Archiv für den Monat Februar 2024

Nach den «goldenen Tagen von Sapporo» im Behörden-Dickicht gefangen

causasportnews / Nr. 1116/02/2024, 29. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 29. Februar 2024) Der Schweizer Bobsport erlebte schon erfolgreichere Tage, als dies aktuell der Fall ist. So zum Beispiel an den Olympischen Winterspielen 1972 im japanischen Sapporo. Im Medaillenspiegel lag nach total 35 Entscheidungen die Sowjetunion, gefolgt von der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und … der Schweiz, an der Spitze. Das Sowjetreich ist längst zerbröselt, die DDR ist ebenfalls Geschichte; nur die Schweiz gibt es im Moment noch weiterhin in der traditionellen Form. Für den Schweizer Sport waren die Erfolge der Athletinnen und Athleten aus den Bergen Zentraleuropas mit zehn Medaillen auf der Insel Hokkaido durchschlagend. In den Medien wurde von den «goldenen Tagen von Sapporo» gesprochen. Immerhin eroberten die Schweizerinnen und Schweizer vier goldene Auszeichnungen (die DDR gewann vier Goldmedaillen, die übermächtigen Russinnen und Russen soviele wie die DDR und die Schweiz zusammen). Es waren auch die kecken Auftritte der unbeschwerten Marie-Theres Nadig, die sich mit ihren 17 Jahren Gold in der Abfahrt und im Riesenslalom einfuhr; und damit die favorisierte Österreicherin Annemarie Moser-Pröll in diesen Disziplinen geradezu gedemütigt auf die Silberplätze verwies. Die Spiele von Sapporo 72 waren so oder so nicht die Wettkämpfe der Österreicherinnen und Österreicher (gesamthaft vier Medaillen, darunter eine einzige «Goldene»), die mit dem legendären Karl Schranz schon vor den Wettkämpfen einen Medaillen-Trumpf verloren (dieser Ausnahmeathlet wurde der Sport-Amateur-Hysterie des damaligen IOC-Präsidenten Avery Brundage geopfert). Die «goldenen Tage von Sapporo» liefen aus Schweizer Sicht auch unter dem Motto: «Ogis Leute siegen heute»! Der spätere Bundesrat Adolf Ogi war damals Direktor des Schweizerischen Skiverbandes.

Zum Goldregen in Japan, der über der Schweiz niederging, trugen auch die Bobfahrer bei. Jean Wicki als Pilot holte sich im Zweier-Schlitten mit dem Zweimeter-Leichtathleten Edy Hubacher die bronzene Auszeichnung, bevor er im Vierer-Bob, nochmals mit Edy Hubacher sowie mit Hans («Hausi») Leutenegger und Werner Camichel, zur Gold-Fahrt ansetzte. Nach dieser erfolgreichen Bob-Karriere mutierte Pilot Jean Wicki zu einem wohlhabenden Geschäftsmann. Dann ereilte ihn ein tragisches Schicksal. Der 1933 geborene Sympathieträger mit Westschweizer Charme litt in seiner letzten Lebensphase an starker Demenz. 2023 starb Jean Wicki 90jährig. Zwar wurde vor seinem Tod alles vorgekehrt, damit die Geschäfte und familiären Belange vor allem in die Hände der Ehefrau des Ex-Bobpiloten gelegt werden konnten. Doch die Regelung missriet, und die aktuelle Situation um Familiäres und Pekuniäres im Hause Wicki scheint derzeit desaströs, wie kürzlich Medienberichten zu entnehmen war. Dies, nachdem sich die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) einzumischen begann. Irrungen und Wirrungen mit dieser Behörde, welche der Ehefrau von Jean Wicki unter mysteriösen Umständen praktisch die Handlungsfähigkeit nahm und einen Vorsorgeauftrag, den Jean Wicki noch zugunsten seiner Ehefrau errichtet hatte, praktisch ausser Kraft setzte, nachdem man ihr weitgehend die Urteilsfähigkeit abgesprochen hatte. Anwälte, Treuhänder, Berater und Parasiten aller Art brachten, offenbar mit KESB-Unterstützung und in einem verwirrlichen Behörden-Dickicht, die Familie und die Hinterbliebenen von Jean Wicki um Vermögen und den (Familien-) Frieden auf Erden.

Man wünschte sich in dieser traurigen Geschichte, dass wenigstens das Sport-Idol Jean Wicki nach seinem Tod die verdiente, ewige Ruhe gefunden hat.

Führung der Fans im Klassenkampf gegen Fussball-Kapitalisten

causasportnews / Nr. 1115/02/2024, 26. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 26. Februar 2024) Die DFL Deutsche Fussball-Liga GmbH (DFL) betreibt u.a. das operative Geschäft des Ligaverbandes, einschliesslich der Bundesliga und der 2. Bundesliga. Sie bildet so etwas wie der Inbegriff des Fussball-Kapitalismus’ im boomenden Deutschen Fussball-Geschäft. Somit ist die DFL auch das stete Opfer der Begierde von Investoren und anderen Menschen guten Willens, welche in diesem Milliarden-Business mitmischen wollen. Den Gegenpol zur DFL bilden die Fans, welche für das Fussball-Proletariat stehen. Mit wochenlangen Aktionen versuchten die Fans trotz eines Mehrheitsbeschlusses der 36 Klubs der beiden Bundesligen gegen Ende des letzten Jahres, den Einstieg eines Investors in die Fussball-GmbH zu verhindern, im Bestreben, dem Fussballsport nicht die sportliche Seele durch überschiessende Kommerzialisierung zu nehmen. Die Fans, welche das immer mehr ins Kommerzielle abgleitende Produkt Fussball hassen, protestierten mit Aktionen aller Art und militant gegen den Liga-Entscheid, etwa durch das Werfen von Tennisbällen auf die Spielfelder und dadurch provozierten Spielunterbrüchen, gegen den Einstieg des Grosskapitals in den Verbund. Sie rissen im Deutschen Fussball einen Klassenkampf von noch nie dagewesenem Ausmass vom Zaun. Wenigstens einstweilen heisst es im Spiel des Fussball-Proletariats gegen den Fussball-Kapitalismus 1:0. Der Einstieg eines milliarden-schweren Investors in den Deutschen Professional-Fussball konnte dank erzeugtem Druck seitens der Fans abgewendet werden. Der Fussball wird nach wie vor ein kommerzielles Produkt bleiben, aber nicht so, dass es noch mehr und nur noch den Gesetzen des Marktes folgen wird. Noch im Dezember letzten Jahres sagte die Mehrheit des Ligaverbandes Ja zum Investoren-Deal der DFL, doch dank und wegen der Fan-Proteste und dem entschlossenen Vorgehen gegen die Verkommerzialisierung des Fussballs und gegen den Fussball-Kapitalismus hat die DFL das Projekt nun abgeblasen.

Das Fussball-Fan-Proletariat hat mit diesem erzwungenen DFL-Beschluss auf Verzicht eines Investoren-Einstiegs bewiesen, dass es doch ein starker Teil im Fussball bildet. Die Zeiten sind vorbei, als Fussballfunktionäre die Fans nur als lästiges Übel im Fussball-Geschäft sahen. Wie damals der FC Bayer-Übervater Uli Hoeness, der nach Fan-Kritiken anlässlich der Bayern-Hauptversammlung 2007 zur legendären Publikums-Beschimpfung ansetzte und den «populistischen Scheiss» der murrenden Fans wegen hoher Eintrittspreise und mieser Stimmung geisselte. Im aktuellen Klassenkampf im Fussball sind die Fans zumindest momentan in Führung gegangen, wie die Investoren-Verhinderung in der DFL zeigt.

Ein juristisches Eigentor, Unsportliches und Deliktisches ausserhalb des Sportes

causasportnews / Nr. 1114/02/2024, 24. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 24. Februar 2024) Sportlerinnen und Sportler sollen auch in einer Zeit, in welcher die Welt aus den Fugen geraten ist, Vorbilder sein. So wollen es Tradition und Legende; entsprechendes Tun und Lassen der Sporttreibenden wird erwartet. Diese Vorbildfunktion sollen Athletinnen und Athleten auch ausserhalb des Sportes vorleben. Zweimal innert weniger Stunden ist dieses Axiom nun malträtiert worden.

Da wäre einmal der begnadete, frühere Weltklasse-Fussballspieler Daniel «Dani» Alves da Silva. Der 40jährige Brasilianer gehörte lange zu den besten Akteuren des FC Barcelona. Von 2008 bis 2016 bildete er den harten Kern der Leistungsträger der Katalanen, der in seiner Karriere insgesamt 46 Titel gewann. Zu Silvester 2022 soll er sich in einer Diskothek gegenüber einer Frau zuerst mehr als unsportlich verhalten haben, bevor er sie dann in einen Toilettenraum lockte und vergewaltigte; ein unentschuldbares Delikt also. So hat es ein Strafgericht in der katalanischen Hauptstadt gesehen und den gestrauchelten, ehemaligen Top-Fussballspieler zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Dani Alves sitzt seit über einem Jahr in Untersuchungshaft. Ihm wurde im Strafprozess zum Verhängnis, dass er immer wieder neue, andere Versionen vom Tathergang auftischte und, wie bei «Vier-Augen-Delikten» üblich, schliesslich von einem einvernehmlichen Tun in der Toilette sprach, was ihm das Gericht allerdings nicht abnahm. Es folgte der glaubwürdigeren Version des Opfers.

Wegen krass Deliktischem ausserhalb des Sportes geriet die Berufsboxerin Viviane Obenauf Tagliavini in die Schlagzeilen, die wegen Mordes an ihrem Mann Ende 2022 vom Regionalgericht Oberland in Thun zu 16 Jahren Gefängnis und 12 Jahren Landesverweises verurteilt wurde. In einem vor allem in den Medien hochgekochten Berufungsprozess kämpfte die ehemalige Weltmeisterin dieser Tage um einen Freispruch – obwohl zumindest vieles gegen sie sprach (vgl. auch causasportnews vom 20. Februar 2024). Insbesondere ihr Verteidiger zog alle Register nicht nur der juristischen Kunst, verbreitete vor dem Berner Obergericht Thesen jedwelcher Art, um seine Mandantin freizuboxen und legte sich für seine Mandantin arg ins Zeug. Das alles verfing letztlich nicht, und die Taktik, neben abstrusen Theorien auch die Polizei zu beschuldigen, machte alles noch schlimmer. Mit «Sport ist Mord» hatte das alles nichts zu tun. Das Berufungsverfahren endete soeben erwartungsgemäss mit einem Schuldspruch. Die Ex-Boxerin wird zudem noch härter bestraft als in der ersten Instanz (mit 18 Jahren Haft und mit 14 Jahren Landesverweis). Der vielbeachtete Mordprozess im Kanton Bern wurde letztlich, im übertragenen Sinn, zum juristischen Eigentor. Es bewahrheitete sich wieder einmal das Bonmot: Wenn es der Klientschaft nicht nützt, schadet es der Anwaltschaft sicher nicht.

Roger Federer bleibt DER Säulenheilige

causasportnews / Nr. 1113/02/2024, 22. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 22. Februar 2024) Da können vor allem die Deutschen Medien, vorab die «Bild»-Zeitung, gegen den zurückgetretenen Tennis-Star Roger Federer wettern und ihn herunterschreiben, wie sie wollen: Er bleibt DER globale Säulenheilige, ein Stylit (aus dem Algrierchischen stylos, Säule)! Nicht nur in der Schweiz wird «King Roger» als Volksheld und Schwiegermutter-Typ verehrt. Auch wenn der 42jährige Baselbieter nicht gerade als grosszügig und freigiebig bekannt ist, mag man ihm die knappe halbe Milliarde Schweizer Franken, die der 2024 vom aktiven Sport Zurückgetretene bis jetzt angespart hat, doch herzlich gönnen. Jetzt finden die Deutschen, die es derzeit in allen Sportarten schwierig haben, ihre Heldenverehrung mit Blick auf Sportlerinnen und Sportler an allen Fronten glaubhaft und pragmatisch zu praktizieren, Stylit Roger Federer sei getrieben von «ungewöhnlicher finanzieller Gier» – und überhaupt ein «Abzocker». Gründe für diese Vorwürfe sind nicht die unzähligen, lukrativen Werbeverträge, von denen der Basler auch nach dem Karrierenende profitiert und böse Zungen in der Auffassung bestärken, der Vorzeige-Schweizer wisse wohl kaum mehr selber, für wen und was er werblich in Erscheinung trete. Dass sich die Werbewirtschaft in einem besonderen Kosmos bewegt, ist hinlänglich bekannt. Etwa in dem Sinne, dass der Werbevertrag zwischen Roger Federer und der Pleite gegangenen Credit Suisse dem besten Tennis-Professional aller Zeiten nach wie vor jährlich angeblich eine Million einbringt. Doch dafür kann Roger Federer natürlich nichts.

So werden auch die Abzock-Vorwürfe am Schweizer abperlen wie Gekochtes sich in einer Teflon-Pfanne absondert. Es geht konkret um die Laufschuhe der Marke «On». Wie Roger Federer in dieses Projekt involviert ist, lässt sich nicht schlüssig sagen. Tatsache scheint jedoch, dass diese Schuhe im Billiglohn-Land Vietnam produziert und in den Absatzmärkten, vorwiegend in Europa, zu Höchstpreisen verkauft werden. Angeblich soll das Verhältnis Produktionskosten zu Absatzpreisen etwa bei 1: 10 liegen. Moniert wird, dass die «On»-Schuhe massive qualitative Mängel aufweisen würden. Wie in der heutigen Zeit üblich, ist dieses Thema geeignet, um die Moralkeule kräftig zu schwingen. Wobei fraglich ist, an welchen ethischen Massstäben und Vorgaben Sportschuhe mit Blick auf die Produktionskosten und die Absatzmöglichkeiten gemessen werden sollen. So ist es wohl auch nachvollziehbar, dass Roger Federer wegen seiner Involvierung ins «On»-Schuhprojekt nicht als Säulenheiliger gestürzt wird.

Hat Ex-Boxweltmeisterin Viviane Obenauf Tagliavini zu stark zugeschlagen?

causasportnews / Nr. 1112/02/2024, 20. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 20. Februar 2024) Die Kernkompetenz eines Boxers besteht darin, mit den Fäusten zuzuschlagen. Das gilt selbstverständlich auch für die Frauen, die sich in dieser Männerdomäne bewegen. Die Feststellung gilt zudem nur für die Tätigkeiten im Boxring. Ein Boxer oder eine Boxerin darf ausserhalb des Ringes alles, nur nicht zuschlagen, schon gar nicht mit anderen Mitteln als mit den Fäusten; mit diesen grundsätzlich auch nicht. Dieses Thema bildet derzeit einen Berufungs-Prozessgegenstand, der am Berner Obergericht verhandelt wird. Die im Berner Oberland wohnhafte, ehemalige Boxweltmeisterin mit Brasilianischen Wurzeln, Viviane Obenauf Tagliavini, wurde Ende 2022 vom Regionalgericht Oberland in Thun wegen Mordes an ihrem Ehemann verurteilt und mit 16 Jahren Gefängnis sowie mit Landesverweisung bestraft. Die heute 37jährige Ex-Kampfsportlerin bestritt nach dem gewaltsamen Tod ihres Mannes, der in Interlaken einen Gastronomie-Betreib führte und als «Kult-Wirt» galt, jede Schuld, wurde aber aufgrund von Indizien verurteilt. Anmerkung: Indizien lassen Schlüsse zu, sind aber auch wissenschaftliche Beweise, die entsprechend gewürdigt werden.

Das Regionalgericht sah es als erwiesen an, dass Viviane Obenauf Tagliavini ihren Mann mit einem Baseballschläger niedergeschlagen und im Rahmen der Tat mehr Gewalt angewendet habe, als nötig gewesen wäre, um die Tötung des Opfers zu erwirken. Nach Auffassung des Regionalgerichtes hat die Ex-Weltmeisterin also unzulässigerweise ausserhalb des Rings zugeschlagen und zudem derart intensiv mit einer Schlaghilfe, dass die Tat als Mord qualifiziert wurde.

Nun kämpft die im Ring als schlagkräftig gerühmte Frau um einen Freispruch und lässt im seit Montag laufenden Berufungsprozess durch ihren Rechtsbeistand verschiedenste Theorien, die seine Klientin entlasten sollen, vortragen. Es kämen für die Tat auch andere Personen in Frage, ein reelles Tatmotiv sei nicht ersichtlich, die Polizei wolle der Brasilianerin eine Tat in die Schuhe schieben und habe kriminaltechnisch unkorrekt gearbeitet. Es gäbe weder schlüssige Beweise noch logische Schlussfolgerungen, wehrt sich der Verteidiger der Ex-Boxerin im Berufungsverfahren. Ein Tatmotiv sei zudem nicht ersichtlich. Kurzum: Sie sieht sich als Justizopfer. Es sei wahrscheinlicher, dass ein unberechenbarer Ex-Freund ihres Mannes oder ein Angestellter in seinem Gastro-Betrieb, dem kurz vor der Tat gekündigt worden sei, die Verantwortung für den Mord tragen müsse. Anmerkung: Gemeinhin hat eine beschuldigte und angeklagte Person nicht den Beweis der Unschuld, sondern die Anklage den Beweis der Schuld zu erbringen. Dieser Grundsatz wird im Berner Berufungsprozess in einem Schlagabtausch zwischen Anklage und Verteidigung offenbar wild durcheinandergewirbelt.

Taten mit Protagonistinnen und Protagonisten aus dem Box-Milieu sind meistens schillernd und bewegen sich weitgehend im Bereich der niedrigen, menschlichen Instinkte. Wenn es um Tathandlungen ausserhalb des Boxrings, die Leib und Leben betreffen, geht, sind Abgrenzungsfragen delikat. Soll denn ausserhalb des Kampfplatzes verboten sein, was im Ring gefordert wird, nämlich den Gegner mit den Fäusten kampfunfähig zu schlagen? Auch zumindest Verletzungen werden, obwohl dies Box-Befürworter immer in Abrede stellen, bei dieser Sportausübung in Kauf genommen. Geschieht eine Tat allerdings mit einem Baseballschläger, gibt es für solche Handlungen selbstverständlich keine Rechtfertigung. Der durch die erfolgte Berufung der ehemaligen Weltmeisterin notwendig gewordene Berufungsprozesses wird noch ein paar Tage dauern. Auch wenn in diesem Fall keine direkten Beweise gegen die vor Schranken des Berner Obergerichts stehende Ex-Boxerin, für die weiterhin die Unschuldsvermutung gilt, vorliegen, würde es dennoch verblüffen, wenn Viviane Obenauf Tagliavini den Berner Gerichtssaal zum Wochenende als freigesprochene Frau verlassen könnte.

Frauen-Europameisterschaft 2025: Wiederholt sich das «Wunder von Bern»?

causasportnews / Nr. 1111/02/2024, 18. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 18. Februar 2024) Knapp eineinhalb Jahre dauert es noch, dann wird in der Schweiz die Fussball-Europameisterschaft (EM) der Frauen an acht Spielorten ausgetragen. Vom 2. bis 27. Juli 2025 werden 16 National-Teams um den Kontinentaltitel spielen. Die Veranstaltung wirft ihre Schatten voraus. Es kommen allerdings auch gemischte Gefühle auf. Da reichte vor ein paar Tagen die Kommission des Ständerates (kleine Kammer des Parlaments als Kantonsvertretung) für Wissenschaft, Bildung und Kultur nach einem einstimmig gefassten Beschluss die Motion (eine Motion ist ein Vorstoss, der, hier konkret, die Landesregierung beauftragt, tätig zu werden) ein, mit welcher der Bundesrat aufgefordert wird, die Fördermittel des Landes für die Frauen-Europameisterschaft 2025 in der Schweiz auf 15 Millionen Franken aufzustocken. Gesprochen hat die Landesregierung für den Grossanlass in der Schweiz im kommenden Jahr früher (lediglich) 4 Millionen. Diese Summe soll nun nach oben korrigiert werden. Mit Spannung wird die Reaktion des Bundesrates aus der Bundeshauptstadt Bern auf diese Motion erwartet.

Über die Gründe dieses parlamentarischen Vorstosses aus der kleinen Kammer des helvetischen Parlaments kann nur spekuliert werden: Zweifelsfrei ist es für Parlamentarierinnen und Parlamentarier wichtig, sich mit den Exponenten des Sportes gefügig zu stellen. Die Sportwelt garantiert ein wichtiges Wählerpotential. Oder wollten die sport-affinen Parlamentarierinnen und Parlamentarier etwas für die Gleichwertigkeit des Frauenfussballs tun und beispielsweise die Beitrags-Ungerechtigkeit beseitigen, weil der Bundesrat für die Fussball-Europameisterschaft der Männer 2008 satte 80 Millionen bewilligt hatte? Das Turnier wurde übrigens damals in der Schweiz und in Österreich ausgetragen. Weshalb und wofür 80 Millionen Franken gesprochen wurden, weiss niemand so genau. Auch mit Blick auf die Veranstaltung der Frauen im nächsten Jahr ist nicht schlüssig, was mit den Bundesgeldern abfinanziert werden soll. Unklar ist auch, weshalb derartige Veranstaltungen von der öffentlichen Hand mitgetragen werden sollen, setzt konkret der Europäische Fussballverband UEFA jedes Jahr Milliarden um. Staatsunterstützung für derartige Veranstaltungen wäre wohl überhaupt nicht notwendig. Dass nun für die EM der Frauen mehr Geld aus der Bundeskasse fliessen sollen, hängt wohl lediglich mit Egalisations-Bestrebungen zusammen. Schliesslich ist es auch im letzten Jahr mehrfach bewiesen worden, dass der Frauen-Fussball sich mit dem Spiel der Männer durchaus messen kann. Letztlich hat «man» den Frauenfussball auf dem Planeten der Diskriminierten und Zukurzgekommenen einfach gut zu finden. Wahrscheinlich sind es die Frauen einfach wert, dass es ihnen ermöglicht werden soll, sich in ihrer Sportart den Verhältnissen der Männer anzunähern.

Bei der derzeitigen Finanzlage des Bundes wäre es aufgrund rationaler Kriterien eine grosse Überraschung, würde der Bundesbeitrag für die EM der Frauen, die an acht Austragungsorten der Schweiz über den grünen Rasen gehen soll, nach dem Wunsch der Ständerats-Kommission erhöht. Wie in allen Belangen in Bund und Kantonen herrscht in der Finanzpolitik das nackte Chaos. Der Armeechef macht beispielsweise auf gigantische Finanzlöcher im Verteidigungsetat aufmerksam, die verantwortliche Bundesrätin erklärt postwendend, das sei nicht der Fall. Und das ebenfalls verantwortliche Parlament verrät Informations- und Gedächtnislücken – ein intellektuelles Regierungs- und Parlaments-Desaster in Bundes-Bern. Vielleicht wiederholt sich aber im derzeit desolaten Schweizer Staatsgefüge nun das «Wunder von Bern» wieder einmal (erstmals ereignete es sich im Jahr 1954, als Deutschland in Bern überraschend Fussball-Weltmeister wurde), und die UEFA kann sich auf zusätzliche Mittel des Bundes freuen. Zu den Geldern aus Bern sollen übrigens weitere Millionen von den acht Austragungsorten der Frauen-Fussball-EM und den jeweiligen Kantonen kommen.

Schockierendes, Tragisches und Ungeklärtes

causasportnews / Nr. 1110/02/2024, 16. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 16. Februar 2024) Nicht nur die Leichtathletik-Welt ist geschockt: In der Nacht auf den 12. Februar 2024 verstarb im Alter von erst 24 Jahren der Marathon-Weltrekordhalter Kelvin Kiptum. Der Kenianer kam bei einem Autounfall ums Leben. Vor ein paar Monaten stellte der begnadete Langstreckenläufer anlässlich des Chicago-Marathons am 8. Oktober 2023 mit 2:00:35 einen Fabel-Weltrekord auf. Nun ist der Kenianer mit noch Lauf-Potential ohne Ende tragisch von dieser Welt geschieden. Sein Ableben löste in Kenia eine Staatstrauer aus, nachdem sich die Todesnachricht in Windeseile verbreitete. Der Marathon-Weltrekordhalter sass selber am Steuer seines Autos mit dem Kelvin Kiptum mit einem Baum kollidierte. Der Trainer des Weltrekordhalters, Gervais Hakizimana, der mit Kelvin Kiptum im Auto sass, verstarb mit seinem Schützling. Eine weitere Person wurde schwer verletzt.

Nur zwei Tage später wurde eines Radstars gedacht, der vor genau zwanzig Jahren starb: Marco Pantani. Die Leiche des 34jährigen Italieners wurde am 14. Februar 2004 in einem Hotel in Rimini gefunden. Um den Tod des Ausnahmeathleten, den sie nicht nur in Italien den «Piraten» nannten, entbrannten Diskussionen, und es wurden Mutmassungen und Spekulationen zuhauf angestellt. Das tragische Ende des Giro-Siegers und Dominators der Tour de France, der die härtesten Radrennen der Welt im gleichen Jahr, 1998, gewann, war gemäss offizieller Version auf Drogen- und Medikamenten-Konsum zurückzuführen. Dies ist eine Version für die Ursache des Ablebens von Marco Pantani, der die Berge so rasch und mit Leichtigkeit mit seinem Rad zu erklimmen pflegte wie zu seiner Zeit kaum ein anderer Pedaleur. Vor allem seine Mutter glaubt nicht daran, auch nicht an die Theorie, ihr Sohn habe seinem Leben mit Drogen und Medikamenten selber ein Ende gesetzt. Suizid sei für ihren Sohn nie eine Variante gewesen, um aus dem Leben zu scheiden, hält Tonina Pantani bis heute fest. Sie glaubt vielmehr, der tragische Tod ihres Sohnes sei ein eiskalter Mord gewesen. Die Mafia habe ihre schmutzigen Hände im Spiel gehabt. Ungeklärtes und Unerklärliches trug sich in der Tat im Jahr 1999 zu, als der überlegene Bergkletterer Marco Pantani in einer verwegenen Fahrt in der Endphase der Italien-Rundfahrt die Führung im Giro übernommen hatte. Dann wurde er zur Dopingprobe aufgeboten, die einen zu hohen Blutwert ergab. Zum eigenen Schutz wurde Marco Pantani sodann umgehend gesperrt und musste den Giro gleichsam durch die Hintertür, niedergeschlagen und gedemütigt, verlassen. Weil sein Arzt am Tage zuvor beim Athleten noch normale Blutwerte festgestellt hatte, macht die Theorie auch heute noch die Runde, die Camorra habe im Wett-Geschäft Millionen gegen einen Sieg von Marco Pantani gesetzt, der deshalb auf diese Weise aus dem Rennen eliminiert wurde. Wie die anderen, genannten Todesursachen lässt sich auch eine aufgestellte Mord-Theorie bis heute nicht beweisen. Nachvollziehbar ist die These, der Fahrer habe die Demütigung des Ausschlusses aus dem Giro zufolge des festgestellten Dopingwertes nie verwunden und sei in Depression verfallen. Es könnte durchaus sein, dass Medikamente gegen Depressionen und der gleichzeitige Drogenkonsum zum Tod des «Piraten» im Hotelzimmer in Rimini geführt hat. Die Todesursache wird wohl nie schlüssig geklärt werden können. Sicher ist, dass der temporäre Held des italienischen Sportes, Marco Pantani, einen einsamen Tod starb und so ein verrücktes Leben im gleissenden Scheinwerferlicht des Sportes auf tragische Weise zu Ende ging.

Vom Scheitern eines Fussball-Präsidenten

causasportnews / Nr. 1109/02/2024, 14. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 14. Februar 2024) Unschönes trug sich gegen Ende des vergangenen Jahres im FC Adliswil im Zürcher Sihltal, knapp zehn Kilometer von der Stadt Zürich entfernt, zu. Nicht auf dem grünen Rasen, sondern in der Vorstandsetage. An einer ausserordentlichen Generalversammlung des Vereins am 5. Dezember 2023 wurde der Präsident, D.B., vom obersten Organ des Vereins abgewählt. Vor allem ging es um Misswirtschaft, die D.B. vorgeworfen wurde, aber auch gegebenenfalls um persönliche Vorteile, die sich das Vereins-Oberhaupt verschafft hatte. Der FC Adliswil, der immerhin 27 Mannschaften stellt, drohte wegen markanter Verluste in wirtschaftliche Schieflage zu geraten, insbesondere, nachdem der Präsident unerklärlicherweise einen Betrag von 54’000 ab dem Vereins-Postkonto bezogen hatte. Ihm wurde zudem gravierende Misswirtschaft im Zusammenhang mit Vereins-Anlässen und -Projekten vorgeworfen. Die rechtlichen Abklärungen hierzu laufen noch (für den abberufenen Präsidenten gilt selbstverständlich in jeder Hinsicht die Unschuldsvermutung).

In den Augen der Vereinsmitglieder war der Präsident in seiner Funktion jedenfalls krachend gescheitert, und es kam so, wie es in Vereinen eher selten geschieht: Anlässlich einer ausserordentlichen Generalversammlung, die auf Begehren der Vereinsmitglieder einberufen wurde und an der 124 Vereinsangehörige teilnahmen, wurde der Präsident per sofort abgewählt (vgl. auch Art. 65 Abs. 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, ZGB; die Vereinsversammlung «hat die Aufsicht über die Tätigkeit der Organe und kann sie jederzeit abberufen»…). Zwischenzeitlich ist im FC Adliswil ein interimistischer Vereinsvorstand installiert worden, der nach der Misswirtschaft des abgesetzten Präsidenten das schlingernde Vereinsschiff wieder auf Kurs bringen soll. Der Verein mit dem Interims-Vorstand scheint die Lage wieder in den Griff bekommen zu haben. Unklar ist, was mit dem vom abgesetzten Präsidenten abgezügelten Betrag von 54’000 Franken geschehen ist. Die Hoffnung im FC Adliswil scheint nicht sehr gross zu sein, dass dieser für den Verein hohe Betrag wieder einbringlich gemacht werden kann. Der gescheiterte Präsident hat immerhin bereits mit zwei Unternehmen Konkurse hingelegt…

Werbeknatsch vor dem Formel 1-Start 2024

causasportnews / Nr. 1108/02/2024, 12. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 12. Februar 2024) «Erst fehlte das Glück, dann kam noch Pech dazu», bilanzierte einmal ein Fussballspieler den Verlauf einer unglücklich verlaufenen Fussball-Partie. So könnte nun auch das Schweizer Formel 1-Team des legendären Rennstall-Gründers Peter Sauber die aktuelle Lage bilanzieren. Seit Jahren dümpelt der Rennstall in den Niederungen des Formel 1-Haifischbeckens herum, und vor allem mit Werks-Unterstützungen, Investoren und Werbe-Partnern tun sich die Zürcher Oberländer schwer und schwerer. Per Ende des Jahres 2023 verabschiedete sich Alfa Romeo aus Hinwil, und bis im kommenden Jahr, wenn Audi sukzessive die Regentschaft im Zürcher Team übernehmen wird, muss der Schweizer Rennstall die Saison 2024, die anfangs März in Bahrain beginnen wird, überstehen. Dies gilt vor allem bezüglich Finanzen. So kam es, dass der Teufel auch in der hochgezüchteten Top-Disziplin des Automobilrennsports derzeit die berühmten Fliegen frisst – wenn es denn sein muss, wie offensichtlich nun im «Stake F1 Team Kick Sauber», wie der Rennstall heuer heisst. Mit dieser Team-Bezeichnung kann selbstverständlich niemand etwas anfangen, und vor allem die Bezeichnung «Stake» ist geradezu mysteriös. Hinter dem Terminus steht ein australisches-curacaoisches Online-Casino-Unternehmen; und hier beginnen bereits die nicht nur nationalen Formel 1-Probleme für den Rennstall. Weil das Team natürlich das Logo und den Schriftzug des Glücksspiel-Unternehmens verwenden will oder muss, vor allem durch Schaffung von Präsenz auf dem Rennwagen, steht die Frage im Zentrum: Darf man das? Natürlich nicht. Oder nicht überall. Zum Beispiel in der Schweiz ist es niemandem erlaubt, für «Stake» werblich in Erscheinung zu treten, da das Online-Casino auf helvetischem Staatsgebiet nicht legal werben und beworben werden darf. Auch wenn in der Schweiz keine Formel 1-Rennen ausgetragen werden, dürfen nicht einmal Abbildungen des mit Werbung beklebten Autos verbreitet werden; und auch keine entsprechenden TV-Bilder der Rennen rund um den Globus. Nachdem das werbliche Problem des Hinwiler Rennstalls mit «Stake» bekannt wurde, berichteten die Schweizer Medien flächendeckend darüber. Eine grosse Reportage des Schweizer Fernsehens wurde mit dem bebilderten «Stake»-Auto illustriert, und genau damit verstiess z.B. auch das einheimische Fernsehen gegen das Geldspielgesetz – aber wohl ohne juristischen Folgen. Anders erlebt es nun der Sauber-Rennstall: Die Eidgenössische Spielbankenkommission hat ein Verfahren gegen die Rennsport-Unternehmung aus Hinwil wegen des Online-Casino-Sponsorings eröffnet, vor allem auch deshalb, weil Logo und Schriftzug des Glücksspiel-Unternehmens z.B. auch auf der Teambekleidung der Mannschaft oder auf Team-Fahrzeugen zu sehen sind. Das Verfahren, das mit einer Busse von einer halben Million Franken zu Lasten des Hinwiler Teams enden könnte, versetzt die Rennstall-Verantwortlichen im Zürcher Oberland noch nicht in den Ausnahmezustand. Zudem wird bekräftigt, man halte sich an die geltenden Regeln, was wohl in einem Verfahren zu klären sein wird. Unschön ist dieser Formel 1-Werbeknatsch vor dem Saison-Start 2024 alleweil. Den Sauber-Verantwortlichen ist klar, dass in einigen Rennen in diesem Jahr die Glücksspiel-Werbung für «Stoke» nicht transparent gemacht werden darf. Logos und Schriftzug des Online-Glücksspiel-Unternehmens werden in diesen Ländern abgedeckt oder durch eine zulässige Werbung überklebt werden. Für das nicht gerade im Geld schwimmende Formel 1-Team ist es sicher ein Trost, dass derartige Verfahren über Jahre dauern können und in einem Jahr die Motorsport-Welt der Schweizer so oder so anders aussehen wird, wenn die Deutsche Renommier-Marke Audi übernehmen wird.

Fussball-Legende und -Statistiken vor Gericht

causasportnews / Nr. 1107/02/2024, 7. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 7. Februar 2024) FIFA-Präsident Gianni Infantino lobt sich vor allem immer wieder selber für seinen Vorwärtsdrang in allen Lebenslagen. Im (Fussball-)Spiel, das er ab und zu nicht lassen kann, ist er für die allerdings bescheidene Tor-Produktion zuständig, bei seiner Funktionärsarbeit lautet die martialische Devise: «Immer vorwärts». Sowohl auf dem Spielfeld als auch in seinem Job als Präsident des Weltverbandes bekleckert sich der bald 54jährige Wallis allerdings nicht gerade mit Ruhm. Manchmal täte der Nachfolger von Joseph Blatter auf dem FIFA-Thron gut daran, auch einmal die Defensive zumindest ernst zu nehmen. Wie im «Fall Toni Polster», über den das Deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» kürzlich berichtete (5/2024, 27. Januar 2024). Der auch international bekannte Österreicher Toni Polster, zweifelsfrei eine Fussball-Legende, die in diesen Tagen 60 Jahre alt wird, sah seine Hoffnung zur Lösung seines Problems in Gianni Infantino – und scheiterte kläglich. Dies, obwohl sich der FIFA-Präsident liebend gerne mit Fussball-Legenden umgibt, in deren Aura er sich zu suhlen pflegt. Doch Toni Polster blitzte am Zürcher Sonnenberg ab, als sich der Österreicher an Gianni Infantino wandte. Nicht einmal eine Antwort habe er aus dem FIFA-Hauptquartier erhalten, monierte der Österreicher. So haben nun die Gerichte das Sagen, bzw., ein Vorgang, der wohl mit etwas Empathie auf dem kurzen Dienstweg hätte erledigt werden können, wird nun zum Juristen-Futter. Der Rechtsstreit dreht sich zwar nicht um Lebenswichtiges, aber immerhin um Statistisches. Toni Polster schoss im Verlaufe seiner Karriere 119 Tore für Austria Wien, 55 für den FC Sevilla und 79 für den 1. FC Köln. Gemäss offizieller Statistik der FIFA erzielte er für die Nationalmannschaft Österreichs 44 Treffer. Das könne nicht sein, ihm würden bei dieser Berechnungsweise drei Tore fehlen, es müssten 47 statt 44 sein. Die Differenz zwischen der offiziellen Statistik und der Zählart von Toni Polster liegt wohl im Umstand begründet, dass die drei Tore, um die Toni Polster nach seiner Auffassung statistisch geprellt wird, sog. «inoffizielle» Partien waren. Die in diesen Matches erzielten Tore von Toni Polster, eben drei an der Zahl, erscheinen in der entsprechenden, offiziellen Länderspiel-Statistik wegen des inoffiziellen Charakters der Partien nicht. Am Zivilgericht in Wien hat nun Toni Polsters Anwalt Klage gegen den Fussball-Verband Österreichs (ÖFB) angehoben. Das Klagefundament basiert auf der Tatsache, dass es nach Verbandsrecht keine inoffiziellen Spiele geben würde, in denen, konkret, Toni Polster die drei nicht in der Statistik erscheinenden Tore unbestrittenerweise erzielt hatte. Wie der Rechtsstreit ausgehen wird, ist nicht einfach abzuschätzen. So sicher ist sich offenbar auch Toni Polster nicht. Dessen Anwalt gibt freimütig zu: «Das ist juristisches Neuland».