
(causasportnews / red. / 19. Dezember 2022) Das war sie also, die Fussball-WM-Endrunde in Katar. Was mit einem auch ausserhalb des Sportes speziellen Turnier in der Wüste begann, wurde am Finaltag zum absoluten Sport-Knaller der letzten Jahrzehnte. Kaum je war ein Fussballspiel in jeglicher Hinsicht derart herausragend wie die Finalissima zwischen Argentinien und Frankreich. Das Endspiel war der Abschluss einer grossen Party während rund eines Monats, zu der viele nicht hingehen wollten und dann doch gingen – und sich teils gezwungenermassen frühzeitig wieder verabschiedeten (Deutschland, die Schweiz, England, Spanien, Portugal, usw. Italien umging den moralischen Elchtest aus sportlichen Gründen). Hingehen, obwohl man nicht wollte. Auch im Sport ist Inkonsequenz ebenso erlaubt wie Scheinheiligkeit und das Setzen von Moralspritzen, wie die Endlos-Diskussionen von in Katar Beteiligten und Nicht-Beteiligten belegten. Am Schluss, am Finaltag, ging es nur noch um den Sport; und das war gut so. Und wie! Die Superlativen bezüglich der Qualität des Finalspiels überschlagen sich zu Recht. Was wäre gewesen, wenn sich Argentinien zum Weltmeister gemogelt hätte? Nein, Lionel Messi & Co. zeigten, dass ein Fussballspiel die höchste Potenz sportlicher Qualität erreichen kann, wenn man nur will; und wenn man es kann. Besser geht Fussball kaum mehr. War das so etwas wie Gerechtigkeit, die Katar und dem Weltfussball widerfahren ist, was sich in Doha zum Schluss der WM-Endrunde 2022 ereignet hat? Letztlich zählt eben doch der Sport, und an einer Fussball-WM-Endrunde soll letztlich der Sport prävalieren, obwohl in Katar unübersehbar war, dass die Fussball-Marketingmaschinerie den schlagenden Beweis erbracht hat: Der organisierte Sport auf diesem Niveau ist vollumfänglich im globalen Öko-System angekommen.
Fussball, Fernsehen, Flaschenbier – das war einmal die Trias der modernen Sportvermarktung. Heute ist der Fussball global geworden, und Europa ist auch nicht mehr der Fussball-«Nabel» der Welt. Die Globalität prägt den Sport, ebenso bilden die Wirtschaft und die Medien aller Art Pfeiler des globalen Sport-Establishments. In Katar setzte sich diese neu aufgestellte Trilogie im organisierten Sport durch.
Nun steht der neue Weltmeister fest. Mittelmass und Peinlichkeiten ereigneten sich lediglich nach dem Elfmeterschiessen, in dem der Weltmeister ermittelt wurde, als es endlos dauerte, bis Argentinien mit dem herausragenden Lionel Messi die Trophäe in die Höhe stemmen konnte. Die WM-Pokalübergabe war seit jeher insbesondere die Inszenierungsplattform des jeweils amtierenden FIFA-Präsidenten. Aktuell durfte sich der Walliser Gianni Infantino in Szene setzen. Er war Hauptverantwortlicher für die zähflüssige, sich mühsam dahinziehende Siegerehrung, da sich der FIFA-Herrscher, wie ein Deutscher Kommentator meinte, einfach nicht aus dem Bild drängen lassen wollte. Bis der Emir von Katar und Gianni Infantino den Pokal (zusammen!) den neuen Weltmeistern überreichten, mussten die Fussballanhängerinnen und -anhänger im Stadion und auf der ganzen Welt endlos warten. Ein geradezu peinliche FIFA-Choreographie wurde, je länger sie dauerte, zum Ärgernis. Die geschlagenen Franzosen wurden auf einem Fussball-Laufsteg regelrecht vorgeführt, der bemitleidenswert Kylian Mbappé als ausgezeichneter Spieler öffentlich regelrecht gegrillt und Funktionärs-Kitsch killten zwischenzeitlich die tolle Stimmung im Stadion. In einem dümmlichen Harry Potter-Mäntelchen musste dann Lionel Messi, allerdings erst nach der Pokalübergabe, als zum Fussball-Messias gewordenen Neo-Weltmeister auftreten; nichts war der FIFA zu einfältig, um sich in und bei Katar anzubiedern.
Nach dem grandiosen Fussballfest war diese Präsidenten- und FIFA-Selbstinszenierung auch ein Beweis dafür, dass der Weltverband mit seinen Funktionärs-Apparatschiks aus vergangenen Sport-Zeiten die Interdependenzen im modernen Sports noch nicht verstanden haben. Nämlich, was sich aus dem globalisierten Fussball herausholen liesse, nicht nur mit Blick auf die moderne Fussball-Trilogie. «Football, for the game, for the world, for the future», lautete vor Jahren ähnlich ein Slogan des Weltfussballverbandes. Und jetzt?