Archiv für den Monat Dezember 2023

Der Unfalltag einer Sport-Ikone jährt sich zum zehnten Mal

causasportnews / Nr. 1095/12/2023, 29. Dezember 2023

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(causasportnews / red. / 29. Dezember 2023) Eine Philosophie von «causasportnews» wird geprägt vom Grundsatz: «Sich an Vergangenes erinnern – aber vor allem vorwärts schauen». In einem Fall muss diese generelle Regelung eine Ausnahme erfahren. Grund dafür ist der Unfalltag eines renommierten Sportlers, ein Tag, der sich am 29. Dezember 2023 zum zehnten Mal jährt. Vor zehn Jahren ging eine Schreckensmeldung um den Globus, als bekannt wurde, dass Michael Schumacher bei einem Skiunfall in Méribel (Frankreich) schwer verletzt worden sei. Der 29. Dezember 2013 war der Tag, an dem die Formel 1-Legende nicht von dieser Welt abtrat, aber ihr seither entrückt ist. Dieser Zustand dauert bis heute an. Über den Gesundheits-Status des siebenfachen Weltmeisters in der Königsklasse des Automobil-Rennsports ist nichts bekannt; es steht aber, keine Zweifel, schlimm um ihn. Es ist gut, dass der Rennfahrer, der 307 Formel 1-Rennen unbeschadet überstanden hatte und bei einem Skiunfall, bei dem die unglücklichsten Umstände zusammentrafen und tragische Folgen zeitigten, von seiner Familie gegenüber der Öffentlichkeit abgeschirmt wird. Am 3. Januar 2024 wird der aus dem Deutschen Kerpen stammende Spitzensportler 55 Jahre alt. Wenn von Michael Schumacher als Sportler gesprochen wird, ist dies untertrieben. Er ist auch nicht nur ein Super-Star, ein Ausnahmekönner, wie ihn die Formel 1 kaum je erlebt hat; der Deutsche hat sich gerechtfertigterweise längst den «Helden»-Status gesichert; er gilt als Sport-«Ikone» mit einer Strahkraft, die alles Zeitliche zu überdauern scheint. So sehen es die Medien, und dem ist nichts beizufügen. Im Formel 1-Rennsport hat Michael Schumacher vieles bewegt, vor allem auch in punkto Sicherheit in dieser Risiko-Sportart, in der er sieben Mal Weltmeister wurde, fünfmal sogar hintereinander. Die Formel 1, auch wenn es um eine Fahrer-Weltmeisterschaft geht, lebt primär von den teilnehmenden Akteuren am Lenkrad. Das gilt jedoch üblicherweise nicht für die Kultmarke «Ferrari» (der Rennstall gehörte bis 2014 zum FIAT-Konzern), bei der eben grundsätzlich nicht der Pilot der «roten Pferde» aus Maranello dem Team den Stempel aufdrückt; es prävaliert das Auto. Wer für die Rennsport-Abteilung gewinnt, siegt für «Ferrari»; wer diese Boliden als Fahrer letztlich zum Erfolg fährt, ist an sich irrelevant. Es sei denn, der Pilot heisst Michael Schumacher … Er hat in seiner «Ferrari»-Zeit zwei markante Ziele erreicht: Zum einen gelang es ihm, das oft labil agierende Team aus Italien regelrecht zum Erfolg zu treiben; zum anderen ist es ihm als Perfektionist dank deutscher Gründlichkeit gelungen, aus der Mannschaft ein konstantes Sieger-Team zu formen. Michael Schumacher personifizierte nicht nur die Formel 1, sondern auch die Marke «Ferrari».

Auf der ganzen Welt, und vor allem auch in Italien, gilt der 29. Dezember 2013 als Schicksals-Tag, ein Schicksals-Tag, an dem der Sport innehielt und seither die ganze Welt das «Prinzip Hoffnung» bemüht, dass die Sport-Legende wieder einmal Teil der Öffentlichkeit würde.

Es ist vielleicht ein Zufall, dass diese Meldung zum tragisch-traurigen Unfall von Michael Schumacher, der sich nun zum zehnten Mal jährt, auch die letzte Meldung von «causasportnews» in diesem Jahr ist. Nicht nur die Sport-Welt verneigt sich zum Jahresende 2023, insbesondere an diesem 29. Dezember, vor einer Sportler-Legende, die dieser Welt nun seit zehn Jahren entrückt ist und dennoch, physisch und als strahlkräftige «Ikone», weiterlebt.

«Causa Sport» zum Jahresende – und mit Blick auf 2024

causasportnews / Nr. 1094/12/2023, 27. Dezember 2023

(causasportnews / red. / 27. Dezember 2023) In der letzten Ausgabe von «Causa Sport», seit diesem Jahr 2023 ausschliesslich in digitaler Form erhältlich, wird u.a. ein Blick zurück, auf das Jahr 2023, gewagt. In einer Welt, in der Kriege, Unfrieden, Hass, Not und Elend vorherrschen, ist es teils nicht einfach, Normalität im Sport zu mimen. In solchen Umfeldern wird die Lust am Sport logischerweise marginalisiert. Nach wie vor wird dieser vom durch Russland angezettelten, verbrecherischen Ukraine-Krieg beherrscht und beeinflusst. Die Sport-Politik tut sich entsprechend schwer. Zudem wirft das Jahr 2024 seine Schatten voraus, etwa bezüglich der Olympischen Sommerspiele, die vom 26. Juli bis 11. August 2024 in Paris stattfinden werden. Die Bürgermeisterin der Stadt an der Seine, Anne Hidalgo, hat vor nicht allzu langer Zeit erklärt und diese Aussage kürzlich wieder bekräftigt, es nicht zulassen zu wollen, dass russische und weissrussische Athletinnen und Athleten in der Stadt der Liebe «friedliche» Wettkämpfe, etwa auch gegen Ukrainerinnen und Ukrainern, bestreiten. Das Internationale Olympische Komitee (IOK) erklärte allerdings vor einigen Wochen, dass die Zulassung dieser Sportlerinnen und Sportler als neutrale Teilnehmende denkbar und möglich sei. Die abschliessenden Nominierungsentscheide haben aber die internationale Sport-Fachverbände zu treffen; das IOK hat die «heisse Kartoffel» an die internationalen Verbände weitergereicht. Ein Spannungsfeld zwischen den Gastgebern der Spiele in Paris und dem organisierten, olympischen Sport ist vorprogrammiert. Wie es sich zudem verhält, wenn in Paris israelische und palästinensische Sportlerinnen und Sportler aufeinandertreffen, wird sowohl mit Spannung als auch mit Besorgnis zu verfolgen sein. Sicher ist: Noch nie wurden im Rahmen von Olympischen Spielen derartige Sicherheitsvorkehren notwendig wie nun in Paris im kommenden Sommer. Diese Thematik wird in «Causa Sport» 3/2023 angesprochen.

Im Übrigen wird die Vergabe der Fussball-WM-Endrunde 2034 beleuchtet. Wird demnächst aus der FIFA-Zentrale in Zürich zu vernehmen sein: «And the winner is … Saudi-Arabia!»? So jedenfalls sieht dies der FIFA-Präsident, welcher der Welt die Vergabe dieser WM-Endrunde wie eine frohe Weihnachtsbotschaft vor wenigen Wochen bereits verkündet hat. Dass dies vereinsrechtlich (die FIFA ist ein Schweizer Verein gemäss Art. 60 ff. ZGB) an sich nicht angeht, wird in einem Grundsatz-Beitrag erörtert.

Im Rahmen einer umfassenden Betrachtung werden überdies detailliert Massnahmen gegen Doping-Missbräuche behandelt.- Anhand von Gerichtsentscheiden wird im Weiteren die Thematik der Organtätigkeit in den Verbänden (Art. 55 ZGB) behandelt. Nicht immer einfach zu differenzieren ist, ob in einem konkreten Fall Vereins- oder Verbands-Entscheide vorliegen, oder etwa doch (Schiedsgerichts-)Urteile. Bei Entscheiden des Tribunal Arbitral du Sport (TAS) ist dies oft schwierig nachzuvollziehen.- Die Verfassungsmässigkeit von Netzsperren ausländischer Online-Geldspielangeboten wird zudem anhand eines Bundesgerichts-Urteils behandelt.

Causa Sport 3/2023 digital kann ab sofort über Swisslex (Schweiz), über die Manz-Rechtsdatenbank (Österreich) und über den Verlag Duncker & Humblot (D) abgerufen werden.

Die Ratlosigkeit nach dem EuGH-Urteil in der «Causa Superliga»

causasportnews / Nr. 1093/12/2023, 25. Dezember 2023

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(causasportnews / red. 25. Dezember 2023) Wie oft, wenn brisante Gerichtsentscheide mit Bezug zum organisierten Sport bekannt werden, herrscht die totale Ratlosigkeit. So hat jüngst in einer sport-politischen Angelegenheit der Europäische Gerichtshof in Luxembourg (EuGH) ein Urteil erlassen (causasportnews vom 21. Dezember 2023). Darin geht es selbstverständlich weniger um die von verschiedener Seite thematisierte Gerechtigkeit (diese erhält man von einem Gericht nicht immer, sondern die Betroffenen müssen sich schlicht mit einem Urteil begnügen, das allenfalls mit dem Gerechtigkeitsempfinden der einen oder anderen Partei in Einklang zu bringen ist oder auch nicht); es herrscht vielmehr ein Chaos in den Köpfen und entsprechende Ratlosigkeit.

Was nun im Nachgang zum Urteil des EuGH in der «Causa Superliga» kommentiert, gescholten und gefordert wird, lässt sich etwa mit dem vergleichen, was sich nach der Entscheidung des EuGH in der Sache Jean-Marc Bosman, die am 16. Dezember 1995 vom gleichen Gericht verkündet wurde, ereignete. Die Einschätzungen gingen damals von «das kümmert uns nicht» (FIFA/UEFA), bis zur ins Feld geführten «Apokalypse des Verbandsrechts» (Gegner des Fussball-Verbands-Monopols). Was sich nach jener Entscheidung zutrug (für die Verbände hiess dies: dura lex sed lex – ein hartes Gesetz, aber es ist das Gesetz), war für den organisierten Fussballsport letztlich einschneidend. Das damalige Transfer-System kollabierte und musste im Sinne der Gerichts-Entscheidung neu organisiert und angepasst ins Verbands-Regelwerk implementiert werden. Die Verbände hatten in jedem Fall im wichtigen Transferwesen ihre Unschuld verloren.- Und wie verhält es sich aktuell in der «Causa Superliga»?

Faktum ist, dass der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens auf Ersuchen des zuständigen Madrider Handelsgerichts das Verhalten (Sanktionsandrohungen) der Monopolverbände UEFA und FIFA bezüglich der «Superliga»-Pläne unter europarechtlichen Vorgaben beurteilt hat und zum Schluss gekommen ist, diese Verbände würden den Markt für Fussballwettbewerbe kraft ihrer Monopolstellungen missbrauchen. Die Verhinderung eines Konkurrenzproduktes zu den etablierten Wettbewerben der Monopol-Verbände verstosse missbräuchlich gegen das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union (EU). Nicht entschieden wurde die Frage, ob die klagende European Superleague Company eine «Superliga» ausserhalb des Wirkungs- und Kompetenzbereichs der Monopolverbände veranstalten könne. Falls eine solche Liga Tatsache würde, wäre es möglich, dass die in Luxembourg beklagten Verbände ein Genehmigungsverfahren für die «Superliga» vorsehen dürften. Im Rahmen dieses Verfahrens könnten von Verbandsseite kohärente Argumente gegen diese Liga vorgebracht werden, z.B., die Spieler und Klubs seien mit einem zusätzlichen Wettbewerb und (noch) mehr Spielen überfordert und überlastet (das wäre allerdings tatsächlich ein schwaches Argument, zumal UEFA und FIFA seit Jahren bestrebt sind, ihre Wettbewerbe und Turniere aufzublähen und nicht daran denken, etwa die unsägliche Klub-Weltmeisterschaft der FIFA, die, Ausgabe 2023, soeben in Saudi-Arabien zu Ende ging und kaum von jemandem wahrgenommen wurde, abzuschaffen).

Der Vorgang nach der Verfahrensniederlage von UEFA und FIFA in Luxembourg geht nun vielmehr am Madrider Handelsgericht in die juristische Verlängerung. Wird es also allenfalls einmal eine Europäische «Superliga» geben, dürfen die Monopolverbände die an diesem Wettbewerb teilnehmenden Klubs und Spieler nicht behindern, z.B. durch Ausschlüsse aus dem UEFA-Spielbetrieb. Ein solches Verbot ist ein Missbrauch der Marktposition der Monopol-Sportverbände.

Das Ergebnis der EuGH-Entscheidung ist trotz allem und so oder so eine sport-juristische «Bombe», welche das Monopol der Verbände gebrochen hat. Der Vorwurf des Missbrauchs einer Marktposition seitens des Gerichts an die Adresse von UEFA und das FIFA ist ein Vorhalt, der auch andere Bereiche des organisierten Fussballs treffen könnte. Das höchste EU-Gericht hat ein konkretes Urteil erlassen, das den Monopol-Verbänden Schranken aufzeigt, nämlich, dass sie im konkreten Fall und zudem allgemein ihre marktbeherrschende Stellung nicht missbrauchen dürfen, nur um ihre Monopol-Stellungen zu zementieren.

Die Reaktionen der UEFA auf die EuGH-Entscheidung (die FIFA blieb mit Äusserungen im Hintergrund) waren, wie schon damals im «Fall Jean-Marc Bosman», überheblich, zynisch und zudem blutleer. Es dominierte das Unverständnis mit Frustrationspotential, dass sich ein Gericht derart erdreisten konnte, die Autonomiebereiche der Verbände krass aufzuweichen und die Verbands-Monopole bröckeln zu lassen. Pikanterweise war von keinem Fussball-Funktionär oder von keinem der kommentierenden Juristen innerhalb und ausserhalb der UEFA nur ein Argument gegen den Inhalt der EuGH-Entscheidung zu vernehmen. Es dominierte schlicht die Ratlosigkeit. Wahrscheinlich war die Urteilsbegründung auch zu anspruchsvoll, um dagegen zu halten. Bemerkenswert blieb jedoch der Umstand, dass das Gericht den Anträgen des Generalanwaltes weitgehend nicht folgte, was den Schluss zulässt, dass sich die Rechtslage nicht ganz unumstritten und ebenso nicht absolut glasklar präsentierte.

So blieb im unmittelbaren Nachgang zur EuGH-Entscheidung, dass sich die Kommentare und Diskussionen hauptsächlich mit dem Sinn oder Unsinn der Europäischen «Superliga» befassten; die Urteilsbegründung an sich blieb kommentar-frei. So «analysierte» der Zürcher «Tages-Anzeiger» den EuGH-Entscheid so: «Es reicht! Eine Champions League ist schon mehr als genug» (22. Dezember 2023); fürwahr eine aussagekräftige Analyse mit Blick auf das Urteil… Der eher hemdsärmelige Präsident des FC Zürich äusserte sich über die «Schnapsidee» in der Zeitung «Blick» wie folgt: «Das Super-League-Projekt ist absurd, weltfremd und chancenlos.» (23. Dezember 2023). – Vielleicht werden die Kritiker des Projektes ausserhalb der Verbands-Monopole in ihren Äusserungen dereinst bestärkt. Aber unter Umständen kommt alles ganz anders. Etwa dann, wenn Saudi-Arabien zum Dreh- und Angelpunkt dieses Wettbewerbs ausserhalb der Verbände werden sollte, auch wenn in diesem Land die FIFA-WM-Endrunde 2034 gespielt werden dürfte. Im Fussball entscheidend für alles ist letztlich das Geld; und eine neue Fussball-Spielwiese für die arabische Welt ist zumindest denkbar. Wüstenstaub statt Rasen-Grün hat zweifelllos auch seinen Reiz. Im globalen Sport ist die TV-Abdeckung das A und das O. Der Fan im Stadion ist eh nur (noch) Staffage. Vgl. etwa die Klub-Weltmeisterschaft der FIFA in Saudi-Arabien, die auch in diesem Jahr kaum jemanden interessierte – und dennoch stattfand. Bei der Fülle von Wettbewerben und Turnieren, die im Rahmen der UEFA und der FIFA ausgetragen und permanent erweitert werden, ist eine zusätzliche Liga ausserhalb der etablierten Verbände durchaus ein Gedankenspiel wert.

Der Europäische Gerichtshof zerschlägt das Fussball-Monopol

causasportnews / Nr. 1092/12/2023, 21. Dezember 2023

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(causasportnews / red. / 21. Dezember 2023) Die Vorweihnachtszeit hat es für den organisierten Fussball in sich: Am 15. Dezember 1995 fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH), das oberste Rechtsprechungsorgan der Europäischen Union (EU), den Entscheid «Jean-Marc Bosman» und zerschlug damit das damals geltende Transfersystem im internationalen Fussball. Das Urteil stärkte die sportlichen und wirtschaftlichen Positionen der Fussballspieler in Europa und zwang die Monopol-Verbände UEFA (Europäische Konföderation) und FIFA (Fussball-Weltverband), rechtskonforme Transferregeln zu schaffen. Jener Entscheid wurde als sportrechtliche Apokalypse für die Verbände bezeichnet. Nun hat der EuGH in Luxembourg, wiederum in der Vorweihnachtszeit (am 21. Dezember 2023), wenn auch 28 Jahre nach der «Causa Bosman», juristisch erneut zugeschlagen und die Verhinderungspraxis insbesondere der UEFA, einer selbständige Vereins-Sektion der FIFA, gegenüber der «European Superleague Company» (Kläger am EuGH) als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und als EU-wettbewerbsrechtswidrig qualifiziert. Die Monopolverbände UEFA und FIFA haben sich seit 2021 gegen das Projekt einer Europäischen Superliga ausserhalb der Verbandsorganisationen gestellt und Klubs und Spieler, welche an dieser Liga teilnehmen würden, mit drastischen Sanktionen, wie Ausschliessung aus dem internationalen Fussballgeschehen, gedroht. Aufgrund dieser sanktionsrechtlichen Drohungen kämpften von den ursprünglich 12 Top-Klubs der projektierten Superliga zuletzt noch zwei Vereine (Real Madrid und FC Barcelona) für die Abkoppelungsidee. Doch nach diesem Urteil aus Luxembourg wird das Projekt Aufwind erfahren, und die European Superleague könnte rascher Tatsache werden, als es der UEFA lieb sein dürfte. Die Superliga als Konkurrenzprodukt zur Champions League der UEFA hat durchaus Realisierungschancen, vor allem, sobald die Klubs nachvollziehen können, dass sich im Rahmen der Champions League vor allem die UEFA pekuniär gütlich tut, im Rahmen der Superliga ausserhalb von UEFA und FIFA jedoch die teilnehmenden Klubs mit weitaus grösseren finanziellen Erträgen rechnen können. Wetten, dass nun die Champions League-Konkurrenzveranstaltung nun auch etwa für arabische Investoren interessant werden könnte?

Obwohl nach dem Urteil aus Luxembourg nun das Madrider Handelsgericht abschliessend die «Causa Superliga» beurteilen muss (konkret ging es am Gerichtshof um Rechtsfragen, die dem EuGH vom Spanischen Gericht vorgelegt wurden; sog. Vorabentscheidungsverfahren) und dabei natürlich an den EuGH-Entscheid gebunden sein wird, ist das nun ergangene Urteil als sport-juristische «Bombe» zu werten. Auch wenn das Projekt letztlich nicht zustande kommen sollte, bedeutet diese Niederlage der UEFA (und der FIFA) am EuGH eine Prestige-Demütigung sondergleichen. Der Vorwurf des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und ein Verstoss der UEFA und der FIFA gegen das EU-Wettbewerbsrecht ist nicht einfach eine Bagatelle, auch wenn dies die UEFA in ersten Stellungnahmen nach der Urteilseröffnung in Luxembourg so verstanden haben will. Geradezu zynisch und despektierlich an die Adresse des Gerichts äusserte sich der offensichtlich frustrierte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin, ein behäbig gewordener Verbands-Funktionär alter Schule. So war es schon damals nach dem Bekanntwerden des Urteils in der Sache Jean-Marc Bosman vor 28 Jahren, als UEFA und FIFA sich in arroganten Statements überboten – bevor den beiden Monopolverbänden die Angelegenheit um die Ohren flog. Mit dem Urteil ist das klassische Fussball-Verbands-Monopol, das auch in anderen Zusammenhängen immer wieder Auswirkungen zeitigt, mit Präjudizwirkung zerschlagen worden. Speziell mutet der Entscheid des obersten EU-Rechtsprechungsorgans letztlich auch deshalb an, weil zwei Schweizer Verbände in der Vereins-Rechtsform (Art. 60 ff. ZGB) mit Sitzen in der Schweiz, also ausserhalb des Unionsgebiets (UEFA in Nyon, FIFA in Zürich), als Beklagte betroffen sind.

Wo Werbegelder (noch) fliessen – und wo nicht (mehr)

causasportnews / Nr. 1091/12/2023, 20. Dezember 2023

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(causasportnews / red. / 20. Dezember 2023) Generell betrachtet bietet der Sport der Werbewirtschaft eine einmalige Plattform. Das bedingt einerseits grundsätzlich eine gut gehende Wirtschaft und die Investitionsbereitschaft renommierte Marken, andererseits ist die Werbung vor allem dort präsent, wo sportliche Top-Leistungen erbracht werden. Oder wo die Aufmerksamkeit des Sport-Publikums gross ist. So etwa bei «Red Bull». Die Soft-Getränke-Unternehmung scheint über unermessliche, pekuniäre Ressourcen zu verfügen – und kann sich die sportlichen Werbepartner relativ locker aussuchen. Beispielsweise in der «Formel 1». Das «Red Bull Racing-Team» gewinnt in der spektakulären Motorsport-Kategorie seit geraumer Zeit praktisch alles, was es zu gewinnen gibt. Das dürfte auch weiterhin so geschehen, bis sich der Österreichische Formel 1-Rennstall mit dem praktisch unschlagbar gewordenen Max Verstappen zu Tode gesiegt haben wird. Dann wird, wenn sich das Publikum zufolge der eingekehrten Langweile von dieser Rennsport-Serie abgewendet haben dürfte, auch das Interesse des Getränke-Konzerns an dieser Werbe-Plattform auf vier Rädern abnehmen.

Geld steht im Formel 1-Rennsport im Zentrum. Geld ist zwar nicht alles, aber ohne Geld ist in dieser hochtechnisierten und an sich publikums-attraktiven Sportart alles nichts. Das spürt im Moment der Schweizer Formel 1-Rennstall von (ehemals) Peter Sauber. Das Team dümpelte in der zu Ende gegangenen Saison 2023 mit Alfa Romeo erneut im hintersten Teilnehmerfeld herum, doch nun wird im Zürcher Oberland, im beschaulichen Hinwil, mit Blick auf das kommende Jahr Zuversicht versprüht. Ein gewonnener Sponsor soll es möglich machen. Das Team startet unter einem neuen Namen «Stake F1 Team Kick Sauber». Von «Stake» hat wohl kaum jemand schon etwas gehört, doch Sprachversierte wissen: «Stake» heisst «Einsatz». Dieser ist hier nicht etwa gleichzusetzen mit sportlicher Leistungsbereitschaft bis zum Ende, sondern «Stake» steht für einen Crypto-Casino und Sportwetten-Anbieter, der im online-Casino-Bereich sein Glück versucht – offenbar einigermassen erfolgreich. Je höher der Einsatz, desto wahrscheinlicher die Gewinnchance. Die Geld- und Glücksspielunternehmung wird bis Ende 2025 als Werbepartner des Schweizer Teams figurieren. Weil die Werbung für Geld- und Glücksspiele nicht überall erlaubt ist und entsprechende Werbeaktivitäten vielerorts unzulässig sind, wird das Team in einigen Ländern, in denen Formel 1-Rennen ausgetragen werden, das Firmen-Logo von «Stake» auf den Hinwiler Boliden abdecken müssen. Die Kooperation sieht ein wenig danach aus, als fresse der Teufel in der Not Fliegen. Top-Unternehmen aus der Wirtschaft sehen generell eher keinen Sinn darin, auf schwache Partner im Sport zu setzen.

Die «Stake»-Eigner werden das Sponsoring-Geld wohl aufgrund strategischer Überlegungen in die Schweiz schicken. Übrigens: Die Chance, mit «Red Bull» Weltmeister zu werden, ist vom Schweizer Rennsport-Unternehmen vor Jahren versiebt worden, als der «Red Bull»-Eigner Dietrich Mateschitz dieses Ziel mit anderen Teams anzustreben begann. Sein Einsatz wurde nachhaltig belohnt.

Zwei Jahre muss jedoch nun das ehemalige Formel 1-Team von Peter Sauber wirtschaftlich, eben mit Playern aus der Glücks- und Geldspiel-Brache, überbrücken, bis 2026 Audi die Mehrheit am Team aus dem Zürcher Oberland übernimmt. Dann dürfte das «Stake»-Engagement Geschichte sein.

Verstärkt bedrohte Sport-Integrität durch «Live»-Sportwetten

causasportnews / Nr. 1090/12/2023, 15. Dezember 2023

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(causasportnews / red. / 15. Dezember 2023) Seit 20 Jahren wird der Sport, vor allem der Fussball, durch einen geradezu ausufernden Sportwetten-Markt in seiner Integrität bedroht. 2005 löste der «Fall Hoyzer» in Deutschland vor der WM-Endrunde 2006 ein gewaltiges Erdbeben aus. Der labile Schiedsrichter Robert Hoyzer geriet in die Fängen der Sportwetten-Mafia und «verpfiff» gegen Geld und einen TV-Apparat diverse Fussballspiele, auf welche Sportwetten abgeschlossen wurden. Der Fussball-Weltverband reagierte nach diesem Manipulationsfall vor der WM-Endrunde umgehend und organisierte zur Wahrung der sportlichen Integrität aller WM-Endrundenspiele 2006 eine Überwachung der 64 Spiele mit Blick auf sog. Sportwetten-Manipulationen. Dazu wurde eigens eine Überwachungsgesellschaft, Early Warning System GmbH, gegründet. Präzisierend muss festgehalten werden, dass bei Manipulationen im Zusammenhang mit Sportwetten nicht die Wetten manipuliert werden, sondern der Sport. Manipulationen von Spielen im Zusammenhang mit Sportwetten sind zwar schwierig, sie kommen aber vor. Die Konstellation, dass ein WM-Finalspiel, das von Milliarden von Menschen am Fernsehen verfolgt wird, manipuliert wird, ist eher theoretischer Natur. Es kann diese Regel aufgestellt werden: Je mehr (mittelbare und unmittelbare) Zuschauer, desto sicherer ist der betreffende, sportliche Wettkampf vor Manipulationen – auch mit Blick auf Sportwetten.

Eine weit grössere Gefahr als konventionelle Sportwetten, bei denen etwa vor dem Spiel auf den Sieger Geld gesetzt wird, bilden die sog. «Live»-Wetten, die etwa während eines laufenden Spiels online platziert werden können. Die fortgeschrittene Digitalisierung macht’s jedenfalls möglich. Die Sport-Manipulationsgefahren bei Wettkämpfen, die nicht im Blickwinkel von TV-Kameras und weitgehend ohne grosse Publikums-Kulisse, also gleichsam unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, sind sehr gross. Nun scheint die entsprechende Gefährdung beispielsweise unbedeutender Fussballspiele noch grösser zu werden. Auf Regional-Spiele im Fussball in der Schweiz kann praktisch auf der ganzen Welt gewettet werden, wobei eben diese «Live»-Wetten ein besonders grosses Sport-Manipulationspotential in sich bergen. Dass neuerdings «Live»-Wetten im Amateurbereich angeboten werden, an denen Wett-Scouts am Spielfeldrand stehen und mit den Wettanbietern permanent in Kontakt stehen, lässt beim Schweizerischen Fussball-Verband die Alarmglocken läuten. In der Tat scheint so der Amateur-Sport in seiner Integrität massiv gefährdet. Die skrupellosen Sportwetten-Strippenzieher, die auch vor Sport-Manipulationen aller Art nicht zurückschrecken, sind natürlich im sog. schwarzen, illegalen, Sportwetten-Markt zu orten. Zugelassene Wettanbieter, die auch im online-Bereich aktiv werden dürfen, unterstehen meist strengen, staatlichen Kontrollen. Illegale Anbieter operieren hingegen in den Dunkelräumen des Internets.

Schätzungen von Experten zufolge werden jährlich weltweit 1700 Milliarden Dollar im illegalen, praktisch unkontrollierbaren Sportwetten-Markt umgesetzt. Unzählige Online-Plattformen mit oft nicht zu durchschauenden Eigentümer-Verhältnissen und an teils eher speziellen Orten (z.B. in Manila, auf Zypern, in Gibraltar, auf den Kanal-Inseln, auf Malta, in Asien) mischen in diesem lukrativen Geschäft mit. Die Sportverbände müssen hier nach Auffassung von Sachverständigen künftig wohl einiges mehr tun, um den Integritätsschutz vor allem auch im global gesehenen sportlich unbedeutenden, unspektakulären Amateur-Sport zu stärken. Allein mit Prävention kann dieser Gefahr kaum effizient begegnet werden. Die Mittel des repressiven Strafrechts, um diesen Auswüchsen zu begegnen, sind eher bescheiden – nicht nur beispielsweise in der Schweiz, in Österreich oder in Deutschland.

(Quelle: Sonntag – Zeitung, Zürich, 10. Dezember 2023)

IOK stützt Frankreich ins Olympia-Dilemma

causasportnews / Nr. 1089/12/2023, 10. Dezember 2023

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(causasportnews / red. / 10. Dezember 2023) Anne Hidalgo, seit 2014 Bürgermeisterin von Paris, ist nicht so leicht zu beeinflussen oder sogar zu verbiegen – dies im Gegensatz zu vielen ihrer männlichen Kollegen in der Politik. Anfangs Jahr hat die 64jährige Juristin mit Spezialgebiet «Sozialrecht» mit Blick auf den von Russland entfesselten Krieg gegen die Ukraine erklärt, dass sie an den Olympischen Spielen, die im kommenden Sommer in einer der schönsten Städte der Welt, eben in Paris an der Seine ausgetragen werden, keine Athletinnen und Athleten aus Russland und Weissrussland in «ihrer» Stadt dulden wolle, auch wenn diese als «neutrale Sportlerinnen und Sportler» dabei sein würden. Nun hat das Internationale Olympische Komitee (IOK) genau das ausgeblendet und soeben entschieden, dass russische und weissrussische Aktive als «neutrale Athleten» an den Olympischen Spielen in Paris grundsätzlich teilnehmen dürften, sofern sie die Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen; die Teilnahme von Aktiven aus den beiden Ländern muss letztlich von den Sportverbänden beurteilt und entschieden werden. Damit hat das IOK, ein Verein nach Schweizerischem Recht mit Sitz in Lausanne, dem weitgehend bejahrte Funktionäre teils mit zweifelhaftem Ruf angehören, die heisse Olympia-Kartoffel den Verbänden weiter gereicht – und Paris sowie Frankreich in ein Dilemma gestürzt. Auch wenn die Gradlinigkeit und der Mut von Anne Hidalgo, der Bürgermeisterin von Paris, welche im kommenden Jahr dieses Amt zehn Jahre ausgeübt haben wird, bekannt ist, wird es für sie schwierig werden, den opportunistischen Wendehälsen im IOK, die nicht nur vor Russland kuschen, Paroli zu bieten. Ein Grund dafür, dass in Paris im Sommer sowohl russische als auch weissrussische Athletinnen und Athleten dabei sein werden, dürfte allgemein in Frankreich zu orten sein, vor allem beim Staatspräsidenten der Französischen Republik und dem Kofürst von Andorra in Personalunion persönlich. Emmanuel Macron gilt als Polit-Strippenzieher, der auch eifrig im internationalen Sport mitmischt und sich gerne mit den Grössen aus der Sport-Politik umgibt. So ist es ihm dank seiner besten Beziehungen zu seinen besten Freundinnen und Freunden im IOK gelungen, die Olympischen Winterspiele 2030 nicht in die Schweiz, sondern nach … Frankreich vergeben zu lassen (vgl. auch causasportnews vom 22. Juni 2023 und vom 1. Dezember 2023). Innerhalb von sechs Jahren wird Frankreich also Olympische Sommer (2024)- und Winterspiele (2030) austragen.

Zurück zu den ungeliebten Olympia-Teilnehmenden im kommenden Jahr in Paris aus Russland und aus Weissrussland: Es darf nur gemutmasst werden, was geschehen könnte, wenn dann die bisher 60 qualifizierten Sportlerinnen und Sportler aus der Ukraine auf acht Russinnen und Russen sowie drei Teilnehmende aus Weissrussland treffen werden – Zahlen Stand heute. Nicht nur aus diesem Grund hat Frankreich die Sicherheit als Hauptproblem des im kommenden Jahr stattfindenden Grossanlasses auf die To-do-Liste gesetzt. Jedenfalls ist es für die Betrachter des Sportgeschehens klar: Affaire à suivre…

Casino-Geschäft zwischen Geld und Geist

causasportnews / Nr. 1088/12/2023, 9. Dezember 2023

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(causasportnews / red. / 9. Dezember 2023) Seit Monaten herrschte Hochspannung, nun ist es seit Ende November offiziell: Die Schweizerische Landesregierung hat für die Periode 2025 bis 2044 die Konzessionen für den Glücksspielbetrieb in der Schweiz erteilt. Die aktuell gültigen Zulassungen laufen Ende des nächsten Jahres ab. An 22 Standorten kann ab übernächstem Jahr in Casinos gespielt werden; 12 Casinos dürfen ab dann Onlinespiele (darunter auch Sportwetten) im Internet anbieten, soviel wie noch nie zuvor (und seit dem Inkrafttreten des Geldspielgesetzes, BGS, im Jahr 2019), was zu mehr Wettbewerb führen wird. Insgesamt wurden 29 Lizenz-Gesuche eingereicht; gegen den Entscheid des Bundesrates stehen keine Rechtsbehelfe zur Verfügung. Die Casino-Landschaft in der Schweiz wird sich demnach alles in allem künftig nicht stark verändern, obwohl der Spielbanken-Markt eine sanfte Erweiterung erfährt. In Lausanne und in Winterthur werden ab 2025 zwei neue Spielbanken ihre Betriebe aufnehmen; das Casino in Schaffhausen wird dann hingegen schliessen. Keine Konzessionen haben fünf Gesuchsteller erhalten (Oftringen, Romanel-sur-Lausanne, St. Gallen, Sion, Martigny-Combe). Die Heterogenität dieses Marktes verlangt trotz langjähriger Konzessions-Vergaben nach kontinuierlichen Neubeurteilungen. Bis 2028 wird die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) der Landesregierung einen «Casinolandschaftsbericht» vorzulegen haben, um zukunftsgerichtet allfällige Neubeurteilungen vorzunehmen. Die eingeräumten Casino-Zulassungen können allerdings grundsätzlich nicht vorzeitig entzogen werden.

Die Heterogenität dieses nicht ganz unsensiblen Marktes zeigte sich nach Bekanntgabe der Neukonzessionierungen: Die Casino-Branche ist mit dem Ergebnis der bundesrätlichen Entscheidungen durchwegs zufrieden, gelingt es doch, den Geldspielmarkt künftig auszubauen. Seitens der Landesregierung wird hinter vorgehaltener Hand ein besonderer Aspekt der aktuellen Konzessionierung hervorgehoben: Die öffentliche Hand kann mit weit höheren Steuerabgaben rechnen, und auch die finanziell notleidende Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) darf sich auf grössere Erträge aus dem Casino-Business freuen. Auf der anderen Seite warnen die Skeptiker insbesondere vor der Ausweitung der Spielsucht. Gerade dieses Geschäfts-Segment befindet sich wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig im Spannungsfeld von Geld (pekuniäre Seite) und Geist (volksgesundheitliche und ethische Aspekte). Was an sich keine Errungenschaft der Moderne ist, denn schon 1843 entflammten entsprechende Diskussionen, als Jeremias Gotthelf (mit bürgerlichem Namen Albert Bitzius) seinen auch heute noch lesenswerten Roman «Geld und Geist» veröffentlichte. Es ist natürlich ein reiner Zufall, dass jenes Milieu, in dem der Roman spielt, auf die Neuzeit übertragen lässt, denn der Präsident des Schweizerischen Casinoverbandes ist kein Geringerer als der «Mitte» (ehemals CVP)-Präsident Gerhard Pfister, dem neuerdings sogar Bundesrats-Ambitionen nachgesagt werden. Mehr dazu und ob die Wahl-Kugel auf den biederen Zuger Lehrer und Politiker fällt, erfährt die Welt dann am 13. Dezember 2023, wenn die Landesregierung neu gewählt wird.

Zum vieldiskutierten Thema «Netzsperren» sei an dieser Stelle auf Causa Sport digital 3/2023 hingewiesen. Es wird das Urteil des Bundesgerichts vom 18. Mai 2022, BGE 148 II 392 ff., wiedergegeben und kommentiert: «Verfassungsmässigkeit von Netzsperren von ausländischen Online-Geldspielangeboten in der Schweiz».

EURO 2024: Losglück mit der Glücks-Gruppe

causasportnews / Nr. 1087/12/2023, 3. Dezember 2023

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(causasportnews / red. / 3. Dezember 2023) Es ist bekanntlich vieles eine Sache der Perspektive. Oft auch im Sport. So ist der erste konkrete Schritt zur Fussball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland erfolgt: Die Auslosung des Spielplans für das Turnier, das vom 14. Juni bis zum 14. Juli 2024 stattfinden wird. In Hamburg interessierte aus Deutscher und aus helvetischer Sicht die Gruppe A, der Schottland, Ungarn und überdies eben Deutschland und die Schweiz angehören! «Losglück», vermeldeten die Schweizer Medien kurz nach der Auslosung, «Glücks-Gruppe» war die erste Reaktion aus Deutschland. «Endlich Deutschland!» (mit Ausrufezeichen) titelte die Zürcher «Sonntags-Zeitung» in ihrer Ausgabe, gleich nachdem der Spielplan der EURO 2024 feststand. «Gebt uns die Deutschen!» (mit Ausrufezeichen) richtete die Boulevardzeitung «Blick» einen Appell gegen den Fussball-Himmel, bevor es in der Elbphilharmonie in Hamburg zur Auslosungs-Sache ging – orchestriert durch ein nicht gerade sport-adäquates Stöhnen, initiiert durch einen Comedian, der das alles wohl als einziger lustig fand. Die Fussball-Götter und -Göttinnen erhörten das Flehen und die Wünsche aus allen Ecken sowie allen Enden und machten es möglich, dass Gastgeber Deutschland und die Schweiz am 23. Juni 2024 in Frankfurt, im letzten Gruppenspiel, aufeinander treffen werden. Die beiden Nationalmannschaften spielten letztmals an der WM-Endrunde 1966 in einem grossen Turnier gegeneinander; die Schweizer wurden damals nach einer 0:5-Packung regelrecht aus dem Hillsborough-Stadion von Sheffield gefegt. Alles andere als ein Sieg Deutschlands wäre eine Welt-Sensation gewesen.

Im kommenden Jahr sieht alles anders aus. Die Schweiz hat an Selbstbewusstsein gewonnen, auch wenn die Qualifikation zum Turnier nächstes Jahr nicht nur für Spieler und Trainer eine Tortur war. Mit «Losglück» meinen die Eidgenossen, dass man sich nun sehr wohl gegen Deutschland werde behaupten und allenfalls auch durchsetzen können, vielleicht dann anlässlich des Showdown am 23. Juni 2023, wenn die Teams aufeinander treffen. Die Bezeichnung «Glücks-Gruppe» ist für Deutschland nicht nur bitterer ernst, sondern belässt durchaus Raum für Ironie, oder wie es das mediale Sprachrohr Deutschlands, die «Bild»-Zeitung, sieht: «Da können sogar wir weiterkommen». So ist eben alles zumindest eine perspektivische Angelegenheit. Mit einem Schlag sind in der Schweiz und in Deutschland die Trainerkritiken verstummt: Nationaltrainer Murat Yakin freut sich jetzt auf die EURO 2024. Zumindest bis zum 23. Juni 2024 wird er seinen Vertrag erfüllen dürfen. Bundestrainer Julian Nagelsmann wird nach dieser Auslosung auch wieder besser schlafen, nachdem er nach den letzten Testspielen seiner Mannschaft arg unter Beschuss geriet, zuletzt nach der inferioren Leistung der Nationalmannschaft, welche jetzt auch wieder so heissen darf; nach einem 0:2-Debakel gegen … Österreich; die Deutschen schlichen regelrecht vom Platz. Apropos Österreich: Die Österreicher werden in der Gruppe D in jedem Fall auf Frankreich und auf die Niederlande treffen. Ob sich die zuletzt starken Auftritte des Teams von Ralf Rangnick, dem Deutschen Fussball-Professor, relativieren werden, dürfte sich dann bald zeigen. Fussball ist eben auch eine Frage der Relationen, nicht nur der Perspektiven. Sicher ist: Córdoba 1978 wird sich nicht wiederholen.

Frankreich – Schweiz bald 2:0

causasportnews / Nr. 1086/11/2023, 1. Dezember 2023

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(causasportnews / red. / 1. Dezember2023) Von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Am vergangen Wochenende sagte das Schweizer Sportparlament überwältigend Ja zu Olympischen Winterspielen 2030 in der Schweiz, drei Tage später die Ernüchterung: Das Internationale Olympische Komitee (IOK) vergibt die Spiele nach … Frankreich! Es tönte für die helvetische Sport-Funktionärs-Kaste an sich alles gut, und die Sport-Politiker, sekundiert von der Schweizerischen Sportministerin Viola Amherd, gaben sich siegessicher. Der Olympia-Zuschlag für 2030 wurde als gleichsam vollendete Tatsache dargestellt und medial entsprechend «verkauft». Denn offensichtlich wurde mit dem IOK alles vorbereinigt; dann kam der Hammer … aus Paris – nicht aus der IOK-Zentrale in Lausanne. Eine französische Alpen-Region wird 2030 die Olympischen Spiele durchführen. Die Meldung liess den Schweizer Traum vom dezentralen Sporterlebnis an verschiedenen Orten der Schweiz zum sport-politischen Albtraum (hier wäre wohl auch die Schreibweise Alptraum angebracht) werden. Innerhalb weniger Tage platzten Träume, Visionen und Hoffnungen. Feierte die Schweizer Sportelite den Entscheid des Schweizer Sportparlamentes vor nicht einmal einer Woche noch überschwänglich, und konnte sich die Sportministerin im Zustand grösster Erregung der grenzenlosen Freude hingeben («Diese Winterspiele in der Schweiz sind ein Riesen-Booster für unser Land»), herrscht nun bei Funktionären und der unbedarften Sportministerin dennoch Genugtuung und Hoffnung (Viola Amherd: «Es herrscht Freude»). Weshalb? Das IOK liess durchblicken, dass die Schweiz mit Blick auf die Olympischen Spiele 2038 in einen «privilegierten Dialog» mit den Gralshütern der Olympischen Idee in Lausanne, dem Sitz des IOK, treten dürfe. So viel Gnade versetzte die Sportministerin also trotz des erlebten sport-politischen Super-GAU in freudige Ekstase, während die rührigen Funktionäre, denen jegliches diplomatisches und Verhandlungs-Geschick abgeht, die Zuschlags-Schlappe wohl erst verdauen müssen. Sie gebärden sich diplomatisch vermeintlich klug und trösten sich über die vom IOK zugefügte Schmach des Nicht-Zuschlags bezüglich Olympia 2030 hinweg getreu dem Motto: «Wir sind immer oben, und wenn wir nicht oben sind, ist unten oben». Nüchtern betrachtet haben die Schweizer im weltpolitischen Sport-Pokerspiel wieder einmal versagt – so, wie das in der Globalpolitik längst zur Usanz geworden ist. Hier könnten sie von den Franzosen lernen, die sowohl in der Politik und in der globalen Sportpolitik geschickt(er) taktieren und letztlich immer wieder die Früchte ihrer cleveren Bemühungen ernten können, während die Schweizerinnen und Schweizer noch immer blauäugig an das Gute im Menschen glauben. Notfalls schicken die Gallier ihr bestes Pferd aus der Politik ins Rennen, wie derzeit Staatspräsident Emmanuel Macron, der sich als moderner Sonnenkönig gebärdet und die Olympia-Pläne Frankreichs zur Chefsache erklärte. Dem hatte die Schweiz mit ihrem unsäglichen Funktionärs-Filz und einer unbedarften Sportministerin im Gefolge nichts entgegenzusetzen. In der Welt hat sich die vom IOK übertölpelte Schweiz wieder einmal richtig blamiert. Mit dem IOK-Zuschlag von Olympia 2030 an Frankreich, der noch formalisiert werden muss, sind die Gallier gegen die Schweiz 1:0 in Führung gegangen.

Eigentlich steht der Wettkampf Frankreichs gegen die Schweiz schon fast 2:0. Frankreich (mit Emmanuel Macron) unternimmt derzeit vieles, um den Welt-Fussballverband (FIFA) von Zürich nach Paris zu lotsen. «Wetten, dass?» ist zwar Geschichte, aber die Wette gilt dennoch: Frankreich wird gegen die Schweiz früher oder später auch diesbezüglich gewinnen (vgl. auch causasportnews vom 21. November 2023).