In den «Darkräumen» des Weltfussballs

causasportnews, Nr. 1004/04/2023, 8. April 2023

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(causasportnews / red. / 8. April 2023) Obwohl der frühere FIFA-Präsident Joseph Blatter längst (2016) das höchste Amt im Weltfussball verloren hat, seine Würde jedoch keineswegs, hält der Rachefeldzug seines Antipoden aus dem Wallis und Nachfolgers auf dem FIFA-Thron, Gianni Infantino, unvermindert an. Weshalb auch immer – echte Gründe gibt es sichtbarerweise keine –, wird weiter aus dem «Home of FIFA», vom Zürichberg aus allen, auch juristischen Rohren gegen den Ex-Präsidenten und seine frühere Entourage «geschossen». Eine Armada willfähriger Anwälte und PR-Menschen aller Art werden immer wieder in Marsch gesetzt, um Blatter & Co. zu brüskieren und um diesen zu plagen – koste es (den Weltverband!), was es wolle. Apropos Pekuniäres: Es werden von Infantino & Co. weder Kosten noch Aufwendungen gescheut, um das Kesseltreiben gegen den jetzt immerhin 87jährigen Blatter nicht abflauen zu lassen. Mit Fug darf dabei die Frage gestellt werden, ob derartige Angriffe auf die Integrität von unbescholtenen Menschen mit den Idealvorstellungen des von der Funktionärskaste glorifizierten Weltfussballs zu vereinbaren sind; allerdings werden durch diese Agitationen vom Zürichberg aus auch immer wieder die öffentliche Hand und die Steuerzahlenden belastet.

Da fühlt es sich geradezu anachronistisch-zynisch an, wenn von der neusten, juristisch krass fehlgeschlagenen Attacke vom Zürichberg und aus dem Zürcher Enge-Quartier auf Blatter & Co. zu berichten ist. Dabei steht das moderne und luxuriöse Fussball-Museum («FIFA-World») im Zentrum, das Gianni Infantino und seinen Getreuen seit jeher ein Dorn im Auge ist; das war schliesslich auch nicht deren Idee. Nach einem teuren Mieterausbau und immensen Investitionen werden seit dem Abschluss des Mietvertrages zwischen der FIFA und der Eigentümerschaft, Swiss Life AG, bis 2045 jährlich 8,9 Millionen Franken an Mietzinsen an den Versicherungskonzern überwiesen. Das müsse zumindest als ungetreue Geschäftsbesorgung qualifiziert werden, wurde in einer Strafanzeige Ende 2020 der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vermeldet. Verzeigt wurden von der FIFA und der FIFA Museum AG nebst dem Urheber des Museums-Projekts, Joseph Blatter, der damalige Generalsekretär Jérôme Valcke, der Finanzchef Markus Kattner sowie der damalige FIFA-Hausarchitekt Karl Botta. Von einer ungetreuen Geschäftsbesorgung könne keine Rede sein, fasste die Staatsanwaltschaft des Kanton Zürich nun verfahrensbeendend zusammen, wobei der Mietzins für die Museumsnutzung nicht zu beanstanden sei. Letztlich sei die FIFA mit der Swiss Life AG in seriöse Verkaufsverhandlung getreten, und es sei der Museums-Deal auch nach sorgfältiger Evaluation des Museums-Standortes und des Gebäudes (Mietobjektes) sowie nach der Festlegung der Gesamtkosten durch die FIFA-Finanzkommission und das FIFA-Exekutivkomitee (das Exekutivorgan der FIFA) abgesegnet worden. Mit Datum vom 22. März 2023 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Joseph Blatter und Jérôme Valcke ein, gegen Markus Kattner und Karl Botta wurde es sogar nicht einmal an die Hand genommen. Ärgerlich ist es für die Steuerzahlenden, dass die Verfahrenskosten mangels gesetzlicher Grundlagen auf die Staatskasse genommen werden (müssen) und dem ehemaligen FIFA-Präsidenten eine Entschädigung für seine Anwaltskosten ausgerichtet wird.

Bemerkenswert muten die Ausführungen der Staatsanwaltschaft mit Blick auf das von den Anzeigeerstattern Vorgebrachte an. Die Anwälte von FIFA und FIFA-Museum haben den Untersuchungsbehörden geradezu Skurriles aufgetischt, etwa, zwischen Joseph Blatter und Exponenten der Museums-Vermieterschaft seien in einem «abhörsicheren Raum» im Kloster Einsiedeln konspirative Treffen, auch zum Thema Museums-Mietzinskosten, usw. abgehalten worden. Die FIFA-Anwälte, mit dem sinnigen Namen «Klein», scheuten keine, auch keine grossen Kosten (zu Lasten des Weltfussballs) und reichten im Verfahren zur Untermauerung der Thesen der Absprachen von Beteiligten rund um das Kloster Einsiedeln den Bericht einer sog. «Spezialfirma» ein, die sich mit den Besonderheiten des Klosterwesens befasste; konkret gab das Kloster Einsiedeln demnach die Kulisse für die «Darkräume» des Weltfussballs ab – gleichsam im Namen des Sportes. Für einmal ging es im traditionellen Welttheater im Klosterdorf um die «schrägen» Seiten des Weltfussballs. In diesem Bericht wird auch von mystischen Treffen Joseph Blatters mit (schwarzen) Übersee-Fussballfunktionären berichtet, wobei wahrscheinlich die von der FIFA beauftragten Forensiker die wohl teils dunkelhäutigen Fussball-Funktionäre mit der «schwarzen Madonna» in der Klosterkirche Einsiedeln vermengt haben…Eine geradezu mystische, grossartige «Darkraum»-Saga bildet das Kernstück der Darlegungen der «Klein»-Anwälte im Auftrag des Verbandes. Dass dieser Unsinn nun von den Strafverfolgungsbehörden vom Tisch gefegt wurde, hat aber auch dargelegte, durchaus juristische Gründe, welche der FIFA jedoch von der Staatsanwaltschaft erläutert, werden mussten: Ein Museums-Projekt eines gemäss Art. 60 ff. des Zivilgesetzbuches (ZGB) organisierten Sportverbandes ist grundsätzlich selbstverständlich konform und mit dem Zweck der FIFA (Art. 2 der FIFA-Statuten) zu vereinbaren. Damit hängt auch zusammen, dass eben ein Verband zur Verfolgung des idealen Zweckes wirtschaftliche Mittel einsetzen darf. Ein Verein oder Verband unterliegt schliesslich nicht den Gesetzmässigkeiten und Ausrichtungen von Kapitalgesellschaften.

So endet wohl auch diese juristische Attacke des Weltfussball-Verbandes gegen Blatter & Co. mit einem veritablen, juristischen Debakel, auf Kosten der Allgemeinheit sowie zu Lasten der FIFA-Kasse. Die Verzeigung belegt in jedem Fall, dass der Begriff der ungetreuen Geschäftsbesorgung durchaus auch schillernd-vielseitig interpretierbar ist.

Auch in diesem Fall wäre die FIFA nicht die FIFA, wenn sie gegen die Einstellung, bzw. die Nichtanhandnahme und zur Abwendung dieser neusten Justiz-Pleite nicht noch mit Beschwerde an das Zürcher Obergericht gelangen würde. Was dann heissen würde: Affaire à suivre…