
Fussballstadion: Ort der Gastfreundschaft oder der Korruption?
(causasportnews / red. / 19. Juli 2018) Seit dem „Fall Utz Claassen“ – der ehemalige „EnBW“-Manager hatte zur WM-Endrunde 2006 in Deutschland Staatsbedienstete zu Fussballspielen eingeladen und sich danach mit einer Anklage wegen Vorteilsgewährung konfrontiert gesehen – ist die Brisanz von Einladungen z.B. in die VIP-Bereiche im Rahmen von Sportveranstaltungen offenkundig. Zwar wurde Utz Claassen nach durchgeführtem Prozess freigesprochen, doch die Diskussionen im Zusammenhang mit Einladungen zu Sportanlässen, nicht nur an Politiker oder Beamte, verstummten nicht mehr. Hospitality, darunter wird gemeinhin die Einladung von Geschäftspartnern zu Sportveranstaltungen verstanden, ist für Unternehmen immer noch ein wichtiges Kundenbindungsmittel und bietet eine beliebte Plattform zur Kontaktpflege; und auch für Sportklubs bildet etwa die Vermietung von Logen in Sportstätten vorzugsweise an Unternehmen eine wichtige Einnahmequelle. Die teuerste Loge in der „Allianz-Arena“ in München kostet nicht weniger als satte 300 000 Euro pro Spielsaison. Diese Einladungs-Thematik, die im Spannungsfeld von Gastfreundschaft und Korruption anzusiedeln ist, sorgt seit Jahren für Diskussionen. Die Rechtsunsicherheiten sind auch über zehn Jahre nach dem „Fall Claassen“ nicht vollständig beseitigt. Unternehmens- und Sportjuristen mühen sich bei diesen Fragen rund um die VIP-Zonen immer noch ab, obwohl diesbezüglich Verhaltensvorschriften innerhalb und ausserhalb von Unternehmen zuhauf existieren; auch „Compliance“-Fragen sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Es überrascht deshalb nicht, dass sich kürzlich die Sportrechtler im Deutschen Anwaltsverein mit dieser Thematik unter strafrechtlichen Gesichtspunkten befassten. Nach wie vor ist es oft schwierig zu erkennen, wo die Gastfreundschaft aufhört und Korruption beginnt. Relativ rasch können die Straftatbestände der Bestechlichkeit (auch von Mandatsträgern; siehe Art. 322quater StGB) und der Bestechung (Art. 322ter StGB) oder der Vorteilsannahme und –gewährung (Art. 322quinquies und 322sexies StGB) zumindest „geritzt“ sein. Weitere Straftatbestände sind in diesem Zusammenhang denkbar (vgl. etwa den Straftabestand der Abgeordnetenbestechung in Deutschland; § 108e des deutschen StGB). Vor Jahren hat die Vereinigung „S20-The Sponsor’s Voice“ (S20; vgl. dazu etwa Causa Sport 2011, 393 f.) mit weiteren Protagonisten einen Leitfaden zu Hospitality und Strafrecht herausgegeben. Dieses 2011 erschienenene Handbuch ist nun aktualisiert neu aufgelegt worden. Neben den strafrechtlichen Aspekten und Unsicherheiten herrschen in diesem Zusammenhang etwa auch bezüglich steuerlicher Probleme divergierende Ansichten vor. Die Frage beispielsweise, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit VIP-Einladungen in Hospitality-Zonen abzugsfähig sind, kann noch immer nicht klar beantwortet werden. Als eine der Grundregeln gilt offenbar, um strafrechtlichen Schaden im Zusammenhang mit Einladungen in VIP-Zonen abzuwenden: Derartige Einladungen sollen transparent erfolgen und stets offiziell zugestellt werden (nicht etwa „persönlich/vertraulich“ an Einzelpersonen). Auch der Einladungsinhalt soll jeweils klar umschrieben sein.