UEFA und (Sport-)Politik im Clinch

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(causasportnews / red. / 30. April 2021) Es mutete alles ein wenig eigenartig an, als der Europäische Fussballverband UEFA vor ein paar Tagen verkündete, die «Allianz»-Arena in München sei als Austragungsort für die am 11. Juni 2021 beginnende Fussball-Europameisterschaft 2021 genehm. Dieses Statement war wenig erstaunlich; auf Erstaunen stiess hingegen die angeblich getroffene Einigung zwischen den Münchner Verantwortlichen und der UEFA mit dem Inhalt, die Standortbestätigung für München seitens des Kontinentalverbandes sei nur deswegen erfolgt, weil der Deutsche Fussball-Bund (DFB) in Absprache mit den politischen Behörden in Deutschland eine Zuschauer-Zusage für mindestens 14’500 Zuschauer/innen abgegeben habe (vgl. auch causasportnews vom 25. April 2021). Nun widerspricht die Politik heftig, und das unbefangene Publikum fragt sich, was nun effektiv bezüglich der in der «Allianz»-Arena zugelassenen Zuschauer vereinbart worden ist – oder eben nicht.

Die Situation und die Umstände ähneln den derzeitigen Gesprächen bezüglich eines (angedachten) Rahmenabkommens der Schweiz mit der Europäischen Union. Hier weiss wohl niemand, was tatsächlich in den letzten Jahren besprochen, abgemacht oder vereinbart worden sein soll. Fazit: Schuld ist immer die andere Partei. Wahrscheinlich wurden in diesem Komplex noch nie soviele Mentalreservationen (was soviel wie Scheinerklärungen bedeutet) abgegeben wie in der «Causa Schweiz-EU» bezüglich des vieldiskutierten Abkommens, das einem Potemkinschen Dorf ähnelt und wohl nie abgeschlossen werden wird. Glücklicherweise spricht in der Schweiz nun alles vom «Plan B», wohlwissend, dass das Alphabet schliesslich noch ein paar weitere Buchstaben übrig lässt. Das wundert alles nicht sonderlich, sprechen hier doch Politiker mit Politikern; und das geht selten gut aus, zumal auf der Seite der EU nun sogar EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in die «Verhandlungen», oder wie man diesen Vorgang auch immer nennen soll, eingegriffen hat. Diese hat sich wohl noch nicht vom Schock erholt, dass sie von Recep Tayyip Erdogan bei ihrem Türkei-Besuch geschlechterverachtend auf’s Sofa geschickt worden ist. Nach vielen Tagen des Reflektierens hat die hölzern auftretende Politikerin mit medizinischem Tiefgang wenigstens die Sprache wieder gefunden und sich wohl zwischenzeitlich an Loriots Sofa-Szenen erinnert. Vielleicht war es aber nur eine Spät-Reaktion nach der Klatsche des türkischen Präsidenten, gegen die es nur ein probates Mittel gegeben hätte: Aufstehen und den Raum unter Protest verlassen – und sich nicht Tage später medial über das erlittene Unrecht beklagen.

In der Sache des Euro-Austragungsortes sind zwar formell auf der Seite des Fussballs keine Politiker involviert, aber immerhin Fussball-Funktionäre, denen gemeinhin Geist und Gehabe von Politikerinnen und Politikern nachgesagt wird. Wie dem auch sei. Allerdings ist nun eher davon auszugehen und auch glaubhafter, dass Deutschland bezüglich der Anzahl Zuschauer, die gemäss Wunsch der UEFA in der «Allianz»-Arena Platz nehmen sollen, über den DFB gegenüber der UEFA diesbezüglich keine verbindlichen Zusagen gemacht hat. Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter sieht die Lage jedenfalls anders als der wichtigste Verband Europas: «Ich freue mich, dass die UEFA eingesehen hat, dass München auch ohne Zuschauergarantien ein attraktiver Standort ist», sagte er im Nachgang zur Erklärung des Kontinentalverbandes. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel beteuert, dass es keine Garantien in dieser Hinsicht gegeben habe. Das wirkt alles nachvollziehbar. Zumindest glaubhafter als die Verlautbarungen aus der UEFA-Zentrale in Nyon am Genfersee. Wahrscheinlich dürfte die Variante bezüglich des Austragungsortes München sein, dass sich die UEFA eine Europameisterschaft ohne die «Allianz»-Arena und die Weltmeister von 2014 schlicht nicht leisten kann. Deutschland ist eine Grossmacht im Fussball. So wurde dann seitens der UEFA die vermeintliche «Zusicherung» ins Feld geführt. Hierfür war wohl einfach der Wunsch der Vater des Gedankens. Und ein wichtiger Grundsatz in der (Sport-)Politik lautet: Kein Gesichtsverlust!

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