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Verbands-Disharmonien – diesmal im DFB

© Marco Verch

(causasportnews / red. / 19. Oktober 2020) Mit den derzeit nicht gerade berauschenden Leistungen der Deutschen Nationalmannschaft (genannt «Die Mannschaft») hat es nichts zu tun, dass es im Deutschen Fussball-Bund (DFB) rumort; genauer neben dem Spielfeld und an der Funktionärs-Spitze des grössten Sportverbandes der Welt. Auslöser der an die Öffentlichkeit getragenen Unstimmigkeiten und Machtkämpfe im Verband sind Hausdurchsuchungen, die in den letzten Tagen am DFB-Sitz in Frankfurt a. M. und in den Privatwohnungen verschiedener ehemaliger und aktueller Funktionäre des Verbandes durchgeführt wurden. Rund 200 Beamte sollen in Frankfurt und an verschiedenen Orten (betroffen waren die Privatwohnungen von Funktionären) im Einsatz gewesen sein. Das Grossaufgebot rechtfertigt sich insofern, als es seitens der zuständigen Behörden um Vorwürfe der Steuerhinterziehung geht. Im Fokus der Untersuchungen stehen offenbar Verträge bezüglich Bandenwerbung bei Heimspielen der Deutschen Nationalmannschaft. Die Zahlungen seitens der Schweizer Rechteverwertungsgesellschaft Infront in Zug an den DFB sollen zumindest teilweise am Fiskus vorbeigeschleust worden sein. Ob sich die Vermutung und Vorwürfe erhärten, wird sich zeigen. Bezüglich des DFB und der betroffenen Funktionäre (einer von ihnen soll der ehemalige, eher glücklose DFB-Präsident Reinhard Grindel sein, bei einer weiteren Person soll es sich um den ehemaligen Vizepräsidenten und ad interim-Präsidenten des Verbandes, Reinhard Rauball, handeln), gilt die Unschuldsvermutung.

Im Zusammenhang mit dieser Aufsehen erregenden Steuerrazzia ist ein seit geraumer Zeit schwelender Machtkampf in der Führungsetage des DFB offen zu Tage getreten. DFB-Präsident Fritz Keller, vor ziemlich genau einem Jahr unbelastet und unbefleckt angetreten, das im Zuge zahlreicher Skandale und Wirrungen ins Schlingern geraten «DFB-Boot»  wieder auf Kurs zu bringen, scheint zumindest mit einigen aktuellen und ehemaligen DFB-Funktionären, unter ihnen der langjährige Spitzenfunktionär Rainer Koch und der aktuelle Generalsekretär Friedrich Curtius, nicht (mehr) kongruent zu ticken. Oder anders: Der ehemalige Präsident des SC Freiburg im Breisgau und Gastro-Unternehmer Fritz Keller will offenbar den in die Steuerhinterziehungsaffäre involvierten Funktionäre nicht bedingungslos den Rücken stärken. Er scheint vielmehr bestrebt zu sein, schonungslosen Aufschluss über alle «heiklen» Vorgänge im DFB zu erhalten. Das kommt beim Verbands-Establishment nicht gut an. Ein Mitarbeiter in der DFB-Zentral wird in der neusten Ausgabe des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» (43/20) wie folgt zitiert: «In einem Moment, in dem man erwartet, dass der Präsident sich vor seine Leute stellt, dreht er sich zu ihnen um und schiesst in die eigenen Reihen.». Der Machtkampf zwischen dem DFB-Präsidenten und einigen ehemaligen und aktuellen Spitzenfunktionären im Zuge der durch die Hausdurchsuchungen eskalierten Steuerhinterziehungs-Vorgänge manifestiert zumindest eine veritable Disharmonie im grössten Sportverband der Welt. Die Lage sieht für den DFB tatsächlich nicht optimal aus: Der Verband soll seit 2017 mit Steuernachzahlungen im Zusammenhang mit den Bandenwerbeverträge zwischen dem DFB und Infront von rund 15 Millionen Euro gerechnet haben. Der 63jährige Verbandspräsident Fritz Keller hat von diesem Betrag nun nicht nur Kenntnis genommen; er will nach der Steuerrazzia genau wissen, ob diese Fiskus-Nachforderungen berechtigt sind wer dafür innerhalb des DFB verantwortlich ist.

Chancenlose Rechtsausleger am Landgericht Köln in der „Causa Sturm“

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(causasportnews / red. / 2. Mai 2020) Das war die wohl schmerzhafteste Niederlage, die der 41jährige Boxer Adnan Catic, alias „Felix Sturm“, in seinem Leben einstecken musste. Sinnigerweise nicht im Ring, in dem er meist eine gute Figur machte und sich bis zum Weltmeister hochboxte. Es war das Landgericht Köln, das eine der Kultfiguren des Deutschen Boxsports auf die Bretter schickte: Für drei Jahre soll der Top-Sportler, der sich einen Deutschen Aliasnamen zugelegt hat, wahrscheinlich um die Akzeptanz bei den box-verrückten Deutschen zu erhöhen, ins Gefängnis, falls das am letzten Apriltag dieses Jahres vom Kölner Landgericht gefällte Urteil rechtskräftig wird. Mit Bewährungsanträgen kamen die Rechtsausleger (Anwälte) des Boxers in Köln nicht durch. Es kam auch einiges zusammen, was Felix Sturm zur Last gelegt wurde und wofür er nun verurteilt worden ist. Es ging um massive Steuerhinterziehungen, einen Verstoss gegen das Anti-Doping-Gesetz von 2015 und um vorsätzliche Körperverletzung. Letztere hatte Felix Sturm nach Überzeugung des Gerichts in einem WM-Kampf 2016 begangen. Boxer nehmen es zumindest in Kauf, dass sie ihre Gegner (schwer) verletzen. Diese Handlungen erfüllen zwar die entsprechenden Tatbestände, jedoch gelten sie als gerechtfertigt und somit nicht als widerrechtlich, weil Boxer, die sich verprügeln und verletzen, grundsätzlich in diese Tathandlungen einwilligen (dabei wird von der sog. „Einwilligung des Verletzten in die schädigende Handlung“ gesprochen). Nun gab der ehemalige Weltmeister jedoch nach seinem WM-Kampf im Februar 2016 eine positive Dopingprobe ab (vgl. auch causasportnews vom 14. Dezember 2018 und vom 14. April 2019). Das Gericht vertrat gemäss erster Urteilsbegründung die Auffassung, dass der Gegner eines gedopten Boxers nicht in schädigende Handlungen einwilligen würde, falls der dopende Athlet unfair die eigene Leistungsfähigkeit manipuliert habe. Die schädigende Handlung sei also als rechtswidrig zu qualifizieren. Dieser Punkt der gerichtlichen Entscheidung ist mit Spannung erwartet worden. Die nun entsprechend dargelegte, richterliche Ansicht war indessen alles andere als eine Überraschung.