
(causasportnews / red. / 23. Juni 2020) Für einmal ist in einen Vorgang im globalen Fussball-Vermarktungsgeschäft nicht etwa der Weltfussballverband (FIFA) involviert, sondern von Verbandsseite der grösste Sportverband der Welt, der Deutsche Fussball-Bund (DFB). Es geht um Vermarktungsverträge, die der DFB mit der schweizerischen Vermarktungsgesellschaft Infront Sports & Media AG (Infront) in Zug bezüglich Nationalmannschaften des DFB abgeschlossen hat. Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in der aktuellen Ausgabe exklusiv berichtet (Nr. 26/2020 vom 20. Juni 2020), sollen Deutsche Top-Funktionäre im DFB die von Philippe Blatter, Neffe des ehemaligen FIFA-Präsidenten Josef Blatter, geführte Vermarktungsgesellschaft in der Innerschweiz begünstigt und so auf Millionen von Franken bzw. Euros verzichtet haben. Zum gesamten Thema existiert offenbar ein „Geheimbericht“, der kürzlich dem DFB-Präsidium zugestellt worden sein soll und offenbar Unappetitliches enthält. Dieser offensichtliche, neue Skandal im organisierten Fussball reiht sich an andere, eigenartiger Vorkommnisse. Erst vor rund einem Jahr wurde beispielsweise bekannt (causasportnews vom 12. Juli 2019), dass die Zuger Unternehmung Bandenwerbung für 30 Sekunden verkaufte, aber jeweils eine Sekunde weniger sendete (und jede gewonnene Sekunde nochmals verkaufte) – ein veritabler Betrug an Unternehmungen, die Bandenwerbungen belegten. Wie auch aktuell wurde damals im Zusammenhang mit dem „Sekundenklau“ der Name eines ehemaligen Star-Fussballers und heutigen Sport-Lobbyisten mit Nähe zu Infront genannt: Günter Netzer. Für ihn gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung, wie auch für den ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach, der im „Geheimbericht“ offenbar nicht gerade vorteilhaft wegkommt. In der neusten Fussball-Affäre wird, wie bereits früher, eines klar: Die Beziehungen zwischen dem DFB und Infront waren und sind derart eng, dass andere Marketingfirmen, nicht nur wenn es um den Verkauf von Bandenwerbung geht, kaum reelle Chancen haben, ins Geschäft mit dem DFB zu kommen. Zufall ist beispielsweise etwa, dass der Sohn des damaligen DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock, ein eloquenter, ehemaliger Red Bull-Mann, relativ zügig zu einer Anstellung bei Infront kam. Ein Schelm, der Unlauterkeit vermutet…
Dass dieser nun bekannt gewordene Komplex nun vollständig aufgedeckt werden soll, ist vor allem der Initiative des aktuellen DFB-Präsidenten Fritz Keller sowie dem Generalsekretär des Verbandes, Friedrich Curtius, zuzuschreiben. Fritz Keller hat schon bei seinem Amtsantritt erklärt, mit „Altlasten“ im Verband aufräumen zu wollen. Zu diesen zählen zweifelsfrei die eigenartigen Verbindungen zwischen DFB und Infront. Affaire à suivre.