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Der Fussball-Sonderfall im «Sonderland» Schweiz

causasportnews / Nr. 1024/06/2023, 7. Juni 2023

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(causasportnwes / red. / 7. Juni 2023) Im internationalen Kontext ist die Schweiz (wohl vermeintlich) noch immer ein «Sonderland». Sonderfälle existieren allerdings auch innerhalb des «Sonderlandes» Schweiz; es handelt sich dabei um «Sub-Sonderfälle». Einer dieser Sonderfälle ist der FC Sion, der Traditionsklub aus dem Kanton Wallis; dieser Kanton stellt seit 1998 auch die Präsidenten des Internationalen Fussballverbandes FIFA mit Sitz in Zürich (zuerst, seit 1998 Joseph Blatter, ab 2016 Gianni Infantino). Die Walliser leben seit jeher mit einer nicht zu geringen Prise (vermeintlichen) «Leidensdrucks». Sie fühlen sich in der Rand-Region oft benachteiligt, ausgegrenzt, gemobbt, missverstanden und von niemandem geliebt. Den Rest der Schweiz bezeichnen die Walliser als «Üsserschwiz» (Ausserschweiz). In diesem Kanton findet man wohl am meisten Menschen auf diesem Planeten der Zukurzgekommenen, die sich stets in die Defensive gedrängt fühlen, trotz der Gelder, die regelmässig von der «Üsserschwiz» ins Wallis fliessen. Der FC Sion ist das Abbild der genannten Attribute in sportlicher Hinsicht. Der Traditionsklub, der seit Jahren der Super League (früher Nationalliga A sowie Nationalliga B) angehört, hat auch deswegen einen internationalen Bekanntheitsgrad erreicht, weil er in sportlicher Hinsicht nichts anzubrennen gewillt ist, den Kampf auf dem Fussballplatz stets bis auf’s Messer führt und zudem auch keiner gerichtlichen Auseinandersetzung aus dem Wege geht, wenn dies zur Erreichung sportlicher Ziele dienlich ist. Die allgemeine Erkenntnis, dass gerichtliche Auseinandersetzungen nur begonnen werden sollten, wenn die Erfolgsgarantie über 50 Prozent beträgt, wird im FC Sion immer wieder ignoriert; Prozesse wurden aber zumindest immer wieder als Druckmittel eingesetzt. Der Klub hat sich, wie in der juristischen Fachliteratur nachzulesen ist, «wiederholt als (sport-)juristisch umtriebig erwiesen» (Urs Scherrer, Kai Ludwig, Remus Muresan, Sportrecht, eine Begriffserläuterung, 3. Aufl., Zürich, 2014, 292 f.). Bereits 2003 hat der FC Sion beim Kantonsgericht Wallis, für einmal erfolgreich, eine vorsorgliche Massnahme auf Reintegration in den Meisterschaftsbetrieb der Swiss Football League erwirkt. Eine regelrechte Prozesslawine trat der Klub ab 2009 los, als alle juristischen Hebel in Bewegung gesetzt wurden, um Spielberechtigungen trotz Registrierungssperre durchzudrücken. Über 20 gerichtliche Interventionen gegen nationale und internationale Fussballverbände (so gegen die FIFA, den Kontinentalverband UEFA) endeten für den FC Sion in einem juristischen Scherbenhaufen. «Der Fall FC Sion» erlangte eine internationale Dimension.

Vor einem sportlichen Scherbenhaufen steht der Traditionsklub aus dem Wallis nun aktuell, nachdem der Klub im zweiten Barrage-Spiel um den Platz in der obersten Spielklasse gegen Lausanne-Ouchy von dieser Provinz-Mannschaft vom Genfersee in die Niederungen der Challenge League befördert wurde. Damit haben die langjährige, sportliche Erfolgsgeschichte und der Fussball-Sonderfall FC Sion ein geradezu tragisches Ende genommen. Statt Bern, Basel, Zürich und Genf heisst es nun bezüglich der Saison 2023/24 für die Walliser, in Schaffhausen, Wil, Neuenburg und Bellinzona antreten. Mit welchem Spielermaterial und welchem Trainer der sofortige Wiederaufstieg in die Super League angestrebt werden soll, ist unbekannt. Klingende Spielernamen, wie Mario Balotelli, der mit seinen Launen nach Auffassung von Experten den Abstieg zumindest mit-verursacht hat, werden wohl künftig im Kader des FC Sion fehlen; oder doch nicht? Sicher wird der Klub aus Sion/Sitten die Spitzenklassierung in der Rangliste der verschlissenen Trainer nicht so rasch abgeben. Der Schweizer Nationaltrainer Murat Yakin, der sich auch einmal in diesem Amt in Sion versuchte, kämpft immer noch vor den Walliser Gerichten um ausgebliebene Entschädigungen und um ausgleichende Gerechtigkeit.

Freispruch für den Betreiber der Zermatter «Walliserkanne»

causasportnews, Nr. 1012/04/2023, 30. April 2023

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(causasportnews / red. / 30. April 2023) Es waren regelrechte Wildwest- Szenen, die sich gegen Ende des Jahres 2021 im berühmten Walliser Wintersport-Ort Zermatt ereigneten. «Corona» hielt die Welt in Atmen. Der Widerstand gegen behördlich angeordnete Massnahmen im Zuge der Pandemie-Bekämpfung eskalierte nicht nur im mondänen Zermatt, sondern flächendeckend entlud sich ein regelrechter «Glaubenskrieg» zwischen Befürwortern und Gegnern der «Corona»-Massnahmen. Ein Zankapfel bildeten etwa die Zertifikats- sowie die Maskenpflicht, um die sich die Wirtefamilie der «Walliserkanne», die sich sportlich in der Eiskletter-Szene einen Namen geschaffen hat, foutierte: Weder die Betreiber noch die Gäste des Restaurants an der Zermatter Flaniermeile hielten sich an die verordnete Zertifikatspflicht; auch die Maskentragpflicht wurde weitgehend nicht befolgt. Gegen diese angeordneten Massnahmen wurde vielmehr in geradezu provokativer Art und Weise verstossen (vgl. auch causasportnews vom 2. Januar 2022). Die Polizei räumte schliesslich das Restaurant, setzte die Wirtefamilie in Haft und verbarrikadierte den Eingang zum Restaurant. Die Aktion verlief alles andere als gesittet, weil sich die Wirtefamilie relativ militant zur Wehr setzte und die Welt über digitale Kanäle bezüglich der dargestellten Behördenwillkür ins Bild setzte. Der im Nobel-Wintersportort ausgetragene Kleinkrieg zwischen Bürgern (der «Walliserkanne»-Familie) und den Behörden sowie der Polizeieinsatzkräfte war nach Auffassung der Tourismus-Verantwortlichen nicht gerade image-fördernd, aber auch nicht schädlich. Sich gegen die Behörden aufzulehnen und sich mit ihnen anzulegen kommt im Kanton Wallis nie schlecht an. Soweit als möglich wurde der Ball um die Ereignisse in der «Walliserkanne» so flach als möglich gehalten, und die Geschehnisse wären wohl sogar und irgendwie unter dem berühmten Deckel geblieben, hätten die wackeren Eiskletterer aus Zermatt und ihre Angehörigen nicht über die sozialen Netzwerke Wind und Stimmung gegen die Behörden gemacht. Dass das alles dennoch ein gerichtliches Nachspiel haben musste, leuchtet ein. Dieses ging nun, wie die Walliser Medien melden, für den hauptverantwortlichen Betreiber der «Walliserkanne», der sich wegen Widerhandlungen gegen das «Covid-Gesetz» vor dem Bezirksgericht in Visp verantworten musste, gut aus. Weil die von der Anklagebehörde vorgelegten Beweise, aus verschiedenen Gründen, im Verfahren gegen ihn nicht verwertet werden durften, resultierte ein glatter Freispruch. Die Renitenz des Hauptverantwortlichen der «Walliserkanne», der sich im Zuge der angeordneten «Corona»-Massnahmen insbesondere vehement gegen die damalige Zertifikats- und die Maskenpflicht zur Wehr setzte, hat sich gelohnt. Für die Walliser Strafverfolgungsorgane und die politischen Behörden ist dieser Freispruch des Betreibers der Zermatter «Walliserkanne» jedoch eine herbe Niederlage und eine gewaltige Demütigung. Dass die Behörden nach dem Katz und Maus-Spiel mit dem «Walliserkannen»-Clan den Kürzeren gezogen haben, ist ein Super-GAU für den Kanton Wallis. Im Zuge des Freispruchs hat der Staat auch die Verfahrenskosten zu tragen und dem Wirt des Restaurants eine Entschädigung zu bezahlen. Das letzte Wort in dieser Affäre, die dem Image des weltweit bekannten Nobel-Tourismusort zweifelsfrei kaum geschadet hat, ist allerdings noch nicht gesprochen. Die Staatsanwaltschaft kann noch in die Berufung gehen.