
(causasportnews / red. / 6. November 2020) Es ist fast wie im amerikanischen Wahl-Krimi: Lange schien alles klar, jetzt, in der Akut-Phase, ist alles offen. So sieht es auch bei der ebenfalls international beachteten «Konzernverantwortungs-Initiative» aus, über die das Schweizer Stimm-Volk am 29. November 2020 befinden wird. Die Initiative verlangt, dass künftig Unternehmen mit Sitz in der Schweiz bei Nichteinhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards im Ausland in der Schweiz zur Verantwortung gezogen werden, also auch gerichtlich belangt werden können. Aufgeschreckt u.a. durch eine Meldung von «causasportnews» (vgl. causasportnews vom 28. Oktober 2020) sahen sich die Initianten nun genötigt, aus ihrer Sicht bezüglich Begrifflichkeit im Initiativ-Text für Klarheit zu sorgen. Nämlich insofern, was den Terminus des «Unternehmens» anbelangt. Die Initiative verlangt unmissverständlich (einzig) von «Unternehmen», dass sie sich entsprechend korrekt im Ausland verhalten sollen und gegenteiligen Falles in der Schweiz zur Rechenschaft gezogen werden können. Im Bericht von «causasportnews» vom 28. Oktober 2020 ist explizit auf das Beispiel des Weltfussballverbandes FIFA hingewiesen worden, der im eigenen Regelwerk eine Bestimmung vorsieht, die in die mit der «Konzernverantwortungs-Initiative» vorgegebene Richtung zielt, auch wenn die Normierung von Art. 3 der FIFA-Statuten einigen Interpretationsspielraum zulässt. So haben sich die Initianten der «Konzernverantwortungs-Initiative» nun bemüssigt gesehen, sich zu artikulieren, wie sie den «Unternehmens»-Begriff verstehen. Darunter seien natürlich auch internationale Verbände und Stiftungen mit Sitz in der Schweiz gemeint – also auch etwa das Internationale Olympische Komitee (IOK), die FIFA (ungeachtet von Art. 3 der Statuten), die UEFA (Europäischer Fussballverband) oder die IIHF (Internationaler Eishockeyverband) alles Vereine nach Schweizerischem Recht.
Bei genauer Betrachtung des Initiativtextes und der begleitenden Erörterungen sieht die Sachlage aber wohl etwas anders aus. So können etwa Vereine grundsätzlich nicht als «Unternehmen» bezeichnet werden, auch wenn sie gemäss Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) mit wirtschaftlichen Mitteln nicht-wirtschaftliche Zwecke verfolgen, was vereinsrechtlich durchaus zulässig ist (Art. 61 Abs. 2 ZGB). Der «Unternehmens»-Begriff ist an sich klar auf Kapitalgesellschaften fokussiert, nicht jedoch auf juristische Personen ohne wirtschaftliche Zweckverfolgung. Dieser Umstand, bzw. dieser nun aufgeflammte Diskussionspunkt, könnte dazu führen, dass Befürworter der Initiative im letzten Moment noch ins Nein-Lager wechseln. Ob diese Unsicherheit, wie der Begriff des «Unternehmens» zu qualifizieren ist, dann den Gesetzgebungsprozess in der ausgedehnten Form, wie dies nun die Initianten sehen, «überlebt», steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Aber vielleicht wird die Initiative in der Abstimmung am Monatsende eh «gebodigt», und es erübrigen sich dann alle Mutmassungen. Die jetzt aufgebrachte Unklarheit könnte selbstverständlich auch das Abstimmungsverhalten der Schweizerinnen und Schweizer positiv oder negativ beeinflussen. Grundsätzlich gehen die Prognosen derzeit in die Richtung, dass die Initiative angenommen wird. Aber mit den Auguren ist es oft so eine Sache. Sie sind eben erst im amerikanischen Präsidenten-Wahlkampf eines besseren (oder schlechteren) belehrt worden.