(causasportnews / rem. / 16. Mai 2016) Es war zuletzt auffallend ruhig geworden in Bezug auf das Thema „wettbezogene Sportmanipulationen“. Keine Manipulationsskandale à la „Hoyzer“ und „Sapina“ kamen ans Licht, und die Strafverfolgungs- bzw. Polizeibehörden verkündeten keine weit verbreiteten Manipulationen mehr (wie zuletzt Europol). Hatte der Kampf gegen diese Art der Bedrohung der Integrität des Sports also Wirkung gezeigt, ist das Problem in den Griff bekommen worden? – Weit gefehlt, vielmehr ist das Gegenteil der Fall. So ist es jedenfalls einem jüngst veröffentlichten „Bericht“ der Organisation für Wirtschaft und Zusammenarbeit (OECD) zu entnehmen.
Der entsprechende Bericht mit dem Titel „Unerlaubter Handel – Konvergierende kriminelle Netzwerke“ (im englischen Original: „Illicit Trade – Converging Criminal Networks“) wurde unter der Ägide der OECD Task Force gegen unerlaubten Handel erstellt und enthält einen Überblick über entsprechende Vorgänge in sieben (Wirtschafts-) Sektoren, darunter nun eben auch der Sport, genauer: die „Sportmanipulationen als Wirtschaftskriminalität“ (S. 241 ff. des Berichts). Die Erkenntnisse der Autoren sind dabei durchaus potenziell aufschreckend: Der Umstand, dass die Massnahmen gegen illegale Wetten und die Rahmenvorgaben für die Organisation des Sports lediglich einen Flickenteppich darstellten, würde dazu genutzt, die kriminelle Wirtschaft zu nähren, indem dadurch emöglicht würde, riesige Mengen von kriminellen Erträgen zu waschen. Es sei anzunehmen, dass die Zahl der Fälle von Sportmanipulationen viel höher sein könnte als gegenwärtig bekannt. Schuld daran seien ungenügende Aufdeckungs- und Überwachungssysteme (was die Sportorganisationen und Wettanbieter, die solche Systeme betreiben, natürlich nicht sehr gerne hören werden). Als Folgerung fordern die Autoren des entsprechenden Berichtsabschnitts effektivere Präventivmassnahmen sowie einen Ausbau der Mittel zur Aufdeckung bzw. Meldung von relevanten Vorfällen; all dies im Rahmen eines international koordinierten Ansatzes.
Bei näherer Betrachtung relativiert sich der entsprechende Abschnitt des OECD-Berichts indessen – zumindest teilweise – selbst. So handelt es sich bei seinen beiden Autoren nicht um OECD-eigene Experten, sondern um zwei Exponenten des „International Centre for Sport Security“ (ICSS), die über weite Strecken lediglich einen früheren, vom ICSS bereits im Jahre 2014 publizierten Bericht zur fraglichen Thematik „wiederkauen“. Der Neuigkeits- bzw. gar Sensationsgehalt des OECD-Berichtsteils (bezüglich dessen in Anbetracht dieser Umstände auch fraglich erscheint, ob er denn überhaupt als „OECD“-Bericht bezeichnet werden kann) ist demnach doch eher bescheiden. Zudem fällt auf, dass das ICSS u.a. einen international koordinierten Ansatz im Bereich des Schutzes der Integrität des Sports zur Verfügung zu stellen bestrebt ist, und dass die Autoren des fraglichen OECD-Berichtsabschnitt genau einen solchen Ansatz als ein entscheidendes Mittel zur Verbesserung der Bekämpfung von (wettbezogenen) Sportmanipulationen propagieren (s.o.). Diese „Konvergenz“ – um den Untertitel des OECD-Berichts zu bemühen – ist aber vermutlich reiner Zufall …