Von „richtigen“ und vermeintlichen Doppelbürgerinnen und –bürgern

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Welcher Pass soll es denn nun sein? Offenbar kommt nicht jeder mit dem Status von „Doppelbürgern“ zurecht…

(causasportnews / red. / 18. Juli 2018) Für vier(einhalb) Jahre ist die grösste Sport-Party der Welt vorbei, bis sich das Fussball-Establishment im Winter 2022 in Katar treffen wird. Frankreich jubelt über den gewonnen Weltmeistertitel, Deutschland befindet sich immer noch immer in tiefster Depression und Russland freut sich in sympathischer Bescheidenheit über das Lob aus der ganzen Welt nach einer hervorragend organisierten und durchgeführten WM-Endrunde. In der Schweiz und in Deutschland wird wohl (auch) über den Sport gesprochen (Italien, Holland und Österreich beispielsweise sind von dieser Aufgabe dispensiert), doch noch immer wirkt ein Aspekt im Spannungsfeld von Politik und Sport nach: Die „Affäre Özil/Gündogan“ in Deutschland und die Vorkommnisse mit den „Doppeladlern“ in der Schweiz. Letztlich geht es dabei um die Frage, wie im Zeitalter genereller Völkerwanderungen Nationalitäten bzw. Staatszugehörigkeiten bestimmt werden sollen. Was ist ein „echter Deutscher“? Was ein „echter Schweizer“? Und hat man sich zu einem Land ohne Wenn und Aber zu bekennen; sind „Wurzeln“ zu vernachlässigen? Der Mainstream verlangt und gebietet, dass Wurzeln als Wurzeln kultiviert werden dürfen und müssen und letztlich auch das Doppelbürgertum sakrosankt zu sein hat. Um allen diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird deshalb von keinem Nationalspieler mehr verlangt, dass er beim Abspielen der Nationalhymne mitsingt. Wurzeln und Doppelbürgerstatus werden dabei wild vermengt, wie nun das Beispiel des Schweizer Nationalspielers Granit Xhaka zeigt. Seit dem „Doppeladler“-Vorkommnis in Russland befassen sich die unmittelbare und mittelbare (mediale) Öffentlichkeit mit der Nationalität eben dieses Spielers. Das sei nun mal die Folge dieser unsäglichen Doppelbürger-Politik, wurde moniert. Bis vor Kurzem jedenfalls. Ausgiebig und selbstverständlich emotional wurde erklärt, dass der Doppelbürger-Status von Granit Xhaka das Übel aller Integrationsprobleme sei. Der Generalsekretär des Schweizerischen Fussball-Verbandes (SFV) hat sich diesbezüglich in die sportpolitischen „Nesseln“ gesetzt und hierfür Schelte vom Verbandschef und von der Öffentlichkeit kassiert. Der „falsche“ Mann hat am „falschen“ Ort und zur „falschen“ Zeit wohl richtig gedacht und es letztlich aus sport-politischen Gründen nicht auf den Punkt bringen dürfen: Das (weltweite) Doppelbürgertum ist reine „Rosinenpickerei“ und gehört längst abgeschafft – eine Aufgabe der Politiker, die sich rege und meistens inkompetent an der Diskussion beteiligen und sich letztlich den Gesinnungs-Strömungen verpflichtet fühlen! Peinlich nun für alle Diskutanten: Granit Xhaka ist gar kein Doppelbürger, sondern einzig und alleine Schweizer mit einem Schweizer Pass… Das hat nun vor allem auch der SFV gemerkt. Auf Grund der Umstände muss davon ausgegangen werden, dass ethnische Wurzeln mit Doppelbürgertum verwechselt wurden (was etwa so wäre, wenn behauptet würde, Donald Trump – mit seinen deutschen Wurzeln – sei amerikanisch-deutscher Doppelbürger). Ist Staatspräsident Erdogan nun auch Präsident von Ilkay Gündogan und Mesut Özil (vgl. auch causasportnews vom 20. Juni 2018)? Dabei ist die Sache mit der Doppelbürger-Eigenschaft eigentlich recht simpel: Ein Doppelbürger ist schlicht eine Person, die die Staatsangehörigkeit von zwei Ländern besitzt (mitunter kann es vorkommen, dass eine Person gar drei oder noch mehr Staatsangehörigkeiten besitzt; dies ist allerdings eine äusserst seltene Konstellation). Damit ist aber freilich – eben – nichts darüber ausgesagt, wo die „Wurzeln“ der betreffenden Person liegen, und schon gar nicht, als was für ein „Bürger“ sie sich fühlt. So kann jemand z.B. einen Schweizer und einen deutschen Pass haben, jedoch in Frankreich geboren und aufgewachsen sein, so dass er oder sie sich (letztlich immer noch) als Franzose oder Französin „fühlt“. Solche Konstellationen sind schlicht die Folge einer modernen, von globaler Mobilität geprägten Welt. Von solchen Personen zu verlangen, dass sie gefälligst (nur) die Angehörigkeit desjenigen Staates annehmen (und sich am besten gerade auch dorthin zurückziehen) sollen, dem sie sich (aufgrund ihrer „Wurzeln“ oder weshalb auch immer) speziell vebunden fühlen (wie es in Bezug auf Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri im Nachgang zum „Doppeladler-Vorfall“ mitunter implizit gefordert wurde), würde einen Rückfall in längst überwundene Denkmuster aus eher dunklen Zeiten des europäischen Kontinents darstellen…

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