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Wegen «Corona»: Einbruch des Sportwettenmarktes

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(causasportnews / red. / 11. Februar 2021) Wegen und im Zuge von «Corona» steht das Leben weitgehend still; der Sport findet teils unspektakulär in «Blasen» statt. Nur die digital agierende Glücks- und Geldspielindustrie boomt umso mehr. Das ist eine gemeinhin immer wieder kolportierte Feststellung. Sie entspricht allerdings nicht der Realität. In der Tat verhält es sich, zumindest in einem Teil der Glücksspielbranche, anders: Bei den Sportwetten, in einem heterogenen und differenziert zu betrachtenden Markt. Zahlenmaterial aus Deutschland belegt nämlich, dass die Glücksspielbranche mit Blick auf den Sportwettenbereich nicht zu den Profiteuren der Krise zählt, was der Präsident des Deutschen Sportwettenverbandes (DSWV), Mathias Dahms, soeben bestätigt sowie mit Zahlen des Bundesfinanzministeriums untermauert hat. Von Profiteurentum könne keine Rede sein, stellt er klar. «Das genaue Gegenteil ist der Fall. Während des ersten ‘Lockdowns’ im Frühjahr 2020, als alle europäischen Ligen ihren Spielbetrieb eingestellt hatten, ist der deutsche Sportwettenmarkt 2020 im ersten Halbjahr vollständig zusammengebrochen; im Vergleich zum Vorjahr 2019 im April 2020 um 90 %, im Mai um 75 %, sagt der DSWV-Präsident. Simplifiziert heisst das für den Sportwettenmarkt, in dem in Deutschland 2020 immerhin 7,8 Milliarden umgesetzt und 389 Millionen Euro an Sportwettsteuern an den deutschen Fiskus abgeführt wurden (2019 waren es 9,3 Milliarden Euro Umsatz bei 464 Millionen Euro Steuern): Ohne Sport keine Sportwetten! Erst seit dem wegen der Nachholspieltage besonders sportintensiven Spätsommer 2020 stabilisierten sich die Sportwetten-Umsätze auf dem Niveau des Vorjahres. Dass z.B. «Geisterspiele» in den attraktiven Mannschaftssportarten die Lust der Wettenden negativ beeinträchtigt hätten, lässt sich derzeit nicht belegen. Allerdings könnte sich der Sportwettenmarkt durchaus zurückbilden, falls «Corona» weiterhin und langfristig auf den Sport negativ einwirkt. Je länger der unmittelbare Zuschauer vom Sportgeschehen ausgeschlossen bleibt, desto eher dürfte die Tendenz in die Richtung gehen, dass die Lust der Sportwettenden am Sport nachlässt. Oder im Sinne von Karl Marx könnte wohl festgehalten werden: Je länger «Corona» den Zuschauer vom unmittelbaren Sport fernhält, desto intensiver dürfte die vielleicht länger anhaltende Entfremdung der wettfreudigen Sportbegeisterten vom «Produkt Sport» Tatsache werden. Der wettbegeisterte Konsument kann nämlich durchaus von Sportwetten-Alternativen Gebrauch machen.

Im Bereich der Sportwetten ist jedoch auch zu unterscheiden zwischen dem online-Glücksspiel (online-betting) und dem stationären Sportwettenbetrieb (z.B. in Wettlokalen und Wettbüros). Im letzteren Segment bleibt die Lage angespannt. «Während des derzeitigen ‘Lockdowns’ bleiben bundesweit alle Wettbüros geschlossen oder werden auf den reduzierten Annahmestellenbetrieb zurückgeworfen. Die rund 25’000 Mitarbeitenden befinden sich vorwiegend in Kurzarbeit und fürchten um ihre Arbeitsplätze, die Lokal-Betreiber um ihre unternehmerische Existenz. Viele werden nicht mehr lange durchhalten», beurteilt Mathias Dahms die derzeitige Situation. Die Vermutung, dass sich seit Beginn der Krise immer mehr Wettende in den «Schwarzmarkt», vorwiegend in Asien oder in der Karibik, «flüchten», mag vielerlei Gründe haben. In einem illegalen Markt lässt sich allerdings kein verlässliches Zahlenmaterial eruieren.

Zunahme von Sportmanipulationen im Zusammenhang mit Wetten

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(causasportnews / red. / 12. Oktober 2020) Seit geraumer Zeit ist es eher ruhig um das Thema Sportmanipulationen im Zusammenhang mit Sportwetten geworden. COVID-19 und das weltweit reduzierte sowie eingeschränkte Sportangebot haben nun aber dazu geführt, dass die Vorgänge aus dem Ruder laufen. Das will heissen: Verknappter Sport – verwildertes Sportwettenangebot. Bei den soeben zu Ende gegangenen French Open der Tennisspieler/innen untersuchen die französischen Strafverfolgungsbehörden derzeit zumindest eine Partie im Frauendoppel. Seit «Corona» wütet, spielt auch der Sportwettenmarkt verrückt. Will heissen: Es wird mehr manipuliert im Sport – mit Blick auf Sportwetten. Nicht die Wetten werden dabei beeinflusst, sondern der Sport, auf den dann gezielt gewettet wird. Die abgekarteten Spiele haben einen umtriebigen Schweizer Politiker dazu bewogen, mit einer Eingabe an den Europarat zu gelangen. Nationalrat Roland Rino Büchel ist stets präsent, wenn es gilt, die Integrität des Sportes zu schützen; er gehört zu den grössten Kritikern der «alten» FIFA unter Joseph Blatter. Notiz am Rande: Der St. Galler Politiker der Schweizerischen Volkspartei (SVP) nennt sich auch «Sportmanager»; allerdings ist für ihn seine frühere Tätigkeit bei der Zuger Rechte-Vermarktungsgesellschaft «Infront», zur Zeit von Roland Rino Büchel etwa als «ISL» auftretend, kein Ruhmesblatt. Aber in diesem vom Blatter-Neffen Philippe Blatter geführten Unternehmen, das wegen Unregelmässigkeiten soeben das langjährige, äusserst lukrative Mandat des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) verloren hat (vgl. auch causasportnews vom 23. Juni 2020), ist er wohl bezüglich dieses «heiklen» Segmentes im Sport sensibilisiert worden.

Der Aktionismus von Roland Rino Büchel in Strassburg dient dem ehrgeizigen Ostschweizer wohl am meisten persönlich. Die Situation im Sportwettenbereich bietet ihm auch in «Corona»-Zeiten die Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Dass der Europarat das Problem wird lösen können, glaubt Roland Rino Büchel wohl selbst nicht. Wer denn? Sicher nicht die Sportverbände und -organisationen. Nach grossen Bestrebungen zum Integritätsschutz nach der Affäre «Robert Hoyzer» in Deutschland (2005, ein Jahr vor der Fussball-WM-Endrunde in Deutschland, das als «Sommermärchen» in die Sportgeschichte einging), hat der Integritätsschutz seitens des organisierten Sports in den letzten Jahren an Bedeutung und Aufmerksamkeit verloren. Nur die staatlichen Strafverfolgungsbehörden sind offensichtlich in der Lage, dieser für den Sport gewaltigen Bedrohung Herr zu werden. Aber das scheint aufgrund der Entwicklungen, die sich im Zeitalter von «Corona» noch akzentuiert haben, zu wenig zu sein. Der Ruf aus der politischen Schweiz nach Europa, und das aus dem Munde eines Anti-Europa-Parteivertreters, lässt den Schluss zu, dass der Kampf gegen den Integritätsverlust im Sport nur auf europäischer Ebene effizient geführt werden kann. Nach Auffassung von Roland Rino Büchel sind in diesem Segment längst die grossen, international aktiven Verbrechersyndikate tätig. Mit dieser Feststellung liegt er sicher nicht falsch – nur: Wie lässt sich diese Gefahr letztlich vom Sport abwenden?