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Können die Schweizer noch (Sport-)Diplomatie?

Photo by by Klaus Nahr

(causasportnews / red. / 9. Juni 2021) Lange Zeit galt sie als Aushängeschild der Schweiz, die Diplomatie. In letzter Zeit wurde gewahr, dass vom einst stolzen und renommierten diplomatischen Dienst der Schweiz nur noch die Erinnerungen an bessere Zeiten übriggeblieben sind. Das hohe Lied der Diplomatie wird derzeit von der Landesregierung, welche gerade im Zeitalter von «Corona» bewiesen hat, dass sie nicht alles falsch, aber kaum etwas richtig macht, angestimmt: US-Präsident Joe Biden wird Präsident Vladimir Putin in Genf zu einem Gespräch treffen. Der Bundesrat ist ausser sich vor Freude und unterstreicht mit stolzer Brust die Wichtigkeit des Standortes Schweiz als der Hort, an dem Friedenspfeifen aller Art geraucht werden (können). Die beiden Präsidenten werden allerdings den Namen des Bundespräsidenten (Guy Parmelin) weder buchstabieren noch memorieren können. «Zufallsort Genf» aufgrund geographischer Gegebenheiten wäre die richtige Einschätzung des wohl nutzlosen, bevorstehenden Gesprächs zwischen Amerika und Russland gewesen. Die Schweizer Diplomatie und die Regierung, nichts anderes als ein unnötiger Wurmfortsatz eines desolaten Parlaments (auch «Parlament peinlich» genannt), haben bei den Verhandlungen zu einem angedachten Rahmenabkommen mit der Europäischen Union (EU) versagt. Nach siebenjährigem Herumlabern ohne jegliches Konzept sind die «Verhandlungen», welche wohl nie solche waren, eingestellt worden. Die Schweizer können Diplomatie nicht mehr.

Das schlägt sich offenbar auf den organisierten Sport, dem immer eine Nähe zur Politik nachgesagt wird, nieder.

Seit 70 Jahren war der Internationale Skiverband (FIS) mit Sitz am Thunersee fest in Schweizer Hand – auch was das höchste Verbandsamt anbelangte. Für den abtretenden Schweizer Langzeit-Präsidenten Gian Franco Kasper sollte der ehemalige Schweizer Ski-Weltmeister und nationale Skiverbands-Präsidenten Urs Lehmann den prestigeträchtigen Posten erben. Das Unterfangen scheiterte kläglich. Sport-Diplomatie machten andere, und als neuer FIS-Präsident wird der britische Milliardär Johan Eliasch, der in die Oberhofer Verbands-Zentrale einziehen. Der 59jährige Eigentümer des Ski-Produzenten «HEAD» verzichtet auf ein Präsidentensalär und legt sein Amt als CEO der bekannten Skimarke nieder; Vermeidung von Interessenkollisionen wird so etwas genannt, auch wenn in der Tat niemand so richtig daran glauben mag. Gegen professionelles Lobbying und internationale Sportdiplomatie wirkten die Bemühungen, den hölzern wirkenden Urs Lehmann ins Amt zu hieven, geradezu unbeholfen. Sport-Diplomatie geht heute eben anders. Eine weitere schlechte und eine gute Nachricht bleiben für Urs Lehmann: Nach der Weltcupsaison 2021/22 steigt der Hauptsponsor von «Swiss-Ski» (nationaler Verband) nach 20jähriger Partnerschaft aus (schlechte Nachricht). Mit dem «Swisscom»-Konkurrenten «Sunrise UPC» konnte eine neue Partnerschaft auf zehn Jahre begründet werden (gute Nachricht).

Auch im internationalen Eishockey weht den Schweizern ein steifer Wind um die Ohren. Nach 27 Jahren als Präsident der IIHF wird der rührige Freiburger, Dr. med. dent. René Fasel, einem Nachfolger Platz machen (müssen). Das hat nichts damit zu tun, dass sich der 71jährige Schweizer aus der Verbandszentrale in Zürich im Umgang mit dem Weissrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko geradezu tölpelhaft benommen und diesen öffentlich geherzt, statt nachhaltig gescholten hat. Der Nachfolger von René Fasel wird kein Schweizer mehr sein. In der Pole-Position für das höchste Amt im Welt-Eishockey steht der deutsche Verbandspräsident Franz Reindl, der allerdings im eigenen nationalen Verband wegen undurchsichtiger Finanzgebaren unter Beschuss steht. Falls in dieser «Causa» nicht noch Weiterungen erfolgen, wird der 67jährige, ehemalige Eishockeyspieler (aus Schweizer Sicht) nicht mehr zu verhindern sein. Für Franz Reindl wäre die Dislokation an den Verbandssitz nach Zürich nicht mit einem Kulturschock verbunden: Der amtierende IIHF-Generalsekretär heisst Horst Lichtner ist deutscher Nationalität. In Zürich lässt es sich unter Deutschen bekanntlich eh gut leben: Hunderttausende von Deutschen bevölkern seit Jahren die Limmatstadt und deren Umgebung und verdrängen die Schweizer Mentalität; Schweizer  Diplomatie ist auch hier nicht mehr gefragt.

Schliesslich noch der Weltfussball-Verband FIFA mit Sitz in Zürich: Die FIFA ist hier eher unbeliebt (geworden) und spürt in jeder Hinsicht Gegenwind – auch aus der Politik. Die Schweizer Diplomatie wird die Sitzverlegung, wohl nach Frankreich, nicht mehr bremsen können. Im Chaos der französischen Politik wird der Weltverband Sport- und Funktionärspolitik wie zu den Zeiten von Joseph Blatter und Gianni Infantino unbehelligt weiter betreiben. Fakt ist: Die FIFA wird in diesen Tagen einen ersten Ableger des Weltverbandes in Paris Tatsache werden lassen. Die Funktionäre vom Zürcher «Sonnenberg» beteuern zwar, dass der Hauptsitz der FIFA weiterhin in Zürich verbleiben wird. Soweit – so gut. Doch wie sagte es damals schon Walter Ulbricht zwei Monate vor dem Mauerbau in Berlin ehrlich und selbstverständlich glaubwürdig: «Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.». «Fakes» gab es in der Tat schon vor Donald Trump