causasportnews.com – 22/2025, 7. März 2025

(causasportnews / red. / 7. März 2025) Joseph Blatter, der jahrelange König des internationalen Fussballs, zuerst als Generalsekretär, dann als Präsident der FIFA, hat in seiner Laufbahn einiges erlebt und vieles bewegt – Positives und Negatives. Nun war die Öffentlichkeit vor ein paar Tagen Zeuge, als der bald 89jährige, vom Leben und der Arbeit gezeichnete ehemalige Top-Fussball-Funktionär, wohl ein letztes Mal auf die grosse Bühne trat und sich unter den Augen der Weltpresse im Baselbieter Strafjustizzentrum gegenüber einem Vorwurf des Weltfussballverbandes FIFA und der Bundesanwalt zur Wehr setzte. Zusammen mit seinem ehemaligen Freund und Ex-Fussballspieler sowie Ex-Funktionär Michel Platini verteidigte er sich gegenüber der Bundesanwaltschaft und der FIFA gegen die Vorwürfe des Betrugs und der Urkundenfälschung. Ungeachtet aller Beschuldigungen von rechtlicher Relevanz gab der wohl bedeutendste Fussball-Funktionär aller Zeiten im Prozess ein dramatisches Bild des körperlichen Zerfalls und der Wehrlosigkeit ab. Es war geradezu skurril, welcher Schauprozess hier im beschaulichen Basel gegen einen alten Mann mit körperlichen Gebrechen inszeniert wurde. Alles andere als ein Freispruch für Joseph Blatter und Michel Platini wäre eine Justiz-Sensation. Deshalb fragte sich männiglich: Musste das sein? Selbstverständlich ist es bis jetzt nicht klar, weshalb die FIFA auf Geheiss des damaligen FIFA-Präsidenten, eben Joseph Blatter, dem bald 70jährigen, ehemaligen UEFA-Präsidenten, der dafür auserkoren war, die Nachfolge von Joseph Blatter als FIFA-Präsident anzutreten, zwei Millionen Franken aus der FIFA-Kasse zahlen liess. Es ging offenbar um die Abgeltung von Beraterleistungen, die der Franzose auf Geheiss des Präsidenten gegenüber der FIFA erbracht haben soll. Klar scheint jedenfalls zu sein, dass die Zahlung von den zuständigen Überwachungs-Instanzen im Weltverband genehmigt worden ist. Wie also so etwas Betrug sein könne, fragte der trotz seines Alters zur Hochform aufgelaufene Walliser die zahlreichen, angereisten Journalisten. Der Prozess musste durchgeführt werden; ein Opportunitätsprinzip kommt in derartigen Strafverfahren nicht zur Anwendung. Das Gericht, das statt in Bellinzona im Baselbiet tagte, wird demnach bald einen Entscheid fällen. Am 25. März ist die Urteilseröffnung vorgesehen. In Muttenz waren die beiden Beschuldigten, Joseph Blatter und Michel Platini, persönlich anwesend. Sie gaben sich überzeugt, dass sie von der Anklage freigesprochen würden. Entsprechend plädierten ihre Anwälte. Nachdem es in dieser Causa erstinstanzlich vor drei Jahren Freisprüche abgesetzt hatte, ist dieser Optimismus der Beschuldigten wohl berechtigt. Die FIFA nahm am Prozess schon gar nicht mehr teil, was von Prozess-Beobachtern als «feige» oder als Kapitulation vor dem Naheliegenden qualifiziert wurde. Dafür legte sich die in erster Instanz unterlegene Bundesanwaltschaft ins Zeug.
Dieser regelrechte Schauprozess gegen zwei Funktionäre, die wenig ehrenvoll aus ihren Ämtern geschieden waren, erlebte in Muttenz einen geradezu grotesken Höhepunkt: Die Bundesanwaltschaft verlangte die Einfügung eines Zeitungsartikels ins Aktendossier. Dies wurde letztlich gestattet, dürfte aber an der gewonnenen Überzeugung des Gerichts nicht mehr viel ändern. Zwar schrieb die «Neue Zürcher Zeitung», die nicht gerade dem «Pro-Blatter-Lager» zugeordnet wird, in fetten Lettern: «Zeitungsartikel belastet Joseph Blatter schwer» (4. März 2025). Da war wohl der Wunsch Vater des Gedankens. Juristen sind sich einig: Wenn mit einem Zeitungsartikel Beweis geführt werden soll, ist dies eher als Verzweiflungsakt der Anklage zu qualifizieren. On verra…


