
(causasportnews / red. / 16. Mai 2021) Es kam, wie es in diesen Spalten skizziert worden ist (causasportnews vom 11. Mai 2021): Fritz Keller, seit September 2019 als Präsident des grössten Sportverbandes der Welt im Amt, hat unter dem immer stärker werdenden verbands-internen und externen Druck (der Medien und der Öffentlichkeit) sein Amt zur Verfügung gestellt. Nach nur gerade eineinhalb Jahren wurde die kürzeste Amtszeit eines Präsidenten des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) mit einem Paukenschlag beendet. Der Funktionärs-Quereinsteiger ist mit viel Elan und mit dem Versprechen, Filz und Ungemach im Verband zu bekämpfen und für einen sport-bezogenen Neu-Start ohne verbands-politische Ränkespiele einzustehen, angetreten. Dass der ehemalige Präsident des SC Freiburg seinen Vize-Präsidenten aus München (!), Dr. Rainer Koch, mit dem berüchtigten NS-Richter Roland Freisler verglichen hatte, wurde wohl nur zum unmittelbaren Anlass seitens des Fussball-Establishments genommen, um Fritz Keller relativ zügig an der Verbandsspitze wieder los zu werden. Und wie es seit Jahren immer ist beim DFB, wird auch der vom jetzt abgetretenen Präsidenten gescholtene oder diffamierte Rainer Koch nun einmal mehr als Interims-Präsident wirken. Dieser hat wohl angekündigt, im kommenden Jahr seinen Funktionärs-Job im DFB zu quittieren, bzw. nicht mehr zu kandidieren; so richtig glauben mag das derzeit allerdings niemand. On verra.
Der rasanteste Abgang eines DFB-Präsidenten nach 1945 wirft allerdings Fragen auf. Nicht primär diese, was Fritz Keller dazu bewogen hatte, Rainer Koch mit einem schlimmen NS-Rechtsbeuger zu vergleichen. Darüber ist, nicht unerwartet, der Mantel des Schweigens ausgebreitet worden. Fakt ist hingegen: Seit der Präsidentschaft von Egidius Braun (1992 bis 2001) werden die Amtszeiten der DFB-Vorsitzenden immer kürzer. Innerhalb von 20 Jahren hat der DFB nicht weniger als fünf Präsidenten zerschlissen. Wolfgang Niersbach (2012 bis 2015) und Reinhard Grindel (2016 bis 2019) blieben nur noch jeweils drei Jahre im Amt; in der Ära von Fritz Keller wurde die Amtsdauer des DFB-Präsidenten gleich halbiert. Über die realen Gründe für den raschen Abgang des Freiburger Unternehmers an der Spitze des Verbandes kann nur spekuliert werden. Offensichtlich ist die Zeit noch nicht reif dafür, den Wechsel vom klassischen Verband zum Unternehmen vorzunehmen. Das Geschacher um Posten und Pfründe scheint wichtiger als die «Causa Fussball». Hinzu kommt, dass sich unter dem Dach des DFB zwei Pole lokalisieren lassen. Auf der einen Seite gilt es, den Professional-Fussball zu hegen und zu pflegen – und was gibt es Schöneres für Verbands-Funktionäre, als sich in den Erfolgen der deutschen Nationalmannschaft, die zwar auch nur noch als «Die Mannschaft» bezeichnet wird, zu sonnen; auf der anderen Seite ist der DFB zuständig für Millionen von Amateur-Kickern, deren Interessen irgendwie zu wahren sind. Eines scheint im DFB jedenfalls noch nicht angekommen zu sein – so, wie es der Dichter Ovid schon vor rund zweitausend Jahren angedacht hat: «Tempora mutantur, nos et mutamus in illis» (die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns mit ihnen). Im DFB wechseln zwar die Präsidenten immer rascher, die Strukturen und Probleme bleiben jedoch dieselben.