Für ein kleines Land, das nicht als Leichtathletik-Hochburg bekannt ist, wachsen potentielle Olympiasiegerinnen und -sieger nicht gerade an den Bäumen; die Medaillen-Aussichten von Athletinnen und Athleten in dieser Sportart sind aus Optik der Schweiz eher bescheiden. Da kam Dominic Lobalu gerade recht, um für Paris Schweizer Medaillen-Hoffnungen in der Leichtathletik zu schüren. Es wurde ein Gesuch an das Internationale Olympische Komitee (IOK) in Lausanne gerichtet, um den Flüchtling aus dem Südsudan für die Schweiz starten zu lassen. Doch das IOK wies das Ansinnen zurück und untersagte den Start des Athleten in Paris als Staaten-Vertreter der Schweiz mit der Begründung, die Teilnahme eines Athleten an den Spielen sei an den Nationalitäts-Status geknüpft (die Nomination der Sportlerinnen und Sportler für Olympia erfolgt durch die Nationalen Olympischen Komitees und nicht durch die Internationalen Fachverbände), was bedeute, dass der aus Südsudan geflüchtete Top-Sportler die Schweizerische Staatsbürgerschaft schlicht und ergreifend nicht besitze, es also an einem nationales Anknüpfungskriterium fehlt. Dominic Lobalu könne zwar gemäss nationaler Rechtsordnung dereinst den Schweizer Pass erwerben, doch im Moment unterstehe er dem Flüchtlings-Status. Der Versuch der Schweiz, sich mit einem Sondergesuch vielleicht eine Leichtathletik-Goldmedaille an den Sommerspielen an der Seine zu sichern, scheiterte veritabel. Das Wehklagen vor allem der Schweizer Medien an die Adresse des IOK, man wolle mit diesem Entscheid die Schweiz abstrafen, ihr einen Denkzettel verpassen, usw., ist natürlich blanker Unsinn, auch wenn das Verhältnis zwischen der Schweiz und dem IOK auch schon besser war. Die Funktionäre am Lac Leman konnten letztlich gar nicht anders entscheiden. Dominic Lobalu wird in der Stadt der Liebe dennoch an den Spielen antreten können, in einem «Refugee Team», was für die Schweiz allerdings keine Olympischen Lorbeer-Siegeskränze bringt. Ein Olympiasieger Dominic Lobalu würde also nicht als Repräsentant der Schweiz in den Olympia-Himmel eintreten, sondern als natürliche Person Dominic Lobalu. Knapp eine Woche nach Beendigung der Sommerspiele in Paris wird der hoch-talentierte Athlet am 16. August seinen 26. Geburtstag feiern. Der Schweiz wird er kein entsprechendes Geburtstagsgeschenk z.B. in Form einer Olympia-Medaille präsentieren können.