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Sebastian Coe als IOK-Präsidentschafts-Kandidat abgeschmiert

causasportnews.com – 28/2025, 22. März 2025

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(causasportnews / red. / 22. März 2025) «Wer könnte Sebastian Coe gefährlich werden?», titelte «causasportnews» vor dem Präsidentschafts-Wahlgeschäft des Internationalen Olympischen Komitees (IOK) am 20. März 2025 (vgl. causasportnews vom 18. März 2025). «Nur die IOK- und Sport-Gesetzmässigkeiten», wäre wohl die richtige Antwort. Unter rationalen Gesichtspunkten wäre der Brite Sebastian Coe der «logische», neue Präsident des IOK gewesen. Als Nachfolger des scheidenden Thomas Bach wollte er wohl aber zuviel Neues ins oberste Sportamt der Welt tragen, und wohl ebenso zuviel niederreissen, was der abtretende Deutsche Sport-Apparatschik Thomas Bach während seiner Präsidentschaft aufgebaut hatte. So war Sebastian Coe auch nicht der «Kronfavorit» und wurde wohl bei der Präsidentschaftswahl Nahe von Olympia anlässlich der 144. IOK-Session vor allem ein Opfer der Bach’schen Macht- und Machterhaltungsspiele. Nüchtern betrachtet war die Nicht-Wahl des Britischen Ex-Leichtathleten eine Sensation. Mit lediglich 8 Stimmen schmierte er geradezu brutal ab. Das Rennen um das oberste Sportamt der Welt machte die favorisierte Kandidatin von Thomas Bach, die 41jährige Sportministerin aus Zimbabwe, Kirsty Coventry, die zweifache Olympiasiegerin im Schwimmen. Vordergründig zeigte sich das oft als Altherren-Club bezeichnete IOK mit der Wahl einer für diesen Zirkel jungen Frau aufgeschlossen und den Trends der Zeit folgend. In Wahrheit wird der formell als Präsident scheidende Deutsche Thomas Bach mit der Wahl seiner Nachfolgerin und Favoritin weiterhin seinen Einfluss im Olympia-Geschäft geltend machen können. Etwas, was mit einer Nomination des selbstbewussten Sebastian Coe nicht mehr möglich gewesen wäre.

So kam es, dass Kirsty Coventry in der IOK-Session schon im ersten Wahlgang mit 49 von 97 Stimmen als erste Frau in der Geschichte des IOK zur Präsidentin des Schweizer Vereins IOK (mit Sitz in Lausanne) gewählt wurde. In den nächsten zwölf Jahren wird sie Gelegenheit haben, der Olympischen Familie und der Welt zu zeigen, dass das Herausragendste an ihr nicht das Geschlecht ist. Der gewiefte Strippenzieher Thomas Bach hat es mit der Wahl der ehemaligen Erfolgs-Schwimmerin geschafft, seine eigene Macht nach der formellen Präsidiums-Beendigung im Spannungsfeld von Sport, (Sport-) Politik und Wirtschaft zu zementieren und zu perpetuieren. Der ehemalige Deutsche Olympiasieger im Fechten steht mit seinen nicht einmal 72 Jahren geradezu im Olympischen Novizenalter. Er wusste genau, dass derzeit Frauen in Spitzenämtern so gesellschaftsfähig sind wie noch nie. Die Wahl der Afrikanerin, die wegen ihrer politischen Aktivitäten in Simbabwe nicht unumstritten ist, war eine Meisterleistung des sport-politischen Taktierens durch Thomas Bach zwecks eigener Machterhaltung, frei auf den ehemaligen Olympiasieger anwendbaren Grundsatz: «Es spielt keine Rolle, wer unter mir Präsident, bzw. nun Präsidentin ist». US-Präsident Donald Trump dürfte an dieser Wahl wenig Freude haben. Die grundsätzlich gezielte Förderung von Frauen widerspricht in seinen Augen dem Leistungsprinzip. Das Wort «Diversität» ist ihm ein Gräuel. Das alles stört Thomas Bach nicht im Geringsten. Seine Sympathien gehören bekanntlich eh Russland.

IOK-Präsidentenwahl: Wer könnte Sebastian Coe gefährlich werden?

causasportnews.com – 26/2025, 18. März 2025

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(causasportnews / red. 18. März 2025) Die Wahl des Nachfolgers oder der Nachfolgerin des langjährigen Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOK), Thomas Bach, wird am 20. März 2025 stattfinden. Nach zwölf Jahren an der Spitze des IOK, einem Schweizer Verein mit Sitz in Lausanne, geht die Ära des bald 72jährigen Funktionärs alter Schule definitiv zu Ende. Das ist eine Überraschung, denn in den Augen vieler Menschen auf dem Planeten galt der Deutsche als Funktionär, der nicht loslassen kann. Mit einer IOK-Statutenänderung hätte Thomas Bach, der Mannschafts-Olympiasieger im Fechten von 1976 in Montreal, die Amtsverlängerung durchsetzen können. Der mehrheitlich ungeliebte und umstrittene Deutsche dürfte jedoch erkannt haben, dass seine Zeit als IOK-Präsident definitiv abgelaufen ist. Thomas Bach war ein gewiefter Taktiker; er galt als Funktionärs-Apparatschik, der sich in der Sport-Weltpolitik allerdings immer wieder verhedderte und dem vorgeworfen wurde, Sportliches (als IOK-Präsident), Berufliches (als promovierter Jurist und Wirtschaftsanwalt) sowie Privates (als gewiefter Strippenzieher) zumindest unangebracht zu vermengen. Seit 2013 bekleidete er das höchste Amt im Weltsport. Seine Amtszeit war geprägt von etlichen Peinlichkeiten, vor allem mit Bezug auf Russland. 2014 lobte er die Olympischen Spiele in Sotschi (vom 7. bis 23. Februar 2014) und Putin-Russland über den grünen Klee, um dann miterleben zu müssen, wie eben dieses gelobte Russland im März 2014 die Krim annektierte und so den Krieg gegen die Ukraine lostrat. Sein Umgang mit dem russischen Staatsdoping bewirkte, dass Thomas Bach Naivität und Einfältigkeit nachgesagt wurde. Wäre nun die Amtsdauer des oft tollpatschig daherkommenden, ehemaligen Fecht-Olympiasiegers nicht so oder so zu Ende gegangen, wäre Thomas Bach wohl der Präsident gewesen, der über Russland stolperte. Nach dem Kriegsbeginn Russlands gegen die Ukraine anfangs 2022 fuhr der IOK-Präsident mit dem Ausschluss, bzw. Nicht-Ausschluss, bzw. mit dem ein bisschen-Ausschluss russischer Sportlerinnen und Sportler einen eher russenfreundlichen Kurs. Wie dem auch sei. Mit dem Abgang von Thomas Bach wird wohl das Kapitel des Apparatschik-Funktionärstums im IOK in der bisherigen Form ein Ende haben.

Als Favorit für das höchste Präsidentenamt im Weltsport gilt der ehemalige britische Mittelstreckenläufer Sebastian Coe. Als ehemaliger, erfolgreicher Sportler, der insgesamt zwei Olympische Goldmedaillen gewann, der in der Politik aktiv war und als langjähriger Sportfunktionär Erfahrungen sammelte, verfügt der 68jährige Brite das Rüstzeug, um den globalen Sport durch die tosenden Stürme dieser Zeit zu führen. Alles andere als eine Wahl von Sebastian Coe in dieser Woche wäre eine Sensation. In der Nähe von Olympia, in Griechenland, steigen neben Lord Coe nur zwei weitere, ernstzunehmende Kandidaten, bzw. eine Kandidatin, in den Ring. Da wäre einmal die Favoritin des abtretenden Thoms Bach, die Sportministerin Simbabwes, Kirsty Coventry. Sie gehört dem IOK-Zirkel seit längerer Zeit an und holte als ehemalige Schwimmerin zwei Olympische Goldmedaillen. Ihr Handikap: Mit 41 Jahren ist sie für das Amt etwas gar jung. Chancen werden zudem dem 65jährigenm Spanier Juan Antonio Samaranch junior eingeräumt. Seinen Vater kennt die Welt als langjährigen, teils nicht unumstrittenen IOK-Präsidenten (1980 – 2001).

Die Wahl der neuen IOK-Präsidentin oder des IOK-Präsidenten wird nicht nach dem Slogan «Wahltag ist Zahltag» erfolgen. Im IOK heisst es in dieser Hinsicht eher: «Die Karten werden neu gemischt». So schaut die Welt einigermassen gebannt und gespannt nach Griechenland, wenn nun in der Nähe von Olympia das höchste Sport-Funktionärsamt zu vergeben ist.

Wird Sebastian Coe Nachfolger von IOK-Präsident Thomas Bach?

causasportnews / Nr. 1183/09/2024, 22. September 2024

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(causasportnews / red. / 22. September 2024) Er hat es nach Abschluss der Olympischen Sommerspiele in diesem Sommer in Paris verkündet, und nun wird es konkret: Der amtierende Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOK), der Deutsche Olympiasieger von 1976, Dr. Thomas Bach, wird einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin Platz machen. Der 70jährige Wirtschaftsanwalt aus der Fecht-Hochburg Tauberbischofsheim (Baden-Württemberg), dem es oft schwerfiel, persönliche, wirtschaftliche und sportliche Interessen auseinanderzuhalten und der sich zuletzt insbesondere wegen seiner Nähe zum russischen Sport im IOK und in der Sportwelt immer mehr isolierte, will nach zwei Präsidial-Amtsperioden nicht mehr kandidieren (was aufgrund der Satzungen und mit Blick auf das Alter des Top-Funktionärs auch kaum mehr möglich wäre). Damit ebnet er wohl den Weg für den ehemaligen Leichtathleten Sebastian Coe ins IOK-Präsidium.

Wie es so ist, wenn man aus einer wichtigen Position ausscheiden will oder muss, oder auch einen Rückzug ins zweite Glied vorbereitet, liegen die Dinge bei Thomas Bach, der als gerissener Anwalt und im Sport als globaler Strippenzieher gilt, nicht anders: Man ist in jeder Hinsicht und vor allem gesellschaftlich «abgemeldet». So verhält es sich auch mit Thomas Bach, über dessen Rücktritt nun kaum mehr ein Wort verloren wird.

Das Interesse konzentriert sich derzeit vielmehr auf seine Nachfolge. Die Wahl des neuen IOK-Präsidenten oder -Präsidentin soll im März 2025 erfolgen. Der Präsident oder die Präsidentin wird das Amt am 24. Juni 2025 antreten. Es dürfte wohl keine Frau sein, die auf Thomas Bach folgen wird und das wichtigste und höchste Amt im Weltsport übernehmen soll. Im Rennen um das höchste IOK-Amt scheint der Brite Sebastian Coe über die besten Karten zu verfügen. Der smarte «Lord» gewann in jüngeren Jahren sogar eine Olympische Goldmedaille mehr als Thomas Bach. In der Disziplin 1500 Meter-Lauf war er 1980 und 1984 nicht zu schlagen. Unter anderem ist der Londoner derzeit Präsident des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF). Bei Sebastian Coe stimmt an sich alles, doch ein Wermutstropfen ist auch bei ihm auszumachen: Er wird am kommenden Sonntag, 29. September 2024, bereits 68 Jahre alt. Bis vor kurzem war das fortgeschrittene Alter so etwas wie eine unabdingbare Basis für eine erfolgreiche Funktionärs-Karriere. Das war insbesondere im IOK so. Noch jetzt sind die über 100 Mitglieder durchwegs eher altgediente Funktionäre des Vereins IOK, das seinen Sitz in Lausanne hat. Schön an den Vereins Satzungen auch des IOK ist es, dass sie sich leicht ändern und allenfalls den realen Gegebenheiten anpassen lassen. In der «Causa Sebastian Coe» müssten insbesondere Altersbestimmungen angeglichen werden. Sonst spricht nichts gegen einen neuen Präsidenten Sebastian Coe, der das Rennen um den Top-Posten wohl so eindrücklich für sich entscheiden wird, wie er als Aktiver in der Leichtathletik brillierte.

Doch zuerst muss auch diese Wahl über die Bühne gehen. Es kandidieren neben Sebastian Coe der 60jährige Prinz Feisal bin al-Hussein aus Jordanien, der Sohn des ehemaligen IOK-Präsidenten Juan Antonio Samaranch, Juan Antonio Samaranch Junior (64jährig) aus Spanien, der französische UCI-Radsport-Verbandspräsident, David Lappartient (51jährig), aus dem Turn-Sport Morinari Watanabe (65 jährig, aus Japan) sowie der schwedisch-britische Geschäftsmann und Präsident des Internationalen Skiverbandes (FIS), Johan Eliasch (62jährig). Der bisher einzigen Frau auf der Kandidaten-Liste, der 41jährigen Sportministerin Kirsty Coventry aus Simbabwe, werden lediglich Aussenseiter-Chancen eingeräumt. Klar: Bis in einem halben Jahr kann noch vieles geschehen…

Mehr Stimmung und «communiter», weniger citius, altius, fortius

causasportnews / Nr. 1170/08/2024, 13. August 2024

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(causasportnews / red. / 13. August 2024) Seit dem späten Sonntagabend, 11. August 2024, sind die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris Geschichte. Was heisst, die Menschheit in einer schnelllebigen Zeit schaut kurz zurück und wendet sich rasch Künftigem zu. Was bleibt also an Erinnerungen? Bei Konsultation der finalen Medienberichte zur bedeutendsten Sportveranstaltung dieses Jahres wird Paris 2024 praktisch und analytisch auf einen Nenner gebracht: Es herrschte während zwei Wochen in der Stadt der Liebe durchwegs eine gute Stimmung – bei Betonung der jüngsten, olympischen Maxime, «communiter» (gemeinsam, wohl als Synonym gemeint für permanente Festivitäten mit Cirque du Soleil-Attitüden)! Der objektive Betrachter der Szene wird den Eindruck nicht los, als sei diese gute Stimmung über alles der wichtigste Aspekt der Spiele in Paris gewesen. Was sich auch im Klamauk anlässlich der Eröffnungsfeierlichkeiten (Alpha) und der Schlussfeier (Omega) manifestierte. Wohl ein Vorgeschmack auf die Spiele 2028 in Los Angeles… Dazwischen herrschte emsiges, sportliches Treiben, aber die olympische Ur-Maxime des citius (schneller), altius (höher), fortius (stärker) alleine, der von der Funktionärs-Elite des Internationalen Olympischen Komitees (IOK) sinnigerweise noch mit communiter angereichert und für bedeutungsvoll erklärt wurde, stand nicht mehr im Vordergrund.

Zwar wurden in 32 Sportarten 329 Medaillensätze vergeben, aber wer kann in dieser Vielfalt sportlicher Aktivitäten z.B. eine markante Sportpersönlichkeit ausmachen, welche die Spiele in Paris geprägt hat? So bleiben nüchterne Analysen und die göttliche, polit-bezogene Fügung, dass die USA gemäss Medaillenspiegel die erfolgreichste Sport-Nation in Paris war (mit 40 gewonnenen Goldmedaillen, gleichviel wie China übrigens; die Amerikanerinnen und Amerikaner sicherten sich insgesamt 126 Medaillen, China deren 91). Das Gastgeber-Land Frankreich belegte als beste, europäische Sportnation gemäss Medaillenspiegel (total 64 Medaillen) den 5. Platz.

Die Nationen-Bilanzen nach Paris fallen zwiespältig aus. Die Schweiz sicherte sich beispielsweise insgesamt acht Medaillen, wobei lediglich eine goldene Auszeichnung resultierte (in Tokio 2021 gewann die Schweiz immerhin drei Goldmedaillen). Der Schweizer Delegationsleiter, Ralph Stöckli, unterstrich neben der guten Stimmung in Paris die «sehr solide Leistung» der Medaillengewinnerinnen und -gewinner (wobei die Frauen deutlich bessere Resultate erzielten als die Männer). «Solide» bedeutet selbstverständlich mittelmässig und vor allem: In punkto mögliche Leistungen existiert noch «Luft nach oben»; was mit Blick auf die neun undankbaren vierten Plätze Schweizer Sportlerinnen und Sportler eine entsprechende Einschätzung rechtfertigt. Quo vadis Schweizer Sport also (wohin gehst Du?) ist wohl die Frage, die es zukunftsgerichtet zu beantworten gilt (Deutschland ist bei der Lagebeurteilung der Spiele in Paris wenigstens ehrlich: Mit der Medaillenausbeute ist niemand zufrieden). Quo vadis Olympia aber auch wird zum Thema. Mehr Stimmung, Klamauk und Gigantismus geht praktisch nicht mehr. Oder doch? Und in welcher Welt-Metropole soll das noch möglich sein? Deshalb die Flucht nach Hollywood? Darum wird sich nun insbesondere der Nachfolger von IOK-Präsident Thomas Bach kümmern müssen. Der 70jährige Deutsche will seinen Präsidenten-Sessel im kommenden Jahr räumen, was für den Welt-Sport keine schlechte Nachricht darstellt. Gute Chancen auf die Nachfolge von Thomas Bach werden dem ehemaligen, britischen Leichtathleten Sebastian Coe eingeräumt. Der 67jährige, zweifache Olympia-Goldmedaillen-Gewinner und mehrfacher Weltrekord-Halter wäre auch für den globalen Sport ein Hoffnungs-Träger. Zumindest könnte seine Wahl zum IOK-Präsidenten ein globaler Paradigmenwechsel im Sinne des ursprünglichen Sport-Gedankengutes bewirken. Gute Stimmung alleine ist kein nachhaltiges Erfolgsrezept für den olympischen Sport. Natürlich darf Sport auch das Ursprüngliche im Auge behalten, im Sinne des «disportare» (sich zerstreuen); aber nicht nur und nicht noch intensiver als in Paris.

Citius, altius, fortius – oder darf’s doch ein bisschen langsamer sein?

causasportnews / Nr. 1129/04/2024, 9. April 2024

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(causasportnews / red. / 9. April 2024) Seit im Jahr 1844 Michel Bréal die Schlagworte «citius – schneller, «altius» – höher, «fortius» – stärker, worunter auch «weiter» verstanden wird», als Motto für den Sport der Neuzeit vorschlug und die entsprechende Idee dannzumal auch verabschiedet worden ist, wird dieser trilogische Slogan bei jeder sich bietenden Gelegenheit thematisiert. Zwischenzeitlich hat der amtierende Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOK), Thomas Bach, noch einen draufgegeben: Der Sport soll neben schneller, höher und weiter auch «communiter» (gemeinsam) sein, wobei diesbezüglich die Steigerungsform wohl bewusst weggelassen worden ist; gemeinsamer geht denn doch nicht. Seit 2021 bedeutet der Sport nach dem Willen des höchsten Olympioniken also nicht nur Leistungssteigerung, sondern bildet vor allem eine Wohlfühloase der Menschen, die sich bekanntlich auch ausserhalb des Sportes lieben, achten und schätzen (sollen).

In traditioneller Hinsicht bleibt der Sport jedoch ein Leistungsmessen. Etwa im Radsport. In dieser Sparte ist schneller und schneller angesagt. Oder anders: Wer bremst, verliert. Bremsen ist nicht das Ding des Radstars Mathieu van der Poel. Der Holländer ist bei Radrennen das Mass aller Dinge. Beim Rad-Klassiker von Paris nach Roubaix am letzten Sonntag trat der 29jährige Ausnahmekönner plötzlich unwiderstehlich an und beendete das berühmte Eintagesrennen nach einer 60 Kilometer-Soloflucht als Erster. Er fuhr letztlich schneller (eben citius) als die Konkurrenz; so einfach ist das Erfolgsrezept im Radsport. Doch seit dieser noch jungen Strassen-Saison 2024 ist klar, dass der Radsport immer gefährlicher wird. Furchterregende Stürze, schwere Verletzungen und immer wieder «Massaker auf der Strasse», so beschreiben die Medien den Zustand des aktuellen Radsports. Es hat aber aktuell nicht nur «Mitfahrer» erwischt. Auch Remco Evenpoel, Promoz Roglic und Jonas Vingegaard gehören zu den Sturzopfern, die teils schwere Verletzungen erlitten haben. Der Internationale Radsportverband (UCI), Tour-Organisatoren und Sportler selber sehen nur eine Lösung, um den gefährlich gewordenen Radsport zu entschärfen: Weg vom «citius», will heissen: Verlangsamung der Rennen um jeden Preis. Die Entschärfung von Rennstrecken, etwa durch den Einbau von Schikanen, gestaltet sich aber auf gegebenen Strassen nicht so einfach, wie dies wünschenswert wäre. Das Problem ist letztlich bei den Fahrern selber zu orten, welche immer höhere Risiken einzugehen bereit sind.

Das Geschwindigkeits-Risiko ist nicht nur zum Problem im Radsport geworden. Auch der alpine Skisport erlebte 2023/24 eine geradezu dramatische Selektion von teils Top-Fahrerinnen und -Fahrern durch brutale Stürze und Unfälle. Der Norweger Aleksander Kilde, um nur einen Namen zu nennen, kämpft sich nach einem schweren Rennunfall in Wengen anfangs dieses Jahres zurück an die Spitze; es ist derzeit nicht sicher, ob er künftig und bereits in der nächsten Ski-Saison an seine bisherigen Erfolge wird anknüpfen können. Häufig wie nie mussten im vergangenen Winter Speed-Rennen unterbrochen werden, um Helikopter-Bergungen von schwer gestürzten Fahrerinnen und Fahrern zu ermöglichen. In der kommenden Saison sollen die Speed-Rennen bei den Frauen und bei den Männern nun verlangsamt werden. Freiwillig werden Fahrerinnen und Fahrer keine Konzessionen an die Risikobereitschaft machen.

Im Rad- und im Skirennsport lässt sich das «citius» nicht einfach durch eine Vernunftmaxime ersetzen. Den Akteurinnen und Akteuren müssen wohl durch andere Mittel Grenzen gesetzt werden, um ihre Risikobereitschaft einzudämmen. In beiden Sparten muss es letztlich einfach ein bisschen langsamer werden.

Olympische Spiele – Wunschträume und Realitäten

causasportnews / Nr. 1079/11/2023, 12. November 2023

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(causasportnews / red. / 12. November 2023) In einer aus den Fugen geratenen Welt erscheinen Olympische Spiele mit den bekannt hehren Ideen wie Anachronismen. Ziemlich aktuell: In etwa acht Monaten messen sich im Rahmen von Olympia über 10 000 Athletinnen und Athleten in 32 Sportarten in 41 Wettkampfstätten. Erstmals seit 1924 wird Paris Austragungsort des Grossanlasses sein. Die Welt schaut skeptisch und teils besorgt auf die Stadt an der Seine. Geht es um die Spiele, die zwischen dem 26. Juli und dem 11. August 2024 ausgetragen werden sollen, schaudert es die Sicherheits-Verantwortlichen. Standen 1924 bezüglich dieses Grossanlasses Logistikthemen im Vordergrund, sind es 100 Jahre später vor allem die in den Vordergrund gerückte Sicherheit, die im Rahmen einer derartigen Grossveranstaltung gewährleistet sein muss. Das beginnt bereits bei der Teilnahme der Wettkämpferinnen und Wettkämpfer, wenn sich Staatsangehörige Russlands, Weissrusslands, der Ukraine, Israels, der USA, Palästinas, Libanons, Irans, Syriens, Afghanistans, Somalias, des Südsudans, Serbiens, Kroatiens, Chinas, Nord- und Südkoreas, usw. in natürlich friedlichen und freudvollen Wettkämpfen messen. Vielleicht sind es nicht einmal nur die Athletinnen und Athleten, die sich vor Ort ins Gehege kommen (das gemeinsames Duschen aller Teilnehmenden nach den Wettkämpfen ist längst abgeschafft), aber eventuell werden die Fans, die im Sport in vielerlei Hinsicht zu «Problem-Fans» geworden sind, zum Sicherheits-Generalthema. Die Stadt der Liebe könnte zur Kapitale der Hiebe werden. Frankreich ist seit Jahren extrem «Attentats-gefährdet»; vor allem die jüdische Gemeinde fühlt sich bedroht. Religions- und andere Kämpfe finden in der heutigen Zeit durchwegs exterritorial statt: Zwar nicht in Paris, aber in Brüssel hat vor einigen Wochen ein Tunesier, ein Anhänger des «Islamischen Staates», am Rande eines Fussballspiels zwischen Belgien und Schweden zwei schwedische Fans erschossen. Solches könnte sich auch in Frankreich ereignen. Schlechte Erinnerungen an das Olympia-Attentat von München 1972 werden wach.

In acht Monaten kann viel geschehen, jedoch lässt sich der Schirmherr über die Spiele, das Internationale Olympische Komitee (IOK), mehrheitlich von Träumereien treiben und blendet die Realitäten gekonnt oder gezwungenermassen aus. Nur schon muss die «Causa Russland» mit Blick auf Olympia 2024 geregelt und gelöst werden, weil Frankreich und die Bürgermeisterin von Paris sich gegen die Teilnahme von Sportlerinnen und Sportlern aus Russland und Weissrussland ausgesprochen haben. Anne Hidalgo will in ihrer Stadt auch keine Teilnehmenden aus diesen Ländern unter neutraler Flagge dulden (ein bewährter Taschenspieler-Trick des IOK, um Unmögliches doch möglich zu machen). Irgendwann wird in den nächsten Monaten eine Entscheidung in der Russlandfrage fallen müssen, denn das opportunistische IOK ist tendenziell pro Russland und pro Weissrussland eingestellt. Bemerkenswert ist die Position Deutschlands in dieser sport-politisch brisanten Frage. Seit Kriegsausbruch im Februar 2022 waren Deutsche Sportpolitiker und Funktionäre strikte gegen eine Teilnahme Russischer Athletinnen und Athleten in Paris. Diese unverrückbare Haltung bekommt nun Risse, und Deutschland muss wohl auf einen Schmusekurz mit dem IOK, das von einem angepassten und beugsamen Deutschen (Thomas Bach) angeführt wird, einschwenken, sonst verbauen sich die Deutschen Sommermärchen-Anhänger die Chance, den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2036 im eigenen Land zu bekommen. Wieder einmal bewahrheitet sich Bertold Brechts Feststellung: «Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral».

Die Olympischen Sommerspiele in Paris stehen also vor der Türe, und männiglich wäre wohl nicht unglücklich, es gäbe einen Knall, und das Kalenderblatt würde den 12. August 2024 anzeigen. Doch die weitsichtigen Franzosen schauen schon in die entferntere Zukunft und haben soeben verlauten lassen, im gallischen Raum 2030 Olympische Winterspiele organisieren zu wollen! Falls sich die Welt dann überhaupt noch (einigermassen vernünftig) dreht, dürfte das Thema «Sicherheit» auch dann zentrale Bedeutung erlangen. Schon längst vergessen ist selbstverständlich das Jahr 1992, als Olympische Spiele in Albertville ausgetragen wurden, in einem Jahr, als der Terminus «Nachhaltigkeit» weder bekannt war noch vielseitig verwendet wurde. Die Sportanlagen und Unterkünfte im Departement Savoyen sind längst nur noch Bauruinen. Doch in der Not frisst der Teufel Fliegen, so auch das IOK, dem die akzeptablen Austragungsstätten für Olympische Spiele wegbrechen. Deshalb werden für die Austragung der Winterspiele 2030 auch Salt Lake City, Stockholm und die Schweiz (!) genannt.

So schauen die Welt und die globale Sport-Gemeinde so gespannt wie unsicher in die Zukunft. Die zentrale Frage bleibt: Welche Wunschträume lassen sich in diesem universalen Chaos überhaupt (noch) realisieren?

Asienspiele ohne Russland und Weissrussland

causasportnews / Nr. 1056/09/2023, 7. September 2023

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(causasportnews / red. / 7. September 2023) Es entspricht einer notorischen Tatsache, dass sich das Internationale Olympische Komitee (IOK) schwer tut, Sportlerinnen und Sportler aus den Kriegstreiber-Ländern Russland und Weissrussland vom internationalen Sport fernzuhalten. Insbesondere der IOK-Präsident Thomas Bach (Deutschland) gilt als wankelmütiger Opportunist in der Frage, wie in sportlicher Hinsicht mit den Schurkenstaaten Russland und dem Russland-Steigbügelhalter Weissrussland umzugehen sei. Die Meldung, welche vor ein paar Tagen verbreitet wurde, erregte deshalb Aufsehen: Die Asienspiele, die vom 23. September 2023 bis zum 8. Oktober 2023 in der Chinesischen Stadt Hangzhou stattfinden werden, erfolgen ohne russische und weissrussisch Beteiligungen! Zuvor hatte der Olympische Rat Asiens (OCA) noch entschieden, Athletinnen und Athleten beider Länder als neutrale Teilnehmer des Multisport-Events antreten zu lassen. Nun verlautete aus Lausanne, dem Sitz des IOK, dass die Sportlerinnen und Sportler der beiden Länder in China nicht teilnehmen könnten. Wahrscheinlich fürchtet das IOK als oberster Schirmherr der Spiele, Nachteile, etwa mit Blick auf Sponsoringerträge und der Werbeindustrie. Viele Unternehmen und Weltkonzern wollen sich bei grossen Sportanlässen nicht in irgendeinem Zusammenhang mit Russland und Weissrussland positionieren. Zudem ist China als Austragungsort von Sportveranstaltungen alles andere als unproblematisch. Die Teilnahme-Entwicklung und der Ausschluss des russischen und des weissrussischen Sportes mit Bezug auf die diesjährigen Asienspiele lassen erahnen, in welche Zwickmühle das IOK etwa mit Blick auf die Olympischen Sommerspiele im kommenden Jahr in Paris geraten könnte. Frankreich lehnt die Teilnahme russischer und weissrussischer Athletinnen und Athleten ab, das IOK gebärdet sich tendenziell wankelmütig und willfährig.

Nicht nur die ukrainische Propaganda befeuert die Bestrebungen mit Blick auf den Ausschluss Russlands und Weissrussland vom globalen Sport – aber auch. So sind Zahlen genannt worden, mit denen die Grausamkeit vor allem Russlands in diesem Krieg untermauert werden soll: Nicht zu erhärten ist selbstverständlich, wieviele Sportlerinnen und Sportler aus der Ukraine in dieser von den Russen angerichteten Tragödie bisher ums Leben gekommen sind. Im Frühjahr gab das Sportministerium der Ukraine bekannt, seit Beginn des Angriffskrieges seien 287 Sportlerinnen, Sportler und Trainer getötet worden. Viele von ihnen überlebten als Angehörige der ukrainischen Armee das Grauen nicht. Dass zudem gegen 350 Sportstätten in der Ukraine zerstört wurden, verschlimmert das Bild des Schreckens im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskriege noch mehr. Evident ist, dass diese Zahlen nicht dazu angetan sind, die Integration des russischen und des weissrussischen Sportes in den globalen Sport zu vereinfachen.

Olympische Winterspiele 2030: In der Hitze geplant, in der Kälte gestorben?

causasportnews / Nr. 1049/08/2023, 20. August 2023

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(causasportnews / red. / 20. August 2023) In der aktuellen Hitzeperiode, die derzeit Europa fest im Griff hat, kommt es einem Anachronismus gleich, etwa an Olympische Winterspiele zu denken. Doch das geschieht derzeit in der Schweiz. In zeitlicher und thematischer Hinsicht ist dies allerdings kein Zufall. Dass im Moment Olympische Winterspiele in der Schweiz zum Thema werden, ist nachvollziehbar. Das Internationale Olympische Komitee (IOK), ein Verein nach Schweizerischem Recht mit Sitz in Lausanne am Genfersee, ist verzweifelt, und die Schweiz als IOK-Sitzstaatgeberin, ist bestrebt, den Olympioniken irgendwie aus der Patsche zu helfen. Die letzten drei Austragungsorte Olympischer Winterspiele waren Sotschi (Russland; 2014), Pyeongchang (Südkorea; 2018) und Peking (China; 2022), alles keine Wunsch-Austragungsorte – oder wenigstens zu zwei Dritteln Austragungsorte in Ländern, welche die sportlichen Ideale für ihre menschenverachtenden und kriegerischen Zwecke missbrauch(t)en. Die Spiele von 2014 bis 2022 wurden zwar abgearbeitet, jedoch waren die Ausrichter-Städte umstritten und bildeten geradezu Kick off-Veranstaltungen für Not, Elend und Kriege. Das IOK als Ausrichter der Olympischen Spiele ist sich bewusst, dass die Durchführung an derartigen, «speziellen» Destinationen den baldigen (wirtschaftlichen) Tod der Olympischen Winterspiel bedeuten können. Für 2026 wurde noch eine Doppel-Lösung zur Rettung der Wintersiele in Mailand und Cortina d’Ampezzo gefunden: Gleich zwei Städte sollen Co-Austragsorte der Spiele werden. Doch was ist danach?

Nun sieht sich die Schweiz im Obligo oder seitens des IOK mit Sitz in der Schweiz unter Druck gesetzt. Nicht ganz unerwartet ist dieser Tage bekannt geworden, dass die Olympischen Winterspiele 2030 in … der Schweiz durchgeführt werden sollen! Bis jetzt hat das IOK noch keine genehme oder unumstrittene Ausrichter-Stadt für die Olympisch Winter-Wettbewerbe 2030 finden können. Städte aus Schurken- und Kriegstreiber-Staaten sollen jedenfalls künftig nicht mehr berücksichtigt werden. Vor allem der Schweizer Sport-Dachverband Swiss Olympic hängt sich derzeit in fast unschweizerisch-engagierter Art in das Projekt Olympische Winterspiele 2030 in der Schweiz rein. Die Schweiz ist offensichtlich ein passables Austragungsland, jedoch an sich zu klein zur Durchführung einer solchen Gross-Veranstaltung, weshalb das IOK offenbar Konzessionen an den Austragungsmodus in der Schweiz machen will und wohl auch muss. Über das ganze Land verteilt, von Lausanne (!), über Schaffhausen bis ins Bündnerland, sollen die Winterspiele 2030 in der Schweiz stattfinden. Das wäre ein Novum in der Geschichte dieser globalen Veranstaltung, weil diese seit jeher an Städte und nicht an Länder vergeben werden, die «Notlösung» mit Mailand und Cortina (2026) einmal ausgeklammert.

Spiele auszurichten ist eine Sache, die Finanzierung solcher Veranstaltungen eine andere. Die Treiber der Olympia-Idee 2030 sind sich bewusst, dass eine derartige Veranstaltung in der Schweiz nur rein privat, ohne staatlichen Finanz-Support, organisiert und durchgeführt werden kann. Gerade das IOK mit dem bald abtretenden opportunistischen Präsidenten Thomas Bach an der Spitze ist beim Volk längst in Ungnade gefallen; eine staatliche Mit-Finanzierung Olympischer Spiele ist undenkbar – auch in der Schweiz.

Das IOK muss im Moment recht verzweifelt sein, weil ihm die akzeptablen Austragungsorte für Olympische Winterspiele wegbrechen. Ob 2030 Olympische Winterspiel in der Schweiz (und nicht nur in einer Schweizer Stadt oder in zwei Schweizer Städten) durchgeführt werden können, wird sich bald weisen. Zuerst haben nun Arbeitsgruppen und Sport-Ausschüsse aller Art das Wort. Die Realisierung von (Machbarkeit-)Studien, Analysen und Beurteilungen sind angesagt. Vielleicht kehrt aber auch Vernunft ein und es wird die Erkenntnis zur wichtigsten Entscheidungsgrundlage, dass solche Spiele in der Schweiz, nur um dem IOK aus dem Elend zu helfen, eine Nummer zu gross und unnütz für das Land sind. Sobald die Hitzewelle über Europa abgeflacht ist, könnte also auch dieses Thema dem kühlen Realismus weichen.

Mit Blick auf Olympia 2024: Eruptionen im globalen Sport?

causasportnews / Nr. 1029/06/2023, 22. Juni 2023

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(causasportnews / red. / 22. Juni 2023) Kaum jemand glaubt derzeit daran, dass der Krieg, den Russland gegen die Ukraine direkt und mittelbar gegen die Welt angezettelt hat, in absehbarer Zeit beendet werden könnte. Diese Einschätzung entspricht der allgemeinen, aktuellen politischen und militärischen Lagebeurteilung und den Erfahrungen, welche aus der Weltgeschichte, einer eigentlichen Unfallchronik der Menschheit, gezogen werden muss. So heterogen, wie weltweit die Reaktionen der Politik auf die krass völkerrechtswidrige Aggression Russlands sind, so labil und inkonsequent reagiert der globale Sport gegenüber dieser russischen Barbarei und gegenüber den Steigbügelhaltern und Sympathisanten der verbrecherischen Taten, die fortlaufend und weiterhin begangen werden.

Fairness, Frieden, und gegenseitiger Respekt sind die Maximen, welche die Basis des Sportes bilden. Diese Prinzipien, welche die Teilnehmer am Sportgeschehen auch ausserhalb des Sportes hochhalten sollen, werden von Russland sowie vom russischen Volk und somit auch von den Sportlerinnen und Sportlern dieses Landes mit Füssen getreten. Die völkerverbindende Kraft des Sportes ist wie die Völkerrechtslage mit Blick auf die Schandtaten Russlands gegenüber der Ukraine regelrecht zum traurigen Scherz verkommen. Die Weltpolitik fragt sich seit dem 24. Februar 2022, wie sie sich gegenüber Russland und allen Missetätern dieser beispiellosen Aggression verhalten soll, um dem Genozid und der Zerstörung der Ukraine Einhalt zu gebieten. Eine konsequente Line fehlt in der Politik ebenso wie im Sport. Dieser fragt sich seit dem Beginn dieser verbrecherischen Handlung, wie man sich gegenüber Russland und den russischen Athletinnen und Athleten verhalten soll. Zu Beginn des Krieges stemmte sich der Sport ziemlich geeint gegen Russland und seine Vertreterinnen und Vertretern; jetzt, nach eineinhalb Jahren Krieg, bröckelt die Einheit. Erschwerend kommt in dieser Situation dazu, dass den Russen das Verhalten der Sportwelt ihnen gegenüber relativ gleichgültig ist. Sie agieren im Sport so unberührt und verantwortungslos wie im Krieg, den sie in Verletzung des «ius ad bellum» (das Recht zum Krieg; die Verletzung des «ius in bello», das Recht im Krieg, ist sowieso reine Theorie geworden) und weiterer internationalen Kodifikationen führen. Als fatal erweist sich der Umstand, dass russische Funktionäre den globalen Sport nach wie vor gleichsam mitprägen und nicht nur etwa in den Disziplinen Boxen und Schach regelrecht beherrschen und beeinflussen.

Zwar ist ein Jahr, vor allem im Krieg, eine lange Zeitperiode. Doch im organisierten Sport präsentiert sich die Lage mit Blick auf die in etwas mehr als einem Jahr beginnenden Olympischen Sommerspiele vom 26. Juli bis zum 11. August 2024 als delikat. Was wird in Paris geschehen? Wie wird mit Russland und den russischen Athletinnen und Athleten umzugehen sein, wenn der Krieg bis dann, wenn kein Wunder geschieht, andauert? Russland (und auch Weissrussland und allenfalls weitere Länder) ausschliessen und den Sportlerinnen und Sportlern einen neutralen Status verleihen – ein Taschenspielertrick, den das Internationale Olympische Komitee (IOK) immer wieder anwendet, wenn es sich vor davor drückt, Flagge zu zeigen und das Heil im sport-politischen Opportunismus sucht? Wie das Gezerre und Gezänke mit Blick auf die Teilnahme Russlands in Paris 2024 ausgehen wird, ist derzeit nicht abzusehen. Russland nimmt rücksichtlos auch eine Spaltung des globalen Sportes und ein entsprechendes Chaos in Kauf. Das auf Gewinnmaximierung getrimmte IOK, primär dem Mammon und weniger der (Sport-)Ethik verpflichtet, versucht, es allen Protagonisten im Weltsport Recht zu machen und sich dabei in keiner Weise zu exponieren. Aber es arbeitet derzeit auf die Wiederzulassung der Russinnen und Russen im Sport hin. Wie sich der Sport gegenüber Russland letztlich positionieren wird, ist jedenfalls für die russische Propaganda irrelevant. Zwar zeigt sich Frankreich im Moment noch entschlossen, im kommenden Jahr keine Russinnen und Russen an der Seine antreten zu lassen. Es würde allerdings nicht überraschend, wenn das opportunistische IOK mit einem noch opportunistischeren Präsidenten an der Spitze Paris derart unter Druck setzen und Frankreich nötigen würde, Russen, in neutraler Camouflage natürlich, an den Wettkämpfen teilnehmen zu lassen.- On verra, würde der Franzose, wohl bald leicht resignierend, wohl sagen. Doch das würde im globalen Sport zu gewaltigen Eruption mit entsprechenden Folgen führen.

Die Folgen des IOK-Schmusekurses gegenüber Russland auf den Sport

causasportnews, Nr. 1003/04/2023, 2. April 2023

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(causasportnews / red. / 2. April 2023) Nach über einem Jahr Krieg ist es nachvollziehbar, dass das Interesse an den Folgen der russischen Aggression gegenüber der Ukraine erlahmt und sich die Welt – horribile est dictu – sogar an diesen Zustand gewöhnt hat. Die Schlagzeilen zum brutalen, völkerrechtswidrigen Überfall eines Landes auf ein anderes Land sind spärlicher geworden und in den Hintergrund gerückt. Man mag die Schreckensmeldungen aus den umkämpften Regionen der Ukraine schon gar nicht mehr hören, die schrecklichen Bilder des Mordens und Zerstörens nicht mehr sehen! Diese Umstände hat das Internationale Olympische Komitee (IOK) genutzt, um weltweit so etwas wie sportliche Normalisierung einzuläuten; die Empfehlung des Schweizerischen Vereins mit Sitz in Lausanne gegenüber dem internationalen Sport, russische und weissrussische Athletinnen und Athleten am globalen Wettkampfgeschehen wieder teilnehmen zu lassen (soweit diese überhaupt ausgeschlossen waren oder sind), hat die generelle Front gegen den russischen Kriegstreiber-Staat aufgeweicht und die jede konsequente Linie zum Ausschluss Russlands aus dem internationalen Sportgeschehen zunichte gemacht. Das kommt nicht von ungefähr, befindet sich doch etwa der IOK-Präsident, der Deutsche ehemalige Fecht-Olympiasieger und -Weltmeister Thomas Bach, seit seinem Amtsantritt als höchster Sportfunktionär vor bald zehn Jahren, regelmässig auf Schmusekurs mit dem Russischen Präsidenten und seinen Vasallen im Kreml. Die Rolle des höchsten Olympioniken war mit Blick auf die Olympischen Spiele in Sotschi (2014) undurchsichtig; ebenso der milde Umgang des IOK unter Führung des ehemaligen Fechters nach dem Eklat im Zuge des russischen Staatsdopings nach Sotschi. Wahrscheinlich ist in diesen bald zehn Jahren der «Ära Thomas Bach» im IOK soviel (und wohl zuviel) geschehen, als dass der Deutsche nun plötzlich von seiner pro-russischen Linie abweichen würde und könnte (vgl. auch causasportnews vom 30. März 2023). Immer wieder wird kolportiert, dass etwa (auch) die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Thomas Bach und Russland zumindest bestehen sollen. Dieser Grundzustand wird sich wohl bis zum Abgang des amtierenden IOK-Präsidenten in etwas mehr als zwei Jahren nicht ändern. Dass das IOK derzeit alles daran setzt, um den Sport trotz der Kriegstreiberei Russlands zu «normalisieren», hängt insbesondere mit den Olympischen Spielen, die im kommenden Jahr in Paris stattfinden sollen, zusammen. Die Spiele sind die «cash cow» des IOK («cash cow with cash flow»), und es soll natürlich alles vermieden werden, um die Wettkämpfe an der Seine mit den dunklen Flecken des Krieges zu bekleckern. So hat das IOK schon einmal angedacht, die Ukraine zu sanktionieren, falls Sportlerinnen und Sportler aus dem vom Krieg malträtierten Land bei einer Teilnahme von russischen Athletinnen und Athleten in Paris boykottieren würden!

Trotz aller Kritik an der Öffnung des IOK und die eingeläutete internationale Lockerung gegenüber Russland und Weissrussland wird sich der organisierte Welt-Sport immer mehr für Russen und Weissrussen öffnen, ungeachtet des Umstandes, dass die Machthaber in Moskau und in Minsk derzeit intensiver und unverhohlen die Atomkeule schwingen; auch der Umstand, dass die Mehrheit der Russinnen und Russen den Krieg befürwortet, spielt für das IOK keine Rolle, wenn die Aktiven aus diesem Land «neutral» antreten und dem Krieg widersagen. Wenn selbst die sonst sehr eigenständigen Wimbledon-Organisatoren vor der IOK-«Empfehlung» bezüglich Sportlerinnen und Sportlern aus den genannten Ländern kapitulieren, wird der russische Sport allgemein bald wieder flächendeckend salonfähig werden. Löblich, aber wohl ohne Folge, dürfte etwa die Verlautbarung des Schweizerischen Sport-Dachverbandes «Swiss Olympic» sein, der trotz der IOK-Öffnungs-Empfehlung für Aktive aus Russland und aus dem Satellitenstaat Weissrussland an der gegenteiligen Meinung festhält und die IOK-Position nicht unterstützt. Ignoriert hat das IOK auch die Forderung von «Swiss Olympic», dass Funktionärinnen und Funktionäre aus den beiden Ländern nicht in Gremien internationaler Sport-Verbände und -Organisationen (wie dem IOK) sitzen dürfen. Vor allem die über 100 Mitglieder des IOK würde diese Forderung hart treffen, denn Mitglieder des Vereins «IOK» sind einzig natürliche Personen, und auch im IOK sind selbstverständlich Russen vertreten. Bereits einmal hat die Schweizerische Sport-Ministerin Viola Amherd vom IOK in dieser Sache konsequente(re)s Handeln verlangt (causasportnews vom 24. April 2022). Auf einen entsprechenden Brief der Bundesrätin im vergangenen Jahr hat das IOK nicht einmal geantwortet…