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Der Fussball-WM-Vergabepoker mit Zerstörungspotential

causasportnews / Nr. 1067/10/2023, 8. Oktober 2023

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(causasportnews / red. / 8. Oktober 2023) Seit Geld und Geist im Sport um die Vorherrschaft kämpfen, dabei der Geist oft willig, das Fleisch aber schwach ist, wird alles versucht, um die Sport-Geldmaschinerie am Laufen zu halten, will heissen, noch rasanter an der pekuniären Spirale zu drehen. Dabei wird mit Blick auf Gewinnmaximierungen einiges in Kauf genommen. Das Sport-Marketing ist die Disziplin im Sport, welche dazu berufen ist, die wirtschaftliche Seite der Körper- und Geistesbewegung im Sport adäquat und immer intensiver zu gewichten. Wenn die Kasse stimmt, wird auch die Gefährdungswirkung mit Blick auf den Sport in Kauf genommen. Was im empirischen Marketing bedeutet: Jedes Produkt ist letztlich geeignet, sich selbst vernichten zu können.

Ein schönes, besser ein geradezu traumatisches Bild, wie das weltweit beste Sport-Produkt, die WM-Endrunde der Fussballer (sorry, liebe Frauen, es sind hier die Männer gemeint!), der Selbstzerstörung entgegenschlittert. Der Welt-Fussballverband FIFA macht es möglich. Die WM-Endrunde, die künftig noch aufgeblähter abgehalten wird, soll nicht mehr nur von einem Nationalverband und zudem in Schurken-Staaten (z.B. 2018 in Russland) durchgeführt werden, sondern in mehreren Ländern (ähnlich wie 2002 in Südkorea und Japan). Wie demnächst, 2026, wenn die Erzfeinde Amerika und Mexiko sowie Kanada die Fussballwelt willkommen heissen. Da kündigte US-Präsident Joe Biden auf wackligen Beinen und mit zittrigem Stimmchen soeben ziemlich kleinlaut an, an der von Donald Trump initiierten Mauer zwischen den USA und Mexiko werde weitergebaut. Mauern und Zäune können bekanntlich auch völkerverbindend sein, nicht nur der Sport und seine Schokoladenseiten. Apropos USA: Die FIFA als Organisatorin der Männer-WM gab kürzlich bekannt, 100 Arbeitsplätze von Zürich nach Amerika zu verlegen. Ein bisschen Opportunismus darf schliesslich auch sein. Das auch stets über der FIFA hängende US-Damoklesschwert darf den globalen Fussball schliesslich weder gefährden noch zerstören. Die Drei-Länder-WM 2026 wird nun von der Interkontinental-Weltmeisterschaft 2030 noch in den Schatten gestellt. Über drei Kontinente soll sich das grösste Fest des Sportes erstrecken, in Portugal, Spanien, Marokko, Argentinien, Uruguay und Paraguay wird gespielt werden. Nicht nur die anlässlich der WM-Endrunde herumreisenden Mannschaften werden einen «einzigartigen weltweiten Fussabdruck» hinterlassen, wie sich FIFA-Präsident Gianni Infantino, der «es» wohl richtig gedacht hat, zitieren liess (womit der Walliser natürlich nicht den ökologischen Fussabdruck gemeint hat), sondern auch für die global zirkulierenden Fans sind die 104 Spiele, die 2030 ausgetragen werden, eine Herausforderung. Danach wird 2034 der Weg frei sein für Saudiarabien, das Land, in das derzeit nicht nur abgehalfterte Kicker-Stars ziehen. Der Golfstaat pumpt seit geraumer Zeit Milliarden welcher Währung auch immer in den Sport, und er wird sich die Gastgeberrolle für den wichtigsten Sportanlass der Welt kaum mit anderen Ausrichtern teilen.

Selbstverständlich bedeuten diese Entwicklungen sowie der damit zusammenhängende WM-Austragungspoker nicht den Tod des von der Welt geliebten Fussballsportes. Sie könnten aber zum Mahnmal dafür werden, wie Geld den sportlichen Geist allmählich zu zerstören in der Lage ist. Der aktuelle und künftige WM-Vergabepoker, ein permanenter Prozess im Weltfussball, ist ein reales Beispiel dafür, wie die Fussball-WM-Endrunde, das weltweit beste Marketing-Produkt, allmählich dem «Gott Mammon» geopfert wird.

Virtuelles Gefahrenpotential

Home of FIFA, Zürich, © Ed Coyle

(causasportnews / red. / 27. Juni 2020) Im Zeitalter von „Corona“ sind Exzesse aller Art nicht zu verhindern. Insbesondere haben in dieser speziellen Situation ebenfalls die Stunden der Ignoranten und Dilettanten geschlagen (vgl. dazu auch etwa causasportnews vom 25. Juni 2020). Auch der Unverbesserlichen und Uneinsichtigen. So erlebt es derzeit beispielsweise der amtierende FIFA-Präsident Gianni Infantino, von dem seit Monaten kaum mehr etwas zu vernehmen ist; es sei denn im Zusammenhang mit dem Gerangel um den Schweizerischen Bundesanwalt, Michael Lauber, mit dem sich Gianni Infantino wohl im Zusammenhang mit Fussballvorgängen, die von den höchsten Schweizer Ermittlern untersucht werden, zwei- oder dreimal getroffen haben soll. Weder der Bundesanwalt noch der FIFA-Präsident wissen das genau; insbesondere auch nicht, was an diesen Treffen besprochen worden sein soll. Diesbezüglich hat Gianni Infantino kürzlich per FIFA-Mediendienst seine Integrität unterstreichen lassen. Aber sonst herrscht in dieser „Corona“-Zeit Ruhe in der FIFA-Zentrale auf dem „Sonnenberg“ in Zürich. Den Weltfussball dirigiert der Präsident aus dem Wallis zurückgezogen vom Präsidialbüro im „Home of FIFA“ aus. Mit dem Rückzug aus dem öffentlichen Leben können Gefahren aller Art abgewehrt und Probleme ausgesessen werden. Verkehrt wird miteinander, soweit notwendig, digital oder virtuell. Und das wiederum kann gefährlich werden. Video-und Telefon-Konferenzen, auf elektronischem Weg abgehaltene Versammlungen und weitere Möglichkeiten der indirekten Kommunikation beeinflussen das Verhalten der Mitmenschen. Sich etwa im Rahmen einer Versammlung offen zu äussern, verlangt nicht selten Mut. Bei realer Präsenz von Mitwirkenden ändert sich das Debattier- und Beschlussfassungsverhalten. So erklärt sich der Umstand, weshalb in Versammlungen die nicht offene Beschlussfassung zum unkalkulierbaren Faktor wird.

Und so hat es eben nun der FIFA-Präsident erlebt. Das strategische Organ der FIFA, der fast 40 Köpfe umfassende FIFA-Rat, hat sich in einer virtuellen Rats-Sitzung in wesentlichen Punkten gegen Gianni Infantino gewandt. Dabei wurde klar, was schon lange vermutet wird: Der Rückhalt des Schweizer Präsidenten schwindet. An der auf elektronischem Weg durchgeführten Abstimmung wandten sich die Vertreter aus den Kernmärkten des Fussballs, Europa und Südamerika, klar gegen vom Präsidenten unterbreitete Vorschläge. So musste er, der Uneinsichtige, etwa zur Kenntnis nehmen, dass der Terminierung der von ihm aufgeblähten und von den Top-Klubs ungeliebten FIFA-Klub-Weltmeisterschaft massive Opposition erwächst. Statt Ende dieses Jahres soll der Klub-Anlass frühestens im kommenden Jahr stattfinden. „Es könnte 2021 sein, 2022 oder 2023. Alles ist offen“, sagte der FIFA-Präsident nichtssagend. Ohne WM keine Vermarktungs- und Sponsorengelder. Das ist letztlich das Faktum. Schlecht angekommen im FIFA-Rat ist auch das Verhalten von Gianni Infantino bezüglich der Treffen mit Bundesanwalt Michael Lauber. Obwohl er nicht mehr weiss, wieviele Gespräche es waren und was dabei besprochen wurde, sagt er, dass solche Treffen wichtig, legitim und legal seien.-

Naja, „schau’n mer mal“, hätte sich hierzu Franz Beckenbauer früher schlicht und ergreifend geäussert. Auch im Fall von Ignoranten, Dilettanten und Uneinsichtigen. Eng könnte es nun dennoch sowohl für Michael Lauber als auch für Gianni Infantino werden. Falls demnächst Strafverfahren eröffnet werden sollten, wären beide Protagonisten mit Bezug zum Wallis wohl weg vom Fenster bzw. würden ihre Posten verlieren. Eine positive Meldung für Gianni Infantino war zum persönlichen Trost in der Causa Michel Platini zu vernehmen: Im Zusammenhang mit der Strafuntersuchung gegen den ehemaligen FIFA-Präsident Joseph Blatter ist das Verfahren auf den 65jährign Franzosen ausgeweitet worden. Damit dürfte für Gianni Infantino ein ernsthafter Gegenkandidat um das FIFA-Präsidium ausser Traktanden gefallen sein, falls er nicht vorher gestürzt wird. Allerdings werden derzeit auch andere, valable Namen von Kandidaten genannt, welche die Nachfolge von Gianni Infantino antreten könnten.