Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Sportklub den Rat der Europäischen Union – immerhin eines der mächtigsten Organe der EU, bestehend aus Vertretern der Mitgliedstaaten auf Ministerebene – gleichsam in die Knie zwingt. Genau dies ist dem weissrussischen Fussballklub FK Dinamo Minsk gelungen, und zwar in juristischer Hinsicht. Das Gericht der Europäischen Union hat mit einem Urteil vom 6. Oktober 2015 (Rs. T-275/12) einer Klage von FK Dinamo Minsk gegen den Rat der EU weitgehend stattgegeben, mit der sich der Klub dagegen gewehrt hatte, in die EU-Sanktionen gegen Weissrussland mit einbezogen zu werden.
Der Rat der Europäischen Union erhält seit rund zehn Jahren Massnahmen gegen Weissrussland und das Regime des Präsidenten Alexander Lukaschenko aufrecht. Zu den entsprechenden Massnahmen gehört insbesondere das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Mitteln von Präsident Lukaschenko und anderer staatlicher Funktionäre sowie von Personen und Firmen, die das Regime in Weissrussland unterstützen oder von diesem profitieren, durch die EU-Mitgliedstaaten. Ebenso betroffen sind (natürliche oder juristische) Personen, die für ernste Verletzungen der Menschenrechte oder die Unterdrückung der Zivilgesellschaft oder der Opposition in Weissrussland verantwortlich sind. Die betreffenden Personen und Entitäten werden jeweils in Anhängen zu den Rechtsakten, mit denen die entsprechenden Massnahmen erlassen wurden, aufgelistet.
Der FK Dinamo Minsk – einer der erfolgreichsten weissrussischen Klubs, der auch in der laufenden UEFA Europa League mitspielt – wurde im März 2012 in die fraglichen Anhänge aufgenommen. Grund hierfür war der Umstand, dass „Triple TAA“, ein grosses weissrussisches Unternehmen mit mutmasslichen Beziehungen zum Lukaschenko-Regime, Anteile am Fussballklub hält. Gegen seine auf diese Weise erfolgte Einstufung als Unterstützer oder Profiteur von Alexander Lukaschenko wehrte sich der Klub in der Folge mit einer Klage vor dem Gericht der Europäischen Union. Das Gericht gab der Klage statt, soweit es sie für zulässig qualifizierte.
Die Richter stellten zunächst fest, dass der Rat der Europäischen Union im Zusammenhang mit der Aufnahme von FK Dinamo Minsk in die Anhänge der in Frage stehenden Rechtsakte die ihm obliegende Begründungspflicht verletzt habe. Darüber hinaus verwies das Gericht auf ein am selben Tag erlassenes Urteil (Rs. T-276/12), mit dem es festgestellt hatte, dass bereits die Aufnahme von „Triple TAA“ in die in casu in Frage stehenden Anhänge der Rechtsakte des Rates der EU rechtswidrig gewesen sei und demzufolge die Massnahmen des Rates in Bezug auf dieses Unternehmen aufgehoben hatte. Demnach sei es nur folgerichtig, auch die entsprechenden Massnahmen mit Bezug zu den Tochtergesellschaften von „Triple TAA“ aufzuheben. Im Ergebnis finden nunmehr zahlreiche restriktive Massnahmen, die durch den Rat der Europäischen Union im Zusammenhang mit Weissrussland erlassen wurden, auf FK Dinamo Minsk keine Anwendung mehr. Gegen das Urteil des Gerichts kann Rechtsmittel beim Gerichtshof der Europäischen Union eingelegt werden.